Forum: Platinen Durchkontaktieren zum ...ten


von Eric Schawaller (Gast)


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Achtung: Text ist etwas lang geworden :-) Wer keine Lust hat, alles zu
lesen, aber trotzdem helfen will: Bitte nur den vorletzten Absatz
lesen…

Hallo!

Schon länger bin ich auf der Suche nach einer Methode, galvanisch
durchkontaktierte Platinen herzustellen. So bin ich dann auch auf
dieses Forum – insbesondere auf die Anlage von Markus Zingg – gestoßen.
Es geht also doch…
Was mich vor allem vom Bau abgehalten hat, ist aber der Preis für die
Chemie – der anscheinend oberhalb von 500 Euro zu liegen scheint. Das
lohnt sich für mich als Hobbybastler nicht, unabhängig von den
gelieferten Mengen.
Deshalb die Idee: Kommerzielles Verfahren nachbauen / eigenes Verfahren
entwickeln.
Der letzte und entscheidende Schritt – das galvanische Beschichten –
scheint tatsächlich relativ einfach realisierbar zu sein. Als
Elektrolyt kommt eine schwefelsaure Kupfer(II)Sulfat-Lösung in Frage +
Einebner + Glanzzusatz. Alles eher leicht zu beschaffen, auch als
Fertiglösung, und günstig. Probleme gibt es vor allem bei der
außenstromlosen Metallisierung.

Aber der Reihe nach:

1. Schleifen: Trivial.
2. Entfetten: Geeignet sind organische Lösungsmittel. Professionell
eingesetzt werden wohl immer noch chlorierte Kohlenwasserstoffe, die
auch gar nicht schwer zu beschaffen sind (habe selbst noch eine Flasche
Trichlorethen im Keller :), aber gesundheitsschädlich. Vielleicht
reicht auch Aceton.
3. Abätzen von Harzrückständen (in den Bohrlöchern), geeignet ist eine
Permanganat-Lösung. Sehr leicht zu bekommen (Kaliumpermanganat).

4. Außerstromlose Metallisierung. Hier wird es, wie gesagt,
kompliziert.

- Klassisches Verfahren: Bekeimung mit Palladium.
Eine kolloidale Palladium/Zinn.Lösung ist anscheinend gar nicht so
schwer herzustellen. Bin auf folgende Zusammensetzung gestoßen: 160
mg/L Palladiumchlorid + 0,4 Mol/L Salzsäure + ca. 5g/L Zinn(II)chlorid.
Die Beschaffung des Palladiumchlorids könnte sich allerdings als
schwierig und kostspielig erweisen. Palladium ist noch wesentlich
seltener als Gold und zudem nicht nur für die Leiterplattenindustrie
von Bedeutung… Außerdem muss die mit Palladium-Clustern aktivierte
Oberfläche eventuell chemisch (immer noch stromlos) mit Kupfer weiter
ausgebaut werden – zu dicke Palladium-Schichten werden mechanisch
instabil. Vielleicht aber auch nicht nötig, nicht zuletzt wohl eine
Preisfrage. Nicht zu vergessen muss die Platine nach der Bekeimung in
eine Beschleunigerlösung, hierfür eignet sich anscheinend
Zitronensäure.

- Substratinduzierte Koagulation: Es wird bei diesem Verfahren kein
Metall, sondern Kohlenstoff abgeschieden. Vereinfachte Beschreibung:
1. Konditionierung des Materials mittels Gelatinelösung
2. Spülen
3. Eintauchen in Russdispersion (enthält anionische/kationische Zusätze
und Natriumacetat)
4. Spülen (Gelatinereste verschwinden)
Fertig ist eine angeblich spül- und haftfeste sowie leitende
Kohlenstoffschicht. Der Vorgang lässt sich zur Schichtverstärkung
wiederholen.

Offensichtliches Problem: Eine bereits verkupferte Platine ist nun
vollständig mit Kohlenstoff beschichtet. Eine weitere Lage Kupfer wird
wahrscheinlich nicht so gut haften, wie die erste, vor allem dürfte
sich das Ätzen als schwierig erweisen… Vielleicht ist aber die
mechanische Entfernung möglich, ohne die Ablagerungen in den Bohrungen
zu beschädigen.
Auch nicht so einfach: Das Herstellen der Russdispersion. Neben einem
Turbomixer (lässt sich vielleicht im kleinen Maßstab selbst
bauen/Bohrmaschine…) ist ein Ultraschallbad (vielleicht reicht ein
Ultraschallreiniger?) und eine genaue Wage erforderlich (>=50 Euro) –
für die Zusätze. Aber diese Anschaffungen machen sich wahrscheinlich
durch den Verzicht auf Palladium langfristig bezahlt.

- Beschichtung mit leitfähigen Polymeren: Vereinfacht:
1. Ablagerung von Braunstein auf den nicht leitenden Platinenteilen.
Die Herstellung von Braunstein ist ein „Selbstgänger“, wenn
Kaliumpermanganatlösung vorhanden ist. Wie das selektiv auf dem
Trägermaterial geschieht, habe ich noch nicht herausgefunden.
2. Eintauchen in eine entsprechende saure Monomer-Lösung: Der
Braunstein löst sich, Mn^2+ geht in Lösung und dabei kommt die
Polymerisation in Gang.
Klingt insgesamt realisierbar, die Beschaffung der Monomere könnte sich
allerdings als schwierig erweisen. Als Beispiele habe ich „FR-4“ und
„Arlon“ gefunden.

- Meine eigene Idee: Silberablagerung. Könnte sich von vorneherein als
unbrauchbar erweisen, konnte kein Beispiel für eine professionelle
Anwendung entdecken. Meine Chemiekenntnisse gehen leider nicht über die
Schulbildung hinaus... Aber genau auf diesem Niveau bewegt sich die
Methode:
1. 10 ml 0,1 molare Silbernitratlösung + 100 ml Wasser mit soviel
Ammoniak versetzen, bis sich der entstehende Niederschlag gerade wieder
löst.
2. Eventuell erhitzte Platine dazu, ca. 5ml gesättigte Glukoselösung +
wenig NaOH-Lösung hinzugeben. Platine Bewegen -> elementares Silber
scheidet sich ab.
3. Spülen, eventuell Entfernen von Silberoxid – das wahrscheinlich
schon durch gelösten Sauerstoff entsteht. An diesem Punkt könnte das
Verfahren auch von vornherein scheitern.
Vorteile: Chemikalien leicht zu beschaffen (Apotheke), bekanntermaßen
gute Leitfähigkeit des Silbers.

Bevor ich mit den Experimenten anfange, wollte ich die Ansätze hier im
Forum diskutieren. Vielleicht liest ja sogar ein Chemiker mit, der mich
vom einen oder anderen Verfahren rechtzeitig abbringt :) Interessieren
würde mich vor allem die Zusammensetzung der professionellen Lösungen.
Da sehr viele der verwendeten Substanzen potentiell
gesundheitsschädlich sind, müssten sie eigentlich deklariert sein.
Hilfreich wäre aber schon der Ablauf bis zur galvanischen Beschichtung.
Falls jemand Interesse an eigenen Experimenten hat: Habe viele Details
ausgelassen (Text ohnehin schon zu lang), würde ggf. die entsprechenden
Links versenden.

Meine Ansprüche sind eigentlich gar nicht hoch – zwei Layer würden
völlig ausreichen, dauern darf es auch – also keine großen
Anforderungen an Stromdichte/Elektronik. Vielleicht kommt ja auch mal
eine Firma wie Seno auf die Idee, erschwingliche Chemikalien – in
kleinen Mengen vertrieben – für den Hobbybereich zu entwickeln. Scheint
mir eine Marktlücke zu sein.

Schon einmal vielen Dank für die Mühe (und fürs Lesen), Eric

von Henrik (Gast)


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Das Silber-Verfahren hört sich sehr interessant an, hast du einen
genaueren Text? Bin auch kein Chemiker, aber diese Frage beschäftigt
und reizt mich auch sehr.

Henrik

von Eric Schawaller (Gast)


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Hallo!

 Unter http://www.experimentalchemie.de/versuch-049.htm gibt es eine
genaue Anleitung, die allerdings eher für die Herstellung von
Weihnachtskugeln taugt. Z.B. ist die Zugabe eines NaOH-Plätzchens kaum
praktikabel. Sinnvoll wäre eventuell auch die Wahl eines anderen
Reduktionsmittels - in Frage kommen auch Formaldehyd oder
Kalium-Natrium-Tartrat. Im Gegensatz zu den anderen genannten Verfahren
gibt es im Netz hierzu noch viele Seiten, allerdings konnte ich keine
Beispiele für eine nachfolgende galvanische Beschichtung entdecken.

Eric

von Eric Schawaller (Gast)


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Hallo!

...mir ist noch etwas eingefallen: Es gibt sog. Bronzefarben, die
elektrisch leiten. Habe damit vor einiger Zeit mal ein Holzgehäuse
abgeschirmt. Sie enthalten offensichtlich Metallpartikel + Binder. In
der Hoffnung, dass die Partikel klein genung sind, schwebt mir
folgendes Verfahren vor:

- Farbe ggf. verdünnen, um die Fließeigenschaften zu verbessern
- Platine in Farbe tauchen und abtropfen lassen
- Zwischen zwei Walzen quetschtrocknen
- Farbe aushärten lassen, dann Reste vom Kupfer schleifen / polieren
- Galvanisch mit Kupfer beschichten.

Sicherlich das denkbar unsauberste Verfahren, außerdem dürfte die
Haltbarkeit des abgeschiedenen Kupfers auf der Bronze katastrophal
schlecht sein. Vielleicht funktioniert es trotzdem. Die Bronze selbst
sollte zumindest auf dem Basismaterial halten. Eine nachfolgende
Verzinnung könnte die Haltbarkeit verbessern. Ausserdem denke ich nicht
an maschinelle Bestückung :-)

Eric

von Henrik (Gast)


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Daran habe ich auch schoneinmal dedacht, aber mir schwebte vor, es
punktuell einzuspritzen. Es gibt bei Reichelt einen Abschirmlack auf
Basis von Kupfer. Wäre der nicht besser? Ein Sauzeug, aber leiten tut
er verdammt gut (fast genau so wie er stinkt)!

Werde mich jetzt mal auf die Anleitung stürzen!

Henrik

von Tippfix (Gast)


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Hi,

Das w.o. angesprochene Verfahren mit Bronze- oder sonstigen leitenden
Lacken ist funktionsunsicher wegen der Haftung in den Bohrlöchern.
Desweiteren würden sich Probleme infolge des Lackmittels beim
Galvanisieren ergeben.

das Durchkontaktieren mit Pd-Sn- lösungen funktioniert technisch sehr
sicher, hat aber den Nachteil, daß das sauteure Palladium sich auch auf
die vorhandene Kupferflächen abscheidet.
Besser ist das jetzt angewandte Verfahren mit organischen leitenden
Polymeren.
Das läuft etwa so ab.
- Platine bohren
- alkalisch bohrlöcher ätzen mit NaOH und Kaliumpermanganat
- Spülen bis waschwasser neutral ist ggfs etwas wenig Citronensäure
zusetzen
- Tauchen in einer Lösung , welches Pyrrol oder Thiophen enthält,
dabei wird das in den Bohrlöchern befindliche Mn zu einen leifähigen
Polymer umgewandelt, welches sich nur in den Löchern befindet, nicht
auf dem Kupfer (großer Vorteil)
- leicht sauer spülen
- Cu aufgalvanisieren
- Auflaminieren von Festfilm-Fotopolymer als Ätzmaske.
Flüssiglacke sind ungeeignet!
- Ätzen in CuCL  H2o2  Hcl
- Resist strippen mit KOH oder NaOH
- ggfs stromlos Zinn aufbringen

Da hier eine galvanische Cu-Verstärkung auftritt, ist die Verwendung
von 18µ-Cu-Platinen auszugehen, andernfalls kommt es zu Unterätzungen.

Chemie gibt es hier:

http://www.chemistryworld.de/preise/chepreis.htm

Übrigens versucht auch die Industrie möglichst einseitige Platinen zu
fertigen und nimmt lieber 100 Drahtbrücken in Kauf.

viel Erfolg

Tippfix

von ätzsau (Gast)


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Habe ich gerade beim surfen gefunden, da ging es um Fotodruck o.ä., den
Großteil habe ich mal rausgeschnipselt, keine Ahnung ob die Lösungen
zum Anmetallisieren taugen.

---Zitat---
Die Palladiumlösung
Auch hier werden zwei Möglichkeiten aufgezeigt, der Unterschied
liegt im Preis. Palladiumchlorid ist günstiger

Methode A
Ammoniumtetrachloropalladat(II) 5gr - (NH4)2[PdCl4]
destilliertes Wasser für ein Gesamtvolumen von 20ccm
Die Kristalle werden bei Raumtemperatur in 15ccm destilliertes
Wasser unter ständigem Rühren aufgelöst. Anschliessend
wird auf 20ccm aufgefüllt.

Methode B
Palladiumchlorid(II) 3gr [PdCl2]
Ammoniumchlorid NH4Cl 1.8gr
destilliertes Wasser für ein Gesamtvolumen von 25ccm
Das Ammoniumchlorid in 20ccm dest. Wasser von ca. 70-
800C lösen. Anschliessend das Palladiumchlorid hinzufügen
und unter Beibehaltung der Temperatur so lange rühren,
bis es gelöst ist. Das kann 1 Stunde dauern.
---Zitat Ende---

von ätzsau (Gast)


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Nachtrag:
Scheiss teuer das Zeug, Palladiumchlorid 1g = 40 Euro

von tippfix (Gast)


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@ ätzsau

die angegeben Lösungen sind bedingt richtig. Palladiumchlorid ist
teurer als Gold, also warum solche utopisch hohen mengen PdCl pro
liter?
Für die Belegung sind nur wenige Atomlagen nötig, so das die
nachfolgemde Reduzierung durch Sn+ eine leitfähige Pd-Schicht ergibt.
ich arbeite bereits seit vielen Jahren nach dem 2stufigem Pd-Sn-
Verfahren , habe selten ausfälle gehabt.
hier folgt nun eine langzeiterprobte Version:

Vortauchlösung
50ml HCL 35% in 950 ml Wasser


Lösung 1  ( Mengen sind auf 1 L bezogen)
DI-Wasser 850 ml
Pd2Cl    0,3 gr (kann ggfs etwas verringert werden, Lösung sollte
gelblichbraun durchscheinend aussehen)
Hcl 35% 150 ml

Lösung 2
Sn2Cl   20 gr
HCL 35% 200 ml
DI-Wasser  800 ml


alle Zutaten müssen die Reinheitsstufe Ph.Z ( Apothekenqualität) oder
als rein deklariert sein.

Ablauf:
Platine cnc-Bohren
danach gründlich entgraten, entfetten.
in Vortauchlösung 30 sec tauchen, Wasserspülen
dann in lösung 1 , dauer 10 min /Raumtemperatur
die platine nimmt dabei einen leichten metallschimmer vom Pd an
Anschliessend abtropfen lassen,
dann ins Zinnbad ( lösung 2 ) , Dauer etwa 10.. 15 min

Niemals die Platine zuerst ins Zinnbad und dann ins Palladium geben,
dies führt meistens zum Zerstören der Pd-lösung. Die Lösung wird grün
und ist dann unbrauchbar, infolghe eingeschleppter Cu-Salze.

nach dem Zinnbad die Platine kurz in einer Zitronensäurelösung ( ca 10
%)von den Zinnhydroxiden befreien ( heisst auch beschleunigen) und dann
das überflüssige Palladium von den beiden cu-Flächen herunterbürsten,
geht mit einem Reinigungsvlies aus dem Sanitärfachhandel am besten.
Das Pd muss von den Cu-Flächen runter, andernfalls gibt es bein
galvanisieren große Haftungsprobleme mit dem cu.

Spülen und dann ab ins stromlose Cu-Bad

Stromloses Cu-Bad für die Leitschicht

Natriumkaliumtartrat oder natriumcitrat 100.. 120 gr /l
Natriumhydroxid     20 gr/l
Kupfersulfat        20..30 gr /l
Formaldehydlösung 37%   10..20 ml je nach Frische der lösung

die Platine bleibt ca 20.. 30 min in diesem Bad bei RTemp.
wenn alles richtig ist, müssen bereits kurz nach dem Eintauchen
Gasblasen ( Wasserstoff) auftreten.
Es scheidet sich eine  dunkelbraune Kupferschicht ab, die nach kurzen
Anätzen dann elektrisch auf sollstärke verkupfert werden muss.

frohes Schaffen

von tippfix (Gast)


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hab noch 5 Gr ...

von tippfix (Gast)


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Noch einen Nachtrag für die Sn Lösung.

Damit das Zinn2chlorid beim auflösen nicht hydrolysiert, ist folgende
Lösungsreihenfolge einzuhalten:
400 ml Di Wasser
alles an HCL langsam lösen
dann das Zinnchlorid ebenfalls langsam unter rühren lösen.
Zuletzt das restliche DI-Wasser unter rühren zugeben.

so klappt es und es fällt kein Sn-Hydroxid aus.

von ätzsau (Gast)


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tolle infos, ich muss mich jetzt hinlegen, Samstagsprüfungen sind zum
k...

von anonymous (Gast)


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Hi.

Z.B. ist die Zugabe eines NaOH-Plätzchens kaum
praktikabel.

..das is doch nix andres als Abflussreiniger


cya

Anonymous

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