Forum: Offtopic Internet-Backbone Infrastruktur / RZ-Anbindungen in Deutschland / Im Endeffekt doch viel Telekom?


von Internet (Gast)


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Hi.

Dieser Beitrag dürfte vielleicht nicht ganz so 100% auf diese Seite 
passen.
Ich poste ihn aber trotzdem, weil ich denke, dass hier einige Leute 
unterwegs sind, die dazu Infos aus erster Hand geben können.

Ich frage mich, wie das Internet Backbone Netz in Deutschland realisiert 
ist.
Außerdem wüsste ich gerne, wie eine typische Rechenzentrum Anbindung 
gemacht ist.

Mich interessiert nicht, wie das IP-technisch gemacht ist. Mich 
interessiert der physikalische Netzwerkaufbau.
Und da hauptsächlich, wer der eigentliche Netzbetreiber ist.

Wie komme ich auf diese Frage?

Hier in der Gegend gibt es ein kleineres Rechenzentrum, das von einer 
Firma selbst betrieben wird. Es ist keine Colocation, sondern wirklich 
komplett eigene Infrastruktur. Es besitzt eine Außenanbindung von 
mehreren 10 GBit/s.
Das Unternehmen ist laut Webseite ein Einzelunternehmen.
Der offizielle Firmenname ist einfach der Name des Inhabers, auch wenn 
die Firma hauptsächlich unter einem "Markennamen" auftritt.

Da stellt sich die Frage, wie die Netzanbindung realisiert ist.
Wenn ich mir die Standleitungspreise angucke, wird mir schwindelig. 
Allein läppische 100 Mbit/s kosten schon ein kleines Vermögen.
Bei weiterer Betrachtung der Webseite sieht man, dass direkte 
Carriranbindungen und DE-CIX Anbindung besteht.

Also mal geschaut, was so ein direkter Carrierer Anschluss kostet.
Die sind ja richtig günstig. Und ein DE-CIX Port ist auch sehr günstig.
Im Vergleich zu einer Standleitung geschenkt.
Was Geld kostet, ist der Traffic, der nach meiner Recherche nach der im 
Durchschnitt tatsächlich belegten Netzwerkbandbreite abgerechnet werden.
Hab da irgendwo nen Preis aufgeschnappt, im einstelligen Eurobereich pro 
belegtem Mbit pro Monat. Dabei ist mir der Begriff 95Percentile 
begegnet, ein Verfahren, was wohl häufig zur Abrechnung benutzt wird.


Ok, stellt sich die Frage, wie kommt der kleine Rechenzentrumsbetreiber 
an das DE-CIX ran.
Der wird wohl kaum mehrere 100 Kilometer eigene Leitung da hin legen.
Sowas kann sich ein Einzelunternehmer nie im Leben leisten.
Die Carrier sind teilweise nicht so weit weg aber da muss man auch erst 
mal ne Leitung bis zum Anschlusspunkt haben.

Meine Therorie: Da wurde nur die "LastMile" wirklich als pysikalische 
Leitung selbst realisiert.
Das Rechenzentrum ist allerdings auch nicht grade in einer Großstadt.
Ich glaube nicht, dass in einer 30.000 Einwohnerstadt eine große Auswahl 
an Carrier-Anschlusspunkten da ist.
Vielleicht ein paar kleinere regionale BAckbonebetreiber.
Die nächste deutlich größere Stadt und das Zentrum der Region ist 30-40 
km entfernt.
Laut meiner Recherche kommen 2 kleinere Backbonebetreiber mit Lokalnetz 
sowie die Telekom in Frage.

Folglich wird man sich dort angeschlossen haben, und die Verbindungen zu 
DE-CIX und den großen Carriern läuft über ein Fremdnetz.

Bei Recherchen habe ich herausgefunden, dass die 2 kleineren Lokalen 
Backbonebeteiber in der Fläche auch wieder auf Fremd-Leitungen 
zurückgreifen, und nur örtlich begrenzt komplett eigene Leitungen haben.

Der eigentliche Betreiber, also der Eigentüber der pysikalischen 
Leitungen heißt wohl Telekom. Die dann direkt oder indirekt angemietet 
werden oder darauf basierende IP Kapazitäten genutzt werden.

Und auch die alternativen Zugangsprovider für Endkunden wie z.B. Kabel 
Deutschland, scheinen im Endeffekt auch Telekom Glasfaser zu verwenden.

Bei Recherchen fiel mir der Begriff " Dark Fiber" auf. Man kann sich 
wohl einzelne, pysikalische Glasfasern mieten und durchschalten lassen, 
und nur die Anschlusstechnik selber stellen.

Wieviele Glasfasern sind in so einer "Backbone-Trasse" drin? Und was 
kostet so ne dark fiber ca?


Es scheint wohl mehrere komplett von der Telekom unabhängige Backbones 
zu geben, die sind aber hauptsächlich nur zwischen den Großstädten und 
Ballungszentren ausgebaut.

Das wirft die Frage auf, welche Firmen die hauptsächlichen technischen 
Betreiber des Internets in Deutschland ist.

Auf die Fläche wirds wohl eindeutig die Telekom sein.

D.H. wenn die Telekom den "Ausschalter" drücken würde, wäre das Internet 
in Deutschland sozusagen außer Betrieb?

Und wer ist die Nummer 2? Welchen Abstand zur Telekom hat der?

Mich interessiert wie gesagt, nur das pysikalische Netz, und nicht das 
logische Netz.


Gibts jemand, der da bescheid weiß und ein Insider ist?
Arbeitet jemand von Euch bei einem Rechenzentrum oder Internetprovider?
Wieviel läuft im Endeffekt direkt oder indirekt doch über die Telekom?
Und zwar auf die Fläche gesehen, und nicht nur auf Strecken zwischen den 
Großstädten.

: Verschoben durch User
von Internet (Gast)


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Achja, mit eigener Leitung ist keine angemietete Telekom-Faser mit 
eigener Netztechnik gemeint, auch wenn das vielleicht auch ne eigene 
pysikalsiche Leitung ist.

Ich meine wirklich nur 100% eigene Kabel, bei denen die Telekom nicht 
die Finger im Spiel hat und auch nicht als Miteigentümer dran beteiligt 
ist.

Wieviel Internet gäbe es in Deutschland noch, wenn man die Telekom und 
all ihren physikalsichen Besitz, und alles wo die Telekom irgendwie die 
Finger mit drin hat, still legen würde?

von Frank _. (fbi)


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Google kaputt?

http://www.teltarif.de/i/backbone.html
1
Der größte Netzbetreiber in Deutschland ist mit einem aus rund 220 000
2
Kilometern Glasfaserkabel bestehenden Netz die Deutsche Telekom. Das
3
zweitgrößte Netz unterhält der spanische Konzern Telefónica mit einem
4
40 000 Kilometer langen Backbone-Netz, dahinter folgen Arcor mit 33 000
5
und Versatel mit rund 30 000 Kilometern Glasfaserkabel.
Stammt wohl im Endeffekt hier raus:
http://www.agof.de/studie.583.html

Wenns auch international sein darf, finden sich hier ein paar:
http://navigators.com/isp.html
Etliche davon sind auch in DE aktiv.

Ansonsten fallen mir auf die Schnelle z.B. noch ein: KPN/Quest/KPNQuest 
oder bei wem auch immer die Reste gelandet sind, Level3, Mobilcom 
Cityline, QSC, Freenet, Tiscali, Lambdanet, TeliaSonera, Netcologne

Weitere finden sich in der Mitgliederliste von ECO:
http://www.eco.de/verband/mitgliederliste.htm

von Andreas F. (aferber)


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Internet schrieb:
> D.H. wenn die Telekom den "Ausschalter" drücken würde, wäre das Internet
> in Deutschland sozusagen außer Betrieb?

Unabhängig von dem ganzen Rest, bei Glasfaser-Strecken ("Dark Fibre") 
kann die Telekom nicht zentral auf einen "Ausschalter" drücken, selbst 
wenn letztlich die physikalischen Leitungen ihr gehören sollten.

Eine Dark Fibre zeichnet sich gerade dadurch aus, dass auf der ganzen 
Strecke keine aktive Technik der Telekom (so es denn eine Telekomfaser 
ist) dazwischen hängt. Die Faser wird direkt von Ende zu Ende 
durchgepatcht, was man dann darüber schickt (selbst die Wellenlängen, 
soweit die Faser das physikalisch hergibt) ist Sache des Kunden, wenn er 
will, kann er da auch eine Taschenlampe dranhalten und am anderen Ende 
zugucken wie es blinkt. Damit gibt es auch nichts, was man "abschalten" 
könnte, es müsste sich schon ein Techniker zu einer der Patchstellen 
begeben und dort von Hand den Stecker ziehen, um die Leitung zu 
unterbrechen.

> Ich glaube nicht, dass in einer 30.000 Einwohnerstadt eine große Auswahl
> an Carrier-Anschlusspunkten da ist.

Wenn der Ort zufällig günstig an einer beliebten Kabeltrasse zwischen 
Großstädten gelegen ist, dann kann es evtl. leichter sein als du denkst, 
dort einen Glasfaser-Anschluss zu bekommen.

Als Beispiel: Die What-The-Hack in den Niederlanden vor ein paar Jahren 
war auf einem Festivalgelände in dem kleinen Ort Boxtel, auch ca. 30000 
Einwohner, und nicht gerade mitten im Ortskern. Die Internetanbindung 
dort erfolgte auch via Dark Fibre, der Anschlusspunkt war gerade mal 
1-2km vom Gelände entfernt, in einem Schaltkasten quasi mitten auf dem 
Acker. Leider kann ich gerade keine Fotos mehr davon finden.

In diesem Fall war da einfach für die paar Tage eine Faser offen durch 
die Landschaft gezogen. Als dauerhafte Installation (also unter der 
Erde) ist 2km Kabel legen zwar nicht unbedingt für Peanuts zu haben, 
aber doch für so manches mittelgrosses IT-Unternehmen durchaus 
bezahlbar, wenn wirklich Bedarf besteht.

Die "politischen" Hürden, an soeine Faser zu kommen, sind meist höher 
als die physikalischen bzw. örtlichen Probleme, überhaupt eine Faser ins 
Haus zu bekommen. Die Telekom verkauft viel lieber IP-Traffic (damit 
können sie natürlich mehr verdienen). Dark Fibre wird AFAIK eigentlich 
nur an andere (Groß-)Carrier vermietet. Will man als kleiner/mittlerer 
ISP da dran, dann ist meist viel Vitamin B fällig.

Erheblich leichter ist es meist, in Großstädten mit einem lokalen 
Carrier über diesen an eine Faserverbindung innerhalb derselben Stadt zu 
kommen. Da muss dann auch vielleicht wenn überhaupt nur bis zur nächsten 
Strassenecke oder so gebuddelt werden.

> Wieviele Glasfasern sind in so einer "Backbone-Trasse" drin?

Ne Menge ;-) Da das Verbuddeln des Kabels erheblich mehr kostet als das 
Material, werden da gleich dicke Bündel verlegt. AFAIK sind selbst auf 
"beliebten" Kabeln meist nur wenige Prozent der Fasern tatsächlich in 
Verwendung.

Wenn du als ISP erstmal den "Hausanschluss" mit Glasfaser machen lässt, 
dann legen sie dir meist auch gleich ein Bündel mit 12, 24 oder mehr 
Fasern ins Haus.

> Und was
> kostet so ne dark fiber ca?

Verhandlungssache. Gibt glaube ich keine wirklichen Listenpreise dafür. 
Insbesondere die "Einrichtungsgebühr" kann je nach örtlichen 
Gegebenheiten um mehrere Größenordnungen variieren (von vielleicht 
10kEUR bis hin zu Millionen). Liegt die Faser erstmal, dann sind die 
laufenden Kosten eher gering.

Andreas

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