Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Wie sind Toleranzen von Widerständen definiert?


von Jens (Gast)


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Hallo Leute,

ich hab mal eine grundsätzliche Frage. Ich habe hier einen 100R (2W, 5%) 
Widerstand vor meiner Nase liegen, und frage mich, ob diese 5% bedeuten, 
dass der Widerstandswert im Intervall 95R...105R liegen MUSS oder ob er 
auch außerhalb liegen kann.

Also: Wie ist Toleranz definiert? Ist es der statistische Fehler (i.e. 
eine Standardabweichung, d.h. 67% der Werte liegen drin im Durchschnitt) 
oder der Absolutwert, oder was sonst?

Danke für eure Hilfe,
Jens

von Sven P. (Gast)


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In der Regel kannst du davon ausgehen, dass die Werte mit großer 
Wahrscheinlichkeit im Toleranzintervall liegen.

Bei Präzisionswiderständen wird ja nicht blind fabriziert und 
etikettiert. Da wird halt nachgemessen und wenn der Wert nicht mehr in 
das gewünschte Intervall passt, rutscht er ins Intervall eines 
benachbarten Wertes, die Intervalle überlappen sich ja. Der Hersteller 
hat nahezu keinen Ausschuss und den Kunden freut es.

von Dagobert (Gast)


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Wie du schriebst. Der Wert des Widerstandes muss, bei deinem Beispiel, 
einen Wert zwischen 95 und 105 Ohm haben.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Jens schrieb:

> ich hab mal eine grundsätzliche Frage. Ich habe hier einen 100R (2W, 5%)
> Widerstand vor meiner Nase liegen, und frage mich, ob diese 5% bedeuten,
> dass der Widerstandswert im Intervall 95R...105R liegen MUSS

Ja, genau das.

Ob der Hersteller nun rein zufällige Widerstandswerte produziert
und diese dann alle ausmisst und in "Körbchen" sortiert :), oder
ob er versucht, in einem Prozess 100-Ω-Widerstände herzustellen,
wobei dann in der laufenden Produktion der statistische Mittelwert
der Serie bei 102,1 Ω liegt mit einer Streung von ±0,5 Ω, das ist
letztlich ihm überlassen.  Er muss lediglich sicherstellen, dass
er auch die statistischen Ausreißer, die jenseits 95 bzw. 105 Ω
liegen, noch rauswirft.

von Helmut S. (helmuts)


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Schau mal ob du irgendwo im Datenblatt das Wort AQL findest. AQL 1% 
bedeutet, dass 1% der Teile schlechter sein dürfen. Dazu musst du aber 
schon mindestens 1000 Teile(Gurt) testen, damit diese Garantie greift.

von Jens (Gast)


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Danke für die Antworten, nee das Datenblatt habe ich nicht, habe nur den 
Widerstand auf 105.5 Ohm gemessen (mit einem 12 Bit CASSY-Modul), und 
das darf ja eigtl nicht sein.

Hmm, da hat die RWTH wohl zu alte Widerstände in ihren Versuchen 
rumliegen.

Jens

von Anja (Gast)


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Jens schrieb:
> Danke für die Antworten, nee das Datenblatt habe ich nicht, habe nur den
> Widerstand auf 105.5 Ohm gemessen (mit einem 12 Bit CASSY-Modul), und
> das darf ja eigtl nicht sein.

Hast Du auch die Zuleitungswiderstände mitgemessen oder ist das ganze in 
4-Leitertechnik gemessen worden? Wann wurde das Meßgerät das letzte mal 
kalibriert bzw. welchen Fehler hat dieses?

Ansonsten ist die Toleranz die Fertigungstoleranz bei festgelegter 
Temperatur (z.B. 25 Grad).

Den Temperaturgang bei normalen Widerständen so zwischen 50 und 200 ppm 
/ Kelvin mußt Du natürlich noch dazu rechnen. Bei Lastwiderständen sind 
300 ppm/Grad normal. (das gibt bei 100 Grad Temperaturdifferenz schnell 
auch noch mal 1-3% Fehler).

Außerdem gibt es noch die Alterung. Bei Nennlast betriebene normale 
Widerstände altern zwischen 0.1% und 2% bei 1000 Betriebsstunden. 
Lastwiderstände auch schon mal 5%.

Gruß Anja

von Sven P. (Gast)


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Sonst halt noch das Übliche, Offensichtliche:
- offene (unlackierte) Drahtwiderstände oxidieren, Schmutz
- große Keramikwiderstände können schonmal hinfallen
- etc. pp.

von Michael_ (Gast)


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>Er muss lediglich sicherstellen, dass
>er auch die statistischen Ausreißer, die jenseits 95 bzw. 105 Ω
>liegen, noch rauswirft.
Bei den Herstellern wird nichts weggeworfen. Die R werden mit Werten der 
jeweiligen E-Reihe ausgeliefert. Diese Werte überlappen sich so, das 
alles verwendet werden kann.
Mit den Toleranzen mußt du leben.

von High Performer (Gast)


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>Danke für die Antworten, nee das Datenblatt habe ich nicht, habe nur den
>Widerstand auf 105.5 Ohm gemessen (mit einem 12 Bit CASSY-Modul), und
>das darf ja eigtl nicht sein.

Entweder ist Deine Messvorrichtung nicht genau genug, oder die 
Messanordnung hat zu großen Einfluss auf das Messergebnis.

Meine Erfahrung ist, dass die Widerstände (wenigstens solche aus 
bekannter Quelle) zumeist sehr eng am Sollwert liegen. Der 
Toleranzbereich wird im Allgemeinen bei weitem nicht ausgenutzt. Aber 
das ist halt so eine Sache mit der Statistik ;-)

von Tolerator (Gast)


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Das man mit den Toleranzen leben muss, ist klar. Sie aber besser zu 
verstehen kann nützlich sein. z.B. wenn man die Messunsicherheit eines 
Messgerätes berechnen will.

Bei der Betrachtung von anderen Messunsicherheiten ist es immer wichtig 
zu wissen, wie die "Verteilung" der Fehler ist, ob Fehlerquellen 
miteinander verknüpft sind, etc.
Ohne dieses Wissen ist es nicht möglich eine vernünftige Aussage zur 
Gesamtmessunsicherheit von Systemen zu machen.

Und gerade bei Widerständen habe ich schon oft bei alteingesessenen 
Kollegen gesehen, dass sie von einer auf nominalwert zentrierten 
Gaussverteilung ausgehen, wass sich in dem Thread nicht gerade 
bestätigt.

@Anja: Ja, das spielt natürlich auch noch mit rein, ich wollte die Sache 
jetzt nur nicht komplizierter machen, als sie schon ist.

von Karl H. (kbuchegg)


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Wow.
Nach 1 1/2 Jahren antworten.
Damit bist du in der Foren-Liste der 'auf wen haben wir am längsten 
gewartet' mit Sicherheit in den Top-10.

von MagIO (Gast)


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Vielleicht war sich der Poster ja anschließend bewusst, dass man in 
diesem Forum besser Fundierte Antworten geben sollte (und auch besser 
nur fundierte Fragen stellt), um nicht anschließend von der Meute in der 
Luft zerrissen zu werden! Daher hat er wenigstens erst mal das Vordiplom 
fertig gemacht ;o)

von 2515ehah (Gast)


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Unsere Zulieferer bestätigen alle dass es keine Nachsortierung gibt.

Es werden auch keine 1%-Widerstände produziert und danach
Ausreisser z.B. als 5%-Widerstände verkauft.

Es wird übrigens jeder Widerstand (equivalent auch jeder Kerko) 
durchgemessen.

Für mysteriöse Hersteller aus fernen Ländern möchte ich natürlich
meine Hand nicht ins Feuer legen.

von Heinz (Gast)


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