Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Grundlegende Transistorfrage


von Anton (Gast)


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Hallo!

Ich bin Elektronikneuling und habe eine eher theoretische Frage zu 
bipolaren Transistoren. Es geht um folgendes Szenario:

                    +4.5
                     |
                     <
                     > RC
                     <
           RB        /
+4.5 o --- ^^^ --- |/  NPN
                   |\
                     v
                     |
                     <
                     > RE
                     <
                     |
                    GND

An der Basis des Transistors befindet sich ein Vorwiderstand RB, an 
Kollektor und Emitter sind jeweils die Widerstände RC und RE zu finden.
Über RB wird nun 4.5 V angelegt; für die Kollektorseite gilt das 
gleiche.

Nun möchte ich z.B. den Spannungsabfall am Widerstand RB berechnen. Ich 
kenne zwar ein paar der grundlegenden Transistorgleichungen, aber um 
hier weiterrechnen zu können benötige ich weitere Größen, wie z.b. den 
Kollektorstrom, Emitterstrom oder Basisstrom - diese sind jedoch 
zunächst unbekannt.
Kann man hier unter Umständen, dem Datenblatt des Transistors etwas 
entnehmen?
Das stark vereinfachte Ersatzschaltbild für die Basis-Emitterstrecke 
sieht ja folgenderma0en aus:

            RB    Diode      RE
+4.5 o ---- ^^^-- >| ------ ^^^^^ -- GND

Hier könnte ich berechnen wieviel Strom die "Diode" zulässt und mit 
einem Spannungsabfall von 0.7-0.8 weiterrechnen. Kann man hier dem 
Datenblatt etwas entnehmen? Oder ist dies nicht zielführend?

Bin ich hier auf dem Holzweg oder empfiehlt es sich (bzw. muss man) in 
der Praxis hier experimentieren?


Vielen Dank für die Hilfe,

Anton

von uCWorld (Gast)


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Hallo,

der Spannungsabfall von Rbe sollte so ca. 0,7V - 0,8V betragen.

Kommt auf den Transistor an.

schauste mal ins Datenblatt ;)

von uCWorld (Gast)


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Achja, und alles was nicht an Rbe abfällt muss an Rb abfallen.
Also denke ich mal das es 4,5V-0,7V sind, die an Rb abfallen.

von Johannes M. (johnny-m)


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uCWorld wrote:
> Hallo,
>
> der Spannungsabfall von Rbe sollte so ca. 0,7V - 0,8V betragen.
Rbe? Was soll das sein? Einen Basis-Emitter-Widerstand gibt es nicht. 
Die Basis-Emitter-Strecke hat Dioden-Charakteristik.

von uCWorld (Gast)


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Wobei ich nicht weiß ob das korrekt ist!

Dimensioniert wird nach Stromverstärkung.

Du hast z.b. ein Signal von 0,5mA .
Dann schaust du nach der Hfe und nach dem Kollektorstrom.

Demnach eribgt sich ein Verstärkungsfaktor.
Z.b. 400
Der Kollektorstrom sollte also bei 200mA liegen.
Also wenn Uc=12V und Ic=200mA   Rc= 12V/0,2A= 60 Ohm.

von Johannes M. (johnny-m)


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uCWorld wrote:
> Achja, und alles was nicht an Rbe abfällt muss an Rb abfallen.
> Also denke ich mal das es 4,5V-0,7V sind, die an Rb abfallen.
Wenn R_E = 0 wäre, ja. Aber das soll hier ja wohl nicht der Fall sein. 
R_E hebt das Emitterpotenzial an.

von uCWorld (Gast)


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Wie verhält sich denn Ub?
Also je nach Strom?

von Johannes M. (johnny-m)


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Wenn der Kollektorwiderstand nicht wäre, dann wäre es eine einfache 
Emitterfolger-Schaltung. So sieht es eher nach einer Art 
Konstantstromsenke aus.

von Anton (Gast)


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Vielen Dank für die Antworten!

Vielleicht sollte ich das ganze etwas konkreter machen:

RB = 1k Ohm
RC = 10k Ohm
RE = 10k Ohm

Transistortyp: BC547C NPN

Wenn der Diodenansatz nicht vekehrt ist, dann müsste ich wissen wieviel 
Strom diese Diode "aufnimmt", also über die Basis-Emitterstrecke läuft. 
Dies ist allerdings nicht bekannt.
Hätte ich keinen Basiswiderstand wär mir die Berechnung einigermaßen 
klar.

Vielleicht ist das ganze auch praxisfern, mich würde dennoch 
interessieren, ob ich hier am Papier alles berechnen lässt bzw. welche 
Daten hier (theoretisch) bekannt sein müssen.

von uCWorld (Gast)


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ABer im Transistor Datenblatt hast du doch mehrere Kennlinienfelder.

Dort sollte man allen möglichen kram ablesen können!

von Johannes M. (johnny-m)


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Mit dem Diodenansatz wirst Du da nicht weit kommen (auch wenn das 
Prinzip des einigermaßen konstanten, d.h. stromunabhängigen, 
Spannungsabfalls zwischen Basis und Emitter prinzipiell dadurch 
beschreibbar ist). Der Gesamtstrom, also der Basisstrom plus 
Kollektorstrom, muss aber noch über den R_E fließen und verursacht da 
einen stromabhängigen Spannungsabfall. Dieser hebt das 
Emitterpotenzial in Abhängigkeit vom Basisstrom an, so dass dieser 
wiederum begrenzt wird, so dass sich ein entsprechender Arbeitspunkt 
einstellt.

von Helmut L. (helmi1)


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+4.5 UB1
                     |
                     <
                     > RC
                     <
UB2        RB        /   U1
+4.5 o --- ^^^ --- |/  NPN
                U2 |\
                     v
                     |
                     <
                     > RE (URE)
                     <
                     |
                    GND

Zur berechnung stellen wir auf:

(1)   IC = IB*B
(2)   IE = IC+IB
(3)   URE = IE*RE
(4)   U1 = UB1-IC*RC
(5)   U2 = UB2-IB*RB
(6)   U2 = URE+UBE


UBE = 0.7V
B = Stromverstaerkung
U1 = Spannung Kollektor gegen GND
U2 = Spannung Basis gegen GND

(5) + (6) gleichsetzen

(7) UB2-IB*RB = URE+UBE

(1) in (2)

(8) IE = IB(B+1)

(3) in (7) einsetzen

(9) UB2-IB x RB = IE x RE+UBE

(8) in (9) einsetzen

(10) UB2 - IB x RB = IB x (B+1) x RE - UBE

(10) nach IB aufloesen

IB = (UB2-UBE) / ((B+1) x RE + RB)

nun koennen wir die anderen Groessen ausrechnen

Spannungsabfall ueber RB

URB = IB * RB

URE = RE x IB(B+1)

URC = IB x B x RC

Das einzige was noch beachtet werden muss ist das die Spannung am 
Kollektor groesser als die an der Basis sein muss sonst fliesst bei der 
Dimensionierung der groesste Teil des Stromes von IE aus der Basis.

Also UB1 > UB2

Gruss Helmi

von Anton (Gast)


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Das Datenblatt, das ich vor mir liegen habe ist zwar sehr informativ, 
aber als Anfänger habe ich es da etwas schwer die notwendige Information 
rauszulesen: Alle Kennlinien sind immer in Abhängigkeit eines Stroms 
(Basis, Emitter oder Kollektor) gezeichnet. Dies ist natürlich sinnvoll, 
aber hilft mir nicht, das Problem zu lösen.

Mit den gängigen Transistorformeln schaffe ich es nicht, irgendeinen 
Wert in Isolation zu berechnen ohne dabei auf eine andere unbekannte 
Größen zu stoßen.

Es kann natürlich gut möglich sein, dass hier tatsächlich mehr 
Information benötigt wird.
Allerdings suche ich nach einem ausreichend genauen Weg, um das 
Verhalten des Transistor bestimmen zu können (wie im konkreten Fall), 
ohne jetzt konkret mit dem Multimeter zu messen.
Ich möchte ja das Verhalten meiner Schaltungen für viele Situationen 
(z.B. mehr/weniger als 4.5V) voraussagen können, sofern das nicht zu 
hoch gegriffen ist.

Nochmals vielen Dank für die Mühe!

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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>Also UB1 > UB2
Dann hättest du dir die Rechnerei sparen können ;-)
Denn Anton schreibt ganz klar von jeweils 4,5V.

Mein Ansatz wäre der Konjunktiv:
Wenn ich einen super Transistor hätte mit B=unendlich, dann wäre Ib=0.
Dann wäre UB2 = U2 = 4,5V und Ure = 4,5V-0,7V = 3,8V.
Wenn Ure = 3,8V wäre, dann müsste (weil Ic=Ie) Urc = 3,8V sein.
Weil aber Urc+Ure schon 7,6V wären, müsste die Schaltung mit mindestens 
dieser Spannung plus Ucesat betrieben werden, um im linearen Bereich zu 
arbeiten.
Weil sie das nicht wird, ist eine weitere Berechnung der Aufgabe sinnlos 
bzw. könnte nur iterativ anhand einer Kennlinie weitergeführt werden.

Das geht schon ganz ohne Mathe:
Der Transistor ist in der Sättigung.
Und wie groß ist B in der Sättigung?
Richtig: nicht definiert,
und deshalb sind die Transistorformeln hier für die Katz.

von Oliver D. (smasher)


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Wie berechnet man das den letztlich, wenn man es seeeehr genau braucht?

Also auch in Abhängigkeit aller aussenfaktoren?
Probiert man dann rum?

Vor allem ist ja nicht jeder Transistor 100% gleich (mal abgesehen von 
unterschiedlichen modellen).

von Vorname N. (logout-name)


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Die Schaltung sollte schon so dimensioniert werden, dass gewisse 
Bauteilstreuungen keinen allzugrossen Einfluss auf die Schaltung haben.

Bei solchen Rechnungen (Transistor nicht im linearen Bereich) kann man 
iterativ Arbeiten. Also man rechnet (gezielt) im Kreis rum. Ist man am 
Ende der Rechnung hat man den neuen Startwert für eine neue Iteration. 
Weil dies fehleranfällig und mühsam ist, nimmt man am besten ein 
Simulationsprogramm.

Man kann aber so wie oben gezeigt zeigen ob man sich im linearen oder 
Sättigungsbereich befindet. Allerdings hätte ich anstatt des unendlichen 
B das aus dem Datenblatt nachgeschaut und mal gerechnet und geschaut ob 
am Schluss ein Widerspruch auftaucht oder nicht.

von Helmut L. (helmi1)


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>>Also UB1 > UB2
>Dann hättest du dir die Rechnerei sparen können ;-)
>Denn Anton schreibt ganz klar von jeweils 4,5V.

Nur das es mit 4.5V nicht funktioniert.
Dann wird naemlich der groesste Teil des Stromes der durch RE fliesst 
auch durch die Basis b.z.w RB fliessen

von Jürgen (Gast)


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Mein Ansatz wäre:

R_E mit der Stromverstärkung des Transistors multiplizieren -> R_E'
Spannungen im Spannungsteiler R_B, BE-Diode, R_E' berechnen
Strom durch R_B berechnen
Strom durch R_C, R_E über Stromverstärkung berechnen
U_CE berechnen, wenn positiv sind wir fertig (keine Sättigung)

Wenn negativ setze U_CE = 0 und berechne U_E aus Spannungsteiler R_C, 
R_E
Rückrechnen auf U_B, I_B

Jürgen

von Helmut L. (helmi1)


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Hallo Juergen,

Formel (10) beinhaltet genau das

Gruss Helmi

von Anton (Gast)


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Jetzt ist mir einiges klarer geworden.
Herzlichen Dank an alle für die Hilfe!

von Jürgen (Gast)


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Hallo Helmi,

> Formel (10) beinhaltet genau das

da hast du schon Recht, das Verständnis geht aber ein wenig in den 
Formeln unter.

Jürgen

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