Forum: Offtopic Die unglaubliche Dreistigkeit der Heuchler von gestern


von Gast3 (Gast)


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Ich kann es nicht mehr hören, Sätze wie

"der Staat ist nicht der bessere Unternehmer"
"wenn wir Opel retten, wo soll das dann enden?"
"Verstaatlichung? Das hatten wir doch schon mal, damals in der DDR"

Noch vor wenigen Monaten noch habt ihr Blödköppe, die ihr so redet, alle 
miteinander das vom Finanzmarkt getriebene Wirtschaftssystem zur 
heiligen Kuh erklärt, der man auf keinen Fall Zügel anlegen darf, damit 
das Kapital (die Milliarden) sich ungehindert ihre Anlageformen (als 
faule Kredite und Verbriefungen) suchen. Das "System Gier" hatte Methode 
und war kein sozialer Akt für unterprivilegierte US-Amerikaner, sonst 
wären diese faulen Papiere nicht in aller Welt und schließlich bei bei 
uns gelandet.

Dann hat es (von klugen Leuten bereits lange vorhergesagt) so dermaßen 
gekracht, dass die Fetzen nur so fliegen und eine amerikanische Bank 
reißt nicht nur zahlreiche weitere US-Banken in den Abgrund, sondern 
auch die Finanzmärkte quer durch ganz Europa sowie in Asien und speziell 
auch in Deutschland stehende Banken. Ergebnis hier bei uns: Systemische 
Krise, weil systemische Bank(en), weil plötzlich kurz vor oder bereits 
in der Pleite. Bravo! Dann wird im Hauruckverfahren der Öffentlichkeit 
mitgeteilt "alles systemisch relevant" und noch bevor überhaupt richtig 
nachgedacht wurde, hagelte es Milliarden um Milliarden in Form von 
Rettungspaketen (zum Teil als Bürgschaft, aber auch in Cash).

Arbeitsplätze in Zahl wurden dabei freilich nicht gerettet. Die paar 
dutzende Jobs in den Banken sind nur ein Bruchteil dessen, was Ackermann 
einst selbst als überflüssig bei der Jagt nach 25 Prozent Rendite 
grinsend herausposaunt hatte. Aber da ist ja der angebliche 
Domino-Effekt, der die Sparer Deutschlands so sehr bedroht, falls nicht 
sofort mit Milliarden der angeschlagenen (oder sagen wir besser der 
zockenden Spielkasino-) Bank geholfen wird. Genau dazu sagt aber der 
Ökonom und Volkswirtschaftler Stefan Homburg, es wäre völlig 
ausreichend, schlicht die Sparguthaben der Bürger zu garantieren und die 
Bank in einem geordneten Verfahren der Insolvenz zu überlassen 
(entsprechende Auftritte bei Kerner und Maybrit Illner erläuterten seine 
Argumente gegen die Rettungspakete). Statt dessen sind mehr als 100 
Milliarden Euro für eine Bank locker gemacht, die an der Börse gerade 
noch rund 300 Millionen Euro wert ist. Die Dreistigkeit dabei ist, noch 
nicht mal einen Gegenwert soll der Staat = WIR STEUERZAHLER dafür 
erhalten. Das weckt nämlich plötzlich Gefühle von Verstaatlichung, 
Sozialismus, staatlichem Eingriff in private Eigentumsrechte, bei den 
Predigern des freien (Finanz-) Marktes ohne Regeln. (schon mal 
mitbekommen wie sie plötzlich ALLE für Regeln sind? Alle? Nee, einer hat 
es immer noch nicht kapiert und der heißt Friedrich Merz. Der hat doch 
die Dreistigkeit mitten in der Finanzkrise ein Buch auf den Markt zu 
bringen mit dem Titel "mehr Kapitalismus wagen". Wenn das mal endlich 
mehr Menschen mitbekommen würden, würde auf den Fasnachtveranstaltungen 
nicht mehr der Name "Friedrich Merz" im positiven Licht und als 
Heilsbringer fallen).

LEUTE DIE IHR AKTIONÄRE BEI DER PLEITEBANK SEID, DIE BANK GEHÖRT EUCH 
SCHON LANGE NICHT MEHR, EURE KOHLE IST VERZOCKT UND ZWAR GANZ IN EUREM 
SINNE MARKT GERECHT DURCH FEHLSPEKULATION !!

Also nix mit "unsere Eigentumsrechte müssen gewahrt bleiben" oder 
ähnlich. Wenn der Steuerzahler euch Geld gibt, dann gehört dem 
Steuerzahler auch ein Teil davon. Ihr könnt das dann später gerne wieder 
zurückkaufen. Der Gewinn bleibt dann natürlich beim Steuerzahler (= 
Staat).

Übrigens hat das der profilierte Finanz- und Wirtschaftswissenschaftler 
Prof. Dr. Wolfgang Gerke auch bereits gesagt, mit den Worten: "diese 
Bank gehört den Aktionären schon lange nicht mehr". Also lasst euren 
Sozialismus-Reflex mal stecken, DAS ist Marktwirtschaft.

Wenn es überhaupt irgend etwas zu retten gibt wofür es sich lohnt 
Steuermittel aufzuwenden, dann sind das Arbeitsplätze und zwar dann, 
wenn es nur um die Überbrückung einer vorübergehenden Krise geht und 
nicht darum, Arbeitsplätze künstlich aufrecht zu erhalten, die keinen 
Ertrag mehr bringen. Opel ist nach allem was mir bisher bekannt ist 
genau so ein Fall. Nicht Opel ist in der Krise, im Gegensatz zu Opel 
schreiben derzeit alle anderen Automobilbauer in Deutschland schlechtere 
Zahlen, sondern GM ist der Pleite-Konzern. Bei Anne Will gab es einen 
heftigen Schlagabtausch zwischen einem langjährigen Opel-Mitarbeiter und 
Aufsichtsratsmitglied sowie Hans-Ulrich Jörges vom Stern. Jörges lehnt 
Staatshilfen ab. Warum lehnte Jörges nicht die Milliardenzahlungen an 
die Banken ab? Die 3,x Milliarden für Opel klingen im Vergleich zu dem 
was allein die Landesbanken an Rettungsgeld erhalten haben fast schon 
lächerlich. Zurück zur Sendung, dort wurde bekannt wie GM in letzter 
Zeit große Summen an Geld von Opel nach USA zur Konzernmutter abgezogen 
hat und Entwicklungsingenieure aus Rüsselsheim UMSONST wochenlang 
Entwicklungsarbeit in USA abgeleistet haben. In Rüsselsheim wird die 
Entwicklungsarbeit für die gesamte GM in USA geleistet - Rüsselsheim ist 
quasi das Gehirn von GM und nicht "Krisenballast" von GM.

Wenn überhaupt mit Steuergeld Unternehmen gerettet werden sollen, dann 
unter zwei Bedingungen

1. nur dort Geld hingeben, wo auffällig viel Arbeitsplätze in Gefahr 
sind; wo es um das Überleben einer Industrie geht, die wir auch morgen 
noch brauchen (oder soll Deutschland wie England ein Finanzdienstleister 
ohne Industrieproduktion werden? England muss es gerade extrem schlecht 
gehen, sonst hätten sie nicht ohne aufzumucken dem jüngst beschlossenen 
kommenden strengen Regelwerk für den Finanzsektor zugestimmt)

2. es gibt nur Geld für den Gegenwert von Eigentum !! Dazu braucht es 
keinen Popanz vom angeblichen abgehalfterten Beamten, der plötzlich das 
verstaatlichte Unternehmen weiterführen soll. Das ist blanker Mumpitz 
der Staat-halte-dich-raus-Denker. Es geht nur darum solange Eigentum als 
Gegenwert zu übertragen, bis das Unternehmen die Steuermittel 
(Rettungspakete) nicht mehr braucht. Dann kann zurückgekauft werden, was 
den Aktionären mal gehörte.

BONI UND FETTE DIVIDENDEN GIBT ES IN DIESER ZEIT NATÜRLICH NICHT !! Also 
Unternehmen, siehe zu dass der Laden wieder schnell auf die Beine kommt, 
dann kannst du auch wieder Kohle verteilen.

Ich bin es einfach leid von Leuten wie Solms, Brüderle (FDP) sowie dem 
Wirtschaftsflügel der CDU/CSU für dumm verkauft zu werden mit 
Scheinargumenten wie "der Staat ist nicht der bessere Unternehmer", bloß 
weil diese Lobbyisten sich nicht getrauen die Eigentumsfrage zu stellen. 
Wer die Musik bezahlt (mittels Rettungspaketen) bestimmt auch den Takt, 
meine Herren!

von H.Joachim S. (crazyhorse)


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Ich glaube, ein wirkliches Patentrezept gibt es eh nicht mehr.
Das Grundübel liegt aber meiner Meinung trotzdem am Staat bzw. dessen 
Steuerpolitik.
Hat ein Unternehmen Geld übrig, wird es dafür bestraft, indem ein nicht 
unerheblicher Teil davon einkassiert wird (nennt sich mal soziale 
Gerechtigkeit, ein anderes Mal Verantwortung der Leistungsträger, mal 
Gemeinwesen), macht es kräftig Schulden, steht es wesentlich besser da.
Und so kommts, dass fast alle Firmen verschuldet sind. Geht auch gut, 
solange es brummt. Mit Sand im Getriebe platzt das alles.
Jedes Eichhörnchen macht es schlauer. Es gab schon immer und wird auch 
immer gute und schlechte Zeiten geben. Und es hat sich schon immer 
gerächt, in guten Zeiten alles mit vollen Händen rauszuschmeissen

von Gast3 (Gast)


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H.j. Seifert, versuch mal dein Argument in Einklang zu bringen mit 
Staaten die jetzt genauso oder noch stärker in der Krise sind, dann 
wirst du schnell feststellen, dass das so nicht hinhaut. Bushs Politik 
war vergleichsweise Steuer freundlich gegenüber Großkonzernen und das 
Soziale wurde stark zurückgefahren. Die USA steckt in einer tiefen 
Rezession. Schau dir England an, die ihre Industrie abgebaut und auf 
Finanzdienstleistungen gesetzt haben. Jetzt sitzen sie in der Sch... 
England betreibt seit Thatcher Kahlschlag im Sozialbereich. Schau dir 
Irland an, die waren in den letzten Jahren eine aufstrebende Nation - 
damals das einstige Armenhaus Europas. Nun ist Irland total abgestürzt. 
Einen wuchernden Sozialstaat hatte Irland beileibe nicht, im Gegenteil. 
Griechenland steht vor dem Staatsbankrott. Schau dir China an, dort 
spricht man momentan von 200 Millionen Arbeitslosen. Eine unvorstellbare 
Zahl in unseren Augen und die Staatsführung hat Angst vor sozialen 
Aufständen, bezahlt teilweise Löhne von korrupten Unternehmern weiter, 
nur damit die Leute still halten. Die Hälfte aller Spielzeugfabriken ist 
innerhalb der letzten Monate nicht nur insolvent, sondern pleite 
gegangen (geschlossen worden). Nein, die Finanzkrise ist keine Folge von 
zuviel Sozialstaat, aber sie hat eine Weltwirtschaftskrise mit 
ungeahnten sozialen Folgen aufgelöst, die noch nicht ihren Höhepunkt 
erreicht hat. Ein wesentlicher Faktor der Finanzkrise sind künstlich 
aufgeblähte Geldmengen die zur Spekulation genutzt wurden und denen kein 
realer Gegenwert gegenüber stand. Gier frisst Hirn.

von Gast3 (Gast)


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sie hat eine Weltwirtschaftskrise mit ungeahnten sozialen Folgen 
ausgelöst

sollte es heißen

bitte auch mal an die Spekulation mit Nahrungsmitteln und 
Energielieferanten wie Rohöl denken; allein die Spekulationen mit 
Nahrungsmitteln war für Drittweltländer katastrophal

http://www.taz.de/1/zukunft/wirtschaft/artikel/1/geld-macht-hunger/?src=SZ&cHash=c36ae2996e

aber mir ging es hier im Eingangstext mehr um unsere Politiker und deren 
teilweise verlogene Argumentation zur Eigentumsfrage

von Frank (Gast)


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Das ist schlicht und ergreifend eine Krise (oder das Ende?) des Systems. 
Alle anderen Erklärungsversuche sind Augenwischerei, mit dem Ziel, die 
Leute davon abzuhalten, endlich die Konsequenzen zu ziehen.

Aber da beginnt das Dilemma. Was enthemmter Kapitalismus bringt, wenn er 
nicht gezwungen ist, gegenüber der Beispielwirkung anderer 
Gesellschaftsordnungen Rücksicht zu nehmen, erfahren die Leute 
inzwischen überdeutlich. Wie sagte kurz nach der Wendezeit irgend ein 
Manager:

"Nun ist der Sozialismus im Osten beseitigt, wird Zeit das jetzt auch 
hier zu machen".

Das Dumme ist, für einen echten, gerechten Sozialismus sind die Menschen 
einfach nicht reif - werden es wahrscheinlich nie sein. Wenn man sich in 
Sicherheit wiegen kann, werden viele faul oder versuchen sofort wieder, 
sich Vorteile zu verschffen. Scheiss Primatengehirn ...

Frank

von Karl-heinz S. (cletus)


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Zum Kotzen finde ich eigentlich nur, dass ich von dem 'Aufschwung' der 
letzten 5 Jahre in der Presse nie etwas gelesen habe.

Andauernd hieß es, wir hätten schlechte Zeiten, daher gebe es kaum 
Arbeits- und Ausbildungstellen.

Wusch - kommt eine Finanzkrise.

Jetzt war die Zeit vor der Krise ein Aufschwung.



Irgendjemand bescheißt uns da...

von 8421 (Gast)


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>allein die Spekulationen mit Nahrungsmitteln war für Drittweltländer katastrophal


Na. Wenn die mexikanischen Bauern den Mais teuer in die USA verkaufen 
...
und als Agrarstaat sollte man nicht Nahrung importieren muessen.

von H.Joachim S. (crazyhorse)


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Naja, und die Heuchler sitzen in der Politik genauso...
Merkel und Co (andere hätten es ganz genauso gemacht, völlig egal wer) 
sonnten sich in steigenden Steuereinnahmen und sinkender 
Arbeitslosigkeit, hefteten sich das als Erfolg ihrer Politik an die 
Schwabbelbrust. Jetzt sind sie natürlich völlig unschuldig und verkaufen 
die Milliardenschleuderei als Dienst am Volk. Möchte nur mal wissen, wo 
das jemals wieder her kommen soll...

von Schwarzseher (Gast)


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Es fehlt mal wieder ein richtiger globaler Meteoriteneinschlag, dann 
sind mer wieder "fast" alle gleich.

von Hubertus (Gast)


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Jaja, Gast3, ist schon Scheiße wenn die Sozialisten und Kommunisten aus 
den bekannten Fehlern und Mängel keine Vorteile ziehen können.

von Uhu U. (uhu)


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Die Heuchler von gestern sind die Heuchler von heute.
Die Heuchler von heute sind die Heuchler von morgen.

von Weingut P. (weinbauer)


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was wurde eigentlich aus dem
Subventionsabbau ?¿

Komisch, wenn ein Bauer 3 Euros bekommt
ist er ein Schmarotzer, braucht ein Bänker
300 Mrd. ist er ein Held ...

dubios dubios

von Grappa (Gast)


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>2. es gibt nur Geld für den Gegenwert von Eigentum !!

Trööt. Falsche Antwort. Hätten die Unternehmen noch was bekämen sie 
redite von Banken. Weil sie aber nix mehr haben soll der Staat 
einspringen.

von Gast3 (Gast)


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> Hätten die Unternehmen noch was bekämen sie
> redite von Banken. Weil sie aber nix mehr haben soll der Staat
> einspringen.

Warum sollen die rettungsbedürftigen Banken sowie Schaeffler nichts mehr 
haben? Sie haben ihr Eigentum das sie als Gegenwert für Bürgschaften und 
Hilfsgelder geben können. Nur glauben die Aktionäre immer noch sie seien 
die Eigentümer eines Unternehmens das ohne fremde Hilfe nicht mehr 
überleben kann, darin liegt der Skandal begründet.

von Gast3 (Gast)


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> Jaja, Gast3, ist schon Scheiße wenn die Sozialisten und Kommunisten aus
> den bekannten Fehlern und Mängel keine Vorteile ziehen können.

Was hat das mit meinem Argument zu tun eine Gegenleistung für das zu 
erhalten was an Steuerzahler-Rettungsgeld für marode Unternehmen 
aufgebracht wird?

Merkel sinngemäß heute am politischen Aschermittwoch vor wenigen 
Minuten:

"Diejenigen die jetzt die DDR ins Feld führen weil wir ein Gesetz zur 
Verstaatlichung auf den Weg gebracht haben, denen sage ich, wir haben 
schon zehn mal mehr Geld in die Hypo Real Estate Bank gepumpt als die 
überhaupt noch Wert ist. Es gibt keinen Wert mehr der den Aktionären 
gehört dieser Pleite Bank gehört."

(die Wortwahl war nicht genau so, ich habe es schließlich nicht 
mitgeschrieben, aber Merkel hat es nahezu so vorgetragen; dafür gab es 
verhaltenen Beifall)

Leider stimmt meine Kritik von oben dennoch, weil Merkel zwar so ein 
Gesetz auf den Weg gebracht hat, sich aber scheut es anzuwenden, aus 
Angst vor den wirtschaftsnahen Parteifreunden. Im Hintergrund sitzt dann 
auch noch ein Hedge Fond dem ein fetter Batzen der HRE Aktien gehört. 
Vielleicht landet Merkels Hilfe zum Teil Dank ihrer Zaghaftigkeit bald 
in dessen Kasse.

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