Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Was genau macht ein Frequenzanalysator?


von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Hi, könnte mir jemand genau erläutern, was ein Frequenzanalysator macht?

Was er jedenfalls nicht macht ist eine Fourier-Transformation...

Digitale Frequenzanalysatoren machen wohl ne FFT, die effektiv einer 
gefensterten Fourier-Frafo entsprechen dürfte. D.h. das zu analysierende 
Signal wird effektiv mit einem bestimmten Kern (bei FFT der Träger des 
zu untersuchenden Intervalls) gefaltet und dann der Transformation 
unterzogen.

Solche Transformationen haben jedoch Nachteile. Durch das Falten wie es 
bei FFT gemacht wird, entstehen Artefakte, und zunächst ist nicht klar, 
daß die  FFTs eines Signals eine 1:1-Abbildung des Signals liefern.

Bei dem Thema innteressiert mich eher die mathematische Seite, und von 
daher wäre es doch wünschenswert, eine Multiskalenanalyse zu machen, 
oder?

Machen neurer Geräte das? Erstens ist eine FWT (Fast Wavelet Trafo) 
schneller zu berechnen als eine FFT, und zweitens ergeben sich keine 
Artefakte durch (implizites) Falten mit einem Kern. Man erhält also eine 
1:1 Korrespondenz zwischen Signal und Trafo, oder anders ausgedrückt, 
das Ursprungssignal ist aus der Transformation wieder herstellbat, was 
für eine FFT nicht der Fall ist (dort sind die Basisfunktionen nicht 
orthogonal).

Wie sieht das mit analogen Systemen aus? ZB mit analogen 
Frequenzanalysatoren, die keine "harten" Intervallgrenzen kennen?

Etwa mit dem Ohr, das ja auch eine Frequenzanalyse, vermutlich sogar 
eine Multiskalenanalyse macht?

von Raimund R. (corvuscorax)


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Die 'alten' Frequenz-Analyzer für den HF-Bereich machen alles analog, 
d.h. es wird gesweept, gemischt, demoduliert, usw. um letztendlich auf 
einem Monitor anzuzeigen bei welcher Frequenz sich was wie stark 
'tummelt'. Dabei kann man i.d.R. angeben von wo nach wo gesweept wird 
und die angezeigte Amplitude läßt sich auch immer irgendwie 
anpassen/skalieren.

Neuere Analyzer tun dies mittlerweile auch schon mit der Unterstützung 
von DSPs und DDS-ICs (DDS = D_irekte D_igitale S_ynthese) und die 
Hersteller lassen sich das dann auch entsprechen bezahlen. Aber soweit 
mir bekannt ist, machen sie (trotzdem oder immer noch) keine FFT oder 
gar FWT.

Was willst Du übrigens eigentlich mit der Wavelet-T. bei 
Frequenz-Analyzern??? Wenn ich mich noch recht erinnere, bietet die 
Wavelet-Transformation nur den Vorteil, das man herausfinden kann zu 
welchem Zeitpunkt eine bestimmte Frequenzkomponente im ausgewählten 
Zeitfenster vorhanden war!?! Bei einem Frequenz-Analyser will/brauch ich 
sowas eigentlich gar nicht wissen.
Eine Wavelet-T. halte ich für (absoluten) Overkill, wenn mich nur das 
Frequenz-Spektrum interessiert. Da hilft/reicht bereits eine FFT, die, 
bei entsprechendem Windowing, auch akzeptable Resultate liefert. Und 
wenn ich mich nicht irre ist der Rechenaufwand einer FWT (geringfügig?) 
höher als bei einer FFT.

Überlege Dir evtl. noch mal genau was Du eigentlich 
erreichen/ermitteln/eruieren möchtest und wähle dann ein adequates 
Verfahren aus. Meiner Meinung nach braucht man eine FWT nur in ganz 
wenigen Spezialfällen.

von aaahhh (Gast)


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Eine FFT hat keine orthogonalen Basisfunktionen ? Tatsaechlich ? Dazu 
ist anzumerken, dass eine FFT Nebenbedingungen hat und eigentlich eine 
implementierbare Sparversion einer Fouriertransformation darstellt.

von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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aaahhh wrote:
> Eine FFT hat keine orthogonalen Basisfunktionen ? Tatsaechlich ? Dazu
> ist anzumerken, dass eine FFT Nebenbedingungen hat und eigentlich eine
> implementierbare Sparversion einer Fouriertransformation darstellt.

Eine FFT ist eher eine Short-Time-Fourier-Trafo (STFT) und weniger eine 
FT.

Nimm zB eine FFT die man für das Intervall [0,1] im Zeitbereich macht. 
Für die FT sind 1 und cos(x) orthogonal, über dem Intervall sind sie 
offenbar es nicht.

http://de.wikipedia.org/wiki/Stft

Raimund Rabe wrote:

> Neuere Analyzer tun dies mittlerweile auch schon mit der Unterstützung
> von DSPs und DDS-ICs (DDS = D_irekte D_igitale S_ynthese) und die
> Hersteller lassen sich das dann auch entsprechen bezahlen. Aber soweit
> mir bekannt ist, machen sie (trotzdem oder immer noch) keine FFT oder
> gar FWT.

Äh, die machen auf digital und verwenden keine FFT? Was geht denn dort 
digital (nur die Darstellung nach der Trafo) und was analog?

> Was willst Du übrigens eigentlich mit der Wavelet-T. bei
> Frequenz-Analyzern??? Wenn ich mich noch recht erinnere, bietet die
> Wavelet-Transformation nur den Vorteil, das man herausfinden kann zu
> welchem Zeitpunkt eine bestimmte Frequenzkomponente im ausgewählten
> Zeitfenster vorhanden war!?! Bei einem Frequenz-Analyser will/brauch ich
> sowas eigentlich gar nicht wissen.

Ah, ich bin davon ausgegangen, daß ein Frequenz-Analyser Änderungen 
direkt darstellt, zB wenn man einen Schwingkreis trimmt, daß man das 
dann (mehr oder weniger) in Echtzeit auf dem Bilschirm erkennt, wie sich 
das Spektrum geändert hat. Aber wenn die Geräte rein statisch arbeiten, 
man also "von Hand" einen bestimmten Signalbereich aufzeichnen muss, der 
dann analysiert werden soll, wählt man ja auch einen Zeitbereich.

Eine klassische FT bietet keine Information über den Zeitbereich. Wenn 
man also ein Signal dynamisch analysieren will, d.h. sehen will, wie 
sich ein Frequenzspektrum ändert, wenn sich ein Signal ändert, dann ist 
ein FT unbrauchbar. Schon deshalb, weil man nicht in die Zukunft schauen 
kann :-)

Durch eine FFT wird implizit ein Zeitfenster geschaffen, so daß eine FFT 
eine gefensterte FT ergibt -- mit all ihren Problemen: Harte Kanten des 
Fensters, nicht-orthogonale "Basis"funktionen bzw die Basisfunktionen 
werden abgeschnitten. Bei der Wahl eines Zeitbereichs macht man über die 
Unschärferelation zudem auch Annahmen über die zu beobachtenden 
Frequenzen bzw. über deren Auflösung.

> Eine Wavelet-T. halte ich für (absoluten) Overkill, wenn mich nur das
> Frequenz-Spektrum interessiert. Da hilft/reicht bereits eine FFT, die,
> bei entsprechendem Windowing, auch akzeptable Resultate liefert. Und
> wenn ich mich nicht irre ist der Rechenaufwand einer FWT (geringfügig?)
> höher als bei einer FFT.

Asymptotisch ist eine FWT scheller als eine FFT, allerdings sagt das 
über die Praxis nicht unbedingt was aus ;-)

> Überlege Dir evtl. noch mal genau was Du eigentlich
> erreichen/ermitteln/eruieren möchtest und wähle dann ein adequates
> Verfahren aus. Meiner Meinung nach braucht man eine FWT nur in ganz
> wenigen Spezialfällen.

Ich habe kein konkretes Anzeige- oder Analyseproblem, mich interessieren 
die mathematischen Grundlagen bzw. -hintergründe. Ob zB 
Fequenz-Analysatoren schon Wavelet-Trafo implementieren, ob das 
überhaupt Vortile hätte, welche Wavelets gewählt werden, etc.

Zudem gibt es ja nicht "die" Wavelet-Trafo wie es "die" Fourier-Trafo 
gibt, sondern in der Auswahl der Wavelets hat man viel Freiheit.

Insbesondere kann man die Wavelets so wählen, daß sie in einem endlichen 
Zeitfenster orthogonal sind und ein Abschneiden der zu analysierenden 
Funktion das Analyse-Ergebnis nicht verändert, weil es Wavelets gibt, 
die sanft auf 0 abfallen, etwa

http://de.wikipedia.org/wiki/Daubechies-Wavelets

Die Wavelets sehen aus wie kleine Wellenpakete, und nicht wie hart 
abgeschnittene.

von Raimund R. (corvuscorax)


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>> Neuere Analyzer tun dies mittlerweile auch schon mit der Unterstützung
>> von DSPs und DDS-ICs (DDS = D_irekte D_igitale S_ynthese) und die
>> Hersteller lassen sich das dann auch entsprechen bezahlen. Aber soweit
>> mir bekannt ist, machen sie (trotzdem oder immer noch) keine FFT oder
>> gar FWT.
>
> Äh, die machen auf digital und verwenden keine FFT? Was geht denn dort
> digital (nur die Darstellung nach der Trafo) und was analog?

Die Generierung der zu untersuchenden Frequenz und des Sweepsignals (via 
DDS) ist alles digital (schau z.B. mal bei Analog Devices bei den 
DDS-ICs vorbei - www.analog.com). Nur noch wenige heutige Analyzer haben 
noch einen CRT-Monitor, üblich ist da ein TFT-Display, was auch wieder 
digital anzusteuern wäre. Also die CPU (kann ein/mehrere DSPs, µCs, oder 
was auch immer sein, sofern nur die Rechenpower irgendwie paßt) hat 
schon genug zu tun. I.d.R. gibt's auch noch div. (digitale) 
Schnittstellen zu PCs, usw. und manche Analyzer haben auch 
Diskettenlaufwerke, USB-Ports oder SD/CF/MMC-Karten-Slots zum Speichern 
von 'Bildern' und/oder Konfigurationoen auf Sticks bzw. entsprechenden 
Speicherkarten.

>
>> Was willst Du übrigens eigentlich mit der Wavelet-T. bei
>> Frequenz-Analyzern??? Wenn ich mich noch recht erinnere, bietet die
>> Wavelet-Transformation nur den Vorteil, das man herausfinden kann zu
>> welchem Zeitpunkt eine bestimmte Frequenzkomponente im ausgewählten
>> Zeitfenster vorhanden war!?! Bei einem Frequenz-Analyser will/brauch ich
>> sowas eigentlich gar nicht wissen.
>
> Ah, ich bin davon ausgegangen, daß ein Frequenz-Analyser Änderungen
> direkt darstellt, zB wenn man einen Schwingkreis trimmt, daß man das
> dann (mehr oder weniger) in Echtzeit auf dem Bilschirm erkennt, wie sich
> das Spektrum geändert hat. Aber wenn die Geräte rein statisch arbeiten,
> man also "von Hand" einen bestimmten Signalbereich aufzeichnen muss, der
> dann analysiert werden soll, wählt man ja auch einen Zeitbereich.

Man wählt keinen 'Zeitereich' sondern einen Frequenzbereich, der 
untersucht werden soll. Das ganze dauert dann seine 'Zeit', weil es von 
dem zu untersuchenden Frequenzbereich, der Sweepfrequenz, der 
gewünschten Genauigkeit, der (digitalen) Verarbeitungsgeschwindigkeit 
(d.h. Eruierung der Messdaten und Aufbereitung für's Display durch die 
CPU) usw. abhängt. Mit welcher Wiederholfrequenz solch eine Messung am 
Display angezeigt wird hängt eben von all diesen (einstellbaren) 
Parametern ab.

>
> Durch eine FFT wird implizit ein Zeitfenster geschaffen, so daß eine FFT
> eine gefensterte FT ergibt -- mit all ihren Problemen: Harte Kanten des
> Fensters, nicht-orthogonale "Basis"funktionen bzw die Basisfunktionen
> werden abgeschnitten. Bei der Wahl eines Zeitbereichs macht man über die
> Unschärferelation zudem auch Annahmen über die zu beobachtenden
> Frequenzen bzw. über deren Auflösung.

Da die Summe aller Übel stets konstant ist, ist bei FFT-Analysen eben 
die Fensterfunktion wählbar, um selbst entscheiden zu können welches 
Fenster für den gerade aktuellen Anwendungsfall das Bessere ist. Da ich 
mich noch nicht soooo tief in die FWTs eingelesen habe, kann ich dazu 
nicht allzuviel sagen, aber ich bin mir (zu 100%) sicher, das auch die 
FWT oder ganz generell die WT auch so ihre Nachteile hat bzw. haben muß, 
sonst wäre sie wesentlich weiter in ihrer Verbreitung.

>
> Asymptotisch ist eine FWT scheller als eine FFT, allerdings sagt das
> über die Praxis nicht unbedingt was aus ;-)

Man müte noch mal genau eruieren wieviele Additionen/Multiplikationen 
eine FWT gegenüber einer FFT hätte, was natürlich auch davon abhängt, 
was für eine CPU die Berechnungen durchführt, und in wie weit der Code 
optimiert ist.

>
> Ich habe kein konkretes Anzeige- oder Analyseproblem, mich interessieren
> die mathematischen Grundlagen bzw. -hintergründe. Ob zB
> Fequenz-Analysatoren schon Wavelet-Trafo implementieren, ob das
> überhaupt Vortile hätte, welche Wavelets gewählt werden, etc.

Da bin ich mir recht sicher, das die WT/FWT nicht zum Einsatz kommen - 
wer's evtl. besser weiß, soll uns/mir mitteilen welcher Analyzer das 
macht. Bin da recht neugierig ;-)

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