Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Temperaturdrift von OP als nicht invertierender Verstärker


von Manfred (Gast)


Lesenswert?

Hallo Leute, für folgendes Problem fehlt mir leider die Praxiserfahrung, 
die ja hier reichlich vorhanden ist:
Ich möchte die Messwerte eines Feuchtesensors mit Analogausgang 0..5V 
über einen EIB-Analogeingang auf meinen EIB-Bus bringen. Dieser 
Analogeingang erwartet 0..10V, die er mit einem 16 Bit AD Wandler 
verarbeitet. Mit dem 0..5V Signal geht dann natürlich die Hälfte der 
Auflösung flöten. Daher überlege ich, das Sensorsignal mit einem OP auf 
0..10V zu spreizen. Wenn natürlich die Temperaturdrift des OP dann aber 
die (absolut lineare und temperaturkompensierte) Kennlinie des Sensors 
verbiegt, hat es wenig Sinn. Was ist eure Einschätzung? Signal 
verstärken oder direkt draufgeben?

Ich freue mich auf die gewoht kompetenten Antworten in diesem Forum.

Manfred

von 3374 (Gast)


Lesenswert?

Bei einem nichtinvertierenden Verstaerker geht die Drift mit der 
Verstaerkung multipliziert ins Ergebnis ein. Zieh dir mal "OpAmps - 
einfach erklaert" rein.

von Andreas Haimberger (Gast)


Lesenswert?

> Wenn natürlich die Temperaturdrift des OP dann aber
> die (absolut lineare und temperaturkompensierte) Kennlinie des Sensors
> verbiegt, hat es wenig Sinn.

Wenn die Gegenkopplungswiderstände, die den Verstärkungsfaktor 
bestimmen, den gleichen Temperaturkoeffizienten haben, driftet bei der 
Verstärkung gar nichts. Das, was beim OpAmp driftet, ist der Offset. 
Insofern wird die Kennlinie nicht verbogen sondern nur nach oben oder 
unten geschoben.

Du hast also lediglich eine temperaturabhängige Offsetspannung am 
Eingang, die um den selben Faktor wie das Signal verstärkt wird. Bei 
deiner gewünschten Verstärkung von 2 (zwei) ist die aber ziemlich 
gering. OpAmp mit geringem Offset nehmen und Offsetspannung auf Null 
stellen. Die Schaltung steht im Datenblatt, üblicherweise ist es nur ein 
Poti mit Schleifer zu VCC.

Die Offsetspannung beträgt bei besseren OpAmps (klassisch: OP07) bereits 
weniger als 0,1 mV wenn er nicht nicht abgeglichen ist. Mit Abgleich ist 
die praktisch Null. Bei deinem Signal von 5 V sind die paar Mikrovolt zu 
vernachlässigen, die Drift ist mit weniger als zwei Mikrovolt/Grad C 
ebenfalls minimal.

Die Offsetspannung kann man aber auch vor jeder Messung bestimmen und 
dann nachher per Software rausrechnen:

OpAmp-Eingang mit FET niederohmig gegen Masse kurzschliessen, Spannung 
am Ausgang des OP messen = deine Offsetspannung. FET ausschalten, Sensor 
messen. Sensorspannung am OpAmp-Ausgang minus vorher gemessener 
Offsetspannung = dein korrigiertes Signal.

Grüsse, Andy

von yalu (Gast)


Lesenswert?

"Feuchtesensor" hört sich für mich eher nach Schätzung als nach
Messung an ;-). Ist da eine Messung mit 16 Bit überhaupt sinnvoll?

Falls doch: Beim OP07C für 25 Cent hat die Offsetspannung einen
Temperaturkoeffizienten von 0,5µV/K, das sind 0,0066 LSB/K, d.h. erst
bei Temperaturschwankungen von mehr als 150K übersteigt der
Temperatur- den Quantisierungsfehler des ADCs. Der Fehler durch die
Temperaturdrift des Eingangsruhe- und des Offsetstroms ist bei
vernünftiger Beschaltung des OPVs noch deutlich geringer. Der
Temperaturkoeffizient der Differenzverstärkung ist im Datenblatt nicht
angegeben, ich würde aber schätzen, dass der prozentual in der
gleichen Größenordnung liegt wie derjenige der Offsetspannung und des
Offsetstroms, also bei etwa 1%/K. Damit hätte auch die Temperaturdrift
der Differenzverstärkung keinen wesentlichen Einfluss auf das
Messeregbnis.

Aber wie schon oben geschrieben, glaube ich, dass das schwächste Glied
in der Kette der Sensor selbst ist und das zweitschwächste der ADC
bzw. dessen Referenzspannungsquelle. Ich kann mir nicht vorstellen,
dass diese über einen größeren Temperaturbereich auf 1/2^16 stabil
ist.

von Manfred (Gast)


Lesenswert?

Vielen Dank für die schnellen Antworten!

Dann werde ich mal den Lötkolben anheizen. Ein eventueller Offset lässt
sich als konstanter Faktor leicht in der Software dahinter entfernen.

@yalu: Der Hersteller des Feuchtesensors gibt 2% Toleranz an. Das ist
für einen (bezahlbaren) Feuchtesensor schon nicht schlecht, aber bei den
Werten, die du in deiner Rechnung für den OP nennst natürlich jenseits.
Auch mit der Genauigkeit der Referenz des AD Wandlers liegst du
vermutlich richtig. Diese EIB Komponenten sind schliesslich keine
Messtechnik, sondern für die Gebäudeautomatisierung gedacht. Besonders
toll ist das bestimmt nicht. Dafür total überteuert ;-)

In diesem Sinne nochmal vielen Dank für die Hilfe

Manfred

von yalu (Gast)


Lesenswert?

Dann würde ich aber den Operationsverstärker weglassen und auf das eine 
verlorengehende Bit pfeifen. Dieses Bit geht in der Messungenauigkeit 
des Sensors und dem Messrauschen völlig unter.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.