Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Kann ein Auftraggeber die Haftung übernehmen?


von Erwin (Gast)


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Hallo,

ich habe eine Frage zur Haftung bei der SW-Entwicklung.

Der mögliche Auftrag umfasst eine Teilsoftware in einer nicht von mir 
entwickelten Hardware. Eigentlich eine Library die allein nicht 
verwendbar ist sonder in ein grösseres Projekt (von anderen) eingebunden 
werden soll.

Da der AG bei evtl. Sicherheitsanforderungen ein wenig unbestimmt blebt, 
möchte ich gerne meine Haftung einschränken.

Ist es sinnvoll und überhaupt wirksam wenn ich festlegen will, das der 
AG sämtliche Haftung für Schäden übernimmt, die durch die Verwendung des 
Gesamtgerätes entstehen? Gibt es andere Formulierungen, die vielleicht 
besser sind?
Oder ist es eigentlich unmöglich zu verhindern, dass der AG 
Haftungsforderungen an ihn an mich durchreicht?

Um es klarzustellen:
Ich will natürlich nicht meine eigene Pflicht zur Fehlerbeseitigung 
ausschliessen. Ich denke da an eine Begrenzung auf 1 Jahr. Oder gelten 
für sowas auch die üblichen 2 Jahre?

Wäre nett, wenn mir da jemand ein paar Tips, Hinweise oder Kommentare 
abgeben könnte.

von Freelancer (Gast)


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Zunächst ist der Ag sowieo haftbar und muss es Dir dann nachweisen, dass 
es Dein Modul ist und nicht der Rest und nicht die Hardware.

Du solltest alle mittelbaren Schäden ausschließen, nicht daß der eine 
HV-Versorung steuert und die einen Menschen erlegt, weil Dein Treiber 
nicht geht.

von Eingast (Gast)


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Du solltest eine schriftliche Vereinbarung treffen, die Deine Haftung 
limitiert und genau festlegt.

Wenn Du so eine Vereinbarung nicht bekommst solltest Du sehr sehr 
misstrauisch werden und ggfs. gleich mal juristischen Beistand 
konsultieren bzw. den Auftrag eventuell sicherheitshalber ablehnen.

(Sachen wie "normalerweise", "versteht sich ja von selbst" und so haben 
in einem eventuellen Rechtsstreit um viel Geld kaum noch Gewicht)

von Leo .. (-headtrick-)


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Gewöhnlich gibt der Kunde ein Lastenheft vor das dann durch eine
Pflichtenheft konkretisiert wird. Vertraglich, vor allem B2B kann
man viel was einem nicht passt, ausschließen, aber leide nicht alles.
Dafür hat man dann gewöhnlich eine Haftpflichtversicherung.
Dürfte auch ein wenig die Frage der Fahrlässigkeit sein wenn
tatsächlich mal was passiert. Ansonsten sollte man eine Anwalt fragen
und einige Euro abdrücken wenn man relativ sicher sein will.
Meine Meinung, kein Rechtsrat, Irrtum vorbehalten.

von Klaus W. (mfgkw)


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Das Pflichtenheft ist der springende Punkt.

Da gehört reingeschrieben, was wie erfüllt sein muß und vor allem
wie es getestet wird.

Das wird von beiden vorher abgesegnet.

Genau danach programmierst du und wenn das erfüllt ist, bist
du auf der sicheren Seite.
Was nicht drin steht, ist nicht dein Problem.

Selber schuld, wenn man sich breit klopfen lässt und dort
Wischiwaschi steht.
Dann kannst du jahrelang hinter deinem Geld herlaufen, weil
man alles so oder anders interpretieren kann.

von Erwin (Gast)


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@ Klaus

>Das Pflichtenheft ist der springende Punkt.

Mal abgesehen von der Haftungssache, das ist genau ein Punkt an dem ich 
immer wieder Schwierigkeiten habe. Ich hoffe es ist recht, wenn ich hier 
die Richtung des Threads ändere.

Ich habe hier, wie sehr oft, den Fall, dass ich Anfragen mit einigen 
Details bekomme, auf die ich dann ein Angebot machen soll. Ich überlege 
mir das dann und stelle weitere Fragen. Einige Fragen werden 
beantwortet, nicht alle und einige Antworten werfen weitere Fragen auf. 
Pflichtenheft, Lastenheft, das wird oft, gerade von Leuten, die selber 
im Projektbereich tätig sind, als überflüssiger Papierkram betrachtet. 
Man möchte feste Honorare vereinbaren aber letztlich von dem im Labor 
bzw. im Angestellen/Vorgesetzten-Verhältnis üblichen "Mach erstmal und 
dann sehen wir schon" ausgehen, wo ja nach Anwesenheit bezahlt wird. 
Wenn beide vom Fach sind, beide praktisch gearbeitet haben und beide 
ehrlich eine Win/Win-Situation anstreben mag das ja gutgehen. Aber z.B. 
das letztere ist dem AG oft völlig egal.

Um auf die Projektbeschreibung und die Details zurückzukommen: Ich muss 
aber doch gleichzeitig zur Kenntnis nehmen das vom Auftraggeber eben 
genau so geantwortet wurde, wie es getan wurde. Stelle ich ein zweites 
Mal weitere Fragen, so riskiere ich, das der Auftraggeber, die Geduld 
verliert oder mich für inkompetent hält und mir zwar den Auftrag gibt 
aber mich ständig kontrollieren will und misstrauisch ist. Gerade bei 
Aufträgen, die dem Umfang nach pragmatisch gesehen recht einfach sein 
könnten, ist das oft der Fall obwohl bei denen eben auch der Teufel im 
Detail stecken kann und sich rausstellt, dass ich hier nochmal 4 Stunden 
ungeplant zusätzlich reinstecken muss.

Ich bin seit ca. 20 Jahren mit uC, Elektronik und Programmierung befasst 
und meine daher eine gewisse Kompetenz zu haben. Interessanterweise 
neigen aber gerade Menschen die selbst Ingenieure sind oder ähnliche 
Vorbildung haben dazu, aus Ihrer Erfahrung heraus Details zu 
vernachlässigen.

Die Reaktionen auf Nachfragen meinerseits aber sind manchmal so, dass 
mit Hinweis auf die Selbstverständlichkeit, gesagt wird, das das 
fragliche Detail irrelevant ist bzw. so geregelt ist, das das Projekt 
machbar ist. Oft stellt sich dann heraus, dass ich dann Annahmen machen 
musste, die der Auftraggeber nachher doch anders spezifizieren muss. 
Aber das weiss ich in dem Moment noch nicht, wenn ich das Angebot mache. 
Es kann auch sein, dass der AG ein Detail mit Recht einfach gestaltet 
einschätzt und dann muss ihm meine Anfrage überflüssig vorkommen. Das 
Problem ist, das sich viele oft nicht in meine Lage als Auftragnehmer 
hineinversetzen können, der ich natürlich möglichst viel Detail vorher 
kennen will, damit ich die Arbeitszeit richtig einschätze.

Jetzt kann man natürlich einfach hart sein und den Auftrag ablehnen, 
wenn das nicht geht. Ich habe aber das zusätzliche Problem, dass mich 
die Wirtschaftskrise ganz schön gebeutelt hat. Ich bin erst seit einigen 
Jahren selbstständig und einige Monate nach meinem Start hat die Krise 
richtig angefangen. Ich brauche die Aufträge und stehe halt vor der 
Frage ob ich es nicht einfach doch riskiere auch wenn ich dabei evtl. 
mehr Arbeit leisten muss als vorgesehen. Und dann die Frage ob ich nicht 
einfach in einer Lage bin, bei der ich doch gezwungen bin solche 
Probleme und teilweise die Nachlässigkeiten und Ignoranz des AG zu 
tolerieren.
Ich habe sogar manchmal den Fall, das ich letztlich nur als zeitweiser 
Angestellter betrachtet werde. Ich erscheine z.B. zu Terminen und der AG 
hat keine Zeit und das ist dann halt einfach mein Pech. Oder ich werde, 
wenn ich irgendwas frage, abgebügelt, in einigen Fällen, indem Zorn 
demonstriert wird. Da kann ich Sachen erzählen die sind nicht mehr 
schön.

Für einen Rat zu dem Problem oder Anmerkungen dazu wäre ich euch sehr 
dankbar, da mir das einfach auch oft den Schlaf raubt und mir ziemlichen 
Stress verursacht.

von Klaus W. (mfgkw)


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Erwin schrieb:
> Ich muss
> aber doch gleichzeitig zur Kenntnis nehmen das vom Auftraggeber eben
> genau so geantwortet wurde, wie es getan wurde. Stelle ich ein zweites
> Mal weitere Fragen, so riskiere ich, das der Auftraggeber, die Geduld
> verliert...

Daß der AG dünne Vorgaben macht, ist ja normal.
Das kann man auch nicht ändern.
Er erstellt das Lastenheft (auch wenn er es vielleicht nicht so
nennt, aber irgendwie kommen ja seine Anforderungen zu dir).
Das darf beliebig schlecht sein.

Aber von dir kommt dann daraufhin das Pflichtenheft! Natürlich könnt
ihr euch zusammen setzen und es gemeinsam machen, aber letztlich ist
es von dir.
Das heißt, es liegt an dir, daß es konkret genug ist.
Das legst du dann dem AG vor und entweder er akzeptiert es, oder
es muß geändert werden.
Sobald er es akzeptiert, ist es Vertragsbestandteil und danach wird 
gearbeitet und hinterher bewertet.

Wenn du nur seine Anforderungen (beliebig schlecht formuliert)
in das Pflichtenheft kopierst, bist du selbst schuld.

Natürlich kannst du das Risiko eingehen, auch ohne Pflichtenheft
zu arbeiten.
Das mache ich auch, aber nur bei sehr wenigen Leuten und nicht
mit Mannjahren in Vorleistung.

In aller Regel würde ich das aber bleiben lassen, gerade
bei Leuten, die sich nicht festlegen wollen.

Wie willst du denn planen und kalkulieren, wenn du etwas zu
einem Betrag anbietest, aber die Anforderungen später diktiert
werden?
Das ist der unangenehme Weg, pleite zu gehen.
Der schönere ist, gar nicht erst zu arbeiten und gleich baden
zu gehen.

Erwin schrieb:
> Oft stellt sich dann heraus, dass ich dann Annahmen machen
> musste, die der Auftraggeber nachher doch anders spezifizieren muss.

Deine Annahmen gehen ins Pflichtenheft, der AG unterschreibt und
dann wird gearbeitet - oder es wird neu spezifiert.
Ändert er seine Meinung, kann man den Vertrag ändern - zu neuen
Preisen+Terminen und wieder in Abstimmung über ein geändertes
Pflichtenheft, das der AG wieder absegnen muß.

von Erwin (Gast)


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Was mir gerade noch so durch den Kopf geht.

Ich habe z.B. auf die Frage nach dem Einsatzbereich des Endproduktes 
sinngemäß die Antwort erhalten: "Das Produkt wird nicht im 
sicherheitsrelevanten XYZ-Bereich eingesetzt".

Was soll ich damit anfangen? Jetzt weiss ich zwar, worin das Produkt 
nicht eingesetzt wird, aber nicht wo das Produkt letztlich eingesetzt 
wird.

Warum antwortet mir der AG nun so? Warum schreibt er nicht positiv was 
das Einsatzgebiet ist? Ist er nun inkompetent oder obwschon gutwillig, 
dennoch einfach zerstreut bzw. nachlässig oder will er mir einen Strick 
drehen?

Und wenn ich dann nachfrage bekomme ich manchmal zur Antwort, das habe 
ich doch geschrieben und muss erstmal erklären was der Unterschied 
zwischen einer positiven also einschliessenden Antwort und einer nur 
negativen also ausschliessenden Antwort ist. Das ist letztlich auch 
nicht glücklich, das ich den Kunden nun anfange zu belehren.

Ach, das ist ein endloses Thema. Hier sind ja so einige Selbstständige, 
aber ich frage mich oft, wie die das machen. Wenn man einiges gespart 
hat und sich sicher fühlen kann dann ist das ja alles kein Problem. Aber 
sonst...

von Klaus W. (mfgkw)


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Nachtrag:
Es gibt natürlich auch Fälle, daß man vorher wirklich nicht alles
festlegen kann.

Dann kann aber auch keinen Vertrag machen, der feste Preise und
Termine enthält (zumindest nicht für die Gesamtlösung).

Dann muß der AG für einen Teil oder für alles halt akzeptieren,
daß man zu einem Stundensatz o.ä. arbeitet.

Jedenfalls kann keiner verlangen, einen Festpreis angeboten zu
bekommen, ohne sich auf vorherige Anforderungen festzulegen.

von Erwin (Gast)


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@ Klaus

>Aber von dir kommt dann daraufhin das Pflichtenheft! Natürlich könnt
>ihr euch zusammen setzen und es gemeinsam machen, aber letztlich ist
>es von dir.
>Das heißt, es liegt an dir, daß es konkret genug ist.

Weisst Du, Klaus. Ich bin sowieso eher einer der sehr gerne genau und 
detailliert und analytisch arbeitet. Mir brauchst Du das nicht zu sagen. 
An mir liegt es nicht, wenn ein Pflichtenheft nicht detailliert genug 
ist. Das Problem ist einfach, diese Arbeitsweise durchzusetzten. Oft 
genug will der AG einfach nur so ein FireAndForget und nicht mit Details 
belämmert werden. Das mir als Auftragnehmer daraus Probleme entstehen 
interessiert oft nicht, denn die Grundlage dafür, den anderen nämlich 
auch leben zu lassen ist beim AG oft garnicht vorhanden.


>In aller Regel würde ich das aber bleiben lassen, gerade
>bei Leuten, die sich nicht festlegen wollen.

>Wie willst du denn planen und kalkulieren, wenn du etwas zu
>einem Betrag anbietest, aber die Anforderungen später diktiert
>werden?
>Das ist der unangenehme Weg, pleite zu gehen.
>Der schönere ist, gar nicht erst zu arbeiten und gleich baden
>zu gehen.

Da magst Du recht haben. Dieser Philosophie hänge ich auch an. Aber dann 
kommen auch Zeiten, wo mir das tägliche Essen, das Dach über dem Kopf 
und die Heizung und, nicht zuletzt, auch die Freude an der Arbeit mit 
Elektronik und Computern wichtig und HARTZ IV ein Horror ist und dann 
kommt halt die Versuchung Kompromisse einzugehen.

>Deine Annahmen gehen ins Pflichtenheft, der AG unterschreibt und
>dann wird gearbeitet - oder es wird neu spezifiert.

Das ist, verzeihe bitte, die Idealvorstellung. Es ist mir auch schon 
untergekommen, das der AG gesagt hat: "Ach das Pflichtenheft, das habe 
ich garnicht so genau gelesen. Das muss dann halt geändert werden. Das 
Problem muss gelöst werden, das ist mir wichtig."
Und wenn ich dann weitere Geldforderungen stellen will wird oft versucht 
mir einzureden, dass die notwendige Änderung ja doch eine 
Selbstverständlichkeit ist, auf die ich auch alleine hätte kommen 
können.
Dann steht man halt vor der Frage, den Auftrag aufzugeben oder die Zähne 
zusammenzubeissen.

Verstehst Du: Wie es sein sollte ist mir durchaus klar. Aber die 
Praxis zeigt halt, dass es schwierig ist solche Vorgehensweise 
durchzusetzen. Als unbekannter Entwickler unter vielen mit der 
Notwendigkeit seinen Lebensunterhalt zu verdienen bin ich immer in der 
schwächeren Position.

von Klaus W. (mfgkw)


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Es steht dir frei, dich verschaukeln zu lassen.
Aber ich würde bei solchen Leuten nicht ohne Unterschrift arbeiten.
Wenn er es nicht gelesen hat, ist es sein Problem.

Schreib deine Annahmen rein, gibt es ihm, und arbeite, wenn er es
akzeptiert - ggf. nach gemeinsamen Änderungen.
Alles andere ist Selbstmord.

Ein bißchen muß man seine AG auch erziehen, und wenn er sich darauf
gar nicht einlässt, muß halt ein anderer der Dumme sein.
Nur für Geld springst du doch auch nicht von der Brücke, oder?

von Klaus W. (mfgkw)


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Erwin schrieb:
> ...dass es schwierig ist...

ja, schwierig ist es.
Aber nicht unmöglich, und vor allem dringend nötig

von Klaus W. (mfgkw)


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Erwin schrieb:
> Oft
> genug will der AG einfach nur so ein FireAndForget und nicht mit Details
> belämmert werden.

Dann muß er nach Aufwand bezahlen, und nicht nach Festpreis.
Jeder wie er will.

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