Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Toleranzfortpflanzung


von Oli (Gast)


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Hallo Leute,

ich stehe vor der Messtechnischen Aufgabe zwei parallel geschaltete 
Kapazitäten zu messen. Die Kondensatoren sind wie gesagt parallel 
geschaltet und lassen sich auch nur als "eine" Gesamtkapazität messen.

Beide Kondensatoren sind jeweils 47µF +-20% groß. Ergibt also 94µF. Wie 
berechnet man jetzt korrekt, den möglichen zulässigen relativen 
Gesamtfehler für die Schaltung? Das ganze natürlich ohne Betrachtung von 
Messgerätefehlern etc.

Das es nicht +-20% ergibt sich schon aus einer worst case Betrachtung, 
also maximale Abweichung bei gleiche Fehlerrichtung.

Vielleicht hat jemand einen hilfreichen Link (auser Wikipedia 
Fehlerfortpflanzung) zur Hand.

Vielen Dank und ein schönes WE

Bye Oli

von U. B. (Gast)


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Vielleicht auch interessant ?

http://www.moroder.it/daniel/data/GEO%20Vermessungskunde%20Fehlerlehre.pdf

( Keine Gewähr. )

von Nebenbei (Gast)


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> Das es nicht +-20% ergibt sich schon aus einer worst case
 > Betrachtung, also maximale Abweichung bei gleiche Fehlerrichtung.

Dass es doch so ist, glaub ich, sonst wäre es ja Hexerei.
Prozent-Angaben sind immer exakte Angaben.
 -  20% von 47u sind 9,4u
 -  18,8u von 94u sind auch 20%

Es soll auch Kompensation geben.

von Michael K. (charles_b)


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Ich meine dass sich die Quadrate der relativen Einzelfehler zum  Quadrat 
des Gesamtfehlers addieren


Bei 20% wären das dann (0,2 hoch 2 plus 0,2 hoch2) und davon dann die 
Wurzel = 0,28, also ein Fehler von +- 28%

(p.s. die Kettenrechnung da oben verzeihe man mir!)


=====> sorry, dies gilt, wenn bei der Ergebnisberechnung das Produkt 
gebildet wird. Hier werden die Cs aber nur addiert.


Bei ner Summe muss man die der absoluten Fehler addieren.
Es spielt ja auch eine Rolle, ob ein sehr großer mit einem sehr kleinen 
C kombiniert wird oder zwei gleichgroße Cs vorhanden sind.

Der gesamte relavite Fehler ergibt sich dann aus dem Verhältnis des 
absoluten Fehlers durch die Summe des summierten Gesamtwertes.


Ob es nun stimmt?

von Flo S. (tuxianer)


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Also formal geht das über die Taylorentwicklung.
Dann kommt es darauf an, ob du den Maximalfehler berechnen willst, oder 
davon ausgehst, dass sich die Fehler gegenseitig kompensieren können 
(Gaußsche Fehlerfortpflanzung), wobei das hier eigentlich nicht sinnvoll 
ist.

von Martina (Gast)


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>Beide Kondensatoren sind jeweils 47µF +-20% groß. Ergibt also 94µF. Wie
>berechnet man jetzt korrekt, den möglichen zulässigen relativen
>Gesamtfehler für die Schaltung?

Wenn beide maximal um 20% abweichen können, dann weicht natürlich auch 
die Parallelkapazität um maximal 20% ab!

47 x 1,2 + 47 x 1,2 = (47 + 47) x 1,2 = 94 x 1,2

von Oli (Gast)


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Ersteinmal ein Dankeschön an euch.

Muss mich wohl für meinen Mathematikfehler im Eröffnungs Thread 
entschuldigen.

Um meine genannte C- Parallelschaltung eineindeutung qualitativ zu 
beurteilen muss ich die maximal zulässige Gesamttoleranz wissen. 
Deswegen möchte ich das Thema Kompensation, welches es unbestritten gibt 
nicht betrachten. Dies würde an dieser Stelle zu Pseudofehlern führen, 
da damit die relative Fehler ja unter 20% liegen würde, welcher 
andererseits aber auftreten kann.

Also nochmals vielen Dank.

Bye Oli

von Michael K. (charles_b)


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Oli schrieb:
> Ersteinmal ein Dankeschön an euch.
>
> Muss mich wohl für meinen Mathematikfehler im Eröffnungs Thread
> entschuldigen.
>
> Um meine genannte C- Parallelschaltung eineindeutung qualitativ zu
> beurteilen muss ich die maximal zulässige Gesamttoleranz wissen.
> Deswegen möchte ich das Thema Kompensation, welches es unbestritten gibt
> nicht betrachten. Dies würde an dieser Stelle zu Pseudofehlern führen,
> da damit die relative Fehler ja unter 20% liegen würde, welcher
> andererseits aber auftreten kann.
>
> Also nochmals vielen Dank.
>
> Bye Oli

Da könnte man die C messen, oder? Wenn du 2 gleich Werte von je 47 muF 
nimmst mit 20% Toleranz, dann wird auch die Kombination 20% Toleranz 
haben.

Die annahme, dass die Toleranz kleiner werden würde, würde ja die 
Konsequenz haben, dass man jede Menge hochtoleranter Bauteile nur 
zusammenschütten muss, umd den gewünschten Wert mit hoher Präzision 
hinzubekommen.

von Andreas R. (rebirama)


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Bei der Verrechnung von Bauteiltoleranzen gibt es zwei Extrema:

A) Worst Case: Alle Bauteille liegen per Definition am ungünstigen Ende 
des Toleranzbandes.

hier würde das bedeuten +-20% für die 96µF der beiden Cs.

Bei wenigen Bauteilen muss diese Rechnung verwendet werden um die 
Funktion der Schaltung zu garantieren. Damit ist man Prinzipiell auf der 
sicheren Seite.

B) Statistische Rechnung, oder die Frage "Wie Wahrscheinlich ist das 
zusammentreffen von ungünstigen Toleranzkombinationen?"

Wenn die Kapazitätswerte normalverteilt und unabhängig(!) sind und die 
-20% z.B. einer 6-sigma-Grenze entsprechen (ca 3 ppm 
Auftretenswahrscheinlichkeit), dann wird die Gesamtkapazität der 
Parallelschaltung mit der gleichen Wahrscheinlichkeit nur ca +-14% 
schwanken (siehe Linearkombination von Zufallsvariablen). 
Parallelschalten reduziert unter dieser Annahme also die Toleranz des 
Gesamtsystems.

Realtität:
liegt zwischen beiden Extremen. Für A spricht, dass die Kondensatoren 
aus der gleichen Maschine gefallen sind und deshalb keine unabhängige 
Toleranz haben. Manchmal selektiert der Hersteller auch die besten Teile 
aus, um sie teurer zu verkaufen (OP nach Offset, Farbe von LEDs oder 
ähnliches)

Bei einem R-C-Filter würde ich die Toleranz der Grenzfrequenz eher nach 
B abschätzen, sicher ist man mit der Statistik aber nie. Deswegen gibt's 
in der Praxis einen EOL-Test.

von Harald Wilhelms (Gast)


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Michael K-punkt schrieb:
> Ich meine dass sich die Quadrate der relativen Einzelfehler zum  Quadrat
> des Gesamtfehlers addieren

Solche Gesetzmässigkeiten gelten aber nur bei statistischen Fehlern.
Bei zwei, auf eine Platine gelöteten, Kondensatoren ist aber die
Wahrscheinlichkeit gross, das sie "aus der selben Schachtel" kommen.
Dann geht typisch auch die Toleranz in die gleiche Richtung. D.h.
wenn einer der beiden Cs zufällig +20% hat, wird auch der zweite einen 
ähnlichen Wert haben.
Gruss
Harald

von Michael_ (Gast)


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Ich frage mich über den Sinn der Betrachtung. Bei einer Bauteiltoleranz 
von 1% würde das gehen. Aber bei Kondensatoren mit dieser Toleranz ist 
das doch eh wurscht.

von Michael K. (charles_b)


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Harald Wilhelms schrieb:
> Michael K-punkt schrieb:
>> Ich meine dass sich die Quadrate der relativen Einzelfehler zum  Quadrat
>> des Gesamtfehlers addieren
>
> Solche Gesetzmässigkeiten gelten aber nur bei statistischen Fehlern.

Richtig, und es gilt wohl auch nur für Größen, die als Faktoren in die 
Rechnung eingehen bei a*b kommt ein anderer Fehler raus als bei a+b.
Ist ja auch klar, dass wenn ich bei einem Grundstück ne große 
Unsicherheit bei der einen UND der anderen Seite habe, das Ergebnis NOCH 
unsicherer wird.

Bei einem Produkt von R und C gilt also die Quadrateregel, bei der Summe 
von 2 C die Summe mit den absoluten Werten etc.

Aber, und da gebe ich dir noch einmal Recht, würde die Betrachtung 
gelten, wenn ich mit einem miserablen C-Meter gemessen hätte. Die 
Abweichung auf dem C gibt ja was anderes an.

Beim C-Wechsel in meinem CD-Player (jaja, bringt nichts etc...) habe ich 
die neuen C alle vermessen. Da bin ich NIE auch nur annähernd an die 
aufgedruckten Grenzen gestoßen. Ich meine, die größte Abweichung waren 
mal 6%.

Insofern sind die 20% bei Kondensatoren wohl eher ne Rückversicherung 
der Hersteller an sich selber, dass sie ja keinen als Reklamation 
zurücknehmen müssen.

von Martina (Gast)


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>Insofern sind die 20% bei Kondensatoren wohl eher ne Rückversicherung
>der Hersteller an sich selber, dass sie ja keinen als Reklamation
>zurücknehmen müssen.

Du kannst aber auch einen Gurt haben, bei denen alle Kondensatoren zwar 
untereinander nahezu gleich sind aber trotzdem absolut um die 15% 
daneben liegen (oft bei Foliencaps). Und du kannst einen Gurt haben, bei 
dem fast alle Caps sehr genau sind, aber erhebliche Ausreißer dabei sind 
(oft bei Elkos). Habe ich alles schon gehabt...

Also, wenn "20%" draufsteht, dann können es jederzeit auch wirklich 20% 
Fehler sein!

von Oli (Gast)


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Michael_ schrieb:
> Ich frage mich über den Sinn der Betrachtung. Bei einer Bauteiltoleranz
> von 1% würde das gehen. Aber bei Kondensatoren mit dieser Toleranz ist
> das doch eh wurscht.

Wenn man bei einem Baugruppe während der Produktion prüfen muss ob alle 
verwendenten Bauelemente korrekt Bestückt sind und keine 
Bauelementefehler aufweisen, macht das auch bei 20% Sinn. Hauptsache der 
Gesamtwert liegt im mathematisch korrekten Bereich, denn dafür sind die 
folgenden Baugruppen ausgelegt bzw. die Spezifikation des Prüflings 
definiert. Es geht einzig und alleine die Grenzen plausibel ohne 
Annahmen oder Wahrscheinlichkeiten wie gegenläufige Fehlerrichtungen zu 
definieren.

Daraus resultiert nämlich ein Pass oder Fail für den Prüfling und da ist 
wirtschaftlich schwer erklärbar, dass es eigentlich unwahrscheinlich 
etc. ist, das die Fehlerrichtungen gleich sind.

Also nochmal vielen Dank.

Bye Oli

von Michael K. (charles_b)


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Wie sagte doch schon Heike Kamerlingh Onnes: Durch Messen zum Wissen!

von Maulwurf (Gast)


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Ja.
Die nächste Messe ist die
Embeddedworld2011 vom 1.-3.März 2011 in Nürnberg.
Jetzt registrieren und kostenlode Eintrittskarten sichern:
www.embedded-world.de

von Michael_ (Gast)


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>Wenn man bei einem Baugruppe während der Produktion prüfen muss ob alle
>verwendenten Bauelemente korrekt Bestückt sind und keine
>Bauelementefehler aufweisen, macht das auch bei 20% Sinn.
Schön langsam. Der Vergleich von Bauteiltoleranzen und 
Totalausfall/Falschbestückung ist nicht zulässig.
Willst du Falschbestückung mit Bauteiltoleranzen ausgleichen?
Vor allem bei Elyt ist die untere Toleranzgrenze wichtig. Sie sollte man 
immer etwas überdimensionieren, da sie Kapazität verlieren.

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