Forum: Ausbildung, Studium & Beruf 5 Jahre R&D wie weiter?


von Michael R. (Gast)


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Hallo Forum

ich bin vor 5 Jahren direkt nach meinem Studium als Ingenieur in einer 
R&D Abteilung eines Unternehmens eingestiegen. Trotz verschiedener 
Projekte wiederholen sich die meisten Tätigkeiten und vieles ist Routine 
geworden. Im letzten Mitarbeitergespräch habe ich das angesprochen und 
mir wurden eine Entwicklungsmöglichkeit zum System Engineer 
(Requirements Eng.) angeboten. Zum einen reizt mich eine neue Aufgabe, 
zum anderen sehe ich bei Kollegen, wie eine solche Tätigkeit 
streckenweise recht monoton sein kann. Mittlerweile hat mich mein Chef 
angesprochen, wie ich mich denn nun entschieden habe, da er das Training 
planen müsste. Ganz ehrlich, ich bin immer noch unentschlossen.

Hat jemand von euch einmal einen solchen Schritt gemacht? Wie zufrieden 
seit ihr heute? Wie sieht das ganze vor dem Hintergrund der momentanen 
Arbeitsmarktlage aus? Hat ein System Enngineer einen Vorteil gegenüber 
einem R&D Engineer?

Gruß
Michael

von Panzer H. (panzer1)


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Moin,

vor einem ähnlichen Problem stehe ich auch gerade.
Vor 2 Jahren wurde ich für Technologien in einem grossen Unternehmen 
eingestellt. Schnell stellte sich heraus, dass diese doch nicht 
angewendet werden.
Anschliessend habe ich dann Requirements Engineering gemacht, eigentlich 
"leihweise" 3 Tage die Woche am Heimatstandort (Entwicklung) und 2 Tage 
am anderen Standort (Requirements/Fabrik/Planung).
Spannend ist es schon, weil ich Einblick in den 
Produktdefinitionsprozess und politische Ränkespiele bekomme. Ständig 
kommen neue Anforderungen hinzu, die Zeit läuft weg. Momentan darf ich 
mich entscheiden, ob ich am neuen Standort Req. Engineering oder am 
alten Standort Leistungselektronik (liegt mir gar nicht) betreiben will.

VT:
Du bist "weiter vorn" im Entstehungsprozess der Technik.
Arbeitsplatz fühlt sich irgendwie sicherer an, weil Du entscheiden 
kannst,
ob die Entwicklung im Hause oder irgendwo in China gemacht wird. Auch in 
Zukunft werden die Anforderungen wohl eher in house definiert, während 
die Entwicklung doch gern in Richtung "kostengünstig" verschoben wird.
Du kannst Dich im Unternehmen weiterentwickeln, weil Du nicht mehr so 
sehr in die Technik-Ecke geschoben wirst.

NT:
Man kann sich zum Feierabend nicht mehr darüber freuen, irgendeine 
Elektronik zum Leben erweckt zu haben. Du bist über kurz oder lang 
wahrscheinlich für die Entwicklung nicht mehr einsetzbar.

Wenn Du im Unternehmen bleibst, hat das eigentlich keinen Einfluss auf 
irgendwelche Arbeitsmarktlagen.
Wenn Du spannende Sachen entwickeln möchtest, musst Du wohl das 
Unternehmen wechseln (derzeit schlecht). Meine zusätzliche Erfahrung: 
Spannendes HiTech wird häufig bei ganz kleinen Schmieden gemacht oder 
als Projekt von externen Spezialisten -->derartiges geht schnell mal den 
Bach herunter (Kenne ich so aus der Halbleiterei).

Letztlich musst Du Dich Entscheiden, ob Du lieber Generalist/System oder 
Spezialist/R&D sein möchtest.

von Lauttreter (Gast)


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R&D  -> Know Who
Req. -> Know What

Für einen Firma ist nicht das Problem zu wissen, was man zu produzieren 
hat, hemdsärmlig gesagt, das sagt einem der Kunde. Das Problem liegt in 
der Umsetzung, wie bau ich das. Also werd ich einem Mitbewerber eher das 
KnowHow abwerben als das KnowWhat. -> R&D ist besser am Arbeitsmarkt 
positioniert.

Meine Meinung,

von Gast (Gast)


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richtig,

das Kernproblem liegt aber in Teilen woanders.

wenn man als R&D-ler seinem Vorgesetzten gewisse
Dinge ggfs klar machen will , heißt es schnell
Das müssen Sie können .  Also effektive Mithilfe
ist nicht angezeigt.

Das heißt man frickelt vor sich hin , hat defacto keine
"Bestätigung" und Karrieretechnisch ist man typischerweise
in der Sackgasse.

Du mußt Dir im Klaren sein , ob Du ggfs mehr Kohle brauchst
oder - wie ein Bekannter dermassen angenervt ist vom "System",
daß er nach dem krankschreiben ernszhaft in die Frührente will.

von aha (Gast)


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R&D ist quasi an der Quelle der Technologie. Von da geht's nur noch 
abwaerts. Wenn man zB in den Verkauf, Schulung, ... gewechselt hat, 
kommt man nicht mehr zurueck.
Was auch noch spannend ist, ist Inbetriebnahme. Dort badet man die 
Entwicklungsfehler aus. Nachher wieder zurueck in die Entwicklung und 
man ist ein super Mann.

Ich wuerd mal wechseln wenn's langweilig wird.

von Axel (Gast)


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>Für einen Firma ist nicht das Problem zu wissen, was man zu produzieren
>hat, hemdsärmlig gesagt, das sagt einem der Kunde. Das Problem liegt in
>der Umsetzung, wie bau ich das. Also werd ich einem Mitbewerber eher das
>KnowHow abwerben als das KnowWhat.

Wenn Dir Dein Kunde sagt, was Du zu produzieren hast, hast Du schon ein 
Problem. Der sagt Dir dann nämlich morgen, zu welchem Preis Du zu 
produzieren hast und übermorgen, dass Du diesen Preis realisieren 
könntest, wenn Du in Tschechien oder China fertigst/entwickelst.
Denn das simple Umsetzen von Pflichtenheften in Hardware kann jeder Ing, 
auch solche in China oder von einem beliebigen externen Dienstleister.

Wenn man Geld verdienen will, muss man in der Lage sein, dem Kunden 
Lösungen zu verkaufen, die der woanders nicht bekommt.
Das wertige Know How sitzt daher nicht in den Leiterkarten, sondern im 
Systemknowhow. Das sieht man auch daran, dass die Ings, die das 
Systemknowhow haben, in den Gehaltsklassen deutlich höher liegen.

>-> R&D ist besser am Arbeitsmarkt positioniert.
Es gibt zwar zwiefellos mehr Stellen und man ist auch universeller 
einsetzbar. Andererseits gibt es auch viel mehr Konkurrenz, was auf die 
Gehälter drückt.

Gruss
Axel

von Dieter W. (dds5)


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aha schrieb:
> Was auch noch spannend ist, ist Inbetriebnahme. Dort badet man die
> Entwicklungsfehler aus.


Die Fehler der Entwickler sind meistens die harmloseren, 
Nachlässigkeiten bei der Projektplanung sind oft wesentlich 
schwerwiegender.

Beispiel
Für eine Anlage wird ein Digitalanzeiger 4..20mA skaliert auf 1 bis 1000 
bestellt und geliefert. Nach ca. 18 Monaten stellt man bei der 
Inbetriebnahme fest, dass der Messbereich falsch ist - es sollte nämlich 
nicht 4..20mA  1...1000 linear sein sondern 3 Dekaden logarithmisch.

von Uboot- S. (uboot-stocki)


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Hi,

ich beobachte bei uns in der Firma, das SW-R&D nach Indien ausgelagert 
wird. Ich könnte mir vorstellen, dass die Inder auch gut genug 
ausgebildet sind um HW zu entwickeln.

Meine Frage an Euch: Was ist in letzter Konsequenz der Unterschied 
zwischen einem R&D-Ing. in Deutschland vs. dem in Indien ?

Gruß

Andreas

von Mark B. (markbrandis)


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Der in Deutschland macht das, was der Kunde verlangt und ist teuer.
Der in Indien ist billiger und liefert dafür Software/Hardware, die 
Nachbesserungen erforderlich macht.

von Panzer H. (panzer1)


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Mark Brandis schrieb:
> Der in Deutschland macht das, was der Kunde verlangt und ist teuer.
> Der in Indien ist billiger und liefert dafür Software/Hardware, die
> Nachbesserungen erforderlich macht.

Das die Nachbesserungen aber auch Geld kosten, sehen die anordnenden 
BWLer aber erst hinterher, nachdem z.B 50% R&D Kapazität abgebaut 
wurden. Zählst Du zu diesen 50%, hast Du Pech; kommst aber 
höchstwahrscheinlich auch nicht wieder rein, wenn "nachgearbeitet" 
werden muss. Fortsetzung folgt...

von Qualitätsbewußt (Gast)


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>Meine Frage an Euch: Was ist in letzter Konsequenz der Unterschied
>zwischen einem R&D-Ing. in Deutschland vs. dem in Indien ?


Nun der Inder ist nur in Indien vor Ort...

Hardware lässt sich nicht so leicht transferieren wie Software, schon 
garnicht über Ländergrenzen (Zoll, Embargolisten etc). Da kann ein 
deutscher schneller vor Ort für den Kunden in Dtld. die Maschine ans 
laufen bringen. Ferner die Anpassungen für dt. Standards und 
Gepflogenheiten. Irgendwann hat auch der Inder das mit der isolation vor 
Netzspannung kapiert und das in Dtld. eine rote lampe Stop signalisiert. 
Aber bis dahin hat man die Kunden vergrault mit "made im land der 
heiligen Kuh". Bei Software kann man noch Updates liefern und 
Teillieferungen vereinbaren. Bei Hardware muss auf Anhieb alles und auf 
Dauer funktionieren.

Gruß

von peppi (Gast)


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>>Meine Frage an Euch: Was ist in letzter Konsequenz der Unterschied
>>zwischen einem R&D-Ing. in Deutschland vs. dem in Indien ?
>
>
>Nun der Inder ist nur in Indien vor Ort...
>
>Hardware lässt sich nicht so leicht transferieren wie Software, schon
>garnicht über Ländergrenzen (Zoll, Embargolisten etc). Da kann ein
>deutscher schneller vor Ort für den Kunden in Dtld. die Maschine ans
>laufen bringen. Ferner die Anpassungen für dt. Standards und
>Gepflogenheiten. Irgendwann hat auch der Inder das mit der isolation vor
>Netzspannung kapiert und das in Dtld. eine rote lampe Stop signalisiert.
>Aber bis dahin hat man die Kunden vergrault mit "made im land der
>heiligen Kuh". Bei Software kann man noch Updates liefern und
>Teillieferungen vereinbaren. Bei Hardware muss auf Anhieb alles und auf
>Dauer funktionieren.

Blödsinn. Habt ihr euch schon mal überlegt, warum Hardware aus China 
kommt und nicht aus Indien? Weil es in Indien einfach extrem strenge 
Ein-/Ausfuhrrichtlinien gibt für materielle Güter. (In China kannst das 
schnell umgehen, wennst mal den kommunistischen Provinzvosteher 
bestichst).
Daher kommt Hardware kaum aus Indien sondern nur Software.

Für die Zukunft seh ich nur folgendes Bild:

Deutschland bringt die Innovation, China kupfert die Hardware ab, Indien
die Software. Die USA sind nur noch als der weltweit größte Konsument
von Bedeutung und bekommt von allen anderen Kredite.

Damit lässt sichs ja eh gut leben ;-)

von Lauttreter (Gast)


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Naja, was ist mit der Hardware die man nicht abkupfern, weil 
Einzelstück, Kunde Sonderwunscherfindung, Militärgut oder 
Superpatentgeschützt?! Von dergleichen kann als dt. HW-Entwickler ganz 
gut leben. Und Abkupfern brauchen die Chinesen sowieso nicht, die 
kriegen die in deutschland erstellten Konstruktionszeichnung frei Haus, 
einen knappen Termin und eine Schale Reis. Aus HW-Entwicklungsicht geht 
von China keine Gefahr aus ... . Bei Produktion und sei es die 
Produktion von Software schauts anders aus...

MfG

von Michael R. (Gast)


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Hallo Leute

Vielen Dank für die ersten Antworten. Ich würde es allerdings gut 
finden, wenn wir uns über die unterschiedlichen Aufgaben und Bedingungen 
für System und R&D Ingenieure unterhalten könnten. Zum Thema Ing DE vs. 
Eng IND gibt es sicherlich schon ein eigenes Thema.

Ich habe es bis jetzt immer so erlebt, daß, selbst wenn etwas im fernen 
Osten produziert wird, die Requirements und Spezifikationen hier im 
Hause geschrieben wurden (allein schon um zu prüfen, ob man das Ganze 
nicht doch intern produzieren könnte). Wie sieht es nun in den nächsten 
Jahren aus? Kan man beliebig viel nach Asien verschieben? Kann man 
außerdem die Differenz im Gehalt prozentual ausdrücken? Über wieviel 
reden wir hier?

Gruß

von Daniel D. (daniel1976d)


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Wenn dir Systems Spass macht geht dorthin. Software ist doch schon im 
Ausland, Massenproduktion auch und langsam wird R&D auch dorthin 
gehen... nur eine Frage der Zeit... nehme mal Nischenprodukte aus...
Jedoch die Spezifikationen und so weiter werden in DE gemacht...
Jedoch ist das nur meine Meinung...

von Axel (Gast)


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>Der in Deutschland macht das, was der Kunde verlangt und ist teuer.
>Der in Indien ist billiger und liefert dafür Software/Hardware, die
>Nachbesserungen erforderlich macht.

Das ist genau das Problem, was ich genannt hatte. Die Spezifikation wird 
weiter in Deutschland gemacht, wenn die mal steht, kann der Rest auch in 
Indien, China oder Russland gemacht werden. Damit kann man das oben 
genannte Szenario vermeiden.

Gruss
Axel

von Axel (Gast)


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>Wie sieht es nun in den nächsten
>Jahren aus? Kan man beliebig viel nach Asien verschieben?
Nein, dazu sind die Standards zu unterschiedlich.

>Kann man außerdem die Differenz im Gehalt prozentual ausdrücken? Über >wieviel 
reden wir hier?

20%

Gruss
Axel

von ::: (Gast)


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verschiedene Standards ?

In Asien ist man flexibel, und kann mach irgendwelchen Standards 
produzieren.

von Mark B. (markbrandis)


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Axel schrieb:
> Das ist genau das Problem, was ich genannt hatte. Die Spezifikation wird
> weiter in Deutschland gemacht, wenn die mal steht, kann der Rest auch in
> Indien, China oder Russland gemacht werden. Damit kann man das oben
> genannte Szenario vermeiden.

Soweit die Theorie...

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