Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Warum kann man mit 48Ms/s ein 20MHz-Signal darstellen?


von brunomitterer (Gast)


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Hallo,

habe neulich ein Billigscope (USB-DSO für PC - HANTEK 6022BE) gekauft. 
Es hat wohl maximal einen Bandbreite von 20MHz.
Hier der Link zum Hersteler, dort stehen auch die technischen Daten (auf 
"Parameters" klicken).
http://www.hantek.com/en/ProductDetail_2_31.html


Eigentlich wollte ich es nehmen, um Ladespannungen bei der Akkuladung 
aufzuzeichnen.

Habe dann spaßeshalber auch mal einen Sinus-Funktionsgenerator 
angeschlossen und höherfrequente Signale dargestellt. Siehe da, es 
können tatsächlich Signale bis 20MHz dargestellt werden. Die 
Kurvendarstellung ist zwar leicht pixelig, aber das Sinussignal läßt 
sich eindeutig erkennen.

Nun frage ich mich, wie das funktioniert. Wenn man ein 20MHz-Sinussignal 
mit 48Ms/s einsampelt, dürfte doch allenfalls eine Art Rechtecksignal 
dabei herauskommen.

Vielleicht weiss jemand von euch, warum hier ein Sinus dargestellt 
werden kann.

: Verschoben durch Moderator
von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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brunomitterer schrieb:
> Vielleicht weiss jemand von euch, warum hier ein Sinus dargestellt
> werden kann.

man Abtasttheorem

Du kannst das Sinussignal darstellen, da du mit geringfügig mehr als
zwei Stützstellen pro Periode eben den Sinus mitteln kannst.  Du
kannst natürlich nicht mehr als einen Sinus bei dieser Frequenz
mehr rekonstruieren, aber Fourier besagt ja dann auch, dass jede
vom Sinus abweichende Signalform einen Oberwellenanteil hat.  Wenn
du den wegnimmst — nun, dann bleibt halt bloß der Sinus der Grundwelle
noch übrig.

von ... (Gast)


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Die Mathematik der uncoolen Jungs, die jetzt dein Leben erklärt, schlägt 
für dein Problem sin(x)/x-Interpolation vor.

von brunomitterer (Gast)


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Danke für die ausführliche Antwort!

Habe zum Vergleich den CLKOUT-Anschluss eines AVRs mit 20MHz-Quarz ans 
6022BE angeschlossen.
Hier müsste ein Rechtech mit 5Vpp angezeigt werden. Stattdessen wird ein 
Sinusignal mit 1Vpp angezeigt.

Das spricht stark für deine Theorie, dass der eingesampelte Rechteck 
softwaremäßig "beschönigend" in ein Sinussignal umgewandelt wird.

Die Dämpfung von 5Vpp auf 1Vpp ist auch nicht ohne...


... schrieb:
> Die Mathematik der uncoolen Jungs, die jetzt dein Leben erklärt, schlägt
> für dein Problem sin(x)/x-Interpolation vor.

sin(x)/x-Interpolation ist tatsächlich per Buttom standardmäßig 
aktiviert. Das macht den Rechteck zum Sinus oder was bewirkt diese 
Funktion?

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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brunomitterer schrieb:
> Das spricht stark für deine Theorie, dass der eingesampelte Rechteck
> softwaremäßig "beschönigend" in ein Sinussignal umgewandelt wird.

Er wird bereits durch das Antialiasing-Filter am Eingang in einen
solchen umgewandelt.

von Udo S. (urschmitt)


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brunomitterer schrieb:
> Die Dämpfung von 5Vpp auf 1Vpp ist auch nicht ohne...

Und zeigt, daß
du das Clock Signal durch deine Messung zu stark belastest, so daß die 
Amplitude geringer wird
und
Dein Eingangsverstärker des Oszis am oder über dem Limit ist und nicht 
mehr messen sondern nur noch schätzen kann.
Denk daran bei der Grenzfrequenz hast du schon eine Abschwächung um 3dB, 
das sind nur noch das 0,7 fache des eigentlichen Signals.

von brunomitterer (Gast)


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Udo Schmitt schrieb:
> Und zeigt, daß
> du das Clock Signal durch deine Messung zu stark belastest, so daß die
> Amplitude geringer wird

Lt. Hersteller hat der Tastkopf eine
Input Impedance von  1MΩ 25pF .

Jörg Wunsch schrieb:
> Er wird bereits durch das Antialiasing-Filter am Eingang in einen
> solchen umgewandelt.

Das Antialiasing-Filter ist ein Hardware-Filter?

von Thomas (Gast)


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brunomitterer schrieb:
> Das Antialiasing-Filter ist ein Hardware-Filter?

ja, ein TP, die max. (analog) Bandbreite des Oszis ergibt sich durch die 
Grenzfrequenz von diesem TP.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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brunomitterer schrieb:
> Das Antialiasing-Filter ist ein Hardware-Filter?

Ja, wie sonst?  Das Ding heißt ja so, weil es die höheren Frequenzen
bereits vor der Digitalisierung wegwerfen muss, denn danach kann
man diese nicht mehr von ihren Aliasen im Basisband unterscheiden.

Du solltest dir wirklich mal wenigstens den Wikipedia-Beitrag zum
Abtasttheorem durchlesen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Nyquist-Shannon-Abtasttheorem

von Possetitjel (Gast)


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brunomitterer schrieb:

>> Und zeigt, daß du das Clock Signal durch deine Messung zu
>> stark belastest, so daß die Amplitude geringer wird
>
> Lt. Hersteller hat der Tastkopf eine
> Input Impedance von  1MΩ 25pF .

Das bezweifele ich. Das ist ein typischer Wert für die Impedanz
des Oszi-Eingangs.

Ein 1:1-Tastkopf hat üblicherweise ca. 150pF. Das entspricht
bei 20MHz einem Scheinwiderstand von 53 Ohm (!!!).

Bei einem 10:1-Tastkopf ist man immerhin erst bei 10MOhm / 25pF.

von brunomitterer (Gast)


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Possetitjel schrieb:
> Das bezweifele ich. Das ist ein typischer Wert für die Impedanz
> des Oszi-Eingangs.
>
> Ein 1:1-Tastkopf hat üblicherweise ca. 150pF. Das entspricht
> bei 20MHz einem Scheinwiderstand von 53 Ohm (!!!).
>
> Bei einem 10:1-Tastkopf ist man immerhin erst bei 10MOhm / 25pF.

Richtig, habe es grade nachgemessen (nur Tastkopf + Kabel):

1:1 165pF

10:1 20pf

von Ralph B. (rberres)


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Thomas schrieb:
> ja, ein TP, die max. (analog) Bandbreite des Oszis ergibt sich durch die
> Grenzfrequenz von diesem TP.

Bei einen Oszillograf welche eine vernünftig konstante Gruppenlaufzeit 
hat wird der Frequenzgang mit 6db/ Oktave begrenzt. Die Steilheit reicht 
bei weiten nicht aus um Aliasingprodukte zu verhindern.

Das Zauberwort für Frequenzen nähe der halben Samplingfrequenz oder 
sogar drüber abzutasten, heißt Randomsampling.

Da wird die Kurve mehrmals abgetastet und jedes mal ein anderes Stück 
der Kurve digitalisiert. Das kann man z.B. dadurch erzielen, in dem bei 
jeden Durchgang der Triggerzeitpunkt ein anderer ist.

Das wurde schon bei den alten HP54600 Serie gemacht. Die hatten Anfangs 
auch nur 20 Msamples , konnten aber 100MHz und höher einwandfrei 
darstellen. Nur halt eben nicht im Singleshot .


Ralph Berres

von brunomitterer (Gast)


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Ralph Berres schrieb:
> Das Zauberwort für Frequenzen nähe der halben Samplingfrequenz oder
> sogar drüber abzutasten, heißt Randomsampling.
>
> Da wird die Kurve mehrmals abgetastet und jedes mal ein anderes Stück
> der Kurve digitalisiert. Das kann man z.B. dadurch erzielen, in dem bei
> jeden Durchgang der Triggerzeitpunkt ein anderer ist.

Danke für die ausführliche Antwort! Ist das das gleiche wie 
"Undersampling"?
Das ganze funktioniert aber nur für sich periodisch wiederholende 
signale, wenn ich es richtig verstanden habe (weil immer ein anderer 
Teil der Kurve abgetstet wird).


Was ich noch nicht verstehe:
Arbeitet das besagte HANTEK 6022BE auch mit Random- bzw. Undersampling 
und kann man damit halbwegs genau auch ein 20MHz-Rechtecksignal abbilden 
oder wird ein 20MHz-Signal egal mit welcher Wellenform immer als 
"sinusartig" abgebildet?
(letztlich reduziert es sich auf die Frage: bin ich zu "doof" um ein 
Rechtecksignal ordentlich einzuspeisen oder ist das 6022BE zu "doof", 
ein Rechtecksignal ordentlich darzustellen? :O| )

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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brunomitterer schrieb:
> Ist das das gleiche wie
> "Undersampling"?

Ja.

> Das ganze funktioniert aber nur für sich periodisch wiederholende
> signale, wenn ich es richtig verstanden habe

Ja.

> Arbeitet das besagte HANTEK 6022BE auch mit Random- bzw. Undersampling

Davon ist nicht auszugehen.

Nicht nur, dass dann die Abtastlogik darauf ausgerichtet sein müsste,
sondern es müsste vor allem der Eingangsteil für diese Frequenzen
geeignet sein.  Bandbreite in diesem Bereich kostet aber Geld.

> oder ist das 6022BE zu "doof",
> ein Rechtecksignal ordentlich darzustellen? :O| )

Ja, das kann deine Aufgabe einfach nicht lösen.  Mit einem Oszi mit
20 MHz Analogbandbreite kannst du dir noch so einigermaßen einen
Rechteck mit 1 MHz angucken, aber nicht viel mehr.

von Thomas (Gast)


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Ralph Berres schrieb:
> Thomas schrieb:
>> ja, ein TP, die max. (analog) Bandbreite des Oszis ergibt sich durch die
>> Grenzfrequenz von diesem TP.
>
> Bei einen Oszillograf welche eine vernünftig konstante Gruppenlaufzeit
> hat wird der Frequenzgang mit 6db/ Oktave begrenzt. Die Steilheit reicht
> bei weiten nicht aus um Aliasingprodukte zu verhindern.
>
> Das Zauberwort für Frequenzen nähe der halben Samplingfrequenz oder
> sogar drüber abzutasten, heißt Randomsampling.
>
> Da wird die Kurve mehrmals abgetastet und jedes mal ein anderes Stück
> der Kurve digitalisiert. Das kann man z.B. dadurch erzielen, in dem bei
> jeden Durchgang der Triggerzeitpunkt ein anderer ist.
>
> Das wurde schon bei den alten HP54600 Serie gemacht. Die hatten Anfangs
> auch nur 20 Msamples , konnten aber 100MHz und höher einwandfrei
> darstellen. Nur halt eben nicht im Singleshot .

Nichtsdesto kannst du die Eingansstufe eines Oszilloskops als TP 
1.Ordnung modellieren, und die Grenzfrequenz von diesem TP ist immer die 
kleinste, d.h. bei einem Oszilloskop mit x Hz Analogbandbreite ist immer 
dieser TP der ausschlaggebende Faktor. So habe ich das zumindest mal 
gelernt.

lg

von brunomitterer (Gast)


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Danke für die Antworten!

Jörg Wunsch schrieb:
> Ja, das kann deine Aufgabe einfach nicht lösen.  Mit einem Oszi mit
> 20 MHz Analogbandbreite kannst du dir noch so einigermaßen einen
> Rechteck mit 1 MHz angucken, aber nicht viel mehr.

Das kenne ich auch so.
Deshalb war ich ganz verwundert, als plötzlich ein 20MHz-Signal als 
weitgehend sauberer Sinus dargestellt wurde.
Da her auch meine Frage hier im Forum.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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brunomitterer schrieb:
> Deshalb war ich ganz verwundert, als plötzlich ein 20MHz-Signal als
> weitgehend sauberer Sinus dargestellt wurde.

Klar, der Sinus ist ja die Basis aller Schwingungen (siehe Fourier).

von Georg (Gast)


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brunomitterer schrieb:
> Deshalb war ich ganz verwundert, als plötzlich ein 20MHz-Signal als
> weitgehend sauberer Sinus dargestellt wurde.

Wieso? Oberwellen des 20 MHz-Signals werden bei dieser Abtastung nicht 
mehr erfasst, also KANN es nur ein Sinus sein. Für ein Rechteck müsste 
die Samplingrate ja weit über 100 MHz liegen.

Um es nochmal klarzustellen: ein 20 MHz-Signal ohne Oberwellen IST ein 
Sinus.

Welche Kurvenform das Originalsignal hat, kann mit dieser Messung 
schlicht und einfach nicht festgestellt werden.

Georg

von brunomitterer (Gast)


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Georg schrieb:
> Welche Kurvenform das Originalsignal hat, kann mit dieser Messung
> schlicht und einfach nicht festgestellt werden.

Danke für die klaren Worte!

von Ralph B. (rberres)


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Georg schrieb:
> Wieso? Oberwellen des 20 MHz-Signals werden bei dieser Abtastung nicht
> mehr erfasst, also KANN es nur ein Sinus sein. Für ein Rechteck müsste
> die Samplingrate ja weit über 100 MHz liegen.

Nochmal Diese Annahme gilt nur für Einzelschuss

Im Randomsamplingverfahren kann man sehr wohl auch Signale , welche das 
Abtasttheorem verletzten würden einwandfrei und vollständig erfassen.

Unzählige Oszillografen von HP arbeiten nur mit 20Msamples obwohl sie 
bis 150MHz analoge Bandbreite besitzen, und auch einwandfrei darstellen.

Ralph Berres

von Kevin K. (nemon) Benutzerseite


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Du hast übrigens 250MHz Samplingrate, undzwar Echtzeit-Sampling. Das 
heißt, dein 20MHz-Sinus wird 12,5 mal je Periode abgetastet. Schon ohne 
Sin x/x-Interpolation reicht das für eine ansehnliche Darstellung aus. 
Die Scopes, die ich habe, können alle wahlweise linear, oder mit sinx/x 
interpolieren. Letzteres benötigt mehr Rechenzeit und äußert sich gerne 
durch eine langsamere Bildschirmaktualisierung.
Wenn das Signal keine Anteile hat, die höherfrequent sind, als die halbe 
Abtastrate, beschönigt sin x/x auch nichts, sondern stellt das Signal 
realitätsnäher dar, als die lineare Interpolation.

von brunomitterer (Gast)


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Kevin K. schrieb:
> Du hast übrigens 250MHz Samplingrate, undzwar Echtzeit-Sampling. Das
> heißt, dein 20MHz-Sinus wird 12,5 mal je Periode abgetastet.

Beim Hantek 6022BE ???

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