Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Ausstieg aus der Wissenschaft: habt ihr es bereut?


von Mike S. (drseltsam)


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Hallo,

Ich hatte vor 3 Monaten schon mal einen Thread, darüber, dass ich noch 
keine Vertragsverlängerung habe, und was sinnvoll wäre zu tun.
Tja, mein grenzenloser Optimismus, dass es doch noch was wird ist immer 
noch nicht verflogen, aber eine Verlängerung habe ich 1 Monat vor Ende 
immer noch nicht.
Ich arbeite, wie im Titel angedeutet, als Wissenschaftler bei einer der 
großen Forschungesellschaften in Dtl., allerdings nicht im Fachgebiet 
Elektronik.
Nunja, jetzt stellt sich für mich immer mehr die Frage, ob ich, selbst 
wenn ich meine Verlängerung bekomme, weiter eine akademische Laufbahn 
anstreben sollte, oder einfach in die Wirtschaft gehe. Ich bin mir 
sicher, einige von Euch haben vor der selben Frage gestanden. Wie habt 
Ihr Euch entschieden, und was denkt Ihr heute darüber?

von Juri Parallelowitsch (Gast)


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Ich bin aus der Forschng in die Wirtschaft und nun wieder nach 5 Jahren 
in der Forschung.

Forschung (reine Wissenschaft) und Entwicklung (Industrie) verhalten 
sich wie Himmel und Hölle.

Im Himmel ist dein Professor dein Gott und alles läuft nach seinen 
Regeln - du bist entweder ein Erzengel und kannst machen was du willst 
oder ein einfacher Engel und machst was dir gesagt wird.
Wiederspruch kommt praktisch nicht vor - du bekommst soviel Geld wie du 
brauchst und hast keine Angst vor Fehlern - denn die sind normal.
Du lebst sorglos, die Zeit tickt im halbem Tempo.

In der Hölle ist dein Chef der Teufel der in jeder Sekunde jeden Dämon 
entlassen und per Liste in HIV schicken kann - keiner wird dich mehr 
einstellen, außer den menschlichen Firmen.
Du bist entweder ein Dämon oder ein Höllenhund. Und du kannst soviel 
Geld haben wie du willst, musst es nur irgendwo stehlen, dann bekommst 
du 20 %.
Wenn du ordentlich Feuer machen kannst, darfst du sogar den Teufel 
herrausfordern - es ist ein Spiel - aber du könntest verbrannt werden, 
wenn es nicht funktioniert.
Du lebst in Sorge, die Zeit tickt doppelt so schnell.

von Marc2410 (Gast)


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Hi meine Freunde.

Lustig dieser wirklich treffende Vergleich zwischen Himmel und Hölle.

Bin seit 1 Jahr frisch aus der Hochschule und in der Industrie 
(Entwicklung) gelandet. Gott, ich freu mich drauf so bald wie möglich 
wieder auf die Uni zu gehen. Ich freue mich auf die Freigeister dort. 
Dort ist es echt wie im Himmel. Zudem bekomm ich auch irgendwann noch 
meinen Doktorgrad :)

Also. Lang halt ich es hier in der Wirtschaft nicht mehr aus.

lg

von Joachim (Gast)


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Hallo,

klar die akademische Welt hat ihre Vorzüge. Allerdings sollte dir klar 
sein, dass es den akademischen Mittelbau quasi nicht mehr gibt. Wenn Du 
dort also langfristig bestehen willst musst Du letztlich Prof. werden. 
Diese Stellen sind einerseits rar, andererseits haben natürlich nicht 
alle das Zeug dazu. Somit musst Du deine akademische Karriere planen und 
ggf. rechtzeitig den Ausstieg finden.
Ein Doktortitel sollte aber auf alle Fälle bei deiner akademischen 
Karriere herausspringen. Ansonsten wäre die Berufstätigkeit dort quasi 
als gescheitert zu werten.

Viele Grüsse,
Joachim

von Mike S. (drseltsam)


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So, ich habe meine Vertragsverlängerung. Bis Juni 2011. Ich denke mal 
ich mach da mal schnell meinen Doktor fertig und schau mir alle Optionen 
an, die sich dann bieten.

von Sven S. (Gast)


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Also ich habe auch diese Entscheidung fällen müssen (bin aber noch an 
der Uni, für 2 Jahre Vertrag aber auf Jobsuche). Für mich ist klar, dass 
ich nicht alle 2-3 Jahre "auf der Straße sitzen" möchte, wenn kein 
rojekt mehr vorhanden ist. Festanstellungen sind an der Uni ja doch eher 
selten, es sei denn man hat eine Professur. Für mich ist das keine 
Perspektive für die Zukunft, denn was macht man mit 50, wenn dann doch 
kein Job mehr da ist?

Daher orientiere ich mich in die Wirtschaft, auch wenn es dort 
stressiger wird.

von Hans Mayer (Gast)


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Gleiche Frage bei mir.
Hab noch bis Ende Mai für meine Promotion und ein Angebot für eine 
Postdocstelle. Weiss aber nicht ob ich nicht besser gleich nach der 
Promotion aussteigen sollte, Forschung in der Industrie oder so.

Vor allem weil die wenigen Dauerstellen in Deutschland Professoren und 
Max-Planck-Direktoren sind, was beides nur noch wenig mit Forschung zu 
tun hat.

von Udo S. (urschmitt)


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Mike Strangelove schrieb:
> So, ich habe meine Vertragsverlängerung. Bis Juni 2011. Ich denke mal
> ich mach da mal schnell meinen Doktor fertig und schau mir alle Optionen
> an, die sich dann bieten.

Gratulation und viel Erfolg/Glück

Hans Mayer schrieb:
> Weiss aber nicht ob ich nicht besser gleich nach der
> Promotion aussteigen sollte, Forschung in der Industrie oder so.
>
> Vor allem weil die wenigen Dauerstellen in Deutschland Professoren und
> Max-Planck-Direktoren sind, was beides nur noch wenig mit Forschung zu
> tun hat.

und Du denkst in der Industrie hast du in einer vergleichbar leitenden 
Funktion noch mit Forschung zu tun?
98% ist Verwaltung, Budget, sich eintüten lassen und/oder andere 
eintüten, durchboxen, Kunden um den Bart gehen etc. pp.
Hör auf zu träumen :-)

von Loonix (Gast)


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Juri Parallelowitsch schrieb:
> Ich bin aus der Forschng in die Wirtschaft und nun wieder nach 5 Jahren
> in der Forschung.
>
> Forschung (reine Wissenschaft) und Entwicklung (Industrie) verhalten
> sich wie Himmel und Hölle.
>

> ...

> Du lebst in Sorge, die Zeit tickt doppelt so schnell.
>

Absolut geil der Beitrag, wenn auch ganz schön martialisch. Für einen 
"Dämon", der seit eh und je in der Industrie werkelt, wirkt "Ihr 
studierten" manchmal etwas weich, meine Sympathien habt ihr aber ;))

von Purzel H. (hacky)


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Also fuer die, die's nicht durchschaut haben. Die Doktorarbeiten sind 
eine Symbiose. Mehr oder weniger schlecht betreut arbeitet man fuer fast 
nichts und lernt viel dabei. Der Prof und die Schule kommen dabei 
vorwaerts und als Abfindung fuer die viele Arbeit bekommt man den 
Doktor. Nachher kann man weitermachen, postdoc, umziehen und fuer wenig 
Geld und viel Ueberzeit ackern. Irgendwann Mitte Dreissig hat man's dann 
vielleicht satt und steigt aus. Denn die Chance selbst Professor zu 
werden ist gering. Ausser, man ist genialer Ueberflieger, hat 
erstklassige Betreuung und kommt mit Riesenschritten vorwaerts.

von Juri Parallelowitsch (Gast)


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Loonix schrieb:
> Für einen
> "Dämon", der seit eh und je in der Industrie werkelt, wirkt "Ihr
> studierten" manchmal etwas weich, meine Sympathien habt ihr aber ;))

Das kommt sehr darauf an was du unter 'weich' verstehst.

Wenn ein Projekt kocht ordnet man Überstunden und Wochendarbeit an - was 
auch den ganz 'harten' gar nicht so gefällt.
Man weiß aber das es eine Effizienzgrenze gibt - wo die Leute dann 
schlichtweg keinen Bock mehr haben und nur noch Scheinleistung 
produzieren oder (nervig) lösbare Probleme gegen die Wand laufen lassen.

Die Weichheit besteht dann darin 'Bitte' zu sagen und Überzeugungsarbeit 
zu leisten - so kann man noch Leistung abfordern wo es 'hart' nicht mehr 
geht.

Was nützt mir ein Mitarbeiter der sich krank meldet (weil er die 
Schnautze voll hat) - so gebe ich ihm eine Prämie (500 EUR) und er macht 
für mich mal 120 % für 2 Wochen (und nicht wie üblich 80 %) - ist das 
hart oder weich?

Kann er doch seiner Frau was schönes kaufen - das funktioniert...

--- - ---- - -----

Mike Strangelove schrieb:
> So, ich habe meine Vertragsverlängerung. Bis Juni 2011. Ich denke mal
> ich mach da mal schnell meinen Doktor fertig und schau mir alle Optionen
> an, die sich dann bieten.

Mach das! Ich hab ein FH Diplom und kann das ohne Überstunden nicht so 
einfach machen - hab aber ein paar Arbeiten geschrieben die an UNIS 
aller Art als Doktorarbeit durchgegangen wären - ist nicht sonderlich 
schwer.
Die Lorbeeren haben dann immer Andere kassiert - hebt mich aber auch 
nicht weiter an.
Wenn du mit wenig Aufwand deinen Doc abholen kannst, mach es.
Für viele hast du dann einen Heiligenschein.
(Für mich ist es zuviel Aufwand - an einer Uni ein paar Fächer nochmal 
studieren - eine Arbeit schreiben - 2 Jahre 10 h pro Woche von meiner 
Freizeit opfern - jetzt grad nicht..also wahrscheinlich nie.)

:-)

von Grakafreund (Gast)


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>Mach das! Ich hab ein FH Diplom
Juri, in einem anderen thread hast Du Uni-Diplom. (?)

von Sputnik (Gast)


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Ah, der Juri schon wieder... Super Sache! Ich hoffe, dir geht es gut.

von Juri Parallelowitsch (Gast)


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Grakafreund schrieb:
> Juri, in einem anderen thread hast Du Uni-Diplom. (?)

In Deutschland ist es als FH anerkannt, denke ich jedenfalls - ich hab 
das aber nie genau geprüft, weil es mir egal ist.

Wo hab ich geschrieben ich hätte ein UNI-Diplom?

Kann mir kaum vorstellen das ich das behauptet haben soll - allenfals 
das ich an einer UNI studiert habe.

von sceptic (Gast)


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Ist zwar off-topic aber grad interessant...

@ Juri
So wie ich es in anderen Threads verstanden habe (und da haben sie es 
ganz genau genommen) gibt es hier in Deutschland folgende Diplome:
Dipl-Ing. (FH) von einer deutschen Fachhochschule
Dipl-Ing. bzw. Dipl-Ing. Univ. von einer deutschen Universität
Dipl-Ing. (Univ. Sonstwo) von einer ausländischen Bildungsanstalt.

Von "das gilt als" war da nirgendwo die Rede. Und Daß Du als "Think 
Tank" das nicht aus dem effeff beantworten kannst erstaunt mich ein 
bisserl. Welches Diplom hast Du denn genau?

PS: Was steht denn auf Deiner Visitenkarte?

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