Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik 2 Stabile Arbeitspunkte, welcher tritt ein?


von Jan R. (Gast)


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Hi,


Wenn sich rechnerisch, z.b. bei einer Reihenschaltung aus einer 
Tunnelldiode oder DIAC und einem Widerstand,zwei stabile Arbeitspunkte, 
ergeben, kann man dann berechenen, welcher eintritt?

Danke schonmal.

: Verschoben durch Moderator
von Norbert M. (Gast)


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Ja, kann man, wenn man alle relevanten Parameter zur Berechnung kennt.
Wieder einmal eine typische macman2010-Frage, oder?

LG, N0R

von Mike (Gast)


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Norbert M. schrieb:
> Ja, kann man, wenn man alle relevanten Parameter zur Berechnung kennt.

Bei nichtlinearen Systemen mit chaotischem Verhalten (im Sinne der 
Chaostheorie) wird selbst das an seine Grenzen stoßen.

von info (Gast)


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Das System startet normalerweise in einem vordefinierten Zustand. 
Meistens ist es der Stromlose fall.

Ist das eine Übungsaugabe aus "Etechnik für Mathematiker"?

von Martin (Gast)


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wahrscheinlich immer der ungewünschte Arbeitspunkt.

von Anja (Gast)


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Martin schrieb:
> wahrscheinlich immer der ungewünschte Arbeitspunkt.

Nein laut Murphy normalerweise der der den größten Schaden anrichtet.

Gruß Anja

von Jan R. (Gast)


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nja wirklich schlauer bin ich jetzt nicht. Kann man das jetzt am 
beispiel der Tunneldiode bspw. Ausrechenen? Oder nicht mit "normalen" 
mitteln?

von AP (Gast)


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Hängt von Startbedingung ab.

Verbindet man eine Spannungsquelle mit endlichem Ausgangsleitwert mit 
Tunneldiode + Widerstand wird die gemeinsame U/I Kennlinie ja von U=0 
beginnend durchlaufen.

von Udo S. (urschmitt)


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Deine Frage ist wie:
Wenn ich jetzt die handbremse meines Autos löse und den Gang rausmache, 
wo bleibt es dann stehen?

Solange du nicht weisst wo es vorher war gibt es dazu keine einheitliche 
Lösung.

von Andrew T. (marsufant)


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Jan R. schrieb:
> nja wirklich schlauer bin ich jetzt nicht. Kann man das jetzt am
> beispiel der Tunneldiode bspw. Ausrechenen? Oder nicht mit "normalen"
> mitteln?

Wenn Dich das etwas deteillierter interessiert,
schau doch bitte mal in die Serviemanuals eines Tektronix 475 oder 465 
(downloadbar , ko4bb oder google bemühen).
Dort (scope) ist eben jene TD Eigenschaft im Triggerteil genutzt, und 
(im theory of operation-Teil des Manuals) die fachliche 
Erklärung/wie_kommt_es/wie_startet_das_system zum jeweiligen 
Arbeitspunkt ist dort sehr gut erklärt, lohnt IMHO das mal anzusehen.

von uc (Gast)


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Klarr kannst du das ausrechnen.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Jan R. schrieb:

> Wenn sich rechnerisch, z.b. bei einer Reihenschaltung aus einer
> Tunnelldiode oder DIAC und einem Widerstand,zwei stabile Arbeitspunkte,
> ergeben, kann man dann berechenen, welcher eintritt?

Ich nehme an, das ist die Nachfrage für den Thread (irgendwas mit 
Stromquellen?) wo es am Ende darum ging, ein nichtlineares Netzwerk zu 
simulieren.

Eine übliche Vorgehensweise besteht darin, alle nichtlinearen Elemente 
durch eine lineare Approximation zu ersetzen und das entstehende 
Gleichungssystem zu lösen. Das gibt eine Näherungslösung und genäherte 
Arbeitspunkte. Basierend auf dieser Näherungslösung wird eine neue 
lineare Approximation gemacht, die gibt ein neues Gleichungssystem und 
das gibt eine neue Näherungslösung. Das wiederholt man so lange, bis man 
(hoffentlich) eine stabile Lösung erhält.

Die Frage ist jetzt: wenn es von vornherein mehr als eine Lösung gibt, 
kann man dann vorhersagen, welche Lösung die o.g. Methode finden wird?

Die kurze Antwort ist, daß das vom Startwert abhängt. Die lange Antwort 
ist etwas ... länger ;)

Die o.g. Folge von iterativen Näherungslösungen kann man als dynamisches 
System ansehen. Die Menge aller möglichen Zustände eines solchen Systems 
nennt man den Phasenraum. Im o.g. Beispiel wäre jeder (Lösungs)Vektor 
(u1, u2, ..., un) der Knotenspannungen ein Punkt im Phasenraum. Bei 
jeder Iteration bewegt sich das System von einem Punkt im Phasenraum zum 
nächsten. Ein Punkt im Phasenraum von dem das System wieder auf den 
gleichen Punkt springt, heißt Fixpunkt. Offensichtlich müssen stabile 
Arbeitspunkte Fixpunkte des dynamischen Systems sein.

Fixpunkte können nun anziehend sein oder abstoßend. Ein gutes 
gedankliches Modell ist das einer Hügellandschaft. Ein Punkt, an dem 
eine Kugel ruhig liegen bleibt, ist ein Fixpunkt. Manche dieser Punkte 
sind stabil (vulgo: anziehend), z.B. in einer Talmulde. Andere sind 
labil (vulgo: abstoßend), z.B. auf der Spitze eines Hügels. Systeme mit 
nur einem Fixpunkt sind i.d.R. gutartig. Systeme mit mehreren Fixpunkten 
können aber sehr komplexes Verhalten zeigen. Typisch sind dabei 
(chaotische) Oszillationen, wo das System zwischen verschiedenen 
Fixpunkten herumspringt. (Nicht genau zwischen den Fixpunkten, sondern 
aus der Nähe eines Fixpunkts in die Nähe eines anderen. Durch die 
begrenzte Rechengenauigkeit können hier aber auch echte Zyklen 
entstehen, die dann ein Artefakt sind.)

Schließlich brauchen wir noch einen Begriff: den Attraktor. Jeder 
Fixpunkt eines dynamischen Systems hat einen Attraktor. Das ist die 
Menge aller Punkte, die wenn man sie als Startwert wählt, schließlich 
zum besagten Fixpunkt führen. Damit wird die lange Antwort rund: die 
Simulation wird den Arbeitspunkt finden, auf dessen Attraktor der 
Startwert liegt.

Attraktoren sind ziemlich attraktive Biester. Einen hat sicher jeder 
schon mal gesehen, das sogenannte 
http://de.wikipedia.org/wiki/Apfelmännchen
Die meisten (wenn nicht alle) nichttrivialen Attraktoren sind Fraktale. 
Das bedeutet dann auch, daß sie keinen glatten Rand haben und daß es 
ganz allgemein sehr schwierig sein kann, überhaupt einen Punkt auf dem 
Attraktor zu treffen (nicht vergessen: Computer rechnen mit begrenzter 
Genauigkeit)

So. Mal sehen ob Jan R. sich jetzt zu einem Mathestudium einschreibt ;)


XL

von Philipp L. (philipp_l89)


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Axel Schwenke schrieb:
> Die kurze Antwort ist, daß das vom Startwert abhängt. Die lange Antwort
> ist etwas ... länger ;)

Kenne es ähnlich aus der Roboter Wegplanung, muss aber sagen: so 
interessant hat es mir bisher keiner verkaufen können! Sehr gut!!!

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