Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Röhrenverstärker viel zu leise


von Pignose (Gast)


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Moin,

habe hier einen Pignose G40V Gitarrenverstärker ein wenig restauriert. 
Er hat einen kompletten Satz neue Röhren bekommen und wurde gut 
gereinigt. Danach hat er wieder einwandfrei funktioniert und lieferte 
einen durchaus fetten Sound. Ganz zufrieden war ich allerdings noch 
nicht und habe dem kleinen deshalb einen neuen Ausgangsübertrager 
spendiert (der Werksseitig verbaute China-Trafo war einfach deutlich zu 
klein). Es handelt sich hierbei um den Ü9/4 von Welter Electronic 
(http://www.welter-electronic.de/bauteile/trafos/uebertrager/standard/standard_uebertrager.htm) 
der für einen 40 W Verstärker mit 6L6 geeignet ist.
Der Verstärker hat auch nach dem Einbau noch funktioniert, allerdings 
mit folgendem Problem: Er ist viel zu leise! Der Sound ist allerdings 
genau so wie er sein soll, das passt. Ein voll aufgedrehter 40 W 
Röhrenverstärker ist ja schon wirklich pervers laut, das hält man kaum 
aus. Und so war das mit dem alten Trafo auch. Mit dem Neuen erreicht er 
grade so Gesprächslautstärke. Jemand ne Idee, was da falsch gelaufen 
ist? Der neue Welter Trafo hat auch noch extra Schirmgitteranzapfungen, 
die ich aber vorerst nicht angeschlossen habe. Die Schirmgitter der 
Endstufenröhren sind nach wie vor über die Widerstände angeschlossen, 
hier wurde also nichts verändert. Der Gegenkopplungszweig wurde auch 
wieder an der 8 Ohm Anzapfung sekundärseitig angelötet. Sonst hat sich 
NICHTS geändert. Anodenspannung habe ich nachgemessen, ist voll da (420 
V).

Schaltplan ist im Anhang.

Vielleicht liefert mir hier jemand den entscheidenden Hinweis :-)

Grüße

von Dirk J. (dirk-cebu)


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Bau doch mal den Originaltrafo testweise wieder ein.

von Paul Baumann (Gast)


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Offenbar ist der neue Übertrager von seinen Daten her nicht dafür
ausgelegt.

-> Ändere nie ein funktionierendes System.

MfG Paul

von Ingolf O. (headshotzombie)


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Vielleicht solltest Du mal die beiden Trafos vergleichend bzgl. ihrer 
Induktivität ausmessen? Spontan meine ich, der "neue" AÜ ist im Ra nur 
die Hälfte des für die Röhre zutreffenden Wertes. Auch sind im 
Allgemeinen gängige, aber auch wertige AÜs mind. doppelt so teuer wie 
Deiner.
=> www.roehrentechnik.de/html/gegentakt.html AÜ-Typ 53.23 wäre mein 
Tipp!
Ansonsten schliesse ich mich Paul vollumfänglich an!

: Bearbeitet durch User
von Tom K. (ez81)


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Paul Baumann schrieb:
> Offenbar ist der neue Übertrager von seinen Daten her nicht dafür
> ausgelegt.

Aber nur knapp daneben, brutal laut sollte es trotzdem werden. Entweder 
ist beim Umbau etwas schiefgelaufen oder der neue AÜ ist defekt. Ein 
richtiger HiFi-AÜ wäre in der Kiste völlig fehl am Platz, das Geld 
steckt man besser in einen besseren Lautsprecher.

: Bearbeitet durch User
von Pignose (Gast)


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Servus,

beim erneuten Einbau des alten Trafos zeigte sich das gleiche Problem. 
Habe darauf hin nochmal gemessen und ein defektes Kabel als den Fehler 
identifiziert. War wohl einfach zu alt alles... Also komplette 
Verkabelung erneuert und jetzt tut die Kiste wunderbar (und vor allem 
höllisch laut) :-) Deutliche  Klangverbesserung im Vergleich zum China 
AÜ, hat sich gelohnt!

Grüße und Danke für eure Hilfe!

von fredl (Gast)


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Hallo,
wäre ja schön zu erfahren, welche Kabelverbindung denn defekt war!!

Danke.

von Klaus R. (klara)


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Pignose schrieb:
> und jetzt tut die Kiste wunderbar (und vor allem
> höllisch laut)

40W sind eben 40W, egal ob sie aus einem Röhrenverstärker kommen oder ob 
Transistoren im Spiel sind. Wenn es höllisch laut ist, dann liegt es in 
der Regel am Wirkungsgrad des Lautsprechers.
mfg klaus

von Tom K. (ez81)


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Klaus Ra. schrieb:
> 40W sind eben 40W, egal ob sie aus einem Röhrenverstärker kommen oder ob
> Transistoren im Spiel sind.

Jein. Das gilt nur bei unverzerrten Dauersinustönen, die auf den meisten 
Bühnen nicht vorkommen. Transistorverstärker klingen übersteuert 
furchtbar, bei Gitarrenverstärkern ist eine gründlich übersteuerte 
Endstufe normaler und erwünschter Betriebszustand. Beispiel Marshall 
1987: Nominell 50W, mit 10% Distortion 90W. Und mit noch mehr Verzerrung 
klingt es noch besser. Eine allgemeine Faustregel für 
Röhren-/Transistorwatt bei gleicher wahrgenommener Lautstärke bei 
vernünftigem Klang ist Faktor 3 bis 4.

von Paul Baumann (Gast)


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Am Schonendsten für die Ohren der Nachbarn ist eine Luftgitarre.
;-)

Pssst!
Paul

von Klaus R. (klara)


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Tom K. schrieb:
> Transistorverstärker klingen übersteuert
> furchtbar, bei Gitarrenverstärkern ist eine gründlich übersteuerte
> Endstufe normaler und erwünschter Betriebszustand. Beispiel Marshall
> 1987: Nominell 50W, mit 10% Distortion 90W. Und mit noch mehr Verzerrung
> klingt es noch besser. Eine allgemeine Faustregel für
> Röhren-/Transistorwatt bei gleicher wahrgenommener Lautstärke bei
> vernünftigem Klang ist Faktor 3 bis 4.


http://de.wikipedia.org/wiki/Formfaktor_%28Elektrotechnik%29
Der Effektivwert eines Sinus zu einem Rechteck bei gleicher Scheitelhöhe 
ist um Faktor 0,707 geringer. Da die Spannung in die Leistung 
quadratisch eingeht, ist die Leistung des Sinus nur die Hälfte des 
Rechtecks. Andersherum, ein sauberer Sinus von 40W wird zu einem 80W 
Rechteck.
Ich kann mir gut vorstellen, dass ein Übertrager der für 40W ausgelegt 
wurde bei 80W in Richtung Sättigung geht. Dies dürfte die Oberwellen 
stärker dämpfen.
Ich habe mir die Tage zufällig mal eine Musiksendung über "Die Toten 
Hosen" angesehen. Man sah wie früher Marshall - Verstärker aufgetürmt. 
Der klassische Marshall - Verstärker hat 4 x EL34, also insgesamt 100W. 
So ein Ding kostest heute noch 1500€. Das man damit grosse Hallen 
beschallen kann, wie bei Pink Floyd, mit einigen 10KW bis 100KW kann ich 
nicht recht glauben. Da reichen die 100W Marshall - Verstärker mal 
gerade für die Beschallung der Band selber.
Ich glaube eher, auf den grossen Bühnen befinden sich in so manchen 
nostalgischen Marshall-Gehäusen 2000W Verstärker mit Soundprozessoren 
für den guten alten Klang.
mfg klaus

: Bearbeitet durch User
von Paul B. (paul_baumann)


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Klara vermutete:
>Ich glaube eher, auf den grossen Bühnen befinden sich in so manchen
>nostalgischen Marshall-Gehäusen 2000W Verstärker mit Soundprozessoren
>für den guten alten Klang.

Da gehen eher die Zuhörer als die Kerne der Übertrager in die 
Sättigung...
;-)

MfG Paul

von Peter D. (peda)


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Klaus Ra. schrieb:
> Da reichen die 100W Marshall - Verstärker mal
> gerade für die Beschallung der Band selber.

Das sind auch wirklich nur die Monitore der Band.
Das Publikum kriegt digitale Verstärker zu hören.

Z.B. der Gitarrist von Madonna hat neben sich einen 
Orange-Röhrenverstärker zu stehen.
http://napilaci.blog.hu/2011/01/26/madonna_vs_pantera

Man beachte auch die Größe der Boxen, sowas kann man sich nicht in die 
Wohnung stellen. Da nimmt man lieber schmalere Boxen und dafür einen 
potenten Transistorverstärker, um den geringeren Wirkungsgrad 
auszugleichen.

von zufaulzumlogin (Gast)


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von Harald W. (wilhelms)


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Paul Baumann schrieb:

> eine Luftgitarre.

Hmm, selbst bei genauestem Hinsehen konnte ich an denen nie
einen Lautstärkesteller entdecken. Woran liegt das wohl?
:-)

von Paul B. (paul_baumann)


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Harald wunderte sich:
>Hmm, selbst bei genauestem Hinsehen konnte ich an denen nie
>einen Lautstärkesteller entdecken. Woran liegt das wohl?

Hast Du eventuell den Gehörschutz auf den Augen liegen gehabt?
;-)
Flücht
Paul

von Pignose (Gast)


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Servus,

ohje ohje, was hier nicht so alles spekuliert wird... Dass 
Röhrenverstärker (Gitarre) lauter als Transistorverstärker sind, kann 
ich bestätigen. Klanglich sind sie den Transistorverstärkern nach wie 
vor weit voraus. Auch wenn die Line-6-Kiddies das nicht wahr haben 
wollen ;-) Da ist mehr Druck im Bassbereich dahinter, alles klingt 
ausgewogener und so ne ordentliche 4x12er Box klingt eben besonders dann 
gut, wenn sie mit ordentlich Leistung angefahren wird.

Peter Dannegger schrieb:
> Das sind auch wirklich nur die Monitore der Band.
> Das Publikum kriegt digitale Verstärker zu hören.

Nein, bei "richtigen" Bands (keine Newcomer, die es grade mal schaffen 
sich ein Jahr zu halten) werden die Gitarrenboxen mit einem Mikrofon 
abgenommen. Das Signal geht dann ins Mischpult und an die PA Anlage. 
"Digitale" Verstärker sind da allerhöchstens die PA-Endstufen. Und so 
klingt das auch richtig gut.

zufaulzumlogin schrieb:
> 
http://assets.noisey.com/content-images/contentimage/18590/6465_10201245474596794_1962232868_n.jpg

Ja das ist so durchaus üblich, hat auch seinen Sinn: Erstens will man 
vermeiden, dass Amps voll in die Gesangsmikros rein donnern und zweitens 
ist es auch für diejenigen im Publikum, die unterhalb vor der 
Gitarrenbox stehen, echt ekelhaft so einen voll aufgerissenen 
Röhrenverstärker abzubekommen. Das klingt ganz schön bissig laut. 
Deshalb dreht man hinter den "Kulissen-Boxen" eine Box um. Die wird dann 
abgenommen und mit auf den Bühnenmonitor und die PA gemischt.

von Pignose (Gast)


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fredl schrieb:
> wäre ja schön zu erfahren, welche Kabelverbindung denn defekt war!!

Einmal die Leitung vom Mastervolume Poti zum Phaseninverter und die 
Gegenkopplung zu R26.

von Soul E. (Gast)


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Klaus Ra. schrieb:

> Der klassische Marshall - Verstärker hat 4 x EL34, also insgesamt 100W.
> So ein Ding kostest heute noch 1500€. Das man damit grosse Hallen
> beschallen kann, wie bei Pink Floyd, mit einigen 10KW bis 100KW kann ich
> nicht recht glauben. Da reichen die 100W Marshall - Verstärker mal
> gerade für die Beschallung der Band selber.

Du weisst wie eine PA funktioniert? Der Gitarrenverstärker beschallt 
nicht das Publikum. Das tut er höchstens im Probenraum oder in einem 
kleinen Jazzclub.

Das Signal vom Gitarrenverstärker wird über ein Mikrofon abgenommen 
(seltener auch galvanisch, denn dann hat man nur den "Klang" der Röhre 
und nicht den des Lautsprechers) und geht von da aus auf das große 
Mischpult am anderen Ende des Raumes. Da hängt dann die Verstärkeranlage 
dran, welche die eingentliche Beschallung übernimmt. Und möglichst 
neutral klingt, damit neben Pink Floyd auch der Kirchenchor oder der 
CDU-Parteitag damit klarkommt.

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