Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Frage zu Thyristorkennwerten


von waldi (Gast)


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Hallo,

würde gerne wissen, ob man aus den in Thyristordatenblättern angegebenen 
i²t-Werten den Spitzenstrom auch berechnen kann. Ich habe z.B. in einem 
Datenblatt folgende Daten gefunden:

Imax (8.3ms, Sinewave, 60Hz, one cycle) = 80A
i²t = 26A²s

Beim besten Willen gelingt mir nicht die Berechnung.

Wenn ich annehme Imax ist schon der RMS, dann sollte doch gelten Imax² x 
T = i²t ? Oder muss ich erst den Stromverlauf quadrieren


(Ieff*sin(2*pi*t)/T)²


und dann über über die 8.3ms integrieren ?

Kann da jemand helfen ?

Gruss

von Purzel H. (hacky)


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Nein, dieser IMax gilt nur fuer einen cycle.  Dann ist er fast schon 
zerschossen. Von dem sollte man sich weit fernhalten. Ich wuerde diesen 
Wert als Spitzenwert annehmen, denn ein RMS von einer Schwingung ist 
zwar definiert, aber witzlos.

von Harald H. (mirona)


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Hallo,

Integrieren ist richtig, nur über die Dauer einer Halbwelle für den 
maximal auftretenden Strom.
Der I²t Wert ist Integral(I(t)max*I(t)max*dt).
Für eine 50 Hz Halbwelle ist damit I²t = Imax²*5 ms.
Üblicherweise wird der I(nonrepetitiv) für eine 50 Hz Halbwelle 
angegeben.
Bei 60 Hz Netzfrequenz ist der zulässige I²t somit kleiner als der im 
Datenblatt angegebene Wert. Mir ist jedenfalls kein Thyristor bzw. keine 
Diode bekannt, wo im Datenblatt der I²t wert für 60 Hz angegeben wird.
Ich habe aber in den letzten Jahren auch nur Datenblätter von 
Siemens/Infineon und EUPEC gelesen.

Tschüß

von waldi (Gast)


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ich habe den i²t-Wert als Schmelzwert/Wärmekapazität einer PN-Schicht 
verstanden. Sollte für das einmalige Auftreten einens Überlastpulses 
relevant sein, oder ?
Damit sollte sich doch egentlich aus dem Imax für eine 50Hz-Halbwelle 
(10ms) der entsprechende Datenblatt i²t-Wert berechnen lassen. Das 
gelingt mir aber bei dem angegebenne Beispiel überhaupt nicht ( bei 
anderen Datenblättern auch nicht :-( ). Ich komme mit 80A Imax für eine 
Halbwelle  nicht mal in die Nähe von 26A²s.

Ich steh' auf dem Schlauch.

Gruss

von Falk B. (falk)


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@  waldi (Gast)

>ich habe den i²t-Wert als Schmelzwert/Wärmekapazität einer PN-Schicht
>verstanden.

Das ist auch so. Diese Wert hält der Thyristor einmalig aus, wenn er 
kalt ist. Dabei erhitzt er sich bis fast zur Schädiungsgrenze. Wenn man 
dann nochmal so eine Puls auslösen will, muss man den Thyristor erst 
wieder abkühlen lassen.

> Sollte für das einmalige Auftreten einens Überlastpulses relevant sein, oder ?

Ja.

>Damit sollte sich doch egentlich aus dem Imax für eine 50Hz-Halbwelle
>(10ms) der entsprechende Datenblatt i²t-Wert berechnen lassen. Das
>gelingt mir aber bei dem angegebenne Beispiel überhaupt nicht ( bei
>anderen Datenblättern auch nicht :-( ). Ich komme mit 80A Imax für eine
>Halbwelle  nicht mal in die Nähe von 26A²s.

Was auch vollkommen logisch ist. Denn der I^2s Wert beschreibt eine SEHR 
hohe Pulsleistung, du willst aber eine mittlere bzw. effektive Leitung 
wissen. Dort spielt der Wärmewiderstand ein Rolle, welcher im I^2s Wert 
in keinster Weise berücksichtigt ist. Dort spielt nur die Wärmekapazität 
eine Rolle.

>Ich steh' auf dem Schlauch.

Dann mach mal nen Schritt nach vorn ;-)

MfG
Falk

von Andrew T. (marsufant)


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Harald Hermenau schrieb:
> Bei 60 Hz Netzfrequenz ist der zulässige I²t somit kleiner als der im
> Datenblatt angegebene Wert. Mir ist jedenfalls kein Thyristor bzw. keine
> Diode bekannt, wo im Datenblatt der I²t wert für 60 Hz angegeben wird.

Nun, ist halt im amerikanisch-japanischen Bereich durchaus häufig 
anzutreffen. Eben weil dort 60 Hz eine deutliche Verbreitung hat.

von Peter R. (pnu)


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Hier handelt es sich meiner Meinung nach um zwei verschiedene Angaben:

erstens: ein Stromstoß aus einer 60-Hz-Halbschwingung bestehend, darf 
nicht mehr als 80 A betragen. (Dem würde ein i²t von 53 A²s entsprechen)

zweitens: für andere, schnellere Einzelstromstöße, wie z.B. die 
Entladung über eine Punktschweißstrecke oder eine Elektronenblitzröhre, 
gilt die Grenze 26 A²s als Belastungsgrenze. Diesen Wert müsste man 
durch Messung des Zeitverlaufs des Stromes und anschließende Rechnung 
ermitteln. Der Zeitverlauf allgemein ist da nicht bekannt, er gilt nur 
für das aktuelle Problem.

von Harald H. (mirona)


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@ Peter R.

Du liegst leider falsch. Der I²t Wert berechnet sich bei z.B. 60 Hz 
Halbschwingung zu Imax*Imax*8,33 ms /2. Ergibt bei 80 A also 26 A²s.
Integriere bitte die Sinushalbwelle über die 8,33 ms.

Der I²t Wert kennzeichnet einen Wert, der die Fähigkeit des 
Bauelementes, im speziellen nur des Siliziums im Bereich der 
Sperrschicht, Verlustwärme aufzunehmen ohne zerstört zu werden. Da diese 
Möglichkeit besonders bei heißen Bauelementen nur in begrenztem Rahmen 
möglich ist, haben die Halbleiterhersteller diesen Wert zur Verfügung 
gestellt.
Im Zeitbereich bis etwa 10 ms, was im 50 Hz Netz einer Halbperiode 
entspricht, ist der I²t Wert linear skalierbar. Das heißt, je kürzer der 
Impuls ist, umso niedriger ist der zulässige I²t Wert. Bei länger 
werdenden Impulsen erfolgt schon ein Wärmeabfluß in des umgebende 
Gehäuse über die Bodenplatte, bzw. die Anschlußdrähte.
Der I²t Wert wird im Besonderen zur Auswahl der Sicherungen für den 
Halbleiterschutz benötigt.

Tschüß

von Peter R. (pnu)


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Die Angabe Imax = 80A  bezeichnet (zumindest in der in Deutschland 
üblichen Schreibweise) den Effektivwert des Wechselstroms bzw. in diesem 
Fall der Halbwelle, ist also der bereits integrierte und gemittelte 
Wert.. Damit wäre meine Rechnung schon richtig.

Von den Rechenergebnissen her handelt es sich bei der Angabe "80 A" um 
den Scheitelwert, der eigentlich als imax = 80A geschrieben sein müsste.

Also: das Missverständnis stammt aus der Angabe Imax = 80 A. Damit ist 
hier anscheinend imax gemeint, der Scheitelwert der Halbwelle.

Dann geht die Rechnung auch auf: i²t = 8,33 ms  80A  80A / 2

von Bernhard R. (barnyhh)


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Der i²t Wert besitzt eine sehr praktische Bedeutung: Der i²t Wert der 
vorgeschalteten Schmelzsicherung (s. Datenblatt der Sicherung) darf 
nicht größer sein als derjenige des Thyristors (oder Triacs). Sämtliche 
Berechnungen laufen in diesem Fall auf einen einfachen Zahlenvergleich 
von Datenblatt-Werten hinaus.

Bernhard

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