Es werden ja immer noch analoge Fotokameras hergestellt. Doch gibt es heute noch Bereiche, in denen analoge den digitalen überlegen sind? (Von Leuten, die aus 'religiösen' Gründen oder weil sie aus Gewohnheit nicht umstellen wollen, mal abgesehen.)
Hmm, naja, kommt drauf an was Du als überlegen bezeichnest. Also eine Billigknipse mit Film ist von den Kosten einer Digitalkamera üblicherweise bis ein paar tausend Bilder überlegen... Auch niedrige Isowerte und Großformat sind Dinge, wo Film noch punkten kann. Ebenfalls Sofortbildfotografie.
Bei Langzeitbelichtungen ist analoges Filmmaterial überlegen, da es kein von der Belichtungsdauer abhängiges Bildrauschen gibt. Die erzielbare Dynamik ist bei Negativmaterial nach wie vor größer als bei digitalen Bildsensoren. Das bedeutet, daß bei einer an den Lichtern ausgerichteten Belichtung noch Zeichnung in Schatten ist, die bei einer Digitalkamera schon längst im Schwarz abgesoffen wären. S/W-Material kann etwa 13 Blendenstufen abbilden, mit einer guten Digitalkamera sind zwischen 8 und 10 möglich. Das "Übersteuerungsverhalten" ist gutmütiger; ein überbelichteter Sensor liefert ab einer gewissen Lichtmenge nur maximales Weiß, was in den bekannten "ausgefressenen Lichtern" resultiert. Überbelichtetes Negativmaterial kann durch geeignete Entwicklung "gerettet" werden, dasselbe ist bei unterbelichtetem Material möglich. Sobald mit Sensorgrößen jenseits des APS-C-Formates gearbeitet werden soll, werden Kameras schnell sehr teuer, bei Überschreitung des KB-Formates erst recht. Bereits das kleinste Mittelformat (6x4.5) ist als Digitalsensor im Vollformat für Normalsterbliche praktisch nicht finanzierbar. Jenseits vom Mittelformat gibt es die Großformatphotographie, die im kleinsten Falle mit 10x12.5 cm (4x5") großen Negativen arbeitet, hier ist Digitalphotographie nur mit Zeilenscannern möglich.
In 4 Minuten hast Du , rufus nicht das geschrieben. Stell eine Quellen-Info drunter, dann hat Andreas eine ruhige Nacht. :)
M. W. schrieb: > In 4 Minuten hast Du , rufus nicht das geschrieben. Ich komme auf 29 Minuten. Und vielen Dank an Rufus für die ausführliche Erklärung.
> Stell eine Quellen-Info drunter
hä? Und was soll das "bringen", wenn da z.B. hinter jedem Satz
irgendeine Quellenangabe steht wie "Quelle: Fotografie und Dackelzucht,
Ausgabe 7/2008, Seite 23", oder "Quelle: Eigene Erfahrung baiserend auf
27 getesteten Kameras der Modelle x,y und im Zeitraum von xx bis yyy.
Fotoprotokoll (6800 Seiten) auf Anforderung"?
Das ist Rufus persönliche Erfahrung und Einschätzung, und keine
Diplomarbeit, bei der jede Lautäußerung durch Quellenangaben belegt
werden kann/soll/muss, um "Kompetenz" zu belegen.
Danke auch von mir an Rufus für diese Bewertung der Fotoszene.
M. W. schrieb: > In 4 Minuten hast Du , rufus nicht das geschrieben. Jeder ambitionierte (Hobby)Fotograph hat diese Argumente parat. Nur aus dem Gehirn abrufen und 'reintippen'. Gut, 4 Minuten ist was knapp, aber 8 Minuten zum Gedankensortieren sollte man Rufus zugestehen. Rufus' Ausführungen waren vor 10-15 Jahren die Begründung der Analogknipser dafür, dass die Digitalfotografie keine Chance hat...
Ansbach Dragoner schrieb: > Rufus' Ausführungen waren vor 10-15 Jahren die Begründung der > Analogknipser dafür, dass die Digitalfotografie keine Chance hat... Kannst Du denn einzelne von mir ausgeführte Punkte widerlegen? Der Fortschritt der Digitalphotographie hat etliche der alten Argumente entkräftet, die meistgenutzten Bereiche der Analogphotographie sind nicht ohne Grund von der Digitalphotographie ersetzt worden. Dazu zähle ich die Photographie mit so gut wie allem, was nicht größer ist als KB-Film. Hier hat die Digitalphotographie völlig zu recht den Verdrängungswettbewerb gewonnen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen sehe ich bei diesen Formaten keinen Grund mehr, Analogmaterial einzusetzen. Ich bezog mich in den o.g. Punkten aber eben auf die Bereiche, wo Analogmaterial nach wie vor überlegen ist - größere Formate mit den durch sie implizit anderen Bildwirkungen, Rauschverhalten etc.
Rufus t. Firefly schrieb: > Kannst Du denn einzelne von mir ausgeführte Punkte widerlegen? Nein nein, um Gotteswillen! Deine Argumente sind doch alle richtig. Nur, vor 15 Jahren hatte man keine Vorstellung vom möglichen techn. Fortschritt.
M. W. schrieb: > In 4 Minuten hast Du , rufus nicht das geschrieben. > Stell eine Quellen-Info drunter, dann hat Andreas eine ruhige Nacht. :) Nur wenn du eine Quelle angibst nach der 00:23Uhr - 23:54Uhr = 4 Minuten ergibt ;-)
http://www.sphoto.com/techinfo/dslrvsfilm.htm http://www.kenrockwell.com/tech/filmdig.htm Im Prinzip ist aber für alles was im Haushalt so anfällt digital "besser".
Was man nicht vergessen sollte: Bei der Archivierung ist die analoge Fotografie in meinen Augen noch immer unschlagbar. Digitale Daten erfordern einen viel größeren Aufwand, weil die Datenträger nur begrenzt haltbar sind, die Formate, Schnittstellen und nicht zuletzt die Auslese-/Anzeigegeräte veralten, kaputtgehen oder nicht mehr zusammenpassen. Man muss/müsste also immer mal umkopieren. Ich bin aber recht sicher, dass sehr viele Bilder verlorengehen, weil viele Leute das nicht tun. Wenn man heute mal ein Computer-Museum besucht, kann man sich ja mal vorstellen, wie problemlos man heute noch die alten Negative aus dem Schrank holen könnte und was im Gegenzug von den damaligen Datenträgern überhaupt noch irgendwie nutzbar wäre... Kurzum: Wichtige Fotos mache ich noch immer analog.
Gastino G. schrieb: > Wenn man heute mal ein Computer-Museum besucht, kann man sich ja mal > vorstellen, wie problemlos man heute noch die alten Negative aus dem > Schrank holen könnte und was im Gegenzug von den damaligen Datenträgern > überhaupt noch irgendwie nutzbar wäre... Ich habe hier Computer, die bis zu 15 Jahre alt sind und deren Daten noch problemlos mit modernen Geräten verwendet werden können. Auch die CD ist bereits fast 30 Jahre alt und ihr Ende nicht absehbar. Genauso wie dasjenige von USB-Festplatten. Insgesamt halte ich die Angst vor Datenverlust für übertrieben, wenn man halbwegs weiss, was man tut: Erstens Backup und zweitens umkopieren, wenn man eine neue Gerätegeneration kauft - was übrigens nicht schmerzt, da Datenraten und Speicherplatz ja bekanntlich exponentiell wachsen. Negative hingegen altern und können physikalisch kaputt gehen, im Gegensatz zu Digitalfotos ist ein Backup oder eine Restauration ungleich aufwändiger.
Ich finde jetzt 15 oder 30 Jahre keine lange zeit für sowas, um ehrlich zu sein und vor 30 jahren hatte mit sicherheit niemand daten cds
Ja, aber vor 30 Jahren hatten auch erheblich weniger Leute Computer, und die damit bearbeiteten Daten waren gänzlich anderer Art.
Bis in die Neunziger waren Heimcomputer ein Nischenprodukt, entsprechend schnell kamen und gingen diverse Hersteller und Standards. Erst seit rund 15 Jahren hingegen sind Computer dermassen verbreitet, dass gewisse Standards wie Betriebssysteme, Dateisysteme, Dateiformate und Datenträger in jedem Haushalt zu finden und entsprechend stabil sind. Es ist heute jedenfalls problemlos möglich, die Daten von einem frühen Windows 95 PC auf einen modernen Rechner zu übertragen und zu verwenden. Vor 15 Jahren hätte man das von einem 15jährigen Heimcomputer jedenfalls nicht behaupten können. Standards sich also nach den unsteten Anangsjahren so langsam langfristig zu etablieren und man kann mit gutem Recht davon ausgehen, dass heutige Daten auch noch zehn, zwanzig oder fünfzig Jahren auf gängigen PCs verwendet werden kann.
Gastino G. schrieb: > Was man nicht vergessen sollte: Bei der Archivierung ist die analoge > Fotografie in meinen Augen noch immer unschlagbar. Das sehe ich, vor allem im Hobbybereich, aus eigener Erfahrung vollkommen anders: Positive (Foto-Abzüge auf Papier) und auch Negative altern. Ich habe etliche Farbfotos, die rund 25-30 Jahre alt sind. Da sind die Farben völlig verblaßt und es ist alles rot/braunstichig. Sind damals vom Kopierwerk wahrscheinlich schlecht fixiert worden. Genau das gleiche ist auch bei einigen Farbdias passiert. Dias hinter Glas haben den zusätzlichen Nachteil, daß sie verschimmeln und sich allerlei kleine Tierchen einnisten. Zugegeben: Die Fotografenaufnahmen von 1900, natürlich schwarz/weiß, sehen immer noch ordentlich aus. Dafür haben sie damals wohl auch einen ganzen Wochenlohn gekostet. Wenn ich mal auf das bewegte Bild erweitern darf: Einen Projektor für 8mm Schmalfilm (Normal-8) aufzutreiben, ist heute auch nicht mehr ganz so einfach. Abgesehen davon, daß die Filme bei jedem Vorführen ein paar Kratzer mehr bekommen. Ein Farbfilm aus DDR-Produktion mit rund 40 Jahren ist bei mir ebenfalls stark rotstichig, ein teurer Westfilm zeigt das Problem nicht. > Kurzum: Wichtige Fotos mache ich noch immer analog. Wenn Du den Film dann zum Entwicklen und für Abzüge in ein Kopierwerk schickst, kann es passieren, daß Du ihn nie wieder siehst. Zugegeben, passiert sehr selten, ist aber nicht ausgeschlossen. Da beim analog Fotografieren alle Bilder auf einem Film sind, ist das Risiko größer als wenn man digital auf mehrere Speicherkarten knipst. Genauso bei der Archivierung: Wenn die Schuhschachtel mit den Fotos bei einem Wasserschaden oder Zimmerbrand vernichtet wird, haben die wenigsten Leute ein analoges Backup. Meistens werden Negative und Abzüge zusätzlich miteinander aufbewahrt. Da sind meine Digitalfotos, die auf mehreren Rechnern an mehreren Orten liegen, gegen Zerstörung besser geschützt. Fazit: Digitale Daten werden zwar leichter zerstört/unzugänglich, dafür kann man kostengünstig eine beliebige Zahl von Backups erstellen und auf jeweilig aktuelle Datenträger retten. Servus Michael
Rufus t. Firefly schrieb: > Die erzielbare Dynamik ist bei Negativmaterial nach wie vor größer als > bei digitalen Bildsensoren. Das bedeutet, daß bei einer an den Lichtern > ausgerichteten Belichtung noch Zeichnung in Schatten ist, die bei einer > Digitalkamera schon längst im Schwarz abgesoffen wären. > > S/W-Material kann etwa 13 Blendenstufen abbilden, mit einer guten > Digitalkamera sind zwischen 8 und 10 möglich. Nunja, mit HDR Aufnahmen kann man diese Problematik für stehende Motive elegant umgehen. Außerdem erreichen inzwischen DSLRs auch 10 Blendenstufen.
"elegant" würde ich das nicht nennen. Es ist eine nette Möglichkeit, aber sobald sich auch nur irgendwas zwischen den Einzelaufnahmen bewegt hat, wird das Ergebnis merkwürdig. Und trotz der erfreulich zunehmenden Dynamik digitaler Aufnahmeverfahren ist das Verhalten bei Übersteuerung immer anders als bei analogem Material - mehr als 100% Weiß ist nicht drin, und auch durch Abschwächen wird daraus nichts anderes als gleichmäßiges Grau. Bei analogem Material aber lässt sich durch Abschwächen auch aus gnadenlos überbelichtetem Material noch irgendwas retten.
Michael M. schrieb: > Positive (Foto-Abzüge auf Papier) und auch Negative altern. Papierabzüge altern in der Tat recht schnell. Ordnungsgemäß gelagerte Negative dagegen sind sehr haltbar. Wenn man sie zu feucht lagert, dann können sich Pilze in der Gelatineschicht ansiedeln und dann ist bald nicht mehr viel davon übrig. Es gibt Negative aus der Poinierzeit der Fotografie, die noch makellos sind. > Sind damals vom Kopierwerk wahrscheinlich schlecht fixiert worden. Nicht unbedingt. Die Farbstoffe in der Schicht bleichen am Licht sehr schnell aus. Übrigens gelten Microfiches noch immer als das ausdauerndste digitale Speichermedium. Ganz einfach, weil man mit graphischen Filmen mittlerweile über 100 Jahre Erfahrung hat. Noch längere Erfahrungen liegen nur für holzfreies Papier und Pergament vor - wenn man mal von Stein absieht...
P. M. schrieb: > Insgesamt halte ich die Angst vor Datenverlust für übertrieben, wenn man > halbwegs weiss, was man tut: Erstens Backup und zweitens umkopieren, > wenn man eine neue Gerätegeneration kauft - was übrigens nicht schmerzt, > da Datenraten und Speicherplatz ja bekanntlich exponentiell wachsen. So weit die Theorie. Da das aber jedes Mal Aufwand bedeutet und auch durch den kompletten Ausfall des Datenträgers oder der Lesegeräte verhindert werden kann, ist die wirklich langfristige Bewahrung solcher Aufnahmen für mich sehr zweifelhaft. Und mit langfristig meine ich nicht nur 15 Jahre, sondern 50-70 Jahre! Es ist halt sehr viel mehr Aufwand und mehr Aufwand bedeutet größeres Verlustrisiko. Und die ganze Umkopiererei kommt ganz schnell an die Grenzen, wenn der Ersteller der Fotos zum Beispiel mal das Zeitliche gesegnet hat oder nicht mehr in der Lage dazu ist. Dann geht mit ziemlicher Sicherheit viel verloren. Eine Kiste mit Fotos und Negativen können die Nachkommen problemlos einordnen, aber dass Frauen, Tanten, Kinder irgendwelche Uralt-Datenträger reihenweise nach Fotos zu durchsuchen oder alte Rechner inklusive Passwort wieder zum Laufen bekommen können - das kannst Du vergessen.
Uhu Uhuhu schrieb: > Übrigens gelten Microfiches noch immer als das ausdauerndste digitale > Speichermedium. Digital? Microfilme sind in aller Regel noch analog pur. Hat auch den Vorteil, dass man den Film zur Not noch nach dem dritten Weltkrieg mit Kerze und Lupe entziffern kann. P. M. schrieb: > Erstens Backup und zweitens umkopieren, > wenn man eine neue Gerätegeneration kauft - was übrigens nicht schmerzt, > da Datenraten und Speicherplatz ja bekanntlich exponentiell wachsen. Eben, solange es um unbewegte Bilder geht, kann man heute wohl meist schon kaum noch so schnell fotografieren wie der durchschnittliche Plattenplatz im PC wächst, daher hält sich der Aufwand zum alle paar Jahre umkopieren in überschaubarem Rahmen. Man muss da heute nicht mehr Stapel von Disketten durchackern. An Dateiformaten gibt es gerade für Bilder eine grosse Auswahl an offenen Formaten, die teilweise schon Jahrzehnte alt sind, sich immer noch hoher Beliebtheit erfreuen (z.B. TIFF von 1986) und bei denen ich keine Bedenken habe, dass diese auch in einigen Jahrzehnten noch problemlos gelesen werden können. Bitmaps werden sich auch in hundert Jahren nicht grundlegend von heutigen Bitmaps unterscheiden. Vielleicht sehen die Farben dann etwas anders aus, weil die Anzeige anders arbeitet, das ist aber auch nicht schlimmer als ausbleichende Filme (und vor allem leichter korrigierbar). Andere Bereiche sehe ich da viel kritischer, z.B. Dateiformate von gewissen verbreiteten Officeprogrammen, die oft genug bereits mit der nächsten Version des gleichen Programms schon Probleme bereitet haben... Andreas
Andreas Ferber schrieb: > An Dateiformaten gibt es gerade für Bilder eine grosse Auswahl an > offenen Formaten und auch speziell an Photographie-Anforderungen ausgerichtete Formate wie das von Adobe spezifizierte offene DNG, das erfreulicherweise von einigen Kameraherstellern direkt unterstützt wird, so können beispielsweise DSLRs von Pentax seit einiger Zeit im DNG-Format speichern. Das ist praktisch, weil man zur Bearbeitung in Photographie-Workflow-Anwendungen wie Aperture oder Lightroom keinen zusätzlichen RAW-Konvertierungsschritt benötigt. http://en.wikipedia.org/wiki/Digital_Negative_%28file_format%29
Andreas Ferber schrieb: > Uhu Uhuhu schrieb: >> Übrigens gelten Microfiches noch immer als das ausdauerndste digitale >> Speichermedium. > > Digital? Microfilme sind in aller Regel noch analog pur. Hat auch den > Vorteil, dass man den Film zur Not noch nach dem dritten Weltkrieg mit > Kerze und Lupe entziffern kann. Nein, es gibt schon seit Urzeiten Computerperipheriegeräte, die Digitale Daten auf Microfish speichern und lesen können. Die werden für Langzeitarchivierung verwendet. http://de.wikipedia.org/wiki/Microfiche#Einsatzgebiete
Andreas Ferber schrieb: > An Dateiformaten gibt es gerade für Bilder eine grosse Auswahl an > offenen Formaten, die teilweise schon Jahrzehnte alt sind, sich immer > noch hoher Beliebtheit erfreuen (z.B. TIFF von 1986) und bei denen ich > keine Bedenken habe, dass diese auch in einigen Jahrzehnten noch > problemlos gelesen werden können. Bitmaps werden sich auch in hundert > Jahren nicht grundlegend von heutigen Bitmaps unterscheiden. Vielleicht > sehen die Farben dann etwas anders aus, weil die Anzeige anders > arbeitet, das ist aber auch nicht schlimmer als ausbleichende Filme (und > vor allem leichter korrigierbar). Klingt alles ganz toll, ist nur leider an der Praxis vorbeigedacht. In der Praxis gehen Platten und CDs kaputt, ohne Backup-Strategie geht es also nicht. Wer zieht das so konsequent über viele Jahrzehnte durch? Auch Formate ändern sich im Laufe der Jahrzehnte, genauso wie Speichermedien, Interfaces und Lesegeräte. Sogar beschleunigt. Das dann alles über 50 oder 70 Jahre regelmäßig am Leben erhalten und erneuern? Sehr unwahrscheinlich. Und was ist, wenn der Hüter der Backups und Kopien mal nicht mehr verfügbar ist? Glaubt Ihr, dass dann der Rest der Familie noch so einfach an die Sachen rankommt? Spätestens dann sind die ganzen Datenträger nur noch Müll. Die Meisten gehen wirklich sehr naiv an die Sache heran. Heute, wo man noch jung und technikbegeistert ist, wo die Digitalfotografie gerade mal ein paar Jahre in den Privathaushalten angekommen ist und wo man noch Zeit und Lust für die ganze regelmäßige Umkopiererei hat, da sieht das alles noch ganz rosig aus. Das wird sich aber ändern. Und viele werden dumm aus der Wäsche kucken, wenn sie ihren Enkeln erklären müssen, dass es zwar von ihren Großeltern noch Kinderfotos gibt, aber die von ihren Eltern längst im digitalen Nirvana liegen... Und dass man regelmäßig aktiv etwas gegen diesen Datenverlust tun muss, ist für mich ein großer Nachteil der Digitalfotografie.
Da wäre ich mir nicht so sicher. Wir leben in einer Zeit des Umbruchs, bei der die Bedeutung von Computern und digitaler Datenspeicherung für den nichttechnischen Privatgebrauch erst seit wenigen Jahren eine Bedeutung hat. Es ist aber davon auszugehen, daß die Bedeutung der digital vorliegenden Daten und Werte zunimmt, und daß so auch die Bedeutung der Archivierung zunimmt, was sich in allgemein verfügbarer Technik oder Infrastruktur niederschlagen wird. Das oft herbeigefürchtete "digitale Nirvana" wird mit gewisser Wahrscheinlichkeit so nicht eintreten. Ein paar Indizien dazu: Digitale Daten können durchaus wirtschaftliche Werte darstellen, wie z.B. gekaufte Musikdateien (mp3-Downloads o.ä.). Der Anreiz, diese dauerhaft aufzuheben, dürfte nachvollziehbar sein. Aktuelle Betriebssysteme enthalten jetzt dann doch tatsächlich allmählich integrierte Mechanismen zur mehr oder weniger komfortabel und auch von nicht-technikaffinen Nutzern verwendbaren Erzeugung von Backups. Vorreiter war hier Apple mit "TimeMachine", Windows 7 enthält einen ähnlichen Mechanismus, der nach einer MS-typischen Konfigurationsorgie vergleichbare Ergebnisse erzielen kann. Mit Zusatzsoftware à la Acronis TrueImage lassen sich ebenfalls solche Ergebisse erreichen. Diese Systeme sind nicht perfekt, aber im Vergleich zu dem, was noch vor wenigen Jahren als Backupstrategie existierte, haushoch überlegen. PC-Nutzer verwendeten zur Datensicherung Disketten oder Floppy-Streamer, beides beeindruckend unzuverlässige Verfahren, zumal die zugehörige Software auch äußerst fehleranfällig war (ein Verify einer einmal angefertigten Bandsicherung? Wozu?) oder gar nicht existierte, sondern komplett manuelle Sicherung erforderte. Ein Wechsel der Backupsoftware sorgte in der Regel für inkompatible Aufzeichnungsformate, und die komplett manuelle Sicherung erforderte viel Disziplin, die nur zu oft nicht vorhanden war. Was nun auf uns zukommen wird, ist unbekannt, aber ein Verschwinden digitaler Datentechnik aus dem Leben ist unwahrscheinlich. Durch die weiter zunehmende Breitbandvernetzung von Privathaushalten könnte die derzeit durch die Medien geisternde "Cloud" in Form von von irgendwem betriebenen Rechenzentren eine Möglichkeit der Datenspeicherung sein - um das Backup kümmert sich dann der Betreiber des Rechenzentrums. Firmen wie Google, Microsoft und Apple möchten die Anwender in diese Richtung bewegen - ob das wünschenswert ist, steht auf einem ganz anderen Blatt. Jedenfalls wird man nicht aus Erfahrungen, die man während der letzten zwanzig Jahre mit Datensicherungs- und Archivmechanismen gemacht hat, auf die Zukunft schließen können.
Ein nach wie vor ungelöstes Problem ist die physische Haltbarkeit der Speichermedien, die regelmäßiges Umkopieren der Speichermedien erfordert. Die Speicherplatzinflation auf Festplatten entschärft das Problem zwar etwas, aber schafft es nicht aus der Welt.
Gastino G. schrieb: > Und dass man regelmäßig aktiv etwas gegen diesen Datenverlust tun > muss, ist für mich ein großer Nachteil der Digitalfotografie. So lange ich meinen aktuellen Computer habe, kann ich die Daten logischerweise lesen. Dann kaufe ich den nächsten Computer. Jetzt muss ich logischerweise meine alten Daten auf den neuen übertragen. Schon habe ich meine Fotos für die nächsten 3-5 Jahre gerettet. Beim nächsten Computer muss ich wieder meine Daten kopieren usw. Die Fotos kommen also immer mit, es besteht überhaupt keine Gefahr, sie irgendwo zu verlieren - ausser ich bin so ignorant, und kopiere sie absichtlich nicht mit oder ich bin so blöd und mache nie ein Backup.
Uhu Uhuhu schrieb: >> Digital? Microfilme sind in aller Regel noch analog pur. Hat auch den >> Vorteil, dass man den Film zur Not noch nach dem dritten Weltkrieg mit >> Kerze und Lupe entziffern kann. > Nein, es gibt schon seit Urzeiten Computerperipheriegeräte, die Digitale > Daten auf Microfish speichern und lesen können. Die werden für > Langzeitarchivierung verwendet. Dir ist schon klar, dass COM nichts anderes ist als eine Art Drucker, der direkt einen Microfilm belichtet, anstatt dass man erst auf Papier druckt und das dann abfilmt? Wenn du das Ergebnis wieder einlesen willst, dann musst du da schon eine OCR bemühen. Das ist nicht mehr "digital" als ein normaler Papierausdruck. Andreas
Gastino G. schrieb: > Klingt alles ganz toll, ist nur leider an der Praxis vorbeigedacht. In > der Praxis gehen Platten und CDs kaputt, ohne Backup-Strategie geht es > also nicht. Wer zieht das so konsequent über viele Jahrzehnte durch? Ich kann mich da im wesentlichen Rufus anschliessen. Bloss weil das noch nicht seit Jahrzehnten so ist, heisst das lange nicht, dass es nicht in Zukunft so wäre. Da brauche ich mich nur in meinem Verwandten- und Bekanntenkreis umsehen. Archivieren auf CD/DVD oder irgendeinem anderen Wechselmedium macht eigentlich keiner mehr, die Daten werden komplett auf der Festplatte gehalten, und Backup läuft mit externer USB-Platte. Wird mal ein neuer Rechner angeschafft, werden alle Daten rübergeschoben (der neue hat eh mindestens doppelt soviel Plattenplatz wie der alte), da ist der Rechner dann einmal ein paar Stunden beschäftigt, und gut ist. Eine grössere Gefahr sehe ich wenn dann darin, dass Leute ihre Daten nur noch in die Cloud packen (z.B. ihre Fotos auf Flickr), ohne selbst eine Kopie zu behalten. Gegen Hardwareschäden sind die Daten dort zwar ziemlich gut abgesichert, dafür gibt es neue spezifische Verlustszenarien. Was passiert, wenn ein Anbieter dichtmacht? Was passiert, wenn ein Angreifer in den Account einbricht und einfach mal alle Bilder löscht? Andreas
Haltbarkeit digitaler Daten ist bei korrektem Umgang deutlich besser als bei korrektem Umgang mit Negativmaterial. Und nach meinem Tod- mal erhlich- wer braucht da noch meine bis dahin nicht veröffentlichten Fotos?
Nun, es könnte sein, daß Du Nachkommen hast, die sich dafür interessieren; oder -- das kann man ja nie hundertprozentig ausschließen -- Deine spezielle Art der Photographie als ganz furchtbar angesagte Kunst entdeckt werden ... Oder Du warst bei einem erst nachträglich als relevant erkanntem Ereignis der Zeitgeschichte dabei ...
Rufus t. Firefly schrieb: > oder -- das kann man ja nie hundertprozentig ausschließen > -- Deine spezielle Art der Photographie als ganz furchtbar angesagte > Kunst entdeckt werden ... Ja, naive Fotografie scheint noch eine Marktlücke zu sein. Meinst du daß sich das reaktivieren der Minox lohnen würde? <:->
Rufus t. Firefly schrieb: > Nun, es könnte sein, daß Du Nachkommen hast, die sich dafür > interessieren; oder -- das kann man ja nie hundertprozentig ausschließen > -- Deine spezielle Art der Photographie als ganz furchtbar angesagte > Kunst entdeckt werden ... Es kann aber auch ganz profan der Wunsch der Kinder oder Enkel sein, ihre Kindheitsfotos mal wieder zu sehen oder zu bekommen. Ich verstehe nicht, was so schwer an dem Zusammenhang zu verstehen ist: Wenn man regelmäßig Aufwand in den Erhalt der Kopien stecken muss, dann ist das ein Nachteil und ein starkes, potentielles Verlustrisiko.
Gastino G. schrieb: > Ich verstehe nicht, was so schwer an dem Zusammenhang zu verstehen ist: > Wenn man regelmäßig Aufwand in den Erhalt der Kopien stecken muss, dann > ist das ein Nachteil und ein starkes, potentielles Verlustrisiko. Ich verstehe nicht, was so schwer daran zu verstehen ist, dass andere Leute da offenbar anderer Ansicht sind als du. Der Aufwand strebt mit fortschreitender technischer Entwicklung asymptotisch gegen Null, sowohl in finanzieller und zeitlicher Hinsicht, als auch in punkto nötigem technischem Verständnis der Nutzer. Digitale Daten können potentiell "für immer" ohne Qualitätsverlust aufbewahrt werden, bei analogen ist das physikalisch unmöglich. Andreas
Andreas Ferber schrieb: > Der Aufwand strebt mit > fortschreitender technischer Entwicklung asymptotisch gegen Null Und was, wenn nicht kontinuierlich der technischen Entwicklung gefolgt und die Daten portiert werden? Dann war nix mit asymptotisch gegen Null. Genau das ist das Problem der digitalen Archive. Das laufende Kopieren der Daten artet nämlich ganz schnell in astronomischen Aufwand aus.
Ob man in 50 Jahren wohl noch für endlich viel Geld Abzüge aus den Negativen machen lassen kann, falls diese tatsächlich noch nicht vergammelt sein sollten? Da habe ich irgendwie mehr Vertrauen zu digitalen Medien, die ich jederzeit verlustfrei in die jeweils aktuelle Technologie konverieren kann. Das ist zwar Arbeit, ich habe die Sache aber selber in der Hand. Bei den Negativen bleibt nur: hoffen ...
Bei Farbnegativen aus dem 0815 Schlubbermarkt hast Du eine 100%ige Garantie dafür, dass die sich nach 20 Jahren verfäbt haben. Jedes digitale System schlägt diese Aussicht um Längen. Ein paar werden durchkommen und meine Nachkommen, lol, die werden ganz sicher nicht alle meine 1.000.000 Fotos durchsuchen wollen. Die 100.000er Marke ist schon lange durchschritten und ich bin noch jung.
Yalu X. schrieb: > Ob man in 50 Jahren wohl noch für endlich viel Geld Abzüge aus den > Negativen machen lassen kann Sofern sie sachgemäß gelagert wurden, ja. Es existieren heute noch Negative aus der Pionierzeit der Fotografie. Die Haltbarkeit digitaler Speichermedien ist nach wie vor nicht gesichert.
Tine Schwerzel schrieb: > Jedes digitale System schlägt diese Aussicht um Längen. Einspruch euer Ehren: Die Haltbarkeit von Disketten ist bei 20 Jahren schon mehr als fragwürdig und CD/DVD-ROM halten mit Sicherheit nichtmal halb so lange. Magnetbänder müssen auch regelmäßig umkopiert werden.
Pack die Bilder auf Platte und halte eine Sicherungskopie oder ein online backup parat. Gut is. Lässt sich schnell kopieren. Die gute Haltbarkeit von Negativen betrifft nur SW-Negative (teilweise sind das sogar Glasplatten!). Farbnegative haben diese guten Eigenschaften üblicherweise nicht.
Uhu Uhuhu schrieb: > Genau das ist das Problem der > digitalen Archive. Das laufende Kopieren der Daten artet nämlich ganz > schnell in astronomischen Aufwand aus. Nein, die Zeiten sind wirklich vorbei. Nimm z.B. Getty Images. Die haben ca. 70 Mio. Bilder in ihrem Archiv. Das macht über den Daumen gepeilt 1-2 Petabyte Daten. 1 Petabyte auf Festplatten kannst du inkl. RAID heute prinzipiell schon für unter 100.000 Euro bekommen (siehe [1]), aber selbst in den Luxusvarianten in Form von NAS-Systemen diverser renommierter Hersteller sind das gerade mal 1-3 Mio. Euro initial. Bei Amazon S3 kostet 1 PB ca. 1 Mio. Dollar pro Jahr. Gehen wir mal von RAID1 als Worst Case aus, dann brauchst du für ein Petabyte aktuell 1000 Festplatten. Grosszügig geschätzt fallen vielleicht 10% der Platten pro Jahr aus (von Google gibt es unter [2] eine Statistik dazu), das bedeutet, dass du ca. 100 Platten im Jahr austauschen musst, kostet vielleicht 50.000 Euro pro Jahr. Das Kopieren erledigt das System automatisch. Dazu kommt noch Strom, Klimatisierung etc., lass es 100.000 Euro pro Jahr sein. Von "astronomischem Aufwand" ist das heute schon weit entfernt, und die Kosten sinken rapide. Das immer mal wieder durch die Medien geisternde Gespenst vom "digitalen Vergessen" trifft auf neue Daten in vielen Fällen einfach nicht mehr zu. Die Probleme existieren "nur" noch mit Altbeständen, die noch aus Zeiten geringerer technischer Möglichkeiten (und vielleicht auch einem geringeren Problembewusstsein) stammen. Im privaten Bereich beobachte ich in letzter Zeit eher den Effekt, dass die Leute aufgrund der exponentiell steigenden Plattengrössen kaum noch Daten löschen. Ist die Platte voll, wird einfach eine grössere gekauft, die Daten kopiert, und weitergesammelt. [1] http://blog.backblaze.com/2009/09/01/petabytes-on-a-budget-how-to-build-cheap-cloud-storage/ [2] http://labs.google.com/papers/disk_failures.pdf Uhu Uhuhu schrieb: > Sofern sie sachgemäß gelagert wurden, ja. Es existieren heute noch > Negative aus der Pionierzeit der Fotografie. Und das macht wohl keinen Aufwand? Uhu Uhuhu schrieb: > Die Haltbarkeit digitaler Speichermedien ist nach wie vor nicht > gesichert. Das ist egal, eben weil man digitale Daten beliebig oft verlustfrei kopieren kann. Bei analogen Medien kann man selbst mit allem Geld der Welt den Verfall höchstens verlangsamen, aber nicht aufhalten. Andreas
Rufus t. Firefly schrieb: > Da wäre ich mir nicht so sicher. Wir leben in einer Zeit des Umbruchs, > bei der die Bedeutung von Computern und digitaler Datenspeicherung für > den nichttechnischen Privatgebrauch erst seit wenigen Jahren eine > Bedeutung hat. Ja die alte Zeit. Ich musste alle Backups auf Streamern machen, ab 2GB war schluss. Dann kamen grössere Bänder, TOLL! Jetzt, aus Sicherheit, werden alle in Server, USB, u.s.w verteilt.
Andreas Ferber schrieb: > Uhu Uhuhu schrieb: >> Sofern sie sachgemäß gelagert wurden, ja. Es existieren heute noch >> Negative aus der Pionierzeit der Fotografie. > > Und das macht wohl keinen Aufwand? Stichwort: Zentraler Bergungsort der Bundesrepublik Deutschland Dieses Lager ist im Barbarastollen in bei Oberried in der Nähe von Freiburg im Breisgau untergebracht. Gelagert werden fotografisch archivierte Dokumente mit hoher national- oder kulturhistorischer Bedeutung. Die Mikrofilme sind in Edelstahlfässern untergebracht, in denen sie sich jahrhundetelang halten. Es wird also durchaus Aufwand getrieben, weil die Archivare nur zu gut wissen, wie schnell unwiederbringliche Dokumente in wirren Zeiten verloren gehen können. Mikrofilm ist das einzige stabile Medium mit hoher Speicherkapazität, aus dem mit einfachen Mitteln die Daten zurückgewonnen werden können. http://www.bbk.bund.de/cln_027/nn_402294/DE/02__Themen/12__Kulturgutschutz/06__ZentralerBergungsort/ZentralerBergungsort__node.html__nnn=true http://de.wikipedia.org/wiki/Barbarastollen Bibliotheken haben ein weiteres Problem: Viele alte Bücher sind auf holzhaltigem Papier gedruckt, das nach einigen Jahrzehnten wegen seines Säuregehaltes einfach zerböselt. Digitale Kopien dieser Werke sind im Moment nur eine vorübergehende Lösung, weil man die Haltbarkeit der Datenträger nicht genau genug kennt. Zudem kommt das technische Problem der Lesbarkeit der Datentäger dazu: wer garantiert, daß die Elektronik einer eingelagerten Festplatte auch in 50 Jahren noch funktioniert. Wer garantiert, daß die zugehörigen Dokumentationen die Zeiten überstehen? Digitale Speicherung mag im privaten Bereich tragbar sein, so lange es mindestens eine Person gibt, die das Überleben der Daten garantiert. Ist diese Kontinuität gebrochen, wirds schon schwierig. Mein Eindruck: Sehr viele Leute unterschätzen die Fragilität unserer modernen Technik - nicht nur der Datentechnik, sondern der gesamten Zivilisation.
Uhu Uhuhu schrieb: > Andreas Ferber schrieb: >> Uhu Uhuhu schrieb: >>> Sofern sie sachgemäß gelagert wurden, ja. Es existieren heute noch >>> Negative aus der Pionierzeit der Fotografie. >> >> Und das macht wohl keinen Aufwand? > > Stichwort: /Zentraler Bergungsort der Bundesrepublik Deutschland/ > > Dieses Lager ist im Barbarastollen in bei Oberried in der Nähe von > Freiburg im Breisgau untergebracht. Gelagert werden fotografisch > archivierte Dokumente mit hoher national- oder kulturhistorischer > Bedeutung. > > Die Mikrofilme sind in Edelstahlfässern unterbgebracht, in denen sie > sich jahrhundetelang halten. Davon wird einfach ausgegangen - ob es so ist, wissen wir erst in 500 Jahren ... Die Filme werden nicht 500 Jahre sämtliche Informationen halten sondern bereits vorher welche verlieren. Mit der Zeit wird das nur immer massiver. Dazu kommt dann das Problem, dass bei der Erstellung der Filme und beim späteren Kopieren weitere Information verloren gehen wird - und zwar für immer. Digital gespeicherte Daten wären auch in 1000 Jahren noch exakt so wie heute - halbwegs vernünftige Fehlerkorrekturen vorrausgesetzt. > Es wird also durchaus Aufwand getrieben, weil die Archivare nur zu gut > wissen, wie schnell unwiederbringliche Dokumente in wirren Zeiten > verloren gehen können. Das bestätigt aber das Argument der "Digitalfraktion", dass der Aufwand für eine Langzeitlagerung bei Film eben auch sehr hoch ist. Das gesamte Archiv des Barbarastollens würde auf einige wenige Festplatten passen. Das im Stollen investierte Geld dürfte reichen, um über 500 Jahre regelmäßig entsprechende Backups anzufertigen. Außerdem könnte man die Daten problemlos kopieren und an mehreren Punkten einlagern, was die Sicherheit weiter erhöhen würde. Vom leichteren Zugriff auf die Daten mal ganz abgesehen ... > Mikrofilm ist das einzige stabile Medium mit hoher Speicherkapazität, > aus dem mit einfachen Mitteln die die Daten zurückgewonnen werden > können. Es spricht ja nichts dagegen, die Aufzeichnungsformate und Elektronik gut zu dokumentieren - von mir aus auch auf Mikrofilm ;-) > Digitale Kopien dieser Werke sind im Moment nur eine vorübergehende > Lösung, weil man die Haltbarkeit der Datenträger nicht genau genug > kennt. Das ist nur ein scheinbares Problem, weil das Kopieren nur einen Knopfdruck erfordert und man Datenträger praktisch geschenkt bekommt. Es spricht nichts dagegen, die Daten alle 10 Jahre zu kopieren. > Zudem kommt das technische Problem der Lesbarkeit der Datentäger > dazu: wer garantiert, daß die Elektronik einer eingelagerten Festplatte > auch in 50 Jahren noch funktioniert. Wer garantiert, daß die zugehörigen > Dokumentationen die Zeiten überstehen? Die Doku könnte man ja durchaus auf Mikrofilm einlagern. Zur Not graviert man die Sachen in Granit und lagert sie ein - das hält erwiesenermaßen Jahrtausende :-) > Digitale Speicherung mag im privaten Bereich tragbar sein, so lange es > mindestens eine Person gibt, die das Überleben der Daten garantiert. Ist > diese Kontinuität gebrochen, wirds schon schwierig. Wenn ein Staat diese Aufgabe übernimmt, sollte die Kontinuität kein größeres Problem sein. > Mein Eindruck: Sehr viele Leute unterschätzen die Fragilität unserer > modernen Technik - nicht nur der Datentechnik, sondern der gesamten > Zivilisation. Sehe ich nicht so dramatisch. Nie war es so einfach und preiswert, Kopien (und zwar 1:1) von Daten anzufertigen. Außerdem sind Menschen extrem anpassungsfähig. Chris D. (aus Urlaub zurück :-)
Andreas Ferber schrieb: > Im privaten Bereich beobachte ich in letzter Zeit eher den Effekt, dass > die Leute aufgrund der exponentiell steigenden Plattengrössen kaum noch > Daten löschen. Ist die Platte voll, wird einfach eine grössere gekauft, > die Daten kopiert, und weitergesammelt. Mein früherer äußerst knausigerer Chef hatte bereits Anfang der 90er die Einsicht, daß es billiger ist, eine neue Festplatte zu kaufen, als aufzuräumen. Uhu Uhuhu schrieb: > Mein Eindruck: Sehr viele Leute unterschätzen die Fragilität unserer > modernen Technik - nicht nur der Datentechnik, sondern der gesamten > Zivilisation. Deswegen wurde ja der erste Versuch eher erfolglos beendet, eine globale Ölversorgungsstrategie mit quasinatürlichen Mitteln über die Weltmeere zu etablieren. Uhu Uhuhu schrieb: > Bibliotheken haben ein weiteres Problem: Viele alte Bücher sind auf > holzhaltigem Papier gedruckt, das nach einigen Jahrzehnten wegen seines > Säuregehaltes einfach zerböselt. Sofern nur ausreichend Geld da ist, ist das kein Problem, das Lignin lässt sich mit geeigneten Prozessen bucherhaltend beseitigen. Aber das Problem ist, daß Bibliotheken nur sehr wenig Geld haben, und daß die Mittel für Bibliotheken drastisch gekürzt werden. Das betrifft nicht nur die für die Versorgung des Pöbels zuständigen Stadtteilbibliotheken, sondern auch so rennomierte Häuser wie die Staatsbibliothek zu Berlin, die in den letzten Jahren beispielsweise die Anzahl der abonnierten Fachzeitschriften ganz drastisch reduziert hat, und im letzten Jahr sogar zeitweiligen kompletten(!) Erwerbungsstop für Bücher hatte. Bei solchen Rahmenbedingungen muss man sich über Bucherhalt und Archivierung keine Gedanken machen, und man denke nicht, daß die Staatsbibliothek es auch nur geschafft hätte, herauszufinden, welche Bücher aus ihrem Vorkriegsbestand denn tatsächlich als Kriegsverlust einzustufen sind. O nein, in den Katalogen sind entsprechende Bücher nach wie vor als "Kriegsverlust möglich" gekennzeichnet. Und ich rede hier nicht vom Afghanistan-Krieg.
Chris D. schrieb: > Digital gespeicherte Daten wären auch in 1000 Jahren noch exakt so wie > heute - halbwegs vernünftige Fehlerkorrekturen vorrausgesetzt. Das behauptest du. Auch wenn ich mich wiederhole: speicher auf eine CD- oder DVD-ROM und die Daten sind spätestens in 20 Jahren futsch. Selbst gepreßte CDs/DVDs halten nur begrenzte Zeit. Dto. für Magnetbänder, Disketten... MODs sollen recht langzeitstabil sein - nur werden die nicht mehr hergestellt. Bei Datenträgern mit integrierter Elektonik ist die der Flaschenhals - da reicht irgendwo ein Flas-Memory, das halt irgendwann einfach vergißt - und alles, was Feinstmechanik erfordert, ist schlicht nicht robust genug. > Das bestätigt aber das Argument der "Digitalfraktion", dass der Aufwand > für eine Langzeitlagerung bei Film eben auch sehr hoch ist. Nur unter diesem Aufwand ist die Haltbarkeit eben nicht ausreichend sicher gestellt. > Das ist nur ein scheinbares Problem weil das Kopieren nur einen > Knopfdruck erfordert und man Datenträger praktisch geschenkt bekommt. Das behauptest du. Kannst du garantieren, daß es diesen Knopf für alle Zeiten gibt? Die Archivare sehen da nicht so optimistisch. Beispiele für Verluste an Kulturgütern gibt es zu Hauf. Das erste große Ereignis war der Brand der Bibliothek von Alexandria - niedergebrannt 48 v.u.Z. von Cäsar. > Sehe ich nicht so dramatisch. Nie war es so einfach und preiswert, > Kopien (und zwar 1:1) von Daten anzufertigen. > > Außerdem sind Menschen extrem anpassungsfähig. OK, dir fehlt offensichtlich der Überblick, das zu beurteilen.
Ach kommt, dann fotografiert euren zeitgeschichtlich bedeutsamen Mist doch analog. Interessiert eh keine Sau mehr in 100 Jahren.
Uhu Uhuhu schrieb: > Yalu X. schrieb: >> Ob man in 50 Jahren wohl noch für endlich viel Geld Abzüge aus den >> Negativen machen lassen kann > > Sofern sie sachgemäß gelagert wurden, ja. Es ging mir nicht um die Haltbarkeit der Negative. Denn selbst wenn die Negative in 50 Jahren noch in perfektem Zustand sind, hat man ja noch keine Bilder zum Anschauen. Wird man in 50 Jahren einfach in den Fotoladen gehen und für ein paar Euro Abzüge machen lassen können? Ziemlich sicher nicht. Aber wahrscheinlich wird man dabei sowieso den Weg über den Computer gehen, also Negativ einscannen, im Computer konvertieren und dann ausdrucken. Aber wenn die Qualität gut sein soll, braucht man dazu einen Spezialscanner oder zumindest einen geeigneten Aufsatz für einen Standardscanner. Beides wird wegen geringer Nachfrage entsprechend teuer sein, und auch der Dienstleister, der die Konvertierung im Auftrag macht, wird sich seine Arbeit gut bezahlen lassen. Für historisch wertvolle Dokumente spielt der Preis sicher eine unter- geordnete Rolle, aber bei Tausenden von Familienfotos wird man sich schon überlegen, ob man von den 50 Jahre lang mit viel Liebe gelagerten Negativen nicht einfach 99% wegschmeißt. > Es existieren heute noch Negative aus der Pionierzeit der Fotografie. Meinst du die Schwarzweißnegative? Halten Farbnegative genauso lange? Und wie kann man überhaupt beurteilen, ob die Negative von damals nicht doch etwas an Qualität verloren haben? Solange die Zeitmaschine nicht erfunden ist, hat man keinen Vergleichsmaßstab.
Yalu X. schrieb: > Wird man in 50 Jahren einfach in den Fotoladen gehen und für ein paar > Euro Abzüge machen lassen können? Ziemlich sicher nicht. Das vielleicht nicht, aber es wäre selbst nach einen teilweisen Zusammenbruch der Zivilisation noch möglich, sich die doch vergleichsweise einfachen Geräte notwalls selbst zu bauen, mit denen man an die Daten kommt. > Für historisch wertvolle Dokumente spielt der Preis sicher eine unter- > geordnete Rolle, aber bei Tausenden von Familienfotos wird man sich > schon überlegen, ob man von den 50 Jahre lang mit viel Liebe gelagerten > Negativen nicht einfach 99% wegschmeißt. Der Übergang von banal zu interessant, oder gar wertvoll ist fließend und ich glaube nicht, daß wir heute voraussehen können, was die Forscher in 5-10 Generationen interessiert. Gerade die Überlieferungen aus dem "gemeinen Volk" sind heute sehr wertvoll, weil rar. Aus weit vergangenen Zeiten sind fast nur Dinge aus den Spitzen der jeweiligen Gesellschaften überliefert. >> Es existieren heute noch Negative aus der Pionierzeit der Fotografie. > > Meinst du die Schwarzweißnegative? Ja. > Halten Farbnegative genauso lange? Nein, die haben im Prinzip dasselbe Problem, wie CD-ROM u.ä: die Farbstoffe verändern sich. Aber Farbdokumente kann man in Form von Farbauszügen archivieren. > Und wie kann man überhaupt beurteilen, ob die Negative von damals nicht > doch etwas an Qualität verloren haben? Weil man keine Zerfallsspuren sehen kann. Die Negative sind so gut, wie man sie mit der betreffenden Technik nur hinbekommen kann.
Uhu Uhuhu schrieb: > Der Übergang von banal zu interessant, oder gar wertvoll ist fließend > und ich glaube nicht, daß wir heute voraussehen können, was die Forscher > in 5-10 Generationen interessiert. Gerade die Überlieferungen aus dem > "gemeinen Volk" sind heute sehr wertvoll, weil rar. Ok, du siehst jetzt die Analogfotografie als Möglichkeit, Bildinforma- tionen für die Forscher in der fernen Zukunft zu konservieren. Mag sein, dass das funktioniert. Ich werde mir jetzt aber keine Analogkamera zulegen, nur um diesen Forschern die Arbeit zu erleichtern. Die sollen sich für ihr Geld ruhig auch ein wenig anstrengen :) Und für den Eigenbedarf bzw. die eigenen Nachkommen der nächsten paar Generationen habe ich halt zu den digitalen Daten, die alle paar Jahre auf ein jeweils aktuelles Medium kopiert werden, mehr Vertrauen. Natürlich können die digitalen Daten verloren gehen, wenn die Nachkommen sich einmal 10 Jahre lang nicht mehr darum kümmern. Wenn sie sich aber 10 Jahre lang nicht um die Negative kümmern, ist auch hier die Chance groß, dass sie kaputt oder verloren gehen, sei es durch Feuchtigkeit im Keller oder einfach durch Verschüttgehen beim nächsten Umzug. Die digitalen Daten haben noch einen weiteren entscheidenden Vorteil: Man kann beliebig viele Kopien davon anfertigen und diese streuen. Jeder Nachkomme bekommt also mindestens eine Kopie. Nach ein paar Generationen sind die Kopien in großer Anzahl so weit gestreut, dass sie praktisch nur noch durch den Untergang der Menschheit verloren gehen können. Und ob danach die Außerirdischen noch meine Bilder bewundern können oder nicht, ist mir eigentlich ziemlich egal :)
Ein Aspekt ging IMHO in der bisherigen Diskussion vergessen: Durch digitale Aufzeichnungen gibt es heute um Grössenordnungen mehr Zeitdokumente als noch im Analog- oder gar im Vor-Buchdruckzeitalter. Von jedem einzelnen heutigen Mensch gibt es vermutlich mehr Zeitdokumente auf seiner Festplatte als unser Wissen über die meisten historischen Persönlichkeiten oder gar über ganze historische Völker oder Epochen umfasst. Selbst wenn fast alle Menschen ihre digitalen Daten nicht seriös über die Zeit retten, so wird unsere Generation immer noch deutlich mehr Material hinterlassen als unsere Vorfahren.
Und selbst wenn der PC zu Hause abkratzt und alle Backups durch ein Feuer zerstört wurden, kann man auf die "Online Backups" (Faceb00k, Google, Wayback machine, ...) zurückgreifen... ;-)
Johnny B. schrieb: > Und selbst wenn der PC zu Hause abkratzt und alle Backups durch ein > Feuer zerstört wurden, kann man auf die "Online Backups" (Faceb00k, > Google, Wayback machine, ...) zurückgreifen... ;-) Rat mal, wie sicher diese "Online Backups" sind, wenn die Infrastruktur mal zusammengebrochen ist. Für Archivierung wirklich wertvoller Daten kann das eine Möglichkeit unter vielen sein, aber mehr nicht.
Ja ich weiss schon, war nur ein Witz, darum auch der Smiley am Schluss. Fotos wo man besoffen ist backupen Faceb00k und co. allerdings recht gut; die wird man oft nicht mehr los und potentielle neue Arbeitgeber finden sie dann natürlich auch... Ne, bei Backups ist man wohl wirklich am besten dran, wenn man sich selber darum kümmert und in einer möglichst einfachen Form anfertigt (Dateien kopieren, ohne Passwortschutz, Kompression oder dergleichen). Firmen gehen so schnell ein wie sie entstanden sind und mit ihnen auch die dort gespeicherten Daten. Ein gutes Beispiel dafür ist z.B. Geocities wo man früher gratis seine Homepage hosten lassen konnte. Ich war auch einer von abertausenden Usern davon, der dort seine erste Homepage hatte. Yahoo! hat sich das alles dann später unter den Nagel gerissen und noch später das ganze eingestellt. Alle Daten weg - zunächst. Nun bemühen sich ein paar, diese Daten zu retten: http://www.reocities.com/ Bei Firmen die so online Cloud-Sachen anbieten, wäre ich deshalb auch sehr vorsichtig. Am besten noch von allem was in der Cloud gespeichert ist, selber noch ab und zu eine Kopie bzw. Backup ziehen.
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