Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Mäanderförmige Leiterbahnen auf Motherboards


von Gast7 (Gast)


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Hallo Leute,

bei der Nahansicht von PC-Motherboards sind mir schon mehrmals in der 
Nähe des Prozessors Leiterbahnen aufgefallen, die ein kleines Stück weit 
mäanderförmig verlegt sind. Diese Strukturen sind wohl als Induktivität 
bzw. Laufzeitverlängerung gedacht. Aber ein Design, bei dem die korrekte 
Funktion von auf wenigen mm andeutungsweise mäanderförmig verlegten 
Leiterbahnen abhängt, ist doch wohl kein zuverlässiges Design, oder?

Ich denke schon, dass das von den Entwicklern sauber konstruiert ist, 
aber Digitalschaltungen mit solchen Spezialitäten erzeugen bei mir 
irgend wie ein ungutes Gefühl.

von Christian H. (netzwanze) Benutzerseite


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Es geht darum, alle Leiterbahnen gleich lang zu haben.

von Magnetus (Gast)


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Tja... im HF-Bereich wirds halt eng mit Laufzeiten...

von MagIO (Gast)


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Rechne doch einfach mal aus, wie weit ein Elektron in einem halben 
Taktzyklus kommt. Und schau nach, was passiert, wenn eine Daten-Leitung 
1mm länger ist, als die anderen auf dem gleichen Datenbus.

Vielleicht wirst Du dann dein ungutes Gefühl los.

von Reinhard Kern (Gast)


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Christian H. schrieb:
> Es geht darum, alle Leiterbahnen gleich lang zu haben.

Und ein ungutes Gefühl sollte man dann haben, wenn das NICHT 
berücksichtigt wird. Wie man sieht, können Gefühle in die Irre führen.

Gruss Reinhard

von Gast7 (Gast)


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Hallo Leute,

danke für die Antworten. Ich dachte mir schon, dass damit ein 
Laufzeitausgleich erreicht wird. Dennoch ist es schon irgend wie ein 
seltsames Gefühl, wenn derartige Feinheiten für den zuverlässigen 
Betrieb eines Motherboards notwendig sind. Schließlich laufen solche 
Leiterbahnen ja teilweise doch zig Zentimeter. Na ja, wie dem auch sei, 
ich möchte so ein Board nicht unbedingt layouten ;-)

von Ich (Gast)


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30cm entspricht 1ns Laufzeit. 1ns sind 1GHz bei SATA oder PCIe sind wir 
schon bei bis zu 3GHz (wenn ich das richtig im Kopf habe) dann sinds nur 
noch 10cm wo ein Bit unterwegs ist. Sprich bei einer Leitung von 20cm 
kommt hinten das erste Bit erst an wenn vorne das 3. reingeht. (weiß 
jetz aber nicht ob die nicht irgenwelche Modulationen (außer on/off 
keying verwenden) ) dann würde das so nicht mehr ganz stimmen...

lg

von Schrotty (Gast)


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>30cm entspricht 1ns Laufzeit
Aber nur im Vakuum.
Auf einer Leiterplatte sind es nur noch ca. 15..20cm/ns

Das ganze wird also noch "kritischer"

von Kevin K. (nemon) Benutzerseite


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die Lichtgeschwindigkeit in Kupfer ist nur ca. 200.000km/s. Das macht 
die Bits nochmals etwas kleiner. Außerdem werden die Bits nicht erst bei 
180° Phasenverschiebung falsch ausgegeben, sondern schon deutlich eher, 
unter Anderem, da die Anstiegs- und Abfallzeit einen guten Teil der 
Taktperiode beansprucht.

von Volker (Gast)


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>>Diese Strukturen sind wohl als Induktivität
>>bzw. Laufzeitverlängerung gedacht

Laufzeitanpassung ja, aber keine Induktivität!

von Gerald R. (Firma: multidata) (gerald2)


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Hi Leute, mein Senf dazu:
Ein Signal auf dem üblichen FR4 Material legt in einer Nanosekunde
ca. 14 cm zurück. (Also bei 100ps ca. 1.4 cm.)
Daher scheren wir uns bei Eintaktleitungen nicht um Längenunterschiede 
von 1 cm, weil dann der Laufzeitunterschied lediglich ca. 70ps beträgt. 
Bei Gegentaktleitungen hingegen sind wir sehr pennibel, da hier 
Laufzeitunterschiede das gegenseitige Aufheben der Feldkomponenten 
zunichte machen. ==> Es entsteht ein relativ großes Störsignal.

Gruß Gerald

von Egal (Gast)


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Kevin K. schrieb:
> die Lichtgeschwindigkeit in Kupfer ist nur ca. 200.000km/s.

Nene, Du meinst das sicher nicht so.  :-)

Nennen wir es Elektronenanschubsausbreitungsgeschwindigkeit. (auch wenn 
ich den Wert jetzt nicht weiß).

von Mark B. (markbrandis)


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Genau diesen Unterschied zwischen der Geschwindigkeit der 
"Erregungsausbreitung" und der tatsächlichen Geschwindigkeit der 
Elektronen im Leiter hab ich irgendwie nie so richtig verstanden. :-/

von Sebastian (Gast)


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Na ja, die Elektronen laufen gar nicht den ganzen Weg. Die stoßen sich 
nur gegenseitig an... wie beim Staffellauf. :)

von Egal (Gast)


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Sein Abflussrohr ist verstopft. Aber Du hast ja eine Spirale. Durch 
Stauchung der flexiblen Welle kommt die Vorwärtsbewegung an der Spitze 
verzögert an. Da Du das Teil aber langsam schiebst, klebt die Sch..... 
nicht sofort an Deinen Händen - Glück gehabt. :-)

von Egal (Gast)


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Dein...    ^^

von Uhu U. (uhu)


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Sebastian schrieb:
> Na ja, die Elektronen laufen gar nicht den ganzen Weg. Die stoßen sich
> nur gegenseitig an... wie beim Staffellauf. :)

Ein besseres Analogon ist eine Schallwelle: Der Schall pflanzt sich mit 
333 m/s fort, die Luftmoleküle, die ihn übertragen, aber nur einen 
winzigen Bruchteil davon - evtl. sogar in entgegengesetzte Richtung.

von Jobst M. (jobstens-de)


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MagIO schrieb:
> Rechne doch einfach mal aus, wie weit ein Elektron in einem halben
> Taktzyklus kommt.

Dazu müsste man wissen, wieviel Strom fließt und welchen 
Leiterquerschnitt man hat.

Mark Brandis schrieb:
> Genau diesen Unterschied zwischen der Geschwindigkeit der
> "Erregungsausbreitung" und der tatsächlichen Geschwindigkeit der
> Elektronen im Leiter hab ich irgendwie nie so richtig verstanden. :-/


Stell Dir vor, Du hast ein Rohr (=Kabel, Leiterbahn, etc.) gefüllt mit 
Kugeln (Elektronen). Wenn Du auf der einen Seite eine Kugel 
hineinhämmerst, fällt auf der anderen Seite eine heraus. Da die Kugeln 
eine gewisse Elastizität zueinander haben, bewegt sich eine Druckwelle 
durch dieses Rohr und es dauert ein wenig, bis die Kugel auf der anderen 
Seite herausplumpst. Dies passiert mit Lichtgeschwindigkeit im Vakuum, 
jedoch nicht in elektrischen Leitern. Hier gibt es den sog. 
Verkürzungsfaktor, der häufig in der Nähe von 0.6 liegt (200.000km/s 
passt also)

Je mehr Kugeln Du nun pro Sekunde in das Rohr schiebst, desto höher ist 
der Strom. Je dünner das Rohr (=kleinerer Querschnitt), desto höher die 
Stromdichte (=Geschwindigkeit der Kugeln). Je höher die Stromdichte, 
desto mehr Reibung, Wärme entsteht.

Abhängig von Strom und Leiterquerschnitt, kann man also eine Aussage 
darüber treffen, wann ein Elektron einmal komplett durch den Leiter bzw. 
eine bestimmte Strecke geflossen ist.


Gruß

Jobst

von Stephan M. (stephanm)


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Mark Brandis schrieb:
> Genau diesen Unterschied zwischen der Geschwindigkeit der
> "Erregungsausbreitung" und der tatsächlichen Geschwindigkeit der
> Elektronen im Leiter hab ich irgendwie nie so richtig verstanden. :-/

So illustrativ das exklusive Bild der sich bewegenden Elektronen in 
einem Leiter auch sein mag - es stösst sehr schnell an seine 
(physikalischen) Grenzen.

Sehr Laienhaft ausgedrückt könnte man in Etwa sagen: Für die 
Energieübertragung in elektrischen Leitern ist nicht die Bewegung der 
Elektronen verantwortlich, sondern ein elektromagnetisches (EM-)Feld in 
dem die Leiter einschliessenden Raum. Zur Untermauerung dieser Aussage 
könnte man nun anführen, dass sich EM-Wellen auch im Vakuum ausbreiten 
können (und Energie transportieren) und dort sogar ganz ohne das 
Vorhandensein elektrisch geladener Teilchen.

Die Energieübertragung in einem elektrischen Leiter erfolgt also in 
dieser Vorstellung von der Existenz und Wirkungsweise von EM-Feldern 
durch das den Leiter umgebende EM-Feld selbst. Wenn man denn so möchte 
ist die Bewegung der Elektronen im Leiter dann "nur" noch irgendein 
uninteressanter sekundärer Effekt.

Je nach Medium, in dem sich der elektrische Leiter befindet, ergibt sich 
eine unterschiedliche Ausbreitungsgeschwindigkeit des EM-Feldes. Das ist 
die von Dir angesprochene "Erregungsausbreitung".

Den Schulterschluss mit der physikalischen Wirklichkeit erreicht man nun 
z.B. damit, dass man die o.g. laienhafte Aussage dadurch relativiert, 
dass EM-Felder und die Mechanik geladener Teilchen stets in 
Wechselwirkung zueinander stehen - die geringe (Drift-)Geschwindigkeit 
der Elektronen in elektrischen Leitern ist dann einfach ein Produkt 
physikalisch motivierter mathematischer Gleichungen. Rückt man die 
Theorie elektromagnetischer Felder an die oberste Stelle, kann man zwar 
über die geringe Driftgeschwindigkeit von Elektronen in 
stromdurchflossenen Metallen kurz erstaunen, mehr aber auch schon nicht.

Für physikalisch ein wenig bewanderte Menschen habe ich in den ersten 
drei Abschnitten von 
http://www.fakultaet1.fh-hannover.de/fileadmin/media/doc/f1/tel/abschnitt_7.pdf 
eine schöne, kurze und prägnante Aufräumung mit dem "Bild vom wandernden 
Elektron als alleiniger Übertrager elektrischer Energie" gefunden - 
Gugel sei dank.

Stephan

von Mark B. (markbrandis)


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Dankfein :)

von Gizzel (Gast)


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In Anlehnung an dieses Thema beschäftigt mich schon lange folgende 
Frage:

Ein sagen wir mal 3GHz getakteter Bus hat Leiterbahnen mit 40cm zum 
"Empfänger".
Nun kommt das Signal vom zweiten Takt, bevor das erste sein Ziel 
erreicht hat.
Kommt dann das erste Signal noch an? Also meine Frage, ob ein 
High-Signal ankommt, wenn die Spannung schon abgeschaltet wird, während 
das Signal erst die Hälfte der Strecke geschafft hat. Oder bricht das 
EM-Feld einfach zusammen und das Signal geht auf halber Strecke 
verloren? (es geht doch nie was verloren, oder)

Gruss Alex

von Falk B. (falk)


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@  Gizzel (Gast)

>Nun kommt das Signal vom zweiten Takt, bevor das erste sein Ziel
>erreicht hat.
>Kommt dann das erste Signal noch an?

Ja, denn die Laufzeit muss das zweite Signal ja auch erstmal 
durchlaufen. Ist wie auf einem Förderband, das was man drauf legt kommt 
nach einiger Zeit an, auch wenn man danach nix mehr drauflegt ;-)

>EM-Feld einfach zusammen und das Signal geht auf halber Strecke
>verloren?

Nein, die Welle läuft auf der Leitung weiter.

> (es geht doch nie was verloren, oder)

Frag mal DHL!

MFG
Falk

von Patrick (Gast)


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Gizzel schrieb:
> In Anlehnung an dieses Thema beschäftigt mich schon lange folgende
> Frage:
>
> Ein sagen wir mal 3GHz getakteter Bus hat Leiterbahnen mit 40cm zum
> "Empfänger".
> Nun kommt das Signal vom zweiten Takt, bevor das erste sein Ziel
> erreicht hat.
> Kommt dann das erste Signal noch an? Also meine Frage, ob ein
> High-Signal ankommt, wenn die Spannung schon abgeschaltet wird, während
> das Signal erst die Hälfte der Strecke geschafft hat. Oder bricht das
> EM-Feld einfach zusammen und das Signal geht auf halber Strecke
> verloren? (es geht doch nie was verloren, oder)
>
> Gruss Alex

Auch der zweite Taktimpuls wird sich nicht schneller ausbreiten als der 
erste (In erster - und auch in zweiter - Näherung). Mit anderen Worten: 
Alles, was Du vorne am Leiter anlegst, erscheint am anderen Ende 
entsprechend verzögert wieder.
Beim Rundfunk funktioniert's ja auch; die Signale werden konstant 
übertragen.

Eine andere Geschichte sind z. B. Reflexionen, wie sie z. B. an Hügeln 
(beim Rundfunk) oder an offenen (fehlangepassten) Leitungsenden 
auftreten. Die Wellen laufen jetzt gegeneinander und wirken wechsel; 
stehende Wellen uvm. entstehen.

von Lukas K. (carrotindustries)


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Ich schrieb:
> eiß
> jetz aber nicht ob die nicht irgenwelche Modulationen (außer on/off
> keying verwenden) ) dann würde das so nicht mehr ganz stimmen...

Modulation keine, aber 8b10b kodierung, damit das Signal halbwegs 
Gleichspannungsfrei wird. Ein bisschen Redundanz gibt's oben drauf.

von Spanner (Gast)


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Soll doch endlich mal wer schnellere Elektronen erfinden damit man sich 
nicht um solche Sachen kümmern muss.

von Bob (Gast)


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Spanner schrieb:
> Soll doch endlich mal wer schnellere Elektronen erfinden damit man sich
> nicht um solche Sachen kümmern muss.

Die sind schon erfunden und nennen sich Photonen ;) Dauert nur noch n 
bisschen, bis die Quanten-PCs was taugen...

von Tommi (Gast)


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Die Vorteile der Quantencomputer liegen nicht in der Taktung/ 
schnelleren Datenübertragung, sondern in den implementierbaren 
Algorithmen.

von Silvia A. (silvia)


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Bob schrieb:
> Die sind schon erfunden und nennen sich Photonen
Die sind ja nur etwas schneller, wir brauchen CPUs auf Tachyon basis :-)

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