Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Über realitätsferne Studiengänge


von RT (Gast)


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http://www.heise.de/newsticker/Schlechte-Noten-fuer-Informatikerausbildung--/meldung/140772

Trifft sicher auch auf Elektrotechniker zu. Die Studieninhalte gehen da 
ebenso am Bedarf der Industrie vorbei. Es wird lieber Theorie zum 
Selbstzweck betrieben, damit sich die Professoren nicht in aktuelle 
Techniken einarbeiten müssen. Vorlesungsinhalte ändern sich selbst nach 
Jahrzehnten nicht, was für Grundlagenveranstaltungen ja akzeptabel ist, 
aber nicht wenn es sich durchs ganze Hauptstudium zieht. Die Qualität 
der Lehre ist eben in erster Linie von der Qualität und Motivation der 
Lehrer abhängig. Und wenn die Professoren unabhängig ihrer Motivation 
bezahlt werden, entsteht in den Hochschulen eine Art 
Parallelgesellschaft, die vor sich hin forscht (manchmal), aber den 
Bezug zur Realität (Bedarf in der Industrie) verloren hat. Nur wenige 
Absolventen gehen später in die Grundlagenforschung. Die meisten sind 
später mit Anwendungen bzw Entwicklung von Anwendungen beschäftigt. 
Diese Anwendungen sind fast nie komplette Neuentwicklungen, sondern 
basieren auf etablierten Techniken/Anwendungen von denen man im Studium 
leider nie was hört.
Dazu müsste ein Informatiker und ein Elektrotechniker neben der Theorie 
auch programmieren können und ein Elektrotechniker (z.B. Fachrichtung 
Automatisierungstechnik) auch wissen wie man mit gängigen 
Feldbussystemen umgeht, welche Kondensator-Typen man für welche 
Anwendungsfälle verwendet, wie man FPGAs und Mikrocontroller 
programmiert und wie man diese einsetzt und schließlich wie man analoge 
Schaltungen entwirft, simuliert und prüft.

von Daniel R. (daniel_r)


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>>Es wird lieber Theorie zum Selbstzweck betrieben, damit sich die
>>Professoren nicht in aktuelle Techniken einarbeiten müssen.

Wenn dem wirklich so ist, ist das ein Armutszeugnis für die 
"Hoch"-Schule und für den Professor. Ich wusste gar nicht, dass es 
unmotivierte Professoren gibt.

Bei uns ist genau das Gegenteil der oben zitierten Aussage der Fall. Wir 
dürfen Beispiele auf der aktuellen Forschung und Entwicklung 
durchrechnen. z.B. galvanisch getrennte Gate-Ansteuereinheiten mittels 
Lufttrafos von IGBT-Modulen in Höchstleistungs-Bereich. Diese sind wegen 
Einsparens des Kernmaterials günstiger.

Nunja, wahrscheinlich bin ich zu verwöhnt.

Daniel

von Gast (Gast)


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> Wir
> dürfen Beispiele auf der aktuellen Forschung und Entwicklung
> durchrechnen. z.B. galvanisch getrennte Gate-Ansteuereinheiten mittels
> Lufttrafos von IGBT-Modulen in Höchstleistungs-Bereich.

Das machst du aber sicherlich im Rahmen einer Studien oder Diplomarbeit 
in der Industrie. Das ist sicher nicht Bestandteil des regulären 
Studiums, oder? Ich kann mir nicht vorstellen wie in Deutschland eine 
Hochschule so eng mit der Industrie zusammen arbeitet, um überhaupt zu 
wissen, welche aktuellen Probleme zu lösen sind. Wie soll das 
funktionieren? Gibt es Verträge zwischen einigen Firmen und eurer 
Hochschule oder missbraucht da eine Firma eure Hochschule als preiswerte 
Entwicklungsabteilung?
Wie auch immer. Ich erachte es für notwendig, dass Industrie und 
Hochschule enger zusammen arbeiten sollten. Wie man das im einzelnen 
regeln soll, habe ich mir aber noch nicht überlegt.

> Nunja, wahrscheinlich bin ich zu verwöhnt.

Ja vermutlich.

von Alfred (Gast)


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Hallo,

ich möchte mich der Meinung des Verfassers des Threads anschließen!

Vor zwei Jahren konnte ich mein Studium als Dipl.Ing. Mechatronik 
abschliessen (zum Glück noch als Dipl.Ing.!).
Ich könnte jetzt theoretisch Raumladungszonen oder 
Minoritätsladungsträgerdichen usw. am pn-Übergang berechnen, sogar das 
Ebers-Moll-Modell zeichnen - aber tatsächlich war es für mich gar nicht 
so einfach NACH dem Studium in der Arbeit den einen Transistor sammt 
Basiswiderstand richtig zu bemessen.
Ebenso kann ich komplexe Regelkreise mit Hilfe der 
Laplace-Transformation und ellenlangen Matrizenrechung durchrechnen, 
aber einen Standart-PID-Regler einfach aufzubauen, einzustellen oder gar 
einen eigenen zu programmieren ist für mich komplettes Neuland!

Ein Oszi durfte ich zweimal bedienen. Ein digitals sogar einmal!

Der ein oder andere möchte sagen, mit ein bisschen Interesse und 
hinsetzen-und-ausprobieren wäre es schon besser gegangen, wobei er auch 
recht hätte, aber bei der Packunsdichte an Stoff, Prüfungen und 
natürlich auch Hochschulfesten ist nicht immer alles möglich...
Ausserdem war mir während dem Studium ein Oszi zu teuer!

So, das wollt ich schon lange mal loswerden!

Grüße,

Alfred

von Guest (Gast)


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> Ich wusste gar nicht, dass es
> unmotivierte Professoren gibt.


Das ist eine Bildungslücke.

von Daniel R. (daniel_r)


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Gast schrieb:

> Das machst du aber sicherlich im Rahmen einer Studien oder Diplomarbeit
> in der Industrie.

Nein.

> Das ist sicher nicht Bestandteil des regulären
> Studiums, oder? Ich kann mir nicht vorstellen wie in Deutschland eine
> Hochschule so eng mit der Industrie zusammen arbeitet, um überhaupt zu
> wissen, welche aktuellen Probleme zu lösen sind. Wie soll das
> funktionieren?

Doch, das ist bei uns Bestandteil des 2. Semesters. Ich studiere in der 
Schweiz. Bei uns wird sehr eng mit der Industrie zusammengearbeitet das 
erforscht und entwickelt, was in der Industrie dann gebaut wird.

> Gibt es Verträge zwischen einigen Firmen und eurer
> Hochschule oder missbraucht da eine Firma eure Hochschule als preiswerte
> Entwicklungsabteilung?

Das glaube ich eher nicht. Das würde zu viel Bestechungsgeld fordern ;)

Gruss Daniel

von P. S. (Gast)


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RT schrieb:
> 
http://www.heise.de/newsticker/Schlechte-Noten-fuer-Informatikerausbildung--/meldung/140772

Der Artikel braucht ab "...170 Personalverantwortliche aus der Industrie 
und 60 Dozenten von Universitäten gewinnen konnten." nicht weiter 
gelesen zu werden. Beide Gruppen sind gar nicht in der Lage zu 
beuerteilen, ob die Informatiker passend ausgebildet sind.

von pfft. (Gast)


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Die Fachhochschulen sollten mit der Industrie zusammenarbeiten. Tun sie 
auch, irgendwie. Die Profs habe das Gefuehl abgehoben gut zu sein.

Zitat : Ein Ingenierbuero hat keine Chance mit uns mitzuhalten.

Von der Industrie her schaut's etwas anders aus.

Zitat : Das Problem sollte eigentlich gestern schon geloest sein. Sollen 
wir nun ein Projekt formulieren, einreichen und allenfalls wird's auf 
das naechste Semester angepackt. Und dann muessen wir die Leute noch 
unterstuetzen. Das wird dauern, die haben ja keine Ahnung.

Meine Aussage: Was der Prof mit seinen Jungs kann, kann ich auch noch - 
in der halben Zeit.

von Delete M. (skywalker)


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Mal ganz ohne Scheiß: Was ist denn der jeweils aktuellste Bedarf der 
Industrie? Sowas ändert sich regelmäßig, und in der IKT-Branche (nur als 
Beispiel) in einem solchen Tempo, dass Vorlesungspläne an Hochschulen 
kaum noch hinterher kommen. Nimmt man dann noch zur Kenntnis, dass 
bestimmte Fachgebiete heutzutage thematisch extrem breit sind, dann ist 
es als Hochschule schwierig da am Ball zu bleiben.
Also, was soll man da machen? Aller 2 Monate eine neue Vorlesung 
einführen oder stattdessen versuchen eine vernünftige Ausgangsbasis zu 
schaffen, mit der sich der Student auch in neue Trends hineindenken 
kann?
Irgendwie scheinen manche ein Studium auch mit einer Berufsausbildung zu 
verwechseln.

Dann, wie schon oben erwähnt, ist die Studie ziemlich fragwürdig. Die 
Informatik einzig allein auf Software Engineering zu reduzieren zeugt 
von Unverständnis.

von mr.chip (Gast)


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Das Problem sind nicht wirklich die Vorlesungsinhalte an sich. Das 
Problem ist eher, dass man keine Gelegenheit kriegt, sich selbständig 
mit der Materie auseinanderzusetzen. Projekte, wo tatsächlich ein 
funktionierendes Endprodukt gefordert werden, kommen leider viel zu 
kurz.

Trotzdem bin ich sehr froh über die umfrangreiche theoretische 
Grundbildung. Mit etwas nachdenken kann man diese nämlich für sehr sehr 
viele praktische Probleme einsetzen. Und ganz nebenbei bietet sie auch 
ein ordentliches Rüstzeug, was technisch-analytisches Verständis angeht.

Ich möchte noch anmerken, dass ein studierter Ingenieur aber auch nicht 
nur eine Entwicklungsmaschine sein soll, die sofort und hochperformant 
in der Industrie Fuss fassen muss. Ingenieure (und andere Akademiker) 
sollten halt auch gewissermassen Vordenker sein und Gesellschaft und 
Technik auch auf neuen Wegen vorantreiben können. Dazu gehört eben eine 
fundierte Grundausbildung, die in der Praxis vielleicht manchmal etwas 
sperrig erscheint.

von Gast (Gast)


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Leute: wenn ihr die Berechnung von Basiswiderständen oder die 
Implementierung von PID-Reglern üben wollt, dann geht an eine FH! Warum 
macht ihr ein forschungsorientiertes Studium, und beschwert euch dann 
dass ihr euch vorwiegend mit Forschungsthemen beschäftigen müsst? 
Irgendwie meinen viele dass das Uni-Studium einfach die "bessere 
Version" des FH-Studiums ist, und es jeder vorziehen sollte wenn er es 
schafft. Das ist Unsinn! Es hat einen anderen Schwerpunkt. Dummerweise 
werden das in Zukunft mit der Bachelor-Gleichschaltung immer weniger 
Leute kapieren...

von Daniel R. (daniel_r)


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>Leute: wenn ihr die Berechnung von Basiswiderständen oder die
>Implementierung von PID-Reglern üben wollt, dann geht an eine FH!

Auch das gibts an Universitäten. Wir mussten etliche 
Transistorschaltungen durchrechnen. Warum sollte man sowas an einer Uni 
nicht machen? Sind wir hier eine solch spezielle Ausnahme?
PID-Regler wirds erst in höheren Semestern geben.

von Rick (Gast)


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Ich kenne das von der FH, dort hatten wir einen Prof. B im Bereich 
elektrische Maschinen, den keiner in der Vorlesung verstanden hat, 
dessen Prüfungen mehr mit Glück als mit Wissen zu tun hatte.

Der Vorgänger, Prof. A. kam aus der Praxis, machte eine nachvolziehbare 
Vorlesung, verlangte viel. Die Prüfung waren hart, fair und hatte mit 
Glück wenig zu tun.

Die Rückmeldungen aus der Wirtschaft (damals wurden Elektroings noch 
gesucht) war, das man absolut nichts aus der Vorlesung des Prof. B 
gebrauchen konnte.
Prof. B hatte eindeutig nichts in Lehre und Forschung zu suchen.

von Günther G. (grundy)


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Daniel R. schrieb:

> Wenn dem wirklich so ist, ist das ein Armutszeugnis für die
> "Hoch"-Schule und für den Professor. Ich wusste gar nicht, dass es
> unmotivierte Professoren gibt.

erinnert mich an meine zeit in der HTL st.pölten(ca 5 jahre her): Die 
meisten unterlagen die wir als schüler bekamen waren die mitschriften 
eines professors die er damals bei seinem studium an der TU Wien noch 
handschriftlich verfasst hat. dieser professor ist übrigens seit ein 
paar jahren in pension. generell waren die unterlagen die wir bekommen 
haben prinzipiell älter als die htl (25jahre+)
naja jeder der wirklich interesse hat muss sich sein wissen eben selbst 
aneignen

von mr.chip (Gast)


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> Leute: wenn ihr die Berechnung von Basiswiderständen oder die
> Implementierung von PID-Reglern üben wollt, dann geht an eine FH! Warum
> macht ihr ein forschungsorientiertes Studium, und beschwert euch dann
> dass ihr euch vorwiegend mit Forschungsthemen beschäftigen müsst?

Das Handwerk sollte man trotzdem beherrschen. Auch in der Forschung 
verbringt man viel Zeit mit ganz gewöhnlicher Entwicklungsarbeit...

von Kyb (Gast)


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Der Vorteil einer Uni ist, dass man breit ausgebildet wird und am Ende 
alle Möglichkeiten von der wissenschaftsfernen Projektabwicklung über 
industruielle Entwicklung bis hin zur Grundlagenforschung. Man hat (mit 
entsprechenden Noten) am Ende die Auswahl zwischen Promotion und 
Industrie, was gerade in der jetzigen Zeit ein großer Vorteil ist. Und 
man ist auch für spätere Wechsel in andere Branchen gut vorbereitet, da 
man neben dem Grundlagenwissen aus die Fähigkeit zum selbstständigen 
Einlernen in neue Themenkomplexe vermittelt bekommen hat.

Vollkommen vergessen wird aber leider meist die Projektpraxis. All die 
Einzelthemen muss man zur jeweiligen Prüfung beherrschen, man wird aufs 
Schnellrechnen getrimmt. Laborpraktika sind genauso: Alles Knifflige 
wurde schon vorgekaut, damit man auch ja viele Spezialgebiete an dem 
Nachmittag abarbeiten kann. In der Industrie läuft es dummerweise genau 
anders herum: Komplexe, langwierige Aufgabenstellungen, die zunächst 
einmal sinnvoll in Arbeitspakete strukturiert werden und im Team 
abgearbeitet werden müssen. Die Detailarbeit beschränkt sich dann meist 
auf wenige Standardinstrumente und auf gesammelte Erfahrungen aus 
früheren Projekten. Genau solche längeren Projekte im Team werden an den 
Unis praktisch nicht geübt, es steht nicht in den Lehrplänen und die 
Institute scheuen den hohen Betreuungsaufwand. Abschlussarbeiten 
wiederum sind wissenschaftlich spezialisiertes Einzelkämpfertum und 
Industriepraktika sind dafür meist zu kurz. Insofern kann man die 
berufsqualifizierende Ausbildung eigentlich erst nach etwa zwei 
Berufsjahren als abgeschlossen betrachten. Dass die Firmen in 
Krisenzeiten nicht unbedingt Absolventen suchen, ist daher verständlich.

von Gast (Gast)


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Die Industrie kapiert nicht, dass das Studium eher ein Intelligenztest 
in der Naturwissenschaft ist. Gezielt vorbereiten auf den Beruf, dass 
man gleich in der 1. Woche ohne Einarbeitung 100 % loslegen kann, soll 
es nicht und kann es auch nicht. Das genau aber will die Industrie. Kein 
Cent in die Hochschulausbildung gesteckt aber umsonst passendes 
Frischfleisch, das sich vor dem Firmentor massenweise freiwillig 
versammelt, bekommen. Deutschlands Firmen und Personaler sind 
größtenteils moralisch verkommen. Ausbilden und Investieren will keiner 
mehr von denen in junge Kräfte.
Zur Not schreit man halt nach den Ausländern aber die Fähigen von denen 
scheißen Deutschland zum Glück noch vor den Koffer.

von gast (Gast)


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Ich glaube nicht, dass sich der Bedarf der Industrie so schnell ändert, 
dass die Hochschulen nicht mitkommen können.

Es darf einfach nicht sein, dass die Absolventen die Laplace- und 
z-Transformation im Schlaf können, aber bei der praktischen Realisierung 
eines Filters oder Regelkreises total auf dem Schlauch stehen. Nicht 
wissen, welche Bauteile (analoge und digitale) es konkret gibt, noch nie 
einen DSP oder FPGA  programmiert haben usw. Irgendwelche Standardtypen 
von DSPs oder FPGAs werden in der Industrie Jahrzehnte lang genutzt. 
Warum sollte man diese Typen nicht im Studium beispielhaft einsetzen? 
Für mehr als einige Standardfilter ist im Studium ohnehin keine Zeit. Es 
bringt also gar nichts, immer die neuesten Bauteile einzusetzen. Noch 
bescheidener sind die Kenntnisse der Absolventen bei analogen Bauteilen. 
Es werden zwar Ersatzschaltbilder noch und nöcher behandelt, aber kaum 
einer weiß, was der Unterschied eines Folienkondensators im Vergleich zu 
einem Keramikkondensator ist und in welchen Größenbereiche die Werte der 
Elemente des Erstzschaltbildes der einzelnen Bauteiltypen liegen. 
Entsprechendes gilt für Transistoren, wo in der Regel kein einziger Typ 
bekannt ist und keine Vorstellung vorhanden ist, in welchen 
Größenordnungen die wichtigsten Kenngrößen so liegen. Auch an FHs ist es 
leider nicht selbstverständlich, dass gelehrt wird, wie man die Theorie 
in der Praxis einsetzt. In Wirklichkeit ist der Unterschied zwischen FH 
und Uni sehr gering, nur dass die Aufgaben an der Uni mathematiklastiger 
sind und somit das Niveau künstlich angehoben wird. Ich kenne beide 
Hochschultypen von innen, mir braucht also keiner was erzählen.

von Gast (Gast)


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Nicht in jedem Job muss man mit FPGAs oder analogen Bauelementen 
arbeiten. Es kann in anderen Fällen genauso ärgerlich sein, wenn sich 
jemand zwar mit FPGAs und DSPs super auskennt, aber komplett auf dem 
Schlauch steht wenn man ihn fragt ob er da jetzt einen 
Vektorquantisierer oder einen Entropiecoder nehmen würde. Wenn sich der 
Student mit dem Thema seiner zukünftigen Tätigkeit nicht beschäftigt 
hat, dann kannst du das nicht der Uni vorwerfen. Die Möglichkeiten sind 
meiner Erfahrung nach alle da.

Will dir aber nicht komplett widersprechen, deshalb hier noch eine 
Anekdote die zeigt wie manche Leute an der Uni ticken: beiläufige Frage 
im Messtechnikpraktikum war: wie ist die Wellenlänge von UKW-Radio. Ich 
"nen Meter". Faaalsch, wo soll denn da bei 100 MHz und 300 km/s der 
Faktor 3 herkommen??? Der nächste sagt "30 cm" - das war dann "fast 
richtig".

von Gast (Gast)


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An den Gast hier oben früber:

Kann wirklich nicht sein, Recht hast Du - IST ES ABER AUCH NICHT. Das 
ist Bestandteil der Grundlagen Bauelemente, solche Filter zu berechnen 
und kam im 3+4 Semester.


An den Schreiber OP:

> ein Elektrotechniker ... auch wissen wie man mit gängigen
> Feldbussystemen umgeht, welche Kondensator-Typen man für welche
> Anwendungsfälle verwendet, wie man FPGAs und Mikrocontroller
> programmiert und wie man diese einsetzt und schließlich wie
> man analoge Schaltungen entwirft, simuliert und prüft.

Studiere an der Universität-GH-Siegen! Dann hast Du das genau!
Ich hatte das in den 90ern:

1) Busse: "EA-Schnittstellen und Peripheriegeräte", Prof. Wittgruber - 
der hat sogar ein Buch darüber

2) FPGAs: "Digitale Schaltungen" Prof. Wojtkowiak (PAL, GAL, FPGA - habe 
dort 1993 mein erstes FPGA programmiert

3) Mikrocontroller : "Mikrocontrollerpraktikum", Bauer (Robotersteuerung 
entwickeln)

4) Analoge Schaltungen: "Mikroelektronik", Prof. Böhm, (interner Aufbau 
von OPs, Stromspiegelschaltungen, Common Mode, Aufbau und Funktion eines 
Transistors

5) Simulation: War Bestandteil von gleich Vorlesungen. Unter anderem bei 
Prof Rühl und J.Schulte. Beide haben sogar ein Buch über 
SPICE-Simulieren rausgegeben. Daneben war es enthalten in der eingangs 
erwähnten Vorlesung "Bauelemente und Grundschaltungen" von Professor 
E.Böhmer! Der hat auch ein Lehrbuch draussen: "Elemente der angewandten 
Elektronik". Sehr empfehlenswert. Da ist alles drin.

Was ich auch noch hatte: ASIC-Entwurf mit Cadence. Kompletter full 
custom Entwurf.

War ein super Studium: Alles sehr praktisch, aber auch theoretisch 
perfekt untermauert. Siegen landete während meiner Zeit dort 2x im 
Abstand von etlichen Jahren auf Platz 1 im Uni-Ranking.

Wenn ihr da wesentlich weniger hattet, dann stimmt was mit eurer Uni 
nicht!

von kkk (Gast)


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Also an meiner Uni gibts das alles auch.

Die Cadence Oberfläche sieht sogar immer noch so modern aus wie 1993 ;)

von Gast (Gast)


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> Die Cadence Oberfläche sieht sogar immer noch so modern aus wie 1993 ;)
Mentor auch! :-)

Beim Design Architect habe ich immer das Gefühl, ein Student habe das 
auf seinem alten C64 programmiert. Genau die Farben sind es nämlich! 
Bunt auf Schwarz!

von D. I. (Gast)


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Gast schrieb:
>> Die Cadence Oberfläche sieht sogar immer noch so modern aus wie 1993 ;)
> Mentor auch! :-)
>
> Beim Design Architect habe ich immer das Gefühl, ein Student habe das
> auf seinem alten C64 programmiert. Genau die Farben sind es nämlich!
> Bunt auf Schwarz!

Das Ding von Synopsys was wir in der VHDL-Vorlesung verwenden sieht auch 
aus wie aus den Anfängen der CGA-Grafik

von Gast (Gast)


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Synopsys IST aus den Anfängen der CGA-Grafik! :-)

von Arne (Gast)


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> Der Artikel braucht ab "...170 Personalverantwortliche aus der Industrie
> und 60 Dozenten von Universitäten gewinnen konnten." nicht weiter
> gelesen zu werden. Beide Gruppen sind gar nicht in der Lage zu
> beuerteilen, ob die Informatiker passend ausgebildet sind.

LOL :) Hab ich mir auch gedacht. Aber so unrecht hat der 
Artikelschreiber auch nicht. So'n Quatsch wie Chomsky Hierarchien haben 
sie mir auch eingetrichtert, aber so grundlegende Sachen wie sie in 
Büchern wie "Code Complete", "Writing Solid Code" oder "Codecraft" 
vermittelt werden, wurde nichtmal angerissen. Nach einer FB-Umfrage 
waren die Profs erstaunt, dass die überwiegende Mehrzahl der Ex-Studis 
als Entwickler und nicht als Manager/Projektleiter tätig sind. Da kann 
man mal sehen wie weit hinterm Mond die lebten - und wohl immer noch 
leben, und wenn sie nicht gestorben sind....

von Tommi H. (drmota)


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Günther Grundböck schrieb:
> Daniel R. schrieb:
>
>> Wenn dem wirklich so ist, ist das ein Armutszeugnis für die
>> "Hoch"-Schule und für den Professor. Ich wusste gar nicht, dass es
>> unmotivierte Professoren gibt.
>
> erinnert mich an meine zeit in der HTL st.pölten(ca 5 jahre her): Die
> meisten unterlagen die wir als schüler bekamen waren die mitschriften
> eines professors die er damals bei seinem studium an der TU Wien noch
> handschriftlich verfasst hat. dieser professor ist übrigens seit ein
> paar jahren in pension. generell waren die unterlagen die wir bekommen
> haben prinzipiell älter als die htl (25jahre+)
> naja jeder der wirklich interesse hat muss sich sein wissen eben selbst
> aneignen

Ich tippe mal auf

Em.O.Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Hans Kleinrath

Den seine Formel haben sie bei uns schon in der HTL vor 20 Jahren an die 
Tafel geschrieben. 95% der Schüler haben die nur auswendig gelernt ohne 
irgendein Verständnis weil dazu die Grundlagen fehlten.

Erst auf der Uni wo sie auch noch Vorlesungsmaterial waren hat man sie 
dann verstehen können.

von Paul (Gast)


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>Studiere an der Universität-GH-Siegen! Dann hast Du das genau!
>Ich hatte das in den 90ern:

Diese Praxisorientiertheit hat wohl was damit zu tun, daß es eine 
Gesamthochschule ist. Für das Lehren des Diploms 1 müssen die 
Professoren, wie an jeder FH, eine mindest 5jährige Tätogkeit in der 
Wirtschaft vorweisen. Also sind sie nicht mehr ganz so weltfremd, was in 
der Industrie gefordert wird. Die o. g. Probleme hängen mit dem 
Einführen der FH in den 70ern zusammen. Bis dahin gab es die TH, die 
eher industrienah für die Entwicklung ausbildtete und die Fachschulen, 
die keine Konkurrenz darstellten. Mit EInführung eines neuen 
Hochschulmodells (FH) wurde nach und nach die wirtschaftsorientierte 
Ausbildung von Ingenieuren auf Hochschulniveau an die FH verlagert. Die 
Uni/TH mußte/konnte sich einem neuem Profil hinwenden, um sich auch 
zukünftig von den FHen abzuheben. Es wurde der Fokus auf die 
(Grundlagen)forschung gelegt. Was in der Wirtschaft gefragt ist, ist den 
Uniprofs. ziemlich egal. Das Ergebnis: Viele als Grundlagenforscher 
ausgebildete strömen nicht in die Forschung, sondern in die Industrie 
und merken, daß sie eigentlich den falschen Schwerpunkt dafür studiert 
haben.
Leider wurde der FH nie der Ruf zuteil, den sie eigentlich verdient hat: 
Eine Hochschule für den Ingenieur in der Wirtschaft. Lieber wird sie auf 
den Ruf der füheren Ingenieurschule gemobbt, von Leuten, die meist gar 
keine Ahnung von einer FH haben oder durch Fehler des Staates bei 
Einführung der FH.

von Gast (Gast)


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Mit der Eigenschaft GH kann es nicht wirklich was zu tun gehabt haben. 
Die Professoren werden ja von anderen Unis berufen. Die wenigsten haben 
dort studiert. Im Prinzip könnten die Profs auch woanders lehren / 
gelehrt haben. Die Profs bestimmen ja die Inhalte. Wohl war es aber von 
mehreren Profs zu hören, dass sie absichtlich nach Siegen gegangen sind, 
weil sie da mehr Freiheiten hatten.

Zur Mindestdauer und Praxisbezug: Das ist mir zu plakativ! Es geht 
einfach darum, was an der Uni angeboten wird. Das es dort viele Labore 
gab, liegt wohl eher daran, dass es wenige Studenten gab.

Ausserdem, alle Profs müssen eine Mindestdauer nachweisen, wenn sie in 
die Lehre wollen. Das gilt für den Uni-Zweig genauso. Im ürigen sind die 
Professoren für den Uni-Zweig dort nicht dieselben, wie im FH-Zweig. Nur 
im Grundstudium ist es zu 90% dasselbe. Und wenn, müssten ja die 
FH-Absolventen dasselbe haben. Haben sie aber nicht. Das meiste, was ich 
aufgezählt habe, fehlt aber im FH-Zweig, einfach aus Zeitmangel, wobei 
ich auch Probleme hätte, mir einen FH-Typen in der Halbleiterelektronik 
vorzustellen. Die fangen dort mit der Schrödingergleichung an. Erst, 
wenn man die Vorlesung gepackt hat, kann konnte man das Sonderpraktukum 
zu den Solarzellen machen.

Meine Erfahrung war die, das praktisch und rechnerisch der Uni-Zweig 
mehr Praxis und Tätigkeit an Tools hatte, als der FH-Zweig.

Jedenfalls war das in den 90ern so ...

von Paul (Gast)


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Es gab 3 Modelle der GH. Siegen war meines Erachtens ein Modell, wo erst 
nach dem Grundstudium in Diplom 1 und 2 geteilt wurde. Daß Professoren 
von anderen Unis kommen ist eher die Regel, denn es gibt in Dtl. ein 
direktes Hausberufungsverbot, um Vetternwirtschaft vorzubeugen.

von Gast (Gast)


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ja, nennt sich Y-Modell, wobei der FH-Ast des Y etwas verkümmert war und 
nur aus einem Jahr bestand:

FH:  2 Jahre Grundstudium + 1 Jahr  Hauptstudium + 4 Monate Diplomarbeit
Uni: 2 Jahre Grundstudium + 2 Jahre Hauptstudium + 6 Monate Diplomarbeit

Die Praktika wurden über die Semesterferien verteilt und waren für beide 
mindestens 3 Monate, i.d.R. bekamen die mit Berufsausbildung das 
erlassen.

Da es aber viele Stunden zu bewältigen gab und man ja auch etwas mehr, 
als das Minimalprogramm machen wollte, viele dazu noch Arbeiten mussten, 
sah es bei den meisten real so aus:

5-6 Semester bis zum Vordiplom, dann weitere 4-5 bis zum FH-Abschluss. 
Die meisten waren so um 10 Semester dort.

Für Uni dauerte es noch mal 3 Semester mehr. Der Schnitt waren 13,2 
Semester.

Zum Thema "realitätsferne Studiengänge": An der Uni Siegen hiess der 
"ausserschulisches Erzihungs- und Sozialwesen". Belegt haben den die 
glatthaarigen Frauen mit Brille von der Latzhosenfraktion.

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