Hallo Leute,
ich hab da mal eine Frage betreffend der Berechnung eines magnetischen
Felds.
Gerade eben erst gelernt:
Die allgemeinste Form, um den magnetischen Feldstärkevektor zu
berechnen, lautet:
Dabei ist der Vektor s eine Raumkurve, die den Leiter beschreibt, durch
den der Strom I fliesst, und r ist der Abstand eines Punkts im Raum, wo
ich die Feldstärke berechnen möchte, von dieser Raumkurve.
Soweit so gut; ich habe mal Maple angeworfen und mir eine Raum"kurve" s
gebastelt, die lediglich einen langen, geraden Leiter darstellt.
Berechnet man dann dieses Integral, kommt erwartungsgemäss die richtige
Feldstärke heraus, und es lässt sich sogar symbolisch berechnen, sodass
ich die Feldstärke in einem beliebigen Punkt bestimmen kann und einen
fieldplot ausgeben kann.
Leider wird das Integral sehr schnell sehr kompliziert.
Wähle ich
und berechne die Feldstärke in den Punkten x, y, z, dann wird
Durch das Kreuzprodukt wird der ganze Ausdruck ziemlich hässlich, und
mein Rechner beisst sich am Integral die Zähne aus. Ich habe einen 64Bit
Rechner mit 8GB RAM, und Maple hatte auch nach über einer Stunde rechnen
kein Resultat gefunden :o ich gehe aber mal davon aus, dass ich richtig
rechne, denn wenn ich die Feldstärke an fixen Punkten berechnen lasse,
dann stimmen die Werte mit den Formeln, die man in jeder Formelsammlung
findet, überein.
Ich denke also, dass die Berechnung dieses Integrals in kartesischen
Koordinaten nicht mehr möglich ist, weil das Ding einfach zu kompliziert
wird. Daher nehme ich mal an, dass ich das ganze in Zylinderkoordinaten
rechnen muss. Dann wird
und somit
was ja schon ein wenig einfacher ist. Doch nun wie weiter? Ich kenne
leider Zylinderkoordinaten nicht so gut. Wie integriert man da? Kann ich
den s-Vektor überhaupt so ausdrücken, wie oben dargestellt? Das sollte
doch einen Kreis mit Radius 1 ergeben, auf Höhe 0 um den Ursprung. Oder
nicht?
Ja, das Problem hatte ich auch mal. Da die wenigsten Integrale
analytisch lösbar sind, habe ich numerisch integriert. Damit reduziert
sich das Problem darauf, die Geometrie des fließenden Stromes durch
viele sehr kurze Leiterstücke zu beschreiben.
Hi,
ja das stimmt schon. Nur: wenn ich das Vektorfeld zeichnen möchte, muss
ich ja eine Vektorfunktion basteln können H(x,y,z), oder? Das heisst,
ich habe mindestens immer noch diese x, y und z Variablen in meinem
Integral drin.
Ansonsten stimme ich dir zu - wenn x y und z bekannt sind, kann ich das
Integral ohne Probleme berechnen.
Nein, du musst nicht unbedingt die Funktion (mit x, y, z als Variablen)
analytisch herleiten, um das Vektorfeld zeichnen zu können.
In der Regel wird in Programmen das Vektorfeld numerisch (heißt: Punkt
für Punkt einzeln, Genauigkeit variabel) berechnet und dann gezeichnet.
Stichwort: Finite Elemente Methode.
Nur schon wegen des Kreuzproduktes wuerde ich in kartesischen
Koordinaten rechnen. Ich hab solche Rechnungen schon von 10 Jahren auf
einem 300MHz 386 gemacht. Der war hinreichend schnell. Einfach die
Geometrie des Leiters in hinreichend kleine Stuecklein zerscheibeln und
dann numerisch drueber. Du wirst staunen wie schnell das berechnet ist.
Hi Trippel Oschi,
danke für deinen Hinweis.
Zwar ist mir schon klar, dass sich auch ein moderner Rechner an einem
solchen Integral die Zähne ausbeisst - jedoch bin ich davon ausgegangen,
dass meine Mathesoftware das auch weiss und dementsprechend rundet.
Ich habs jetzt hingekriegt - nach langem gurgeln habe ich rausgefunden,
dass der int-Befehl, welcher zum Berechnen des Integrals verwendet wird,
eine zusätzliche option namens numeric=true unterstützt - dann wird rein
numerisch gerechnet.
Im Anhang mal ein Bild, wie nun bei mir das magnetische Vektorfeld einer
kreisförmigen Leiterschleife aussieht (ich hab, damit man was sehen
kann, extra nur wenige Pfeile aktiviert).
Bei einer kreisförmigen Leiterschleife wird das ganze leider nicht mehr
so einfach. Diese Leiterschleife stellt ein magnetisches Dipolmoment da.
Eine Taylorentwicklung liefert:
Kann sein, dass Vorfaktoren anders sind, wichtig ist erstmal die Gestalt
des Problems. Wie schon gesagt, ist das hier nur eine Taylorentwicklung.
Ein knapper analytischer Ausdruck ist nicht möglich. Du kannst auf
Legendre Polynome umsteigen und nach Winkel entwicklen anstatt nach
aber dadurch wird es auch nicht schöner. Was du allerdings lösen kannst
ist der Fall, wenn du dich entlang der Symmetrieachse bewegst [math}\vec
r \ortho.
Wenn du über Zylinderkoordinaten integrierst, dann lautet das
Volumenelement:
Hier bietet es sich außerdem an die Leiterschleife als:
zu definieren. Dirac Deltas erleichtern das Integrieren unheimlich.
Ausgehend der (wirklich) allgemeinsten Form:
ergibt sich mit der oben genannten Stromdichte folgendes Integral:
Nun muss man
in Zylinderkoordinaten angeben. Der Cosinus Satz liefert fast gerade
die erzeugende Funktion der Legendre Polynome:
. Das scheint jetzt ein bisschen chaotisch, aber die Dirac Deltas helfen
uns gleich sehr!
In der letzten Zeile wurde die Rotationssymmetrie ausgenutzt!
Nun wird integriert:
Falls du die Dirac-Deltas nicht kennst:
Ab jetzt solltest du nur die Symmetrieachse
betrachten, oder auf Legendre-Polynome umsteigen. Ein paar Komponten
könnten zwar noch wegfallen, aber es vereinfacht sich nicht sehr stark.
Oder du benutzt gleich das magnetische Dipolmoment von oben und plottest
dir das.
Auf der Symmetrieachse lässt sich das Magnetfeld sehr leicht angeben:
Der zweite Term fällt beim integrieren weg:
das wichtige was man sich hier merken sollte ist, das dirac deltas für
einen die ganze Arbeit machen. Ich musste kein einziges Integral lösen,
lediglich ein paar Kreuzprodukte kennen.
Ich hoffe das hat geholfen!
martin
Hallo Martin,
willst du mir damit sagen, meine Rechnung sei falsch?
Wie bereits angedeutet, lässt sich dieses Linienintegral oder wie man
das auch nennen will berechnen, wenn ich für x, y und z konkrete Werte
einsetze. Symbolisch geht es nicht, da gebe ich dir recht, aber
numerisch klappt das mit Maple ganz gut. Ausserdem stimmt die
Feldstärke, die ich im Zentrum der kreisförmigen Leiterschleife erhalte,
ja auch überein mit der Wert, den die Formeln aus jedem Physik- oder
E-Tech Buch liefern. Wo liegt denn mein Fehler?
Ein Kollege meinte, er hätte sowas schon mal mit finiten Elementen
gerechnet - die Leiterschleife also in kleine Geraden zerlegt und dann
mit der Formel aus dem Physikbuch, welche für gerade Leiter gilt,
gerechnet. Addition bringe ähnliche Werte wie mein Integral hier, meinte
er.
Die von dir angegebene Formel ist eigentlich ein spezialfall für
unendlich dünne Leiter. Du kannst natürlich damit das Problem im oben
genannten Rahmen analytisch lösen, aber es ist deutlich komplizierter.
Dein erster fehler ist bei der Parametrisierung. ds zeigt in die
Richtung eines Linienelements. So wie du es angegeben hast:
zeigt es radial nach außen. Richtig wäre:
Nun zeigt die Parametrisierung der Kurve tangential, also entlang der
Leiterschleife. Aber das Ganze hilft dir nur begrenzt, weil du wieder
alle Einheitsvektoren einsetzen musst und dann drei Integrale ausführen
musst. Die Vektornotation vereinfacht es da leider überhaupt nicht, weil
man so nicht integrieren kann!
Der Sinn meines Beitrags war zum einen zu zeigen, wie man zwei dieser
Integrale geschickt durchführen kann und so das Problem deutlich
vereinfacht und zum anderen Lösungsvorschläge anzugeben, wie zum
Beispiel das oben angegebene Dipolfeld. Im Fernfeld dominiert diese
Lösung und weshalb nicht die dann verwenden. Es kommt da dann ein
bisschen darauf an, was du eigentlich machen möchtest:
- Möchtest du es nur plotten, dann benutz einfach weiter Maple
- Möchtest du hingegen einen theoretischen Hintegrundherleiten, dann
wirst du auf Reihenentwicklungen nicht verzichten können, um weitehrin
geschlossene Ausdrücke angeben zu können.
-Interessierst du dich fürs Nahfeld und möchtest zum Beispiel Messwerte
mit einer Simulation vergleichen, dann wäre (wie du schon geschrieben
hast) eine numerische Berechnung sinnvoll.
Hallo Tobias,
ich bin vor einiger Zeit auf eine recht interessante Vorlesung gestoßen,
die dich vielleicht auch interessieren könnte und dir bei deinen
Überlegung unterstützend hilft?
http://www.iks.tugraz.at/lehre/unterlagen/rfid-systems
Schau dir mal Kapitel 3 Nahfeld-Grundlagen an, denn sicherlich
interessiert dich nicht das Fernfeld des Magnetfeldes.
In dieser Vorlesung werden die zwei Ansätze Magnetisches Moment und
Biot-Savart-Gesetz für die Bestimmung der H-Feldstärke betrachtet.
Der Herr Finkenzeller geht in seinem Buch auf diese Geschichten leider
nur sehr oberflächlich ein, möglicherweise um den RFID-interessierten
Leser nicht zu langweilen oder weil er es nicht besser weiß.
In dem Zusammenhang ist vielleicht auch die Dissertation von Herrn
Soffke zu nennen "Modellierung, Simulation und Entwurf induktiv
gekoppelter Transpondersysteme" ab Kapitel 2.
branadic