Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Induktivität von Spule großem Innenwiderstand messen


von Christian (Gast)


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Hallo zusammen,

ich habe zur Messung von Strömen eine Rogowskispule gebaut, deren 
Eigeninduktivität ich zu 3,8µH berechnet habe. Jetzt würde ich gerne die 
Induktivität auch messen - dazu habe ich die Spule mit einer 
Rechteckspannung beaufschlagt und den Stromanstieg in einem Zeitbereich 
gemessen. Nach U = L*dI/dt müsste ich ja jetzt das L berechnen können. 
Problem ist nur, dass die Spule einen extrem hohen Innenwiderstand von 
6,4 Ohm  (mit Fluke gemessen) aufweist. Ich kann die Induktivität also 
nicht mehr nur als Induktivität auffassen sondern muss einen Widerstand 
ins Ersatzschaltbild machen. An diesem Widerstand fällt jetzt aber schon 
ein beträchtlicher Teil der Spannung ab, das heißt das Ergebnis aus 
obiger Messung wird verfälscht. Kann mir jemand sagen wie ich 
formelmäßig den Widerstand berücksichtigen zur Berechnung der 
Induktivität?
Hoffe ich hab niemanden verwirrt und freue mich über eure Antworten

Viele Grüße
Christian

PS: Obiges Oszi Bild zeigt ziemlich viel störungen, weil ich einen 
Betriebspunkt versuchen wollte, an dem weniger Strom fließt damit 
weniger spannnung am Innenwiderstand der Induktivität abfällt - 
dementsprechend kurz ist die Messdauer und daher auch einige 
Dreckeffekte zu erkennen....

von helmut (Gast)


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Du kannst die Spule in Serie zu einem 10 Ohm Widerstand betreiben.
Die Spannung an dem Widerstand mit dem Oszi messen und den Strom 
ermitteln.
(I = U/10). Am Ansteigenden Strom ist die Zeitkonstante leicht 
abzulesen.
Beim Tau ist natürlich R = 16,4 Ohm zu berücksichtigen.


Oszi würde ich mit Tastkopf betreiben.

von Physiker (Gast)


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Wenn Du rein die Induktivität ermitteln willst, dann baue etwas 
Physikalisches, wo der ohmsche Widerstand in der Formel nicht vorkommt. 
z.B. einen Schwingkreis. (aber: Spulen haben parasitäre Kpazitäten)

Wer misst, misst Mist!

von Michael L. (Gast)


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Hallo Christian,

am einfachsten löst Du Dein Problem wahrscheinlich, wenn Du um den den 
Plaste- oder Holzkern eine zusätzliche Meßwicklung anbringst. Deren 
Klemmenspannung zeigt an, wieviel Spannung wirklich zum Aufbau des 
Magnetfeldes beigetragen hat.

Wenn nur der ohmsche Widerstand interessiert und nicht etwa 
Streuinduktivitäten, so kannst Du rechnen:

u(t) = R * i(t) + L di(t)/dt

mit der Klemmenspannung u(t).

Bei Interesse erkläre ich das genauer.


Gruß,
  Michael

von Holger S. (strabe)


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Hallo,
am Widerstand fällt doch eine dem Strom proportionale Spannung ab.
Reicht es denn nicht aus, den ohmschen Anteil ( 6,4 Ohm ) mit dem 
gemessenen Strom zu verrechnen und so auf den ohmschen Spannungsabfall 
zu kommen ?
Der verhält sich dann natürlich genauso wie der Strom, aber über die 
90°-Kopplung muß der Blindanteil dann ja genau so groß sein, dass die 
geom. Summe der beiden Spannungen wieder 5 V ergibt...

Gruß Strabe

von Matthias L. (Gast)


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>...ber über die 90°-Kopplung muß der Blindanteil...


Nein! Sowas gibt es nur sinusförmigen Größen!

von Holger S. (strabe)


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jou, war mir schon klar - nur hier haben wir ja den "Einschaltmoment" 
betrachtet, also eine Änderung. Da ja ein Rechteck eigentlich nix 
anderes ist als eine Summation vieler Wechselsignale, dachte ich an ein 
Analogon...

War'n Versuch..

;)

Gruß Strabe

von Michael (Gast)


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Kann man nicht über die E-Funktion an L ran kommen wenn R bekannt ist? 
Es müsste doch sein, sofern mich mein Studiumswissen nicht ganz im Stich 
lässt

i(t): Strom zum Zeitpunkt t
U0: Angelegte Spannung
R: Widerstand
t: Zeit
L: Induktivität

Also, einfach obige Gleichung nach L umstellen und ausrechnen. Oder ist 
das nun zu blauäugig (klar, die parasitären Kapazitäten sind hierbei nun 
erstmal vernachlässigt)?

von Holger S. (strabe)


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oder  daraus folgend : Tau=L/R

von Daniel R. (daniel_r)


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Schwingkreis!!! Eine Frequenz kann man leicht und präzise messen. Der 
Widerstand ändert die Resonanzfrequenz nur minimal und kann 
vernachlässigt werden, denn sein Einfluss ist unter der Bedingung, dass 
das Teil noch schwingt (also die Güte groß genug ist) so klein, dass er 
kaum ins Gewicht fällt.

Wenns exakt sein muss, kann man den ja in der Formel drin lassen 
(Impedanz aufstellen und Imaginärteil 0 setzen, dann ist man auf 
Resonanz). Die Gleichung Im(Z)=0 liefert L bei bekanntem R und C.

Die parasitäre Kapazität der Spule kannst Du auch mit einrechnen.

von Michael (Gast)


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Holger S. schrieb:
> oder  daraus folgend : Tau=L/R

Und woher nimmst du Tau? Aus der obigen Gleichung von mir und wenn ich 
nicht allzu großzügig war beim Ablesen (war das ein Sprung von 0 auf 
12V?) dann kommt da etwa 4.6 µH raus für die Spule. (dt=200ns, di=450mA, 
R=6.4 Ohm, dU=12V).

Natürlich kann mans mit einem Schwingkreis wesentlich genauer messen, 
wie Daniel grad schon schrieb.

von Holger S. (strabe)


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klar, das Tau müsste man aus der Grafik abschätzen, oder ggf. noch was 
länger den Strom aufzeichnen (um genauer zu schätzen )

von Michael L. (Gast)


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Hallo Michael,

für R-->0 müßte ein zeitlich linear steigender Strom herauskommen, denn 
dann gilt: U=L di/dt = konstant, also di/dt = konstant.
Deine Lösung mit der e-Funktion kann nicht richtig sein.

Gruß,
  Michael

von Michael (Gast)


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>Deine Lösung mit der e-Funktion kann nicht richtig sein.

Meine Lösung mit der e-Funktion kannst du in jedem Tabellenbuch der 
Elektrotechnik nachlesen. Das ist das Äquivalent zur Aufladung eines 
Kondensators. Und falsch ist sie auch nicht, einfach mal R gegen 0 gehen 
lassen und schaun was passiert. Oder noch besser, einfach mal di/dt der 
obigen Gleichung bilden:

Da I0=U0/R von t unabhängig ist kommt da 0 raus und der zweite Term ist 
nix anders als e^(a*x) nach x ableiten (Kettenregel), also kommt da raus

Und lässt man nun R gegen Null gehen kommt da genau Null raus und das 
ist genau richtig und der Grund warum Spice zum Beispiel keine Lösung 
hat für eine ideale Spannungsquelle an die eine ideale Spule 
angeschlossen wird: Eine ideale Spule stellt immer einen Kurzschluss 
da -> Strom ist unendlich groß (vgl. I_0 bei R=0).

von Michael (Gast)


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PS: Achja, für jeden, der es jetzt nicht mitebkommen hat: Für R=0 kommt 
bei der Bildung von di/dt der e-Funktion 0 raus und das ist ziemlich 
konstant, also hat auch Michael Lenz recht der ja sagt dass 
U=L*di/dt=konstant sein muss ;)

von Matthias L. (Gast)


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>Meine Lösung mit der e-Funktion kannst du in jedem Tabellenbuch der
>Elektrotechnik nachlesen.

Das ist der Schwachsinn der in Schulen betrieben wird.

Diese e-Funktionen kommen nur dann heraus, wenn eine Spule oder 
Kondensator mit einem VOrwiderstand an kosntanter Spannung betrieben 
wird.

Es wäre sinnvoller, von vorn herein auf uL/L = di/dt bzw. ic/C = du/dt 
einzugehen.

von Ulrich (Gast)


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Man wird für die Spule schon eine Ersatzmodel brauchen. Im einfachsten 
fall die Induktivität und der Serienwiderstand. Bei höheren Frequenzen 
muß aber auch die Eigenkapazität und ggf. die Kapazität des 
Messeinganges dazu.

Um die Parameter in dem Ersatzmodells (Iduktivität, Widerstand, 
Kapazität, ... ) kann man z.B. für ein paar Frequenzen Spannng und Strom 
messen, in der Regel mit einem Widerstand als zusätzliches 
Vergleichselement. Wenn man hat mit einem Netzwerkanalysator gleich 
einen ganzen Frequenzganz.

von Michael (Gast)


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Matthias Lipinsky schrieb:
>Das ist der Schwachsinn der in Schulen betrieben wird.
>
>Diese e-Funktionen kommen nur dann heraus, wenn eine Spule oder
>Kondensator mit einem VOrwiderstand an kosntanter Spannung betrieben
>wird.

Sorry, aber das ist jetzt Blödsinn von dir. Was haben wir hier denn 
vorliegen? Eine Induktivität (L=?) mit Widerstand (R=6.4 Ohm). Eine 
reine Induktivität wirst du, außer in der Theorie, nirgends finden. Und 
die e-Funktion ist auch nicht falsch da auch mit ihr das gleiche 
Ergebnis raus kommt wenn man R zu Null setzt. Überleg einfach mal wo die 
e-Funktion herkommt. Wenn ich mich recht entsinne ist sie die Lösung der 
DGL. Willst du jetzt sagen, dass die Lösung der DGL falsch ist? Dann 
beweis das mal.

von Michael L. (Gast)


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Hallo Michael,

> PS: Achja, für jeden, der es jetzt nicht mitebkommen hat: Für R=0 kommt
> bei der Bildung von di/dt der e-Funktion 0 raus und das ist ziemlich
> konstant, also hat auch Michael Lenz recht der ja sagt dass
> U=L*di/dt=konstant sein muss ;)

Also entweder stehe ich jetzt ganz gewaltig auf dem Schlauch, oder Du 
erzählst Unsinn.

Wenn ich in diese Formel

R = 0 einsetze, so kommt di/dt = 0 heraus.

Das steht im Widerspruch mit folgender Überlegung: Nach dem 
Induktionsgesetz gilt:

u = L di/dt

Wähle ich u konstant, so beträgt di/dt = u/L <> 0 im Widerspruch zu 
Deiner Aussage.

Gruß,
  Michael

von M. B. (mbarwig)


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ausgehend von Gleichung:

erhalte ich für die Ableitung

bzw.

wenn ich nun R = 0 einsetze ist die e-Funktion gleich 0. Ergo erhalte 
ich:

von Michael (Gast)


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Aha, 0 ist also nicht konstant. Das muss ich mir merken. Ne Parallele 
zur Abszisse wird als konstant bezeichnet aber direkt auf der Abszisse 
wäre eine Parallele nicht mehr als konstant zu bezeichnen. Auch hier 
wäre eine Erklärung schön.
Ich versteh hier grad nicht warum die e-Funktion, die als Lösung der DGL 
di/dt, allgemein bekannt ist, hier nun falsch sein soll. Wenn das mal 
einer Aufklären würde wäre ich auch geneigt zu glauben, dass die 
e-Funktion hier falsch ist aber solange halte ich an der e-Funktion als 
Lösung der DGL fest und für allgemeingültig. Immerhin gilt das schon 
seit einer dreistelligen Jahreszahl und soooo viele Generationen können 
doch nicht irren, oder etwa doch?

von M. B. (mbarwig)


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Der Fehler liegt im Posting (07:33) im Übergang von der ersten zur 
zweiten Zeile deiner Ableitung. Wenn du die Klammer auflöst, muss auch 
vor der e-Funktion das I_0 stehen. Damit kommst du dann auf die gleiche 
Lösung wie ich.

Grüße Markus

von Michael (Gast)


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@Markus

Seit wann ist e^(a*x) abgeleitet a*x*e^(a*x)? Kettenregel die ich kenne 
sagt, dass bei (e^(u(x)))'=u'(x)*e^(u(x)) und da kommt dann für 
(e^(a*x))'=(a*x)'*e^(a*x)=a*e^(a*x) raus kommt

von M. B. (mbarwig)


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erwischt! Lass das t weg und die Steigung bleibt konstant... ist also 
nicht von t abhängig (so wie es auch sein soll).

von Michael (Gast)


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Japp, und du hast natürlich auch recht, ich hab beim zweiten Term das 
I0=U/R vergessen/verschlampt. However, das Resultat ist das Selbe: Die 
e-Funktion ist auch hier gültig.

von Matthias L. (Gast)


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>Ich versteh hier grad nicht warum die e-Funktion, die als Lösung der DGL
>di/dt, allgemein bekannt ist, hier nun falsch sein soll. Wenn das mal
>einer Aufklären würde wäre ich auch geneigt zu glauben

Nein. So ist das auch nicht gemeint. Die e-Fkt ist die Lösung der DGL, 
unter der Annahme eines (signifikanten) ohmschen Widerstandes und einer 
konstanten Spannung über der Reihenschaltung.

Was ich in meinem Post von 09:22 meinte, ist, dass in Schulen das Ganze 
so verdeutlicht wird, dass der Strom an der Spule immer e-förmig ist. 
Und das ist nicht so.

Zumindest in der "normalen" ElektroNIK, wo es auch Signalformen 
verschieden von Sinus gibt, ist die e-Fkt.-Lösung (ich sags mal so) 
nicht das Mittel der Wahl.

Dort ist es meist so, dass die Spannung über L (welches als ausreichend 
ideal angenommen wird) direkt den Stromanstieg bestimmt, der dadurch 
dreieckförmig wird.

MEhr wollte ich damit nicht sagen.

von Michael (Gast)


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Matthias Lipinsky schrieb:
> Nein. So ist das auch nicht gemeint. Die e-Fkt ist die Lösung der DGL,
> unter der Annahme eines (signifikanten) ohmschen Widerstandes und einer
> konstanten Spannung über der Reihenschaltung.

Genau das ist nicht richtig, für die e-Funktion ist weder ein 
signifikanter Widerstand nötig (das wurde ja jetzt oben schon bewiesen) 
noch ist eine konstante Spannung Randbedingung, die Spannung darf auch 
eine Funktion der Zeit sein hierbei.

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