Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Alternatives Vertragsangebot - Dilemma?


von ratloserFuchs (Gast)


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Hallo Gemeinde,

ich bin ein wenig ratlos und wollte mal um Rat fragen. Zu meiner 
Situation: ich (32, Dipl-Ing. E-Technik (FH)) bin seit fast 5 Jahren in 
meinem jetzigen Betrieb (großer OEM, Raum BaWü) tätig. Grundsätzlich bin 
ich zufrieden, die Bezahlung ist (relativ gesehen) ok, die Kollegen sind 
nett und mit den Chefs komme ich auch gut klar. Aber nach knapp 5 Jahren 
reicht mir das nicht mehr. Ich sehe wie Kollegen in meinem Alter 
Führungspositionen bekommen bzw. ältere Kollegen wesentlich mehr 
verdienen (aufgrund guter Altverträge) bei weitem aber nicht soviel 
leisten, etc.

Ich muss dazu sagen, ich bin sehr ehrgeizig und strebe zumindest ein 
bisschen "Karriere" an. Ich bringe überdurchschnittliche Leistung, 
übernehme viel Verantwortung und werde von meinen Chefs auch 
entsprechend mit verantwortungsvollen Aufgaben betreut. Kann sein, dass 
für mich in 1-2 Jahren auch eine andere Position mit mehr Gehalt 
vorgesehen ist, ich weiß es aber nicht, man hält sich da sehr bedeckt 
was Informationsverteilung betrifft.

Ich habe nun ein wesentlich (!) höheres Vertragsangebot eines großen 
Automobilherstellers erhalten (dafür aber auch 50 km mehr Arbeitsweg), 
welches mich auch von den Aufgaben reizt.


Ich bin nun wirklich niemand, der beim erstbesten Angebot verschwindet, 
grundsätzlich bin ich auch sehr zufrieden mit meiner jetzigen Stelle. 
Andererseits ist das neue Angebot eine Chance für mich (großer Konzern) 
und vom Gehalt soviel besser als das jetzige, da kann ich eigentlich 
nicht nein sagen. Außerdem sehe ich es nicht mehr ein, soviel Leistung 
zu bringen und für unseren Laden nur mittelmäßig zu verdienen.


Was mache ich jetzt am sinnvollsten? Gehe ich zu meinem jetzigen Chef 
und erzähle ihm von dem Alternativangebot? Ich verstehe mich recht gut 
mit ihm und es soll nicht so wirken, als würde ich jetzt mehr Gehalt 
oder eine höhere Position "erpressen" wollen. Andererseits möchte ich 
auch nicht einfach den Job wechseln, ohne meinem Chef die Möglichkeit zu 
geben, "nachzubessern". Dazu kommt die Tatsache, dass das Angebot nicht 
ewig steht und ich mich bis kommende Woche entscheiden muss. Jemand 
einen guten Ratschlag? Wäre wirklich dankbar!!!

von lüsterklemme (Gast)


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Ich würde erst etwas machen wenn Du einen unterschrieben Vertrag der 
neuen Firma in der Hand hast. Sag Deinem alten Chef was Du wirklich 
denkst. Nämlich Du möchtest bleiben aber nicht mehr mit dem Gehalt. Das 
wird er verstehen (Marktwirtschaft) und Du bietest ihm ja auch die 
Möglichkeit nachzubessern. Wenn da nichts kommt dann wechsel.

von Altingenieur (Gast)


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Wenn er einen unterschriebenen Vertrag der neuen Firma hätte, braucht er 
nichts mehr zu unternehmen, weil er den erfüllen muss.

Die Reihenfolge ist:

1. Rechnen! Lohnt sich das wirklich, wegen der 50km mehr oder wäre es 
nicht besser, in der aktuellen Firma 30min länger zu arbeiten und auf 
42.5 zu gehen?

2. Wenn es sich rechnet, wie lange dauert der neue Vertrag? Ohne einen 
3-Jahresvertrag würde ich nicht wechseln. Wer weiss, was die neue Firma 
bringt.

3. Wenn es sich rechnet und Du es machen willst, setzte Dir ein Limit, 
wie viel mehr Deine Firma Dir zahlen müsste, oder welche Position sie 
Dir anbieten soll.

4. Erkläre es Deinem Vorgesetzten, er soll sich für Dich einsetzen unf 
erkläre ihm die Fristen, die Du hast.

5. Wenn die Firma das Dir nicht anbietet, dann wechseln - dann aber 
konsequent.

Wenn du beruflich vorankommen willst, MUSS Du die Position wechseln. 
Wenn das in der Firma geht - gut! Wenn nicht - Firma wechseln.

Lies mal meinen Werdegang:

Beitrag "Re: Einstiegs- und Median-Gehälter in den 80ern | Gibt es verwertbare Zahlen?"

von Jamie (Gast)


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du hast ja hoffentlich schon mal mit deinem Chef gesprochen und Wünsche 
geäußert, das neue Angebot fällt ja auch nicht vom Himmel (du wirst 
zumindest auf Xing kein Profil eingestellt haben). Ansonsten wird es 
schwierig; glaubst du dein Chef kann dir bis nächste Woche eine 
Gehaltserhöhung versprechen? Ich glaub nicht. Das muss erst durch die 
Personalabteilung, ggf. muss er kämpfen, dass eine höherbewertete Stelle 
geschaffen wird für dich, etc. pp. Dein Chef kann also nicht viel mehr 
machen als a) dich gehen lassen oder b) dir Versprechungen machen, die 
dir aber im Zweifel nix helfen (schon mal so was gehört: "ich würde ja 
gerne, aber die pöse Personalabteilung / Vorstand verbietet gerade wegen 
der Russlandkrise  Ebola  der Geldgeilheit der Frau des Vorstands / 
... Gehaltserhöhungen. Aber beim nächsten Mal sind Sie sicher dran, ich 
setze mich da voll ein. *Schleim*")

von FAZ Leser (Gast)


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Altingenieur schrieb:
> Wenn er einen unterschriebenen Vertrag der neuen Firma hätte, braucht er
> nichts mehr zu unternehmen, weil er den erfüllen muss.

Von der Firma unterschriebener Vertrag, versteht sich ;-)

von .... (Gast)


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Jamie schrieb:
> glaubst du dein Chef kann dir bis nächste Woche eine
> Gehaltserhöhung versprechen?

Du glaubst nicht, wie schnell auch größere Läden arbeiten können!

von Artata (Gast)


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ratloserFuchs schrieb:
> Jemand
> einen guten Ratschlag?

Dein Chef, egal wie gut du dich mit Ihm verstehst, zahlt nicht deine 
Rechnungen. Dein Chef ist auch nicht deine Ehefrau. Es ist dein Leben 
und du hast Ansprüche. Verlange das, was du denkst zu verdienen. Wenn 
der Chef damit nicht einverstanden ist, kannst du gehen. Die Chefs 
lieben übrigens Mitarbeiter, die sich nicht trauen über die 
Gehaltserhöhung zu sprechen.

von ratloserFuchs (Gast)


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Danke erstmal für die ganzen Ratschläge, die ja doch in der Gesamtheit 
eine eindeutige Richtung aufweisen. Stehe trotzdem noch vor ein paar 
Fragen.

Also der neue Vertrag liegt mir noch nicht vor. Vorher werde ich auch 
einen Teufel tun und in der jetzigen Firma irgendwen aufscheuchen, keine 
Sorge :) Hatte gestern nochmal Rücksprache mit der Personalabteilung der 
neuen Firma, Vertrag ist erstellt und geht heute oder morgen mit der 
Post raus. Dürfte also spätestens am Montag hier vorliegen. Ich frage 
mich gerade, ob der bereits vom AG unterschrieben ist und wie lange ich 
Zeit habe, diesen zurückzusenden. Wie ein Teilnehmer oben ja auch 
bereits schrieb, brauche ich sicher ein wenig Zeit um mit meinem 
jetzigen Chef zu "verhandeln".

Weiss gar nicht ob das zeitlich alles so klappt, wie ich mir das 
vorstelle. Manchmal denke ich mir, ich sollte die neue Stelle einfach 
annehmen und gut ist. Will mir andererseits aber nicht nachsagen lassen, 
dass ich meinem jetzigen AG keine Chance gegeben hätte.

Das Thema Führungsposition wurde immer mal wieder von mir in jährlich 
stattfindenden MA-Gesprächen angesprochen (Gehalt eher nicht). Kann mir 
also auch nicht vorwerfen, dass ich nicht zum Ausdruck gebracht hätte, 
mehr erreichen zu wollen.

Bin mal gespannt...

von Claus M. (energy)


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ratloserFuchs schrieb:
> Manchmal denke ich mir, ich sollte die neue Stelle einfach
> annehmen und gut ist.

Hätte ich auch machen sollen. War vor der gleichen Situation vor einigen 
Jahren und letztendlich hat das Wedeln mit einem neuen Vertrag bei einer 
anderen Firma bei der alten nur spürbar zähneknirschend dem alten Chef 
ein verbessertes Angebot hervorgelockt. Bin dann doch gewechselt, wollte 
mir für die Zukunft keine Repressalien einhandeln.

P.S. : Die Chance hat die alte Firma durch ihre Untätigkeit und fehlende 
Gespräche selber vermasselt.

von Peter J. (peterji)


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ratloserFuchs schrieb:
> Ich sehe wie Kollegen in meinem Alter
> Führungspositionen bekommen bzw. ältere Kollegen wesentlich mehr
> verdienen (aufgrund guter Altverträge) bei weitem aber nicht soviel
> leisten, etc.

Das liegt immer im Auge des Betrachters. Angesichts dessen das alle 
anderen befördert werden und du nciht, kann amn davon ausgehen, dass die 
Minderleistung bei dir liegt.

ratloserFuchs schrieb:
> Was mache ich jetzt am sinnvollsten? Gehe ich zu meinem jetzigen Chef
> und erzähle ihm von dem Alternativangebot?

Warum bewirbst du dich dann woanders? Ansonsten versteh ich die frage 
nicht warum jetzt nochmal zu überlegen.

von ratloserFuchs (Gast)


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Hallo Altingenieur, danke für diesen "Leitfaden". Ich gehe mal 
nachfolgend auf deine Punkte ein:

Altingenieur schrieb:
> Wenn er einen unterschriebenen Vertrag der neuen Firma hätte, braucht er
> nichts mehr zu unternehmen, weil er den erfüllen muss.

Gut, soweit verständlich. Nur habe ich noch nichts unterschrieben. Man 
hat sich im VG auf die Modalitäten geeinigt und der Vertrag wird mir 
zugesandt. Aber zurücktreten davon dürfte doch kein Problem sein. Auch 
wenn ich dann bei dem Automobilhersteller auf ewig wohl verschissen 
hätte...


> Die Reihenfolge ist:
>
> 1. Rechnen! Lohnt sich das wirklich, wegen der 50km mehr oder wäre es
> nicht besser, in der aktuellen Firma 30min länger zu arbeiten und auf
> 42.5 zu gehen?

Da muss ich gar nicht lange rechnen, das neue Angebot ist um soviel 
besser (AT) zu vorherigem Tarifgehalt. Aufgrund des Tarifs kanns ich 
auch nicht mal eben eine längere Arbeitszeit vereinbaren



> 2. Wenn es sich rechnet, wie lange dauert der neue Vertrag? Ohne einen
> 3-Jahresvertrag würde ich nicht wechseln. Wer weiss, was die neue Firma
> bringt.

unbefristeter AT-Vertrag


> 3. Wenn es sich rechnet und Du es machen willst, setzte Dir ein Limit,
> wie viel mehr Deine Firma Dir zahlen müsste, oder welche Position sie
> Dir anbieten soll.

Es kann nur funktionieren, wenn die jetzige Firma nachbessert. 
Eigentlich müsste auch ein AT-Vertrag mit ähnlichen Konditionen her. 
Diesen bekommen aber eigentlich nur Mitarbeiter ab Gruppenleiterfunktion 
(unterste Führungsebene).


> 4. Erkläre es Deinem Vorgesetzten, er soll sich für Dich einsetzen unf
> erkläre ihm die Fristen, die Du hast.

Ist mein Plan. Nur wie gesagt, keine Ahnung, ob das zeitlich von der 
Abfolge alles so hinhaut.


> 5. Wenn die Firma das Dir nicht anbietet, dann wechseln - dann aber
> konsequent.

Werde ich dann auch tun. Alles andere wäre mir selbst zu peinlich.


> Wenn du beruflich vorankommen willst, MUSS Du die Position wechseln.
> Wenn das in der Firma geht - gut! Wenn nicht - Firma wechseln.
>
> Lies mal meinen Werdegang:
>
> Beitrag "Re: Einstiegs- und Median-Gehälter in den 80ern | Gibt es
> verwertbare Zahlen?"

Sehr interessant! Vielen Dank dafür. Ich selber finde ja 7-8 Wechsel in 
19 Jahren schon recht heftig. Aber grundsätzlich gebe ich dir recht, nur 
durch Aufstiege kommt man entsprechend voran. Nach 5 Jahren ist jetzt 
eigentlich der Zeitpunkt gekommen, entweder zu wechseln oder intern 
aufzusteigen.

von Adolf (Gast)


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@ratloserFux

was verdienst Du denn jetzt? Jahresbrutto?

von ratloserFuchs (Gast)


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Adolf schrieb:
> @ratloserFux
>
> was verdienst Du denn jetzt? Jahresbrutto?

Derzeit 58k bei 13 Gehältern.

von AT'ler (Gast)


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Zocker_31 schrieb im Beitrag #3826635:
> Autor: ratloserFuchs (Gast)
> Datum: 02.10.2014 22:32
>
> Derzeit 58k bei 13 Gehältern.
>
> Ist das ein Teilzeitjob oder bist du bei einer Zockerbude ?

Genau das hab ich mich jetzt auch gefragt. Ein AT Vertrag fängt ja bei 
ca. 95000 p.a. Minimum erst an, das wäre dann schon ein großer Sprung!

von R. einsch (Gast)


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ratloserFuchs schrieb:
> (dafür aber auch 50 km mehr Arbeitsweg)

wieviel denn insgesamt? mit rush hour und stau geb ich dir vll n halbes 
jahr bis du kein bock mehr hast.

von ratloserFuchs (Gast)


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Zocker_31 schrieb im Beitrag #3826635:
> Ist das ein Teilzeitjob oder bist du bei einer Zockerbude ?

Ja, ich verstehe die Anspielung. Weder noch. Wo hätte ich nach 5 Jahren 
sein müssen? Bin nach meinem Abschluss damals ins Tarifsystem (in eine 
aus heutiger Sicht vielleivht zu niedrige Stufe?) eingestiegen und nach 
fast 5 Jahren bei 58-59k angekommen - Gehaltssteigerung erfolgten über 
dabei über die tariflich festgelegten Steigerungs-Stufen sowie der 
jährlichen Tarifanpassung.

Die neue Stelle bietet knapp 86k inkl. erfolgsabhängigen Anteil (über 
Zielprozesse), ist dafür aber außertariflich.

von ratloserFuchs (Gast)


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R. einsch schrieb:
> wieviel denn insgesamt? mit rush hour und stau geb ich dir vll n halbes
> jahr bis du kein bock mehr hast.

Ca. 50min - 1 Stunde zur rush hour für die neue Stelle - Derzeit nur ca. 
25 min Fahrtzeit.

von Mario (Gast)


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ratloserFuchs schrieb:
> Derzeit 58k bei 13 Gehältern.

Darf ich fragen, ich welcher Region du arbeitest? Da wo ich arbeite (im 
Osten) ist das ganz ordentlich, in Süddeutschland ist das dann eher 
wieder nicht so viel.

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