Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Unverfälschtes Messen von LVDS-Signalen, wie?


von noips (Gast)


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Hallo zusammen!

Bei LVDS-Signalen sind die Flanken so steil, dass jede Stichleitung 
(Abzweigung vom Signalkabel) die länger als ca. 2 cm ist, Reflexionen 
verursacht. Terminieren kann man die Stichleitung ja nicht, weil sonst 
der Strom sich auf zwei Abschlusswiderstände aufteilt und die 
Spannungsdifferenz nicht mehr stimmt. Nun, wenn ich das LVDS-Signal mit 
dem Oszi messen muss, dann stellt doch das Messkabel schon eine sehr 
lange Stichleitung dar. Ich vermute, dass dann das Signal durch 
Reflexionen an dem Oszi-Eingangswiderstand das Signal verfälscht und man 
etwas ganz anderes sieht, als das Signal ohne Messeingriff wäre.

Hat da jemand Erfahrungen??

Danke!

von noips (Gast)


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Sorry, der vorletzte Satz soll heißen:

Ich vermute, dass dann das Signal durch Reflexionen an dem 
Oszi-Eingangswiderstand verfälscht wird und man etwas ganz anderes 
sieht, als das Signal ohne Messeingriff wäre.

von Lukas K. (carrotindustries)


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Klar kannst du an einer LVDS-Leitung nicht mit einem passiven Tastkopf 
rumstochern. Dafür haben die Ings bei Tek und anderen Herstellern aktive 
differentielle Tastköpfe ersonnen. 
http://www.tek.com/products/accessories/differential-probe.html
Mach dich aber auf Preise >5k€ gefasst.

von Micha H. (mlh) Benutzerseite


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Nun, ich weiß jetzt nicht wofür LVDS steht, aber wie bei jedem 
HF-Problem dieser Art würde ich zunächst versuchen das Signal hochohmig 
abzunehmen. Das heißt an die Signalleitung einen SMD-Widerstand mit >> 
Leitungsimpedanz.
Oft geht das dann schon, ohne teure Spezial-Probes zu benutzen. Evtl. 
zur Aufbereitung einen eh irgendwo rumliegenden MMIC dahinter zum 
puffern.

von Lukas K. (carrotindustries)


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Micha H. schrieb:
> Nun, ich weiß jetzt nicht wofür LVDS steht, aber wie bei jedem
> HF-Problem dieser Art würde ich zunächst versuchen das Signal hochohmig
> abzunehmen. Das heißt an die Signalleitung einen SMD-Widerstand mit >>
> Leitungsimpedanz.
> Oft geht das dann schon, ohne teure Spezial-Probes zu benutzen. Evtl.
> zur Aufbereitung einen eh irgendwo rumliegenden MMIC dahinter zum
> puffern.

LVDS ist wie der Name sagt differentiell, ohne gescheiten Tastkopf wird 
das nichts.

von Micha H. (mlh) Benutzerseite


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Welcher Name, ich sehe da nur eine Ansammlung von Buchstaben ;-)
Aber gut, ich habe nachgesehen wofür das steht.
Trotzdem hat mir auch in so einem Fall die Quick-and-Dirty-Methode schon 
geholfen, um einen Überblick zu kriegen. Kommt natürlich drauf an, was 
man sehen will/muss.

von Timo E. (tien)


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von noips (Gast)


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Micha H. schrieb:
> aber wie bei jedem
> HF-Problem dieser Art würde ich zunächst versuchen das Signal hochohmig
> abzunehmen. Das heißt an die Signalleitung einen SMD-Widerstand mit >>
> Leitungsimpedanz.

Meinst du, den Signal über einen Widerstand seriell zum Oszi-Tastkopf 
(wie R_m in der angehängter Skizze) messen. Wobei der R_m viel größer 
als die Signalleitungsimpedanz sein soll. Habe ich es richtig 
verstanden?

von Micha H. (mlh) Benutzerseite


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noips schrieb:
> Micha H. schrieb:
>> aber wie bei jedem
>> HF-Problem dieser Art würde ich zunächst versuchen das Signal hochohmig
>> abzunehmen. Das heißt an die Signalleitung einen SMD-Widerstand mit >>
>> Leitungsimpedanz.
>
> Meinst du, den Signal über einen Widerstand seriell zum Oszi-Tastkopf
> (wie R_m in der angehängter Skizze) messen. Wobei der R_m viel größer
> als die Signalleitungsimpedanz sein soll. Habe ich es richtig
> verstanden?

Ja. Allerdings wirst Du einen Spannungsteiler daraus machen müssen, 
damit die Tastkopfkapazität nicht so sehr ins Gewicht fällt. Eine 
geringere Bandbreite wirst Du natürlich wegen dem entstehenden Tiefpass 
trotzdem haben, mußt halt mal sehen ob es noch reicht um schnelle 
Signale beurteilen zu können.

von noips (Gast)


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> Ja. Allerdings wirst Du einen Spannungsteiler daraus machen müssen,
> damit die Tastkopfkapazität nicht so sehr ins Gewicht fällt.

Das verstehe ich leider nicht. Könntest du bitte näher erläutern?

von Micha H. (mlh) Benutzerseite


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Leitung - SMD-R --- Tastkopf - Oszi
                 |
                 R
                 |
                GND


So klar?
Damit "sieht" die Eingangskapazität des Tastkopfes nicht den SMD-R 
alleine, sondern die Parallelschaltung von SMD-R und R. Das schiebt die 
Grenzfrequenz des so entstehenden Tiefpasses nach oben.

von noips (Gast)


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> "sieht" die Eingangskapazität des Tastkopfes

Kann man sich den Tastkopf in deiner Skizze als ein C nach GND denken, 
oder sehe ich es falsch?

von Micha H. (mlh) Benutzerseite


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Der Tastkopf verhält sich wie ein Widerstand (meist 1M) und parallel 
dazu ein C nach Masse.

von noips (Gast)


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> Der Tastkopf verhält sich wie ein Widerstand (meist 1M) und parallel
> dazu ein C nach Masse.

Der Tastkopf verhält sich so? Meinst du nicht den Oszi?

von Micha H. (mlh) Benutzerseite


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noips schrieb:
> Der Tastkopf verhält sich so? Meinst du nicht den Oszi?

Ich meine Tastkopf und Oszi zusammen, ohne letzteres hilft der Tastkopf 
nicht viel ;-)

von noips (Gast)


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Erreiche ich nicht das gleiche, wenn ich die 1:10 Einstellung des 
Tastkopfes verwende?

von Micha H. (mlh) Benutzerseite


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Dann hast Du die Tastkopf-Kapazität direkt auf der Signalleitung. War 
das nicht Dein ursprüngliches Problem?

von noips (Gast)


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> War das nicht Dein ursprüngliches Problem?

Hm.. Zumindest habe ich nicht gerade das als Problem vermutet. Ich 
meinte, unabhängig davon, ob 1:1 oder 1:10 Einstellung im Tastkopf, 
bilden die Messkabel des Oszi ja für so schnelle Signalflanken eine 
schon nicht zu vernachlässigende Stichleitung mit hohem 
Oszi-Eingangswiderstand am Ende. Das wird zu Reflexionen führen, wodurch 
ich nicht das am Oszi sehe, was wirklich vorliegt.

Bist du bei obigen Vorschlägen mit der hochohmigen Signalabname speziell 
von der Messung mit 1:10 Tastkopf ausgegangen?

von Jakob L. (jakob)


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Micha H. schrieb:
> Leitung - SMD-R --- Tastkopf - Oszi
>                  |
>                  R
>                  |
>                 GND
>
>
> So klar?
> Damit "sieht" die Eingangskapazität des Tastkopfes nicht den SMD-R
> alleine, sondern die Parallelschaltung von SMD-R und R. Das schiebt die
> Grenzfrequenz des so entstehenden Tiefpasses nach oben.

Ich würde die Schaltung nicht an einen Tastkopf sondern direkt an ein 
50-Ohm HF-Kabel mit BNC-Stecker anschließen. R und SMD-R sollten so 
dimensioniert sein, dass die Parallelschaltung so etwa einen Widerstand 
von ca. 50 Ohm hat. Das Oszi muss natürlich auch auf 50-Ohm Eingang 
eingestellt werden. Dadurch hat man an beiden Seiten der Leitung eine 
korrekte Leitungsanpassung, so dass es keine Probleme mit Reflektionen 
gibt.

Die Idee ist nicht neu und man kann sich auf diese Weise einfach 
Tastköpfe bauen, die bis ca. 1 Ghz gute Ergebnisse bringen und im 
Gegensatz zu einem normalen Tastkopf die Schaltung kaum kapazitiv 
belasten. Durch den Spannungsteiler verliert man natürlich an 
Signalstärke, was durch eine höhere Verstärkung im Oszi ausgeglichen 
werden muss (und potentiell die nutzbare Bandbreite reduziert). Manchmal 
wird auf R verzichtet, so dass man nur auf einer Seite (dem Oszilloskop) 
Leitungsanpassung hat und Signale, die vom Oszi reflektiert werden, am 
anderen Ende der Leitung zurückreflektiert werden und das Signal 
verfälschen können.

http://koti.mbnet.fi/jahonen/Electronics/DIY%201k%20probe/
http://www.eetimes.com/design/automotive-design/4009994/Low-cost-resistive-probe-helps-to-accurately-measure-fast-rise-fall-ADC-sampling-clock

von HildeK (Gast)


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Die gibt es natürlich auch zu kaufen, z.B.:
http://www.tek.com/products/accessories/low_capacitance.html
Bis einige GHz und mit schön kleiner Kapazität!

Natürlich ist ein aktiver, differntieller TK zum Messen von 
differentiellen Signalen (LVDS, CML) das richtige Instrument. Leider 
muss man die mit Energie versorgen und das geht meist nur mit dem dazu 
passenden Skope des selben Herstellers. Die genannten passive TK 
benötigen lediglich einen 50Ω-Eingang beim Skope, zur Not tut es auch 
ein BNC-Durchgangsabschluss, und sind damit praktisch an jedem Gerät 
nutzbar. Zugegeben, für die Hobbyelektroniker sind sie zu teuer.

Mit normalen (oder den o.g.) passiven Tastköpfen kann man sich aber 
helfen, indem man zwei Kanäle benutzt und die Differenz erst im Skope 
rechnen lässt.

>Unverfälschtes Messen von LVDS-Signalen
Streng genommen verfälscht Messen immer das zu messende Signal :-)

von Anja (Gast)


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Hallo,

schnelle (nicht differentielle) ECL-Signale haben wir früher so 
gemessen:
die 940 R sind 2 in Serie geschaltete niederinduktive 
Kohlemasse-Widerstände (nicht Kohleschicht). Die 50R bestehen z.b. aus 
2*100R parallel (auch Kohlemasse).
Zusammen mit dem 50Ohm Eingang des Oszis ergibt sich ein schneller 40:1 
Spannungsteiler. Voraussetzung ist daß alles kurz (mm) an die zu 
messende Schaltung angelötet wird.

> Leitung - 940R  --- 50 Ohm-Leitung - Oszi (50 Ohm Eingang)
>                  |
>                 50R
>                  |
>                 GND

Gruß Anja

von noips (Gast)


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Ich danke euch allen für eure Vorschläge!!

HildeK schrieb:
> Mit normalen (oder den o.g.) passiven Tastköpfen kann man sich aber
> helfen, indem man zwei Kanäle benutzt und die Differenz erst im Skope
> rechnen lässt.

Das löst das Problem wohl nicht. Das Problem besteht ja nicht darin, die 
Differenz darzustellen, sondern die Signale mit sehr steilen Flanken so 
zu messen, dass keine Reflektionen entstehen, die das Signal verändern. 
Wenn ich mit zwei Kanälen messe, dann entstehen ja Reflektionen an 
beiden Kanälen, genau so wie wenn ich nur mit einem messe.


Bei den Vorschlägen von Jakob und Anja habe ich folgende Bedenken:

LVDS-Treiber sind ja für einen Strom von 3,5 mA ausgelegt, so dass am 
100 Ohm Abschlusswiderstand eine Differenz von 350 mV entsteht. Mit dem 
vorgeschlagenen Aufbau belaste ich aber das Signal zusätzlich mit ca. 1 
kOhm nach Masse. Da zweigt sich ein nicht geringer Anteil an Strom ab.

von noips (Gast)


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Wie sind den diese differentiellen Tastköpfe aufgebaut? Was ist wenn man 
mit zwei schnellen OPs einen Differenzverstärker aufbaut und die 
LVDS-Signale mit sehr kurzen (1 cm) Stichleitungen auf die Eingänge des 
Verstärkers führt. Dann kann man auch mit langen Oszi-Messkabeln die 
Differenz an den Verstärker-Ausgängen am Oszi darstellen.

von Michael X. (Firma: vyuxc) (der-michl)


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HildeK schrieb:

> Natürlich ist ein aktiver, differntieller TK zum Messen von
> differentiellen Signalen (LVDS, CML) das richtige Instrument. Leider
> muss man die mit Energie versorgen und das geht meist nur mit dem dazu
> passenden Skope des selben Herstellers.

Geht auch an Fremdscopes:
Tastkopf P6247 mit 1103A Speiseteil. Ist aber nicht gerade billig. Ein 
P6046 kann leider nur 100MHz, hat allerdings seine Versorgung gleich mit 
dabei.

von noips (Gast)


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Was meint ihr zu dem Ansatz mit Differenzverstärker in meinem vorigen 
Post?

von Anja (Gast)


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noips schrieb:
> LVDS-Treiber sind ja für einen Strom von 3,5 mA ausgelegt, so dass am
> 100 Ohm Abschlusswiderstand eine Differenz von 350 mV entsteht. Mit dem
> vorgeschlagenen Aufbau belaste ich aber das Signal zusätzlich mit ca. 1
> kOhm nach Masse. Da zweigt sich ein nicht geringer Anteil an Strom ab.

folgende Lösungsansätze:
- statt 40:1 einen 100:1 Tastkopf bauen (falls das Oszi das noch 
hergibt)
  wobei die Widerstände dann wahrscheinlich eher kapazitiv wirksam sind.
- statt Anschluß direkt an Masse den Masseanschluß durch einen 
niederinduktiven Multilayer Kondensator ersetzten und die Oszi-Masse mit 
dem mittleren Pegel des LVDS-Signals (1,2V) vorspannen.

noips schrieb:
> Was meint ihr zu dem Ansatz mit Differenzverstärker in meinem vorigen
> Post?

never.

Du hast sofort ca 3-5pF Eingangskapazität am OP.
3pF bei 260pS risetime ergibt ca 43 Ohm Impedanz.
Der 40:1 Tastkopf hat unter 0,25pF bei richtigem Aufbau mit SMD oder 
Kohlemassewiderständen.
National schreibt unter 0.5pF Tastkopfkapazität für Messungen an LVDS 
vor.

Gruß Anja

von HildeK (Gast)


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noips schrieb:
> Das löst das Problem wohl nicht. Das Problem besteht ja nicht darin, die
> Differenz darzustellen, sondern die Signale mit sehr steilen Flanken so
> zu messen, dass keine Reflektionen entstehen, die das Signal verändern.
> Wenn ich mit zwei Kanälen messe, dann entstehen ja Reflektionen an
> beiden Kanälen, genau so wie wenn ich nur mit einem messe.

Reflektionen entstehen durch lange Leitungen, deshalb sollen ja die 
Meßadapter Tastköpfe sein - mit möglichst kurzen Spitzen und dem 
Tastteiler weit vorne. Auch aktive differentielle Tastköpfe sind da 
nicht kürzer. All die Vorschläge mit Widerstandsteilern sind nur 
sinnvoll, wenn diese Widerstände so nah wie möglich am Messobjekt sind.

Michael X. schrieb:
> Geht auch an Fremdscopes:

Ja ich kenne die auch. Meist älteren Datums, um auch die Benutzer der 
Vorgänger-Skopserie in den Genuss des aktiven Tastkopfes kommen zu 
lassen. Das wird heute eher selten sein.

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