Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Oszi-Phänomen: sinc durch statische Elektrizität


von Frank M. (aktenasche)


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Abend,
es geht um folgendes Video: http://www.youtube.com/watch?v=sUG_sjS67K4

Zusammengefasst: Er schließt den Tastkopf kurz, steht von seinem Stuhl 
auf und bekommt im single shot mode einen schönen sinc bzw sin x/x 
Verlauf. Seine Vermutung: LC Schwingkreis der durch Einstrahlung einer 
statischen Entladung angeregt wird.

Der sinc ist ja die Fouriertransformierte vom Rechteck bzw umgekehrt.
Wir haben damals eine Tastkopfkompensation berechnet und dabei den 
Eingang des Oszis (AC-gekoppelt natürlich) als HP 1.Ordnung modelliert, 
mit dem Wissen, dass das nicht stimmt (Überschwinger).
Nun frage ich mich, wie dieser sinc zustande kommt bzw wie das 
eingestrahlte Signal aussieht, sehr breitbandig vermute ich?

Ehrlichgesagt weiß ich nich genau was ich fragen soll, finde das einfach 
interessant und hoffe es kann noch jemand was beitragen!

: Verschoben durch Admin
von Wolfgang M. (womai)


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Also sinc (sin(x)/x) ist das keiner. Sondern einfach zuerst eine sich 
aufschaukelnde Schwingung (waehrend beim Aufstehen elektromagentische 
Energie zugefuehrt wird), danach eine gedaempfte Schwingung, d.h.

U(t) = U(0) * exp(-t/tau) * sin(2*pi*f*t)

Warum das ganze so schoen sinusfoermig ausschaut, kann ich Dir schon 
erklaeren. Hoere Dir den Clip nochmals genau an: Das Oszi hat 100 MHz 
Bandbreite. Die Schwingung hat ca. 100 MHz. Daemmert schon was? Klar, 
Oberwellen (200 MHz, 300 MHz usw.) koennen vom Oszi nicht oder kaum 
angezeigt werden, somit bleibt bloss die (sinusfoermige!) 
Grundschwingung uebrig, ganz egal, wie das Signal wirklich aussieht. Mit 
einem 10-GHz-Oszi wuerde man eventuell ganz was anderes sehen.

Die Erklaerung, die der nette Mann gibt, ist meiner Meinung nach auch 
etwas zu simpel (bzw. falsch). Was man da wirklich sieht, sind 
Reflexionen im Koaxialkabel; das eine Ende (bei der Tastspitze) ist mit 
9 MOhm abgeschlossen, das andere (am Oszi) mit 1 MOhm. Wenn das Kabel 50 
Ohm Impedanz hat, heisst dass, praktisch 100% Reflexion an beiden Enden:

Reflexionskoeffizient rho  = (Z_load - Zo) / (Z_load + Zo),

wobei Z_load = 1 oder 9 MOhm, Zo ca. 50 Ohm, also rho ~ 1 = 100%

Jedes einmal eingekoppelte Signal "schwappt" also eine schoene Zeit lang 
zwischen den beiden Enden hin und her. Ein typischer Tastkopf hat ein 
Kabel mit ca. einen Meter Laenge, das ist eine Laufzeit von ca. 5-7 
Nanosekunden (Laenge mal sqrt(Dielektrizitaetskonstante) dividiert durch 
(Lichtgeschwindigkeit)

T_pd = Laenge * sqrt(eps_r) / c_licht

Ein Rundlauf braucht also 2*Tpd = 10 bis 14 ns, somit ist die Frequenz 
der Reflexionen ca. 70 bis 100 MHz. Also genaus das, was man sieht. Die 
Eingangskapazitaet des Oszis ist da voellig sekundaer, es dominiert der 
induktive und kapazitive Belag (verteilt ueber die gesamte Laenge) des 
Koaxialkabels.

Wolfgang

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