Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Eigenfrequenz in der Mechanik in einem Elektromotor


von Sören (Gast)


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Hallo, ich soll für meine Abschlussarbeit einen Emotor entwerfen, wobei 
ich jedoch  die Eigenfrequenzen der Mechanik soweit wie möglich hoch 
sein sollten.

Jetzt erst mal meine Frage:

Wieso muss man bei der Mechanik in einem elektrischem Antrieb die 
Eigenfrequenzen beachten ???

Wie werden dies Eigenfrequenzen erreicht ???

Und das wichtigste:

Um eine hohe Dynamik der Regler/ des Antriebes zu erreichen, sollten die 
Eigenfrequenzen sehr hoch sein, warum ?


Vielen Dank für eure Antworten.

PS: Bin E-techniker, meine mechanik Kentnisse sind maginal

von Thomas B. (thombde)


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Vielleicht ist mit der Eigenfrequenz die Drehzahl gemeint,
in der der Motor mit höchstem Wirkungsgrad und am effizientesten läuft.

Ist nur eine Vermutung.

von Kai S. (kai1986)


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Hallo,

als Schwinungen werden normal zuerst die der Motorwelle betrachtet. Wenn 
die Resonanzfrequenz des Läufers mit Welle z.b. bei 1500 min^-1 liegt 
kannst du den Motor bei der Frequenz/Drehzahl nicht betreiben, da es 
entweder zur Resonanzkatastrophe kommt oder du zumindest eine stark 
reduzierte Lebensdauer hast. Mit 2500 min^-1 lässt er sich prinzipell 
betreiben, es muss dann aber darauf geachtet werden, das der 
Resonanzbereich schnell durchlaufen wird beim hoch und runter drehen, 
damit die Resonanz nicht bzw. nur sehr wenig angeregt wird.
Bei einem sehr dynamischen Betrieb des Motors entspricht dies einem 
breiten Frequenzspektrum, wodurch sich auch Frequenzen anregen lassen, 
die nicht der aktuellen Drehzahl entsprechen. Wenn der Motor also 
schnell im Bereich 800 min^-1 bis 1000 min^-1 hin und herdreht kann es 
sein, das die Resonanz bei 1500 min^-1 trotzdem angeregt wird und der 
Motor schaden nimmt. Deshalb wünscht man sich eine Resonanzfrequenz, die 
möglichst weit oberhalb des Einsatzbereiches liegt.
Bei entsprechend komplexen Masseverteilungen gibt es dann meist auch 
noch mehrere Resonanzen, sowie die höheren Harmonischen der 
Grundschwingungen.

Gruß Kai

von A. S. (rava)


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unter mechanischen Eigenfrequenzen versteht man in der Regel die 
Schwingeigenschaften der Mechanik.
Genau wie die Elektrik schwingt, schwingen auch die mechanischen 
Komponenten aufgrund von Rotationtsträgheit der Massen und 
Torsionsfestigkeit der Wellen.
Das kann man ausrechnen;
Wer möchte, kann die mechanischen Schwingungen auch elektronisch 
ausregeln. :)

von Thorsten O. (Firma: mechapro GmbH) (ostermann) Benutzerseite


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Das Problem bei den Eigenfrequenzen ist, dass sie nicht durch die 
Regelung angeregt werden dürfen. Damit begrenzt die unterste mechanische 
Eigenfrequenz direkt die max. möglichen Reglereinstellungen und somit 
auch die Positioniergenauigkeit und die Dynamik des Systems. Bei 
Spindelantrieben ist oft die Spindel für die erste/unterste 
Eigenfrequenz verantwortlich, weitere Resonanzstellen kommen von der 
Spindellagerung, Kupplung und ggf. Getriebe.

Und genau aus dem Grund ist eine Forderung in der Aufgabenstellung des 
OP, die kleinste Eigenfrequenz möglichst hoch zu legen, also die 
Mechanik möglichst (dreh)-steif zu machen.

Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Ostermann

von Sören (Gast)


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Vielen dank erst mal für eure Antworten. Die haben mir bis dahin schon 
etwas geholfen. Wirklich vielen dank!

A. S. schrieb:
> Wer möchte, kann die mechanischen Schwingungen auch elektronisch
> ausregeln. :

Wie gehts das ? Stichwort ?? Welche Regelverfahren nimmt man da oder wie 
läuft das ab ?

Thorsten Ostermann schrieb:
> Das Problem bei den Eigenfrequenzen ist, dass sie nicht durch die
> Regelung angeregt werden dürfen. Damit begrenzt die unterste mechanische
> Eigenfrequenz direkt die max. möglichen Reglereinstellungen und somit
> auch die Positioniergenauigkeit und die Dynamik des Systems.

Genau das ist der springende Punkt was ich leider überhaupt nicht ganz 
nachvollziehen kann. Wie wird denn die Eigenfrequenz der Mechanik durch 
die Regelung angeregt ? Und viel wichtiger zu klären, warum hat dass 
dann einen Einfluss auch auf die Positioniergenauigkeit des Systems???

Thorsten Ostermann schrieb:
> Und genau aus dem Grund ist eine Forderung in der Aufgabenstellung des
> OP, die kleinste Eigenfrequenz möglichst hoch zu legen, also die
> Mechanik möglichst (dreh)-steif zu machen.

Wie legt man am besten die Eigenfrequenz sehr hoch ?

Andere Frage: Wieso ist die Mechanik steifer, wenn die Eigenfrequenz 
höher gewählt wird?


Das wäre super, wenn ich die Fragen geklärt bekommen würde.

von Thorsten O. (Firma: mechapro GmbH) (ostermann) Benutzerseite


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Hallo Sören,

> Thorsten Ostermann schrieb:
>> Das Problem bei den Eigenfrequenzen ist, dass sie nicht durch die
>> Regelung angeregt werden dürfen. Damit begrenzt die unterste mechanische
>> Eigenfrequenz direkt die max. möglichen Reglereinstellungen und somit
>> auch die Positioniergenauigkeit und die Dynamik des Systems.
>
> Genau das ist der springende Punkt was ich leider überhaupt nicht ganz
> nachvollziehen kann. Wie wird denn die Eigenfrequenz der Mechanik durch
> die Regelung angeregt ? Und viel wichtiger zu klären, warum hat dass
> dann einen Einfluss auch auf die Positioniergenauigkeit des Systems???

"Bode-Diagramm" ist dir ein Begriff? Je höher du deinen PID-Regler 
einstellst (v.a. dem P-Anteil), desto weiter (im Frequenzbereich) kommt 
der Regler. Er wird also schneller, kann besser auf Störungen reagieren, 
aber eben auch höhere Frequenzen in der Mechanik anregen. Und wird damit 
irgendwann instabil, wenn man es übertreibt.

> Wie legt man am besten die Eigenfrequenz sehr hoch ?
>
> Andere Frage: Wieso ist die Mechanik steifer, wenn die Eigenfrequenz
> höher gewählt wird?

Andersherum: In dem man die Mechanik möglichst steif macht, erhöht man 
die Eigenfrequenz. Zur Eigenfrequenz siehe [1].

Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Ostermann

[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Eigenfrequenz

: Bearbeitet durch User
von Sören (Gast)


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Hallo Thorsten Ottermann, vielen lieben dank für deine rasche Antwort.


Bodediagramm ist ein Begriff, ok soweit alles verstanden, aber nur für 
mich nun:

> Und viel wichtiger zu klären, warum hat dass
> dann einen Einfluss auch auf die Positioniergenauigkeit des Systems???

Warum hat das ganze Einfluss auf die Positioniergenauigkeit ? Hat das 
auch was mit der Schnelligkeit des Reglers zu tun? Oder warum?

von Schreiber (Gast)


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Sören schrieb:
> Wie legt man am besten die Eigenfrequenz sehr hoch ?

indem man den ganzen Kram so steif und leicht wie möglich baut!

Man kann etwa eine Welle aus Stahl durch ein dünnwandiges Rohr aus 
Kohlefaser ersetzen.

Bei allen bewegten Teilen peinlichst genau auf minimale Masse und 
Massenträhkeitsmomente bei gleichzietig maximaler Steifheit achten.


Sören schrieb:
> Andere Frage: Wieso ist die Mechanik steifer, wenn die Eigenfrequenz
> höher gewählt wird?

Dafür gibt es keinen Grund. Vielmehr ist die Eigenfrequenz höher, weil 
die Mechanik steifer ist.
Zudem kann man die Eigenfrequenz leider nicht wählern, sondern sie 
Ergibt sich aus der Steifigkeit, Masse und Massenträhkeitsmomenten der 
Konstruktion (kann man ausrechnen)

von Sören (Gast)


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Thorsten Ostermann schrieb:
> [1] http://de.wikipedia.org/wiki/Eigenfrequenz

Kurze Frage dazu:

Wenn ich mir die Herleitung der Resonanzfrequenz anschaue, dann gilt:

f=sqrt(c/m)

D.h. doch, wenn ich eine größere Masse nehme, sinke ich mit der 
Resonanzfrequenz, sieht man ja ganz einfach.

Aber ist es nicht so, dass wenn ich eine größere Masse nehme auch die 
Steifigkeit zunimmt?

von Sören (Gast)


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>
> Sören schrieb:
>> Andere Frage: Wieso ist die Mechanik steifer, wenn die Eigenfrequenz
>> höher gewählt wird?
>
> Dafür gibt es keinen Grund. Vielmehr ist die Eigenfrequenz höher, weil
> die Mechanik steifer ist.
> Zudem kann man die Eigenfrequenz leider nicht wählern, sondern sie
> Ergibt sich aus der Steifigkeit, Masse und Massenträhkeitsmomenten der
> Konstruktion (kann man ausrechnen)

Ok super, danke für die Antwort.

von Thorsten O. (Firma: mechapro GmbH) (ostermann) Benutzerseite


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Hallo Sören,

> Thorsten Ostermann schrieb:
>> [1] http://de.wikipedia.org/wiki/Eigenfrequenz
>
> Kurze Frage dazu:
>
> Wenn ich mir die Herleitung der Resonanzfrequenz anschaue, dann gilt:
> f=sqrt(c/m)
>  ...
> Aber ist es nicht so, dass wenn ich eine größere Masse nehme auch die
> Steifigkeit zunimmt?

Weil die o.g. Gleichung nur für ein einfaches Federpendel gilt. Und da 
hat die Masse die unten drann hängt eben keinen Einfluss auf die 
Eigenschaften der Feder.

Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Ostermann

von Sören (Gast)


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Vielen Dank für die rasche Antwort Herr Ottermann, aber nur noch die 
Frage mit der Positioniergenauigkeit ist noch zu klären, ansonsten 
wirklich vielen dank und bis dato alles sehr hilfreich.


Sören schrieb:
> Hallo Thorsten Ottermann, vielen lieben dank für deine rasche Antwort.
>
> Bodediagramm ist ein Begriff, ok soweit alles verstanden, aber nur für
> mich nun:
>
>> Und viel wichtiger zu klären, warum hat dass
>> dann einen Einfluss auch auf die Positioniergenauigkeit des Systems???
>
> Warum hat das ganze Einfluss auf die Positioniergenauigkeit ? Hat das
> auch was mit der Schnelligkeit des Reglers zu tun? Oder warum?

von Ulrich (Gast)


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Die mechanischen Resonanzen haben meist eine sehr hohe Güte (Werte über 
1000 sind nicht so selten, für unter 100 muss man sich schon 
anstrengen), und lassen sich entsprechend nur sehr schwer bis gar nicht 
elektronisch kompensieren. Das entspricht also einem Regelsystem das 
eine Resonanz hoher Güte hat und entsprechend bei der Frequenz nur noch 
eine begrenzte Schleifenverstärkung haben darf. Einen Einfluss hat aber 
auch noch wie stark die Schwingung an den Antrieb koppelt - so etwas wie 
die Position des Drehgebers kann da einen Unterschied machen.

von Sören (Gast)


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Thorsten Ostermann schrieb:
> Das Problem bei den Eigenfrequenzen ist, dass sie nicht durch die
> Regelung angeregt werden dürfen. Damit begrenzt die unterste mechanische
> Eigenfrequenz direkt die max. möglichen Reglereinstellungen und somit
> auch die Positioniergenauigkeit und die Dynamik des Systems.

Hallo Thorsten Ostermann, ist es denn noch möglich mir nur das ganze 
bzgl. Positioniergenauigkeit zu erklären ??

Mir ist nicht klar, warum die erste Eigenfrequenz die 
Positioniergenauigkeit beeinflusst ?

Vielen dank

von Sören (Gast)


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Na ich hoffe Herr Ostermann hat noch die Antwort parat....

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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von Walter Tarpan (Gast)


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Christoph Kessler (db1uq) schrieb:
> Am eindrucksvollsten zeigten sich Eigenfrequenzen hier:
> http://de.wikipedia.org/wiki/Tacoma-Narrows-Br%C3%BCcke
> http://mv-sirius.fh-offenburg.de/Physik/images/res...

Naja, bei der Tacoma-Narrows-Brücke: Die ist durch eine selbsterregte 
Schwingung kaputtgegangen. Da ist die Eigenfrequenz egal.

von Sören (Gast)


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Christoph Kessler (db1uq) schrieb:
> Am eindrucksvollsten zeigten sich Eigenfrequenzen hier:
> http://de.wikipedia.org/wiki/Tacoma-Narrows-Br%C3%BCcke
> http://mv-sirius.fh-offenburg.de/Physik/images/res...

Ja aber mir ist einfach immer noch nicht klar, warum man durch eine 
geringere Bandbreite die Positoniergenauigkeit verringert wird...??

von Kai S. (kai1986)


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Eine präzise Positionierung mit einem schwingenden Motor ist das gleiche 
wie ne schwingende Spannungsreferenz für einen ADC zu verwenden. Wenn 
die Schwinungen klein sind und die Anforderungen nicht hoch kann es 
gehen, für Präzisionsanforderungen genügt es aber nicht. Ein 
mechanischer Aufbau hat hierbei allerdings mehr Freiheitsgrade um die 
sich eine Schwingung aufprägen kann.

Gruß Kai

von Ulrich (Gast)


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Wenn die Bandbreite für den Regler begrenzt ist, ist auch begrenzt wie 
stark Störungen entgegengewirkt werden kann. Damit die Regelung nicht 
anfängt zu schwingen kann die Verstärkung zu niedrigeren Frequenzen 
nicht viel schneller als ein Tiefpass 1. Ordnung ansteigen. Mehr 
Bandbreite erlaubt damit auch mehr Regelverstärkung um Störungen bei 
niedrigerer Frequenz entgegenzuwirken.

von Sören (Gast)


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Vielen lieben Dank an euch alle für die super hilfreichen Antworten.

von Dreistheit kennt (keine) Grenzen (Gast)


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Mal angenommen ich habe eine Mechanik mit Motor und rege das System so 
an, dass alle relvanten Eigenschaften wie Eigenfrequenzen hinreichend 
angeregt werden (z.B mittels Pseudo-Binär-Rauschen). Wie kann ich dann 
die Auswirkung des Motors (wenn er bestromt wird) auf die 
Eigenfrequenzen bestimmen?

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