Forum: Digitale Signalverarbeitung / DSP / Machine Learning Warum side lobes?


von Hannes (Gast)


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Ich habe noch nicht so ganz verstanden, warum eigentlich diese 
Spigelungen bei der Abtastung von kontinuierlichen Signalen entstehen!
Kann mal bitte jemand (für Laien verständlich) erklären, was da 
passiert!?

danke

von yalu (Gast)


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Meinst du side lobes oder Spiegelfrequenzen? Die side lobes sind hier
erklärt:

  http://en.wikipedia.org/wiki/Side_lobe

Weil du aber von Abtastung schreibst, fragst du aber wahrscheinlich nach
den Spiegelfrequenzen:

Nach dem Abtasttheorem muss die Maximalfrequenz des abgetasteten Signals
kleiner als die halbe Abtastfrequenz fa sein, um Mehrdeutigkeiten zu
vermeiden. Ein Sinus mit der Frequenz fa/2-fd (also einer Frequenz
unterhalb der halben Abtastfrequenz) sieht nämlich für das Abtast-
system genauso aus wie einer mit der Frequenz fa/2+fd (also einer
Frequenz oberhalb der halben Abtastfrequenz), wie im angehängten Bild
zu sehen ist.

Im Bild ist fa=2Hz und fd=0,1Hz, die senkrechten Linien sind die
Abtastzeitpunkte. Das rote Signal hat die Frequenz fa/2-fd=0,9Hz, das
grüne fa/2+fd=1,1Hz. Obwohl der Verlauf der beiden Signale völlig
unterschiedlich ist, haben sie an den Abtastzeitpunkten exakt die
gleichen Pegel. Das Abtastsystem kann also nicht entscheiden, ob das
Signal 0,9Hz oder 1,1Hz hat. Erst wenn man durch schaltungstechnische
Maßnahmen (Tiefpass) ausschließt, dass nur Frequenzen kleiner als fa/2
an das Abtastsystem gelangen können, kann das ursprüngliche Signal nach
der Digitalisierung eindeutig rekonstruiert werden.

Im Spektrum erscheint die Spektrallinie von fa/2+fd als (an fa/2 gespie-
geltes) Spiegelbild der Spektrallinie von fa/2-fd, daher kommt die
Bezeichnung "Spiegelfrequenzen".

Es gibt nicht nur die o.g. zwei Frequenzen, die vom Abtastsystem nicht
voneinander unterschieden werden können, sondern sogar unendlich viele:
Es sind alle Frequenzen der Form (2*n+1)*fa/2±fd (n=0,1,2,...). Im
Beispiel wären dies die Frequenzen 0,9Hz, 1,1Hz, 2,9Hz, 3,1Hz, 4,9Hz,
5,1Hz usw. Alle bis auf eine sind aber höher als die halbe Abtastfre-
quenz.

von Hannes (Gast)


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In deinem Bild sind also zwei verschiedene Frequenzen die in ein und dem 
selben Signal auftreten, mit zwei Sinusfunktionen dargestellt, richtig?!
Die eine Frequenz erfüllt das Abttasttheorem nicht und wird deswegen 
tiefpassgefiltert...
Hab ich das soweit richtig verstanden?

Woraus ergibt sich aber die Tatsache, der gleichen Pegel zu den 
Abttastzeitpunkten?
Und heißt das also, dass die Notwendigkeit des Tiefpassfilterns auf 
diesen gelichen Pegel zurückzuführen ist?

von yalu (Gast)


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> Hab ich das soweit richtig verstanden?

Fast ;-)

Die beiden Frequenzen stellen getrennte Signale dar. Was ich damit
zeigen wollte: Zwei Eingangssignale mit unterschiedlicher Frequenz
führen nach Abtastung zum gleiche Ergebnis. Wenn also ein A/D-Umsetzer
das nicht tiefpassgefilterte grüne Signal mit 1,1Hz vorgesetzt bekommen
würde, könnte er zum Schluss kommen, es lägen nur 0,9Hz am Eingang an.

Ziemlich drastisch wird das Ganze, wenn die Frequenz des Eingangssignals
in die Nähe der Abtastfrequenz kommt: Im neuen Bild hat das grüne Signal
eine Frequenz von 1,9Hz (die Abtastfrequenz ist immer noch 2Hz). An den
Abtastzeitpunkten hat das Signal die gleichen Pegel wie ein Signal mit
0,1Hz (rot). Wenn man also bspw. beim digitalen Telefon auf der einen
Seite mit einer Frequenz nahe der Abtastfrequenz hineinpfeift, käme auf
der anderen Seite ein ganz tiefer Ton (nämlich mit der an fa/2
gespiegelten Frequenz) heraus, was natürlich nicht erwünscht ist. Mit
einem Tiefpass sowohl vor dem A/D- als auch hinter dem D/A-Umsetzer ist
das Problem gelöst.

> Woraus ergibt sich aber die Tatsache, der gleichen Pegel zu den
> Abttastzeitpunkten?

Dazu muss man ein wenig rechnen. Nehmen wir an, wir haben ein Sinus-
signal S1, dessen Frequenz um fd über der halben Abtastfrequenz liegt
(f=fa/2+fd) und ein Signal S2, dessen Frequenz um fd unter der halben
Abtastfrequenz liegt (f=fa/2-fd). Die Funktionen der beiden Signale
lauten also

Die Signale werden zu den Zeitpunkten

abgetastet. Die abgetasteten Werte von S1 sind damit

Entsprechend ist

Damit ist

die Abtastwerte sind also für alle Abtastungen gleich.

> Und heißt das also, dass die Notwendigkeit des Tiefpassfilterns auf
> diesen gelichen Pegel zurückzuführen ist?

Ja.

von yalu (Gast)


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Ich habe das Bild zum letzten Beitrag vergessen, hier ist es.

von Hannes (Gast)


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alles klar danke...

von befro (Gast)


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Sehr anschaulich tritt der Effekt der Spiegelfrequenzen auf, wenn man 
die Radkappen eines Autos in einem Tunnel mit Neonröhrenbeleuchtung 
beobachtet. Oder in ähnlicher Form in manchen Filmen. Das Rad scheint 
sich immer langsamer zu drehen umso schneller das Auto sich bewegt. 
Irgendwann läuft es sogar rückwärts.

Der Effekt wird auch zur Schwingungsanalyse beim Rütteltest mit 
Stroboskoplampe verwendet. Die schwingenden Bauteile scheinen sich ganz 
langsam zu bewegen, obwohl der Rütteltisch mit einer sehr viel höheren 
Frequenz bewegt wird.

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