Forum: Digitale Signalverarbeitung / DSP / Machine Learning Grundlagenfrage zu Impulsinvarianz


von Michael W. (Gast)


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Hallo zusammen !

Ich brüte schon seit geraumer Zeit über einem theoretischen 
Verständnisproblem, welches mit der Impulsinvarianz, angewandt auf einen 
kontinuierlichen Tiefpass 1. Ordnung zu tun hat.

Ich habe die kontinuierliche Übertragungsfunktion



welche in eine zeitdiskrete Übertragungsfunktion H(z) transformiert 
werden soll.


Wenn ich zunächst von



ausgehe, gilt ja der allbekannte Zusammenhang zwischen den 
Fourier-Transformationen von diskretem und kontinuierlichem Signal:



wobei



Da sich die kontinuierlichen Spektren überlappen, kommt es klarerweise 
zu Aliasing, was jetzt aber nicht stören soll, sondern Gegenstand der 
Betrachtung ist.


Die Fourier-Transformierte von



ist dann



=====

Konkret:

Die kontinuierliche Impulsantwort des Tiefpasses ist



Damit ist



Aus einer Korrespondenztabelle bekomme ich



Wenn das bisher stimmt, dann ist, wenn ich z am Einheitskreis auswerte



=====

Ich habe nun diesen Frequenzgang mit der manuell aufsummierte Summe



zwischen 0 und 2*pi graphisch verglichen, in der fixen Erwartung, dass 
sich ja das gleiche ergibt: Dabei stellte ich zu meiner Überraschung 
aber fest, dass die Summe in der Mitte (sagen wir mal bei Omega = pi) 
deutlich unter dem Wert des geschlossenen Ausdrucks liegt.

Um das zu verdeutlichen, setze ich



und bekomme


Die Summe ergibt


Für den Spezialfall


ergibt die Summe einen Wert von etwa 0,23 + 0 i , während der andere 
Ausdruck einen Wert von 0,73 ergibt.

Ich kann es drehen und wenden wie ich will, habe mit Excel und Python 
gerechnet, und das Konvergenzverhalten der Reihe untersucht. Ich komme 
immwer wieder zum Schluß, dass die beiden Ausdrücke nicht 
übereinstimmen.

Da ich die "Mathematik" sehr ernst nehme (so gut ich halt aufgrund 
meiner nicht-mathematischen Ausbildung kann...), muss sich irgendwo in 
obiger Kette ein Denkfehler eingeschlichen haben, den ich aber nicht 
finden kann...

Das einzige was mir aufgefallen ist:

In der Summe konvergiert der Realteil sehr schnell, während der 
Imaginärteil sich etwas "zickig" verhält. Die angefügten Bilder sollen 
das für k -500 ... 500 verdeutlichen.

Hier gibt es ja sehr gute Leute - vielleicht hat jemand Lust, mir auf 
die Sprünge zu helfen?

Vielen Dank für die Mühe ;-)
Michael

von Michael W. (Gast)


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Vielleicht kann jemand wenigstens die Richtigkeit der diskreten 
Übertragungsfunktion H2(z) kommentieren, die aus dem kontinuierlichen 
Tiefpaß über die Methode der Impulsinvarianz folgt?

Geht das so, oder nicht? Auch das würde mir schon weiterhelfen...

;-)


Danke und liebe Grüße
Michael

von Michael A. (michiavelli)


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Michael W. schrieb:
> Vielleicht kann jemand wenigstens die Richtigkeit der diskreten
> Übertragungsfunktion H2(z) kommentieren

ist richtig.

Also hast du ein IIR-Filter mit den Koeffizenten

Dessen Impulsantwort entspricht (das tau hast du vergessen?)

Die wird exakt nachgebildet (siehe unterer Graph)

Beim Amplitudengang gibts Abweichungen (soll ja nur die Impulsantwort 
stimmen).

Für tau=T=1 ist bei f=0

Das vergleicht man sinnvollerweise mit H(w).
Stimmt wunderprächtig alles (siehe oberen Plot).

Und mit der Summenformel hat es folgendes auf sich:

Das besagt, dass durch die Abtastung der Imuplsantwort das Spektrum 
periodisch wird (mit deiner Notation 2pi-periodisch).

: Bearbeitet durch User
von Michael W. (Gast)


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Hallo und danke für die Antwort.

Zuerst einmal habe ich das tau im Editor vergessen...

Wenn die Übertragungsfunktion stimmt, kommt man natürlich auf den 
Amplitudengang. Soweit alles bestens...

Aber:

>Und mit der Summenformel hat es folgendes auf sich:

>Das besagt, dass durch die Abtastung der Imuplsantwort das Spektrum
>periodisch wird (mit deiner Notation 2pi-periodisch).

Genau damit habe ich ja mein Verständnisproblem, welches möglicherweise 
nicht richtig hinübergekommen ist:

* Die Übertragungsfunktion wird periodisch in 2 Pi
* Das kontinuierliche Basisband wiederholt sich mit 2 pi periodisch.
* Das heißt im "Basisband" (0...2Pi) hat man bei einer bestimmten 
Frequenz w Überlagerung der Anteile von H(w), H(w+2pi), H(w-2pi), 
H(w+4pi), H(w-4pi) , usw. Das ist Aliasing, da die originale 
Übertragungsfunktion nicht auf 0..pi bandbegrenzt ist.

Wenn ich nun für ein bestimmtes w im Basisband genau diese Addition über 
alle Seitenbänder durchführe, komme ich aber nicht auf den gleichen 
Wert, der durch die diskrete Übertragungsfunktion vorausgesagt wird. Als 
Beispiel habe ich w=pi herangezogen. Dort stimmen die Werte nicht 
überein.

Ich erwarte NICHT, dass die diskrete Übertragungsfunktion zwischen 0 und 
pi identisch zur diskreten ist, jedoch sollte erstere identisch zur 
SUMME letzterer sein - und genau DAS ist mein Problem.

von Michael A. (michiavelli)


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Michael W. schrieb:
> Ich erwarte NICHT, dass die diskrete Übertragungsfunktion zwischen 0 und
> pi identisch zur diskreten ist, jedoch sollte erstere identisch zur
> SUMME letzterer sein - und genau DAS ist mein Problem.

Ok sorry, jetzt verstehe ich, was du meinst.

Zuersteinmal: Deine Werte sind korrekt gerechnet (0.73 und 0.23).

Die Begründung, wieso diese Werte nicht übereinstimmen, ist gar nicht so 
simpel.

Die Abweichung kommt nicht ausschließlich durch das Aliasing. D.h., 
einfach die periodischen Fortsetzungen aufaddieren reicht nicht!

Hintergrund ist die Diskontinuität der Impulsantwort bei t=0. Die sorgt 
für weitere Abweichungen.
Für genauere Infos
http://www.ingelec.uns.edu.ar/pds2803/Materiales/Articulos/Mecklenbrauker--REmarksAndCorrectionToTheImpulseInvariantMethod.pdf

Rechne einfach mal für jede Frequenz einen Offset von
hinzu (für deine Werte also 0.5), dann kommt das schon sehr gut hin.

von Michael W. (Gast)


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Vielen Dank, da werde ich mal nachlesen...

Ich dachte eigentlich, dass diese Summe immer stimmt ;-) In all meinen 
Lehrbüchern findet man nämlich diese Formel samt Herleitung.
Ich gebe aber zu, dass das keine besonders tiefschürfende Bücher sind. 
Ich habe mein Wissen hauptsächlich aus "Oppenheim und Schafer", und das 
ist ja ein Werk für Anfänger.

Ich bin schon gespannt, was hier noch zu beachten ist ;-)

Ich würde mich gerne zurückmelden, sobald ich das Paper gelesen habe.

Liebe Grüße,
Michael

von Michael W. (Gast)


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Danke, auf das wäre ich nicht gekommen !

Im Nachhinein klar, da für Fourierentwicklungen bei Unstetigkeitsstellen 
immer der Mittelwert zählt ;-)

Wow, ich hätte mir nicht gedacht, hier noch jemals eine Antwort zu 
finden.

DANKE !

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