Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Theorie zum Stromwandler: Doch nicht so einfach!


von Waldmann (Gast)


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Grüß euch,

ich hab gerade eine Spule mit (Ferrit)Ringkern als Stromwandler 
missbraucht (nur um zu sehen, ob überhaupt was fließt).
Zuerst habe ich sie ohne einen Widerstand zwischen den Anschlüssen an 
das Oszi geklemmt. Was rauskam waren Spikes, kein Sinus; schon klar 
warum, der Kern geht noch bevor der maximale Primärstrom erreicht ist in 
Sättigung.
Also habe ich ein Poti drangelötet und eingestellt, bis der Sinus sauber 
war.
Auch klar warum, dachte ich jedenfalls bis vorhin!

Nun einige Tatsachen, die mich zweifeln lassen:
Der Strom auf der Sekundärseite (durch den Widerstand) wird ja von der 
dort induzierten Spannung hervorgerufen. Diese induzierte Spannung ist 
am höchsten, wenn der Primär_strom_ die größte Steigung hat (also bei 
den Nulldurchgängen).
Zwischen dem Primärstrom und dem Sekundärstrom (der wegen R mit der 
Sekundärspannung in Phase ist) ist also eine Phasenverschiebung von 90°.

Was daran interessant ist:
Die beiden Ströme erzeugen im Ferritkern einen magnetischen Fluss, der 
eine höhere Amplitude hat, als wenn auf der Sekundärseite kein 
Widerstand wäre (also kein Sekundärstrom fließen könnte).
Auch wenn die beiden Ströme magnetische Flüsse erzeugen, die 
gegeneinander gerichtet sind, so ist die Amplitude des gesamten 
Flusses im Kern trotzdem höher als die Amplitude des Flusses, der durch 
den Primärstrom alleine erzeugt wird.

Mit anderen Worten: Wenn ich auf der Sekundärseite einen Widerstand 
anschließe muss der Kern erst recht in Sättigung gehen, nur eben zu 
einem anderen Zeitpunkt!

Ich habe das (soweit möglich) simuliert, indem ich in Switchercad einen 
Commonmode-Linefilter als Übertrager benutzte. Auf der Primäreite ist 
(über einen Widerstand) eine Spannungsquelle angeschlossen und die 
Sekundärseite ist kurzgeschlossen.
Das Übersetzungsverhältnis ist ca. 12 (n_prim/12 = n_sek). Deshalb ist 
der
Sekundärstrom Ix(U2:1) mit 12 skaliert, da der Sekundärstrom im Kern 
einen Fluss erzeugen muss, der die selbe Amplitude hat wie der vom 
Primärstrom Ix(U2:3) erzeugt Fluss (wenn wie hier R_sek = 0 ist).

Die beiden Ströme habe ich dann voneinander abgezogen (addieren führt 
auf das Gleiche, nur inder Phase verschoben) mit dem (erwarteten) 
Ergebnis, dass der resultierende Fluss im Kern eine noch höhere 
Amplitude
hat als wenn auf der sekundärseitig gar nicht angeschlossen wäre.

Und damit steh ich im Wald...
Warum funktioniert es trotzdem?

von Waldmann (Gast)


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Ok. Ich habs rausbekommen...

Für alle die es interessiert:
Die obige Annahme war falsch: Die Phasenverschiebung zwischen 
Primärstrom und Sekundärspannung ist nur dann 90°, wenn sekundärseitig 
kein Strom fließt.
Wer wissen möchte weshalb, der sollte seinen Blick auf die Herleitung 
der Trafogleichungen für das T-Ersatzschaltbild richten.

von Waldmann (Gast)


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Nochwas: Der Commonmode-Filter ist als Trafo nicht zu gebrauchen! Lieber 
das T-ESB zeichnen.

von Michael (Gast)


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>Die obige Annahme war falsch: Die Phasenverschiebung zwischen
>Primärstrom und Sekundärspannung ist nur dann 90°, wenn sekundärseitig
>kein Strom fließt.

Kam mir beim lesen so ähnlich in den Sinn. Ich hab aus den 
GET-Vorlesungen noch in Erinnerung, dass die Phasendrehung nur dann 90° 
beträgt, wenn keine Verluste entstehen. Das ist im realen Leben aber nie 
der Fall, Verluste gibts ja immer.

von tex (Gast)


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Bei der Stromwandlung sei außerdem zu beachten, dass die Messschaltung, 
obgleich galvanisch vom Primärkreies getrennt, auf diesen nicht 
Rückwirkungsfrei ist. Darum macht es Sinn, die Ströme im Sekundärkreis 
niedrig zu halten.
mit freundlichen Grüßen von Meister Lenz

von Waldmann (Gast)


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Hallo tex,
da muss ich dir widersprechen: Man sollte die Ströme im Sekundärkreis 
nicht zu klein halten, da sie verhindern, dass der Kern zu schnell in 
Sättigung geht und die Linearität der Messung besser wird, je kleiner 
der mag. Fluss im Kern ist.

Ich habe mit verschiedenen Schaltungen experimentiert, angefangen mit 
dem par. Widerstand sowie mit verschiedenen OPV-Schaltungen.
Die besten Ergebnisse (bei kleinem Aufwand) brachte der Widerstand über 
der Sekundärwicklung. Er sollte genauso groß sein, wie der 
Innenwiderstand der Sekundärwicklung. Ein OP-Verstärker dahinter und man 
hat kann schon eine akzeptable Genauigkeit für diese einfache Lösung 
erreichen.

Wenn der Widerstand kleiner wird, kann man zwar noch höhere Ströme 
messen, jedoch leiden dann die Genauigkeit und Auflösung.
Ein höher Widerstand lenkt das Ferrit weiter aus, was zu einer größeren 
Nichlinearität des Kern führt.

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