Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Rückstrom Solarmodul


von Tom H. (toemchen)


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Hallo zusammen,

da ich Beitrag "MPP Tracker 100W siebenmal selbstbauen?" mit so Basis-Fragen 
nicht weiter verhunzen will, hier folgende Frage:

Wie ist das denn jetzt mit dem Rückstrom, der nachts vom Akku in das 
unbeleuchtete Modul fließen könnte, genau?

Irgendwie finde ich auf Google, Wikipedia und hier im Forum nichts 
substanzielles genau zu dem Thema.

Ich habe hier für Experimente mit meinem Solarladeregler-Projekt ein 
kleines Dünnschichtmodul mit nur 2,5W herumliegen. Spannung im MPP 
16,8V, Leerlaufspannung ca. 21,5V.

Da habe ich jetzt ein bißchen rumexperimentiert. Bei normaler 
Beleuchtung im Bastelkeller hat es etwa 16,3V Leerlaufspannung, mit dem 
Gesicht auf den Tisch gelegt natürlich dann tatsächlich Null.

Nun mal ganz forsch mit dem Netzgerät eine Spannung dagegengehalten. Bei 
Beleuchtung passiert wie zu erwarten war lange nichts, aber auch bei 
über 16V (was der Akku nie könnte) nur wenig Strom - 2,5mA bei 20V. Bei 
Dunkelheit sieht es kaum anders aus! Auch hier fängt messbarer Rückstrom 
erst bei 15V an.

Das Modul hat - soweit sichtbar - keine extra Diode im Anschlußkasterl.

Hintergrund der Rückstrom-Experimente: In meiner großen Solaranlage will 
ich die Module mit einer antiparallelen Mosfet-Schaltung an die Akkus 
bringen, um die Rücklauf-Schutzdiode einzusparen. Wenn der Regler in 
"dummer" Weise ohne Prüfen der Modulspannung die Module zum Laden 
einfach dranschaltet, und das auch noch nachts, kommt der fragliche Fall 
auf.

Nun nochmal die konkreten Fragen:

Muß ich mir also aufgrund meiner Versuchsergebnisse gar keine Sorgen 
machen?

Ists bei monokristallinen Modulen anders?

Dreht sich die ganze Bypass-Dioden-Geschichte eigentlich nur um einen 
"Vorwärts"-Strom, der in Serie liegenden, verschatteten Zellen 
aufgezwungen wird? Während ein Rückstrom eigentlich gar nicht möglich 
ist? Ich bekomme ja bei 36 Stück normalen Silizium-Dioden, die in 
Sperrichtung in Serie geschalten sind, auch keinen Strom durch. Oder 
verstehe ich das Prinzip falsch?

fragt der Tom.

von Achim S. (Gast)


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Die Bypass-Dioden sind tatsächlich für den Vorwärtsstrom beschatteter 
Zellen zuständig, für den Rückstrom liegen sie in Sperrrichtung und 
lassen keinen nennenswerten Strom fließen.

Die Zellen selbst liegen für einen Rückstrom in Durchlassrichtung: da 
hast du bei Dunkelheit eine normale Diodenkennlinie, und solange die 
Spannung vom Akku deutlich unter der Durchlassspannung liegt fließt halt 
nur sehr wenig Strom.

Wenn das Verhältnis von Leerlaufspannung zu Akkuspannung anders ist oder 
wenn zufällig mal eine oder einige Zellen kurzgeschlossen werden, kann 
es schnell anders aussehen. Dann musst du wissen, ob du deiner 
Ladeschaltung ausreichend vertraust. Ich persönlich würde im Normalfall 
die Diode spendieren.

von MaWin (Gast)


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Eine Solarzelle ist eine (Reihe von) Diode in LEITRICHTUNG.

Schaut man sich Forward Current vs. Forward Voltage an
http://www.vishay.com/docs/81857/1n4148.pdf

sieht man, daß auch unter 0.5V/Diode ein Strom durch die Diode fliesst, 
das ist der Rückstrom in der Nacht, und bei den viel grösseren Flächen 
auch viel mehr als bei der 1N4148.

Wie viel es real ist, hängt davon ab, wie weit sich Leerlaufspannung und 
Akkuspannung unterscheiden. Bei einem Verhältnis von 71% erheblich, bei 
einem Verhältnis von 66%, wo oft der MPP liegt, auch noch etwas, bei 
einem Verhältnis von 50% eher vernachlässigbar.

von Tom H. (toemchen)


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Dankeschön, das waren jetzt zwei fundierte Antworten, die mir in klaren 
Worten erklärt haben, was ich mir selbst irgendwie nicht erschließen 
konnte! Jetzt weiß ich über das Prinzip Bescheid.

Mit der Entscheidung, ob ichs wage, muß ich natürlich selbst klarkommen. 
Hmmmm... der Akku hat ohne Ladestrom, und mit ein bißchen Belastung 
sicher nie über 12,8V, das wären 0,35V/Zelle. Ich glaube, ich probier's 
ohne Modulspannungsüberwachung.

Was gäbe es denn für Möglichkeiten, daß eine oder mehrere Zellen so 
kaputtgehen (Schluß), daß sich die Akkuspannung an deutlich weniger 
Zellen verteilt?
Wann wäre der Rückstrom so groß und schädlich, daß dadurch auf einmal 
die übrigen Zellen draufgehen und einen Kurzschluß darstellen?
Und dann rauchen vermutlich irgendwelche internen Verbindungen im Modul 
ab (die Bändchen zwischen den Zellen), Modul kaputt, der Rest (Akkus, 
Kabel, FET-Schaltung) bleibt heile.

Viele Grüße
Tom.

von Achim S. (Gast)


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Tom H. schrieb:
> Was gäbe es denn für Möglichkeiten, daß eine oder mehrere Zellen so
> kaputtgehen (Schluß), daß sich die Akkuspannung an deutlich weniger
> Zellen verteilt?

Im Normalfall ärgert man sich im Nachhinein über eine Fehlerquelle, an 
die man vorher nicht dachte ;-)

Denkbaree Fälle: bei einem Gewisster zerhaut der Hagel irgendwass, oder 
aufgrund einer fehlerhaft verarbeiteten Stelle dringt Wasser ein oder 
eine Isolation wird brüchig. Deswegen muss nicht gleich der Rest des 
Moduls abrauchen, aber die Diode verhindert eine Tiefentladung deines 
Akkus.

Diese Fehler mögen vielleicht nicht sehr wahrscheinlich sein (hängt auch 
stark vom Einsatzort ab), aber eine passend gewählte Diode hilft halt 
gleich gegen viele mögliche Fehlerursachen und kostet nur überschaubar 
Wirkungsgrad. Du planst ja offenbar eine halbwegs direkte Verbindung von 
Modul zu Akku (keinen MPP-Tracker). Fällt da eine Schottky-Diode noch 
ins Gewicht?

von Achim S. (Gast)


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Achim S. schrieb:
> Denkbaree Fälle: bei einem Gewisster zerhaut der Hagel irgendwass, oder

oh man, was war denn das für eine Zeile?

Neuer Versuch:

Denkbare Fälle: bei einem Gewitter zerhaut der Hagel irgendwas....

von Tom H. (toemchen)


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Ok, wenn mir der Hagel das Modul zerhaut, dann darf der 500Ah-Akku ihm 
auch den Rest geben.

Gewisse Dinge kann der geplante "Laderegler" (Kommandozentrale für die 
einzelnen Modulabschalter) auch durch Plausibilitätsprüfung, Uhrzeit und 
vor allem die Strommessung abfangen. Eine Strommessung der einzelnen 
Module ist nämlich durchaus geplant, nur die Modulspannungsüberwachung 
möchte ich schaltungstechnisch ungern verwirklichen.

Eine Schottkydiode (z.B. eine 12A-Type, grad billig bei Conrad) würde 
bei 6A Modulstrom 3,6W erzeugen - das ist das Hauptproblem, das verbrät 
man nicht einfach in einem DPAK-Gehäuse auf der Platine, selbst wenn 
diese fette Masseflächen und Anschluß an dicke Kupferkabel hat. Sprich 
Kühlkörper, größere Platine... den Leistungsverlust im Gesamtsystem 
würde ich schon verschmerzen.

von Achim S. (Gast)


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Tom H. schrieb:
> das verbrät
> man nicht einfach in einem DPAK-Gehäuse auf der Platine

richtig: die Strangdiode gehört eher ins Kabel als auf die Platine.

siehe z.B.
http://www.gehrlicher.com/de/home/produkte-leistungen/gehrtecr-produkte/anlagenzubehoer/avorec/

Könnte aber zugegeben etwas schwierig sein, ein gute Quelle für 
Einzelstücke davon zu finden.

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