In etlichen Application Notes zu IGBTs findet man Bilder der Strom und Spannungsverläufe beim Abschalten von IGBTs und daraus errechnet die Verlustleistung. Hier finden sich z.B. solche Kurven in Figure 7-9 auf Seite 4: http://www.irf.com/technical-info/whitepaper/apec03nptigbt.pdf Ich wollte das ganze mal nachmessen, allerdings sehen meine Kurven leicht anders aus als die aus den AppNotes. Der prinzipielle Aufbau: Der IGBT/Mosfet wird über einen kräftigen Mosfet Treiber über 10 Ohm am Gate mit etwa +13V / -2V versorgt. Emitter/Source ist mein Massepotential vom Oszilloskop und der restlichen Schaltung um eine Beeinflussung der Strommessung durch den Gatestrom zu vermeiden. Die Strommessung geschieht über einen 33mOhm Shunt im TO-247 Gehäuse. Dieser liegt zwischen dem negativen Pol einer potentialfreien Spannungsquelle, die durch mehrere 68µF Elkos und einen 1µF Folienkondensator gepuffert wird und Masse. Zwischen Drain und positiver Betriebsspannung liegt eine Spule (kleiner Ringkern mit etwa 100µH), und parallel dazu eine schnelle Diode (HFA25PB60) die die Energie der Spule nach dem Abschalten verheizen darf. Nun wird der IGBT/Mosfet eingeschaltet und der Strom gemessen. Sobald dieser über einen bestimmten Wert geht, wird abgeschaltet. Dabei wird die Drain/Collector - Source/Emitter Spannung und der Source/Emitterstrom gemessen. Im ganzen sieht der Strom/Spannungsverlauf so aus wie im Anhang (rot: Kanal 1: Spannung, grün: Kanal 2: Strom). Dunkelgrün bzw. Dunkelrot gestrichelt sind jeweils die Nulllinien eingezeichnet. Der Ringkern beginnt etwas in die Sättigung zu gehen, aber das dürfte keinen Einfluss haben, da die Spule nur als zeitabhängige Stromquelle missbraucht wird.
Wenn man den Abschaltzeitpunkt allerdings vergrößert betrachtet und mit dem im Datenblatt vergleicht, dann sieht die Kurve doch ziemlich unterschiedlich aus. Der Verlauf der Spannung ist vergleichbar mit der Kurve aus dem Datenblatt, auch wenn die Spitze bei mir sehr viel größer ist. Was mich allerdings stört, ist die negative Spitze beim Strom: Bei rund 18mV/A -> 5,5A/div komme ich auf einen Strom von fast -30A. Jetzt rätsel ich schon die ganze Zeit, wieso der Strom negativ wird, und vor allem, wie ich die Spitze weg bekomme. Meine Vermutung: Durch die Spannungsspitze wird Energie in den parasitären Kapazitäten in der Diode oder im IGBT/Mosfet gespeichert. Diese wandert anschließend zurück in die Spule bzw. andere parasitäre Induktivitäten, wodurch der negative Strom zustande kommt. Der Strom/Spannungsverlauf erinnert nämlich stark an den Verlauf bei einer Horizontalendstufe in einem TV.
Eigentlich hätte ich erwartet, dass der IGBT einen flacheren Verlauf der Strom/Spannungskurve zeigt, da dieser langsamer schaltet als ein Mosfet. Aber irgendwie ist es genau umgekehrt. Dies bestätigt aber meine Theorie, dass es sich um parasitäre Kapazitäten handelt. Jetzt allerdings die Frage: Wieso haben die Kurven in obigem Datenblatt dieses Problem nicht?
frage 1: wieso ist Strom beim Einschalten nicht linear? Frage 2: Tastkopf ch2 an neg. Versorgung? dann sollte doch I negativ sein bei on, oder invertiert dargestellt?
faraday wrote: > frage 1: wieso ist Strom beim Einschalten nicht linear? Weil die Spule etwas in die Sättigung kommt. > Frage 2: Tastkopf ch2 an neg. Versorgung? dann sollte doch I negativ > sein bei on, oder invertiert dargestellt? Ja, ist invertiert.
sicher, daß neg. Spitze nicht vom Masseclip (kurz) kommt? Schließ mal Tastkopf 2 kurz und miß nochmal.
Ja, ich denke das kann ich ausschließen: Das Signal vom Shunt geht direkt über einen 47 Ohm Widerstand (zur Impedanzanpassung an das RG58 Kabel) an die BNC Buchse. Direkt am Oszi hängt auch nochmal ein 50 Ohm Abschlusswiderstand. Nur die bis zu 600V der Spannungsmessung möchte ich ungern direkt ins Oszi schießen, daher da über einen 10:1 Tastkopf. Momentan sind das aber nur etwa 20V + Überschwinger beim Abschalten.
Direkt kurzschließen kann ich leider nicht, da der Shunt für die Messung des Stromes zum Abschalten benötigt wird. Ich habe aber mal die Leitung vom 47 Ohm Widerstand auf den anderen Anschluss des Shunts geklemmt, also quasi den Messausgang kurzgeschlossen. Ein paar Störungen sind immer noch da, aber das sind nur noch etwa +/-1A statt den -30A, also vernachlässigbar.
Was du beim IGBT misst ist der sogen. Tail(zu dt. Schwanz)-Strom. Beim IGBT völlig normal, ist nur verschieden groß je nachdem ob du einen PT, NPT oder Trench IGBT hast. Google das mal.
Da kannst du übrigends nichts dagegen machen, außer nen anderen IGBT nehemn.
Diesen Tailcurrent erwarte ich ja auch, aber laut den Beschreibungen nach müsste dieser positiv sein. Nur ist mein Strom leider negativ...
In der Application Note steht, dass der Gate-Treiber Widerstand zum Abschalten so optimiert wurde, dass lediglich 10% Spannungsüberschwinger am Drain/Collector aufgetreten sind. Von daher ist Dein Aufbau damit wohl nicht vergleichbar, da Deine Überschwinger bei >100% liegen. Du hast sicherlich recht mit Deiner Vermutung, es wird sich um die Entladung von Sperrschicht/Diffusionskapazitäten handeln.
war wohl etwas zu voreilig, tail-Strom ist das nicht
Der Spike bei der Spannung scheint durch die parasitären Induktivitäten zu entstehen. Je nachdem wo ich messe, kann ich die Amplitude auf etwa die Hälfte reduzieren. Selbst an den Elkos ist ein kleiner Hügel sichtbar. Das Platinenlayout ist nicht perfekt, das ist mir klar, aber dass es so extrem ist, hätte ich nicht erwartet. In der Praxis ist das Layout mit Sicherheit auch nicht sehr viel besser... Ich habe mal etwas am Gatewiderstand gespielt: Ich muss auf >100 Ohm gehen um den den Spannungspeak einigermaßen wegzubekommen. Damit der Strom nicht negativ wird, sind es schon 1kOhm Gatewiderstand. Wie die Kurvenform dann aussieht, kann man sich leicht vorstellen... Desweiteren frage ich mich, wie realistisch die Ergebnisse sind, wenn man den Gatewiderstand anpasst, dass die Kurve gut aussieht. Was muss ich machen, um den Tailcurrent zu sehen? Ich habe die Spule auch mal durch einen 1 Ohm Widerstand ersetzt, das ändert an der Kurvenform vom Strom beim Abschalten nahezu nichts. Ich war auch schon bei 200V 20A, aber auch das ändert an der Kurvenform nahezu nichts.
> Der Spike bei der Spannung scheint durch die parasitären Induktivitäten > zu entstehen. Wenn wir den Messergebnissen mal glauben, liegt die Flankengeschwindigkeit des Stromes bei 17A/10ns. Bei den üblichen 10nH/cm ergibt das, mit V=L*di/dt, gute 17V pro cm Leitungslänge. Das ist gerade mal die Länge der Diode! Auch über der Shuntlänge wird es eine entsprechende Überhöhung geben, weil der Shunt bei Deinem Aufbau ja keine gegenkoppelnde Wirkung hat.
>Ich habe die Spule auch mal durch einen 1 Ohm Widerstand ersetzt, das >ändert an der Kurvenform vom Strom beim Abschalten nahezu nichts. Irgendwas ist hier faul. Ich denke, daß Dein Tailstrom durch den neg. Stromspike überdeckt wird. Ich glaube auch, daß die angegebenen Kurven stimmen. Auch am Layout wird's nicht liegen. Irgeneine "Kleinigkeit" wurde übersehen. Was Du machen könntest: - Schaltplan aufzeichnen + posten - größere Spule nehmen - anderen IGBT nehmen Warum Du den Shunt nicht kurzschließen kannst, habe ich nicht verstanden.
Es lang wirklich am Shunt, da wäre ich nie drauf gekommen! Danke! Ich hatte extra diesen Shunt verwendet, da dieser intern quasi auch SMD ist, und daher eine niedrige Induktivität hat, aber die war wohl immer noch zu groß. Ich habe mal einen neuen Shunt gebastelt, jetzt sieht der Strom am IGBT sehr viel besser aus. Man kann sogar den Tailcurrent etwas erkennen.
So sieht der neue Shunt aus: 20x 1 Ohm 0603 parallel. Kurzzeitig wird er die 20A schon aushalten...
faraday wrote: > Warum Du den Shunt nicht kurzschließen kannst, habe ich nicht > verstanden. Da ich das Abschalten bei einem bestimmten Strom untersuchen möchte, geht das Signal vom Shunt zu einem Komparator (LM311), wo es mit einer Referenzspannung verglichen wird. Überschreitet der Strom einen bestimmten Wert, wird ein RS-Flipflop zurückgesetzt und beendet den Einschaltzyklus. Somit ist das ganze kurzschlussfest, ich kann anstelle der Spule auch nur ein Stück draht verwenden.
Ich habe das Layout rund um den Drain, die Gateanbindung usw. etwas optimiert (da jetzt der Platz des früheren Shunts frei wurde), jetzt sieht man den Tailcurrent relativ gut: Es sind immerhin rund 1A (2A/div) über >200ns. Nochmals danke an alle! Da wäre ich nie drauf gekommen. Gut, dass ich eine 10000er Rolle 1 Ohm Widerstände habe, jetzt weiß ich für was ich die gebrauchen kann...
>Es lang wirklich am Shunt, da wäre ich nie drauf gekommen!
und wie bist Du nun auf den Shunt gekommen?
also wegen des Verhaltens bei "ohmscher" Belastung
Nein: Der Shunt war zu groß (von den Abmessungen her). Daher hat er, alleine durch deine Länge einen induktiven Anteil. Und der hat dann diesen Spike produziert. Der alte Shunt hatte etwa 25mm Weglänge die der Strom durchlaufen musste, beim neuen (0603) sind es gerade mal etwa 2mm.
Ich denke mal, dass eine gute Stromzange hier gute Dienste leistet. Wenn ich das richtig sehe, tritt die Überhöhung haupsächlich über der primären Streuinduktivität des Stromwandlers auf, und gelangt dadurch nicht an den Messeingang. Zumindest wird es hier so gemacht: http://www.st.com/stonline/products/literature/anp/8415.pdf
Habe gerade den ganzen Thread durchgelesen, und wollte mich für die guten Bilder bedanken, anhand derer man das ganze gut nachvollziehen konnte. (Auch wenn ich nicht alle 20 Rs gefunden habe.) Und natürlich auch bei Flätz für des Rätsels Lösung. Das 3cm schon zuviel sind hätte ich auch nicht gedacht, aber mit der Rechnung von flätz gibt das schon Sinn. 3cm * 10nH/cm * 17A/10ns =51V
Alexander Schmidt wrote:
> (Auch wenn ich nicht alle 20 Rs gefunden habe.)
Die sind auf 3 Ebenen übereinander, 20x 0603 ist doch schon eine Menge
Zeug, vor allem wenn es kompakt sein muss.
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