Forum: Ausbildung, Studium & Beruf "Am-Ball-bleiben"/Bildung während Zivi


von Zivi (Gast)


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So, da ich nun schon länger hier lese und mir das Thema schon länger im 
Kopf rumgeistert öffne ich hier einfach mal einen Thread.

Vorweg gleich mal, ich bin Österreicher, also kein "Abi" usw.

Ich habe im Juni an einer HTL (5-Jährige BHS) mit Fachrichtung 
Elektrotechnik/Telekommunikation mit Matura abgeschlossen.
Technische Ausbildungsfächer waren folgende:
Hochfrequenztechnik
Oszillatoren, div. Verstärker, Modulationsverfahren, Leitungen usw.
Telekommunikationstechnik
Filter, Systembetrachtung, Kommunikationsnetze
Industrielle Elektronik
Motoren, Regler, Trafo, Energienetz
Elektronik und Digitaltechnik
Arten von ICs (FPGA,CPLD,uC,uP,usw), Logikschaltungen, uC-Programmierung 
(nur Theorie, keine Praxis), Transistorschaltung, Halbleiterbauelemente, 
Bussysteme usw.
Abschlussarbeit (3er-Team)
Entwicklung und Aufbau eines RFID-Handhelds (868MHz,2W) der nach 
GEN2-Protokoll arbeitet.

Nun bin ich seit Anfang November im Zivi und werde nächstes Jahr mit dem 
Bachelor-Studium Elektrotechnik in Wien anfangen.

Im Sommer hab ich NICHTS gemacht. Zum einen einmal bewusst Pause gemacht 
(Abschlussprojekt waren 700h von Dezember bis Juni, neben Schule und 
Matura) zum einen waren/sind wir am umbauen, was natürlich Zeit kostet.

Nun hab ich aber im Zivi immerwieder ziemliche Leerlaufzeiten (2-3h am 
Tag). In der Zeit möchte ich jetzt was lernen bzw. in Übung bleiben.
Daheim hab ich leider nicht viel Zeit. Freundin, Sport, Hausrenovierung 
da bleibt nicht mehr viel übrig.
Leider kann ich im Zivi nicht am PC arbeiten bzw. nichts installieren. 
Drum möchte ich auf Bücher und gute alte "Rechungen per Hand" zurück 
greifen.

Leider hab ich nicht wirklich einen Überblick über die Literatur und 
habe ghofft ihr könnt mir ein wenig helfen.

Ich suche deshalb Bücher, in denen auch Übungen sind die per Hand zu 
lösen sind (am besten mit Lösungen zur Kontrolle).
Am liebsten wäre mir etwas über Hochfrequenztechnik oder 
Schaltungsentwicklung bzw. Schaltungstechnik. Ich will mich einfach ein 
wenig bilden und "rechnerisch" auf der Höhe bleiben bzw. die 
mathematische Übung nicht verlieren.

Ich weiß, dass Bücher im normalfall SEHR trocken sind, aber damit kann 
ich leben, weil mich das Themengebiet einfach interessiert und ich Dinge 
verstehen will.

Gibts da Bücher die ihr mir empfehlen könnt?

Vielen Dank.
Zivi

von Klaus (Gast)


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Entspann dich. GEnieße die viele Zeit, lernen wirst du noch genaug. Bei 
deiner Vorbildung wirste sowieso keine Probleme mit dem Studium haben.

von Onki Kapott (Gast)


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Das ist vorbildlich. Ich wollte das bei der Bundeswehr tun; da gab es 
noch mehr Leerlaufzeiten. Das Umfeld war aber so deprimierend und 
schlecht (kein Licht, kein Tisch, Fernseher ständig am laufen), dass mir 
nichts vernünftiges gelang.

Du kannst doch auch deine klassische Bildung erweitern. Lies Romane, 
Gedichte, Bücher über Kunst, Traktate...

von was_is_mit_du (Gast)


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>(Abschlussprojekt waren 700h von Dezember bis Juni, neben Schule und
>Matura) zum einen waren/sind wir am umbauen, was natürlich Zeit kostet.

Das ist ohnehin viel mehr, als für so etwas anberaumt ist.

>Nun hab ich aber im Zivi immerwieder ziemliche Leerlaufzeiten (2-3h am
>Tag). In der Zeit möchte ich jetzt was lernen bzw. in Übung bleiben.

Naja, soo schnell vergisst man ja auch wieder net ;-)

>Entspann dich. GEnieße die viele Zeit, lernen wirst du noch genaug. Bei
>deiner Vorbildung wirste sowieso keine Probleme mit dem Studium haben.

Sehe ich auch so.

>Du kannst doch auch deine klassische Bildung erweitern. Lies Romane,
>Gedichte, Bücher über Kunst, Traktate...

Das würde ich dir wärmstens ans Herz legen. Hier auf der Uni laufen
ohnehin soo viele HTLer rum, mit denen man sich über so was nicht mal
ansatzweise unterhalten kann.

Lies doch einfach mal einen Molière, Goethe(Faust), Dostojewski oder 
auch mal einen Nietzsche ;-)

von Onki Kapott (Gast)


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Meiner Erfahrung nach ist das, was man unter klassischer Bildung 
versteht, stark zurückgegangen. Manche haben noch nie von Arno Schmidt 
gehört. Für andere wiederum ist "Feuilleton" ein unbekanntes Wort.

Wissen, Bildung und Bücher werden oft nur noch funktioniell gesehen und 
nicht mehr als Wert an sich. Unter meinen ehemaligen Kollegen gab es 
einen, der offen zugab, keine Bücher zu lesen.

Ich bin noch recht jung, wage aber folgende These: Mir hilft klassische 
Bildung sehr, neue Informationen, die dann offensichtlich fachlich 
wichtig sind, besser einzuordnen. Denn wenn ich Fachbegriffe 
aufschnappe, dann fallen sie nicht mehr bodenlos in ein Meer von 
Neuronen, sondern in ein Netz bereits bestehender Informationen. Ich 
kann viel leichter Zusammenhänge bilden, kann mir die Sachen leichter 
merken.

Ein gutes Beispiel: Ich habe nur ein halbes Jahr Lateinunterricht gehabt 
und es war Schmalspurunterricht. Aber seitdem fallen mir lateinische 
Begriffe auf, ich weiß, wie sie ungefähr dekliniert werden und behalte 
ihre Bedeutung viel leichter. Diesen Unterricht hatte ich in meinem 
letzten Schuljahr. In den vielen Jahren Schule zuvor hatte ich mehr 
Probleme, mir lateinische Begriffe zu verstehen und zu merken.

von was_is_mit_du (Gast)


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>Meiner Erfahrung nach ist das, was man unter klassischer Bildung
>versteht, stark zurückgegangen. Manche haben noch nie von Arno Schmidt
>gehört. Für andere wiederum ist "Feuilleton" ein unbekanntes Wort.

Ja klar. Früher gabs auch kein CounterStrike etc.
Mit irgendetwas musste sich die Jugend anno dazumal ja beschäftigen.

>Wissen, Bildung und Bücher werden oft nur noch funktioniell gesehen und
>nicht mehr als Wert an sich.

Ich würde sagen - Bildung schafft Begeisterung - Kreativität und
Lebensfreude - und naja, das ist schon sehr viel.

Übrigens ist vieles, was sich die sg. naturwissenschaft so gerne ans 
Banner
heftet schon von den Künsten vorweggenommen worden:

Siehe Milan Kundera's "Die unerträgliche Leichtigkeit  des Seins":
Die Informationstheorie wird in den ersten Seiten schon vorweggenommen,

Siehe RSA Algorithmus, der behauptet, der erste Algorithmus mit
öffentlichen Schlüssel zu sein.

Gegenbeispiel: Das gabs hunderte Jahre zuvor schon zwischen Friedrich 
dem
Großen und Voltaire: p/a a 6/100; Ga

Na, wer von euch schaffts ohne google, wer von euch mit?? ;-)

>Ein gutes Beispiel: Ich habe nur ein halbes Jahr Lateinunterricht gehabt
>und es war Schmalspurunterricht. Aber seitdem fallen mir lateinische
>Begriffe auf, ich weiß, wie sie ungefähr dekliniert werden und behalte
>ihre Bedeutung viel leichter.

Ich hatte wohl einige Fremdsprachen mehr lernen müssen.
Das ist ein sehr probates Mittel gegen diese smart-english Redner, die
immer wieder englische Begriffe verwenden müssen.
Einfach mal einige französische/italienische Begriffe fallen lassen
und solche Leute sind sehr schnell sehr still ;-)

von Delete M. (skywalker)


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Genieß die Zivizeit. Sowas erlebt jeder anders, aber meine neun Monate 
waren mit die prägendsten in meinen Leben. (Fachlich) weitergebildet 
oder alte Abiaufgaben zum Erbrechen gerechnet hab ich nicht und das 
Studium gelang trotzdem problemlos.

Die Aussagen zum Lesen bzw. der klassischen Bildung kann ich nur 
unterstreichen. Du tust dir selbst einen großen Gefallen wenn du dich 
auch mit solchen Dingen beschäftigst. Es nutzt dir am Ende des Studiums 
auch wenig wenn du zwar fachlich Top bist, man sich mit dir aber über 
nichts anderes unterhalten kann (gerade Frauen bevorzugen sehr viele 
andere Themen als Technik). ;)

von Mark B. (markbrandis)


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was_is_mit_du schrieb:
> Übrigens ist vieles, was sich die sg. naturwissenschaft so gerne ans
> Banner
> heftet schon von den Künsten vorweggenommen worden:
>
> Siehe Milan Kundera's "Die unerträgliche Leichtigkeit  des Seins":
> Die Informationstheorie wird in den ersten Seiten schon vorweggenommen,

Ob Milan Kundera wohl Claude Shannon gelesen hat? ;-)

von was_is_mit_du (Gast)


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>Ob Milan Kundera wohl Claude Shannon gelesen hat? ;-)

Ich kann ihn leider nicht mehr fragen ;-)
Die Herleitung, die er geboten hat, ging jedoch in eine sehr andere 
Richtung; jedenfalls sehr interessant zu lesen! Was mir fehlt sind 
einfach
Leute, die einen Konnex - von der Naturwissenschaft zur 
Geisteswissenschaft - bilden können. Dann wäre Naturwissenschaft auch 
vielleicht wieder
attraktiver. Im übrigen bin ich der Meinung, dass das durchaus möglich 
ist.

von Mark B. (markbrandis)


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Schon. Wobei es logisch betrachtet auch nicht gerade immer leichter 
wird, allumfassend gebildet zu sein, wenn das Wissen der Menschheit in 
einem rasanten Tempo zunimmt.

von was_is_mit_du (Gast)


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>Schon. Wobei es logisch betrachtet auch nicht gerade immer leichter
>wird, allumfassend gebildet zu sein, wenn das Wissen der Menschheit in
>einem rasanten Tempo zunimmt

Da hat du natürlich recht! Aber ich denke, niemand kann allumfassend
gebildet sein (war das das Bildungsideal im 18. Jhd?). Es würde
vielleicht helfen einfach nur ab und an mal über den Tellerrand zu
blicken und auch Leuten aus anderen Fachgebieten mal zuzuhören.

von Zivi (Gast)


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Na da gehts ja schnell mit Antworten.
Bezüglich "Genieß den Zivildienst". Ist überhaupt kein Thema, ist 
spassig und immer wieder mal was neues und man hat mit (durchaus 
interessanten) Leuten zu tun und Stress ist es auch keiner.
Aber wenn ich die Arbeit, die Kaffepausen, die täglichen Comics im Web, 
die E-Mails und die Freizeitgespräche von den 8h jeden Tag abziehe dann 
bleiben trotzdem noch Stunden übrig, in denen ich einfach nicht weiß was 
tun, und das ist deprimierend. Hab mir zwar schon das eine oder andere 
englische Buch zugelegt (Abenteuergeschichte im Stil von Assassins 
Creed). Aber so ganz dafür begeistern hab ich mich nicht können 
(Englisch lesen ist doch etwas anstregender, und die Handlung bzw. das 
Buch ist es net wirklich wert).

Bin auch gerne bereit es einmal mit "anderer" Literatur zu probieren.
Allerdings bin ich leider aufgrund von "schlechten" Erfahrungen in der 
Schule klassischer Literatur (à la Goethes Faust) etwas abgeneigt. Würde 
da lieber mit etwas "leichterem" starten.
Lese auch gerne informative Bücher über andere Themen (Natur, Pflanzen, 
Geschichtliche Ereignisse, Große Erfinder/Persönlichkeiten, Politik, der 
Mensch).

Die Nachrichtentechnischen Themen will ich aber trotzdem nicht ganz 
abhaken.

Ihr habt meine Interessen also eigentlich nur ausgeweitet ;-)
Aber ich hab ja Zeit.
Vielen Dank für die vielen schnellen Antworten.

mfg
Zivi

von P. S. (Gast)


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Gerade die Leute, die gerne oeffentlich jammern, dass die "Jugend von 
Heute" keine Ahnung mehr davon hat, wer Goethe oder Voltaire waren, 
wissen ihrerseits Nichts von z.b. Niven, Pournelle oder Postel. Mit 
Ersteren laesst es sich in besseren Kreisen natuerlich toll angeben, 
aber ich ziehe trotzdem eher die Kreise vor, die Letztere kennen.

von Bernd Wiebus (Gast)


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Hallo Peter.

> Gerade die Leute, die gerne oeffentlich jammern, dass die "Jugend von
> Heute" keine Ahnung mehr davon hat, wer Goethe oder Voltaire waren,
> wissen ihrerseits Nichts von z.b. Niven, Pournelle oder Postel. Mit
> Ersteren laesst es sich in besseren Kreisen natuerlich toll angeben,
> aber ich ziehe trotzdem eher die Kreise vor, die Letztere kennen.

Es gibr noch andere interessante. Für mich wichtig waren/sind B.Traven 
(Das Totenschiff) und W. Golding (Der Herr der Fliegen).
Golding hat noch anderes Geschrieben, was ich aber getrost vergessen 
kann, weil es einen zu starken religiösen Unterton hat. Aber immerhin 
hat er den Nobelpreis bekommen.
Goethe kann ich überhaupt nichts abgewinnen. Schiller...naja. Ein paar 
Sachen sind ganz nett, aber irgendwie alles moralisch/ideologisch zu 
verquast.

Für die politische Bildung empfielt sich Machiavelli. Interessant, das 
es davon z.Z. keine aktuelle deutsche Auflage zu geben scheint.

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic

http://www.dl0dg.de

von oszi40 (Gast)


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Wichtig ist nur, daß der Lernprozess möglichst nicht unterbrochen wird!

-Lies ein paar fremdsprachige Bücher.
-Stöbere bei den Unis in Deiner Fachrichtung

Welche Bücher Dein künftiger Prof. weiß ich nicht, könnte man aber schon 
rechtzeitig ergründen (genau wie das künftige Wohnheim).

von Onki Kapott (Gast)


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Ich kann nur wiederholen, nicht die klassische Bildung zu 
vernachlässigen. Irgendwann kommt das Hauptstudium und dann hat man nur 
noch wenig Zeit den Zauberberg, für Doktor Faustus und Felix Krull. Das 
Hauptstudium beinhaltet so viele interessante Vorlesungen, dass man vom 
fachlichen quasi erschlagen wird. Im Grundstudium hat man eher dafür 
Zeit; so ist meine Erfahrung.

Ich bin ja auch in die Bibliothek für Geisteswissenschaften gegangen, 
weil die so interessante Bücher hatten, von Tocqueville, John Locke und 
über Komponisten. Ich habe auch Physikerbiographien gelesen (Heisenberg, 
Bohr).

"Der Teil und das Ganze" von Werner Heisenberg kann ich nur empfehlen. 
Sehr amüsant.

Ich hatte vor meinem Studium ein halbes Jahr "Leerlauf". In der Zeit 
habe ich mich fachlich aufs Studium vorbereitet, aber mich auch an der 
polnischen Sprache versucht und an Esperanto. Leider nicht Latein. ;) 
Und natürlich habe ich Bücher gelesen.

Meine Zeit als Student war schön, weil ich da viel Zeit hatte, solche 
Sachen zu tun. Als Arbeitnehmer dagegen bin ich nach neun Stunden in der 
Firma kapott. Ich finde es schwieriger, mich zu motivieren, ein Buch zu 
lesen. Das bedaure ich sehr.

von Bernd Wiebus (Gast)


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Hallo Onkel Kapott.

> Ich hatte vor meinem Studium ein halbes Jahr "Leerlauf". In der Zeit
> habe ich mich fachlich aufs Studium vorbereitet,

Ich habe damals extra vor den Semesterferien bei meiner Firma gekündigt, 
da mit ich die Mathe-Brückenkurse, die dann angeboten wurden, noch 
mitnehmen konnte.

Das hat sich im nachinein für das Studium als extrem wichtig 
herausgestellt. Mir fehlt die Begabung für Mathe, und ohne das hätte ich 
es wohl nicht geschafft.

Ok. Es wäre vieleicht besser gewesen, wenn ich es nicht geschafft hätte, 
aber das ist ne andere Baustelle.....

> aber mich auch an der
> polnischen Sprache versucht und an Esperanto. Leider nicht Latein. ;)

Örks. Ich brech mir mit Englisch immer noch einen ab......für Sprache 
und Kommunikation habe ich noch weniger Begabung als für Mathe.

> Und natürlich habe ich Bücher gelesen.

Das mache ich immer noch......aber das meiste vergesse ich. :-(


Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic

http://www.dl0dg.de

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