Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Simpler ESR-Monitor


von Und wech U. (quinny)


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Wichtige Qualitätsmerkmale realer Kondensatoren sind die parasitären 
Elemente "ESR" (Equivalent Series Resistance), "ESL" und der 
Isolationswiderstand.

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/5/51/Elko-Ersatzschaltbild-Wiki-07-02-08.svg/230px-Elko-Ersatzschaltbild-Wiki-07-02-08.svg.png

Ein verlustfreier Kondensator hätte einen ESR von 0 Ohm, eine ESL von 0 
nH und einen unendlichen Isolationswiderstand. Während man den 
Isolationswiderstand noch mit einem guten Widerstandsmessgerät und die 
Kapazität mit einem modernen Multimeter bestimmen kann, sind die 
restlichen Daten meist nur mit aufwendigen und teuren Vorrichtungen 
erfassbar.


Hier werde ich ein fast schon in Vergessenheit geratenes Verfahren zur 
ESR- und ESL-Messung "auf einen Schlag" vorstellen. Es handelt sich 
dabei um eins der ältesten Prinzipien der elektrischen Messtechnik 
überhaupt. Bekannt seit weit vor der Erfindung der Elektronenröhren.

Aber erst durch Verwendung eines modernen elektronischen Bauteils 
entsteht eine überraschend einfache Vorrichtung, die die o.a. Daten mit 
hoher Präzision in wenigen Sekunden ermittelt.

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Das oben gezeigte Ersatzschaltbild eines realen Kondensators beinhaltet 
einen Serienschwingkreis bestehend aus C und ESL.

Wenn man also einen Kondensator mit immer höheren Frequenzen versorgt, 
so sinkt seine Impedanz nach und nach bis zur Resonanzfrequenz dieses 
Serienschwingkreises:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d4/Kondensator-Impedanzverl%C3%A4ufe-Wiki-1.jpg


Unterhalb der Resonanzfrequenz dominiert die Kapazität, oberhalb der 
Resonanzfrequenz dominiert die interne Induktivität.

Bei der Resonanzfreuenz heben sich induktive und kapazitive Komponente 
vollständig gegenseitig auf und es verbleibt als Impedanz nur der 
Wirkwiderstand ESR, der bis in den unteren Milliohmbereich sinken kann.

WENN es uns gelänge, den realen Kondensator auf seiner Resonanzfrequenz 
zum Schwingen zu bringen, so könnten wir aus der Resonanzfrequenz ESL 
berechnen und gleichzeitig ESR abblesen.

Zur Ablesung des extrem niederohmigen ESR verwenden wir eine der 
ältesten Messmethoden der Elektrotechnik: eine Brückenschaltung. Und zur 
Anfachung der Schwingung auf Serienresonanz das ebenso seit Urzeiten 
bekannte Prinzip eines Oszillators.

Der Trick des Monitors liegt in der Kombination beider Elemente zu einer 
supersimplen Schaltung, was durch Verwendung eines einzigen modernen 
Bauteils gelingt.

von Und wech U. (quinny)


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Die Schaltung besteht aus einem gegenkoppelnden (R2 und Messobjekt) und 
einem rückkoppelnden Zweig (R1 und Poti), die beide vom Ausgang des OPV 
gespeist werden. In der Brückenquerverbindung befindet sich der OPV, der 
die Signale in beiden Zweigen vergleicht.

Man dreht am Poti, bis Schwingungen beginnen. Dies wird mit der LED 
angezeigt. Dabei stellt sich die Frequenz des im Messobjekt befindlichen 
Serienkreises (L1 und C1) ein, denn nur bei dieser Frequenz wird die 
Gegenkopplung minimal.

Bei der Serienresonanz heben sich die Blindwiderstände L1 und C1 im 
Messobjekt vollständig auf und die Brücke "sieht" nur noch den 
Wirkwiderstand Rs (= "ESR"), der uns ja interessiert. Der eine 
Brückenzweig besteht also aus R2 und Rs. Der andere Brückenzweig aus R1 
und dem Poti.

Die Stellung des Potis entspricht daher direkt dem Wirkwiderstand Rs! Um 
Schwingungen anzufachen, muss am Poti eine etwas höhere Spannung 
abfallen. Man kann also an der dekadisch und linear verlaufenden 
Potiskala direkt den Widerstand Rs ablesen, wenn der Oszillator gerade 
eben zu schwingen anfängt.

Gleichzeitig kann man mit dem Oszillatorausgang einen Frequenzzähler 
speisen und - bei bekannter Kapazität - L1 mit der Schwingungsformel 
berechnen.

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Die Schaltung ist nicht nur zur ESR-Messung geeignet. Man kann mit ihr 
auch Spulen oder Kapazitäten messen, wenn man sie mit einem 
Referenzkondensator bzw. einer Referenzspule zu einem Serienkreis 
vervollständigt und die sich einstellende Schwingfrequenz auswertet.

Man kann auch Quarze oder sonstige Piezos auf Serienresonanz anregen.

Um möglichst flexibel zu sein wurde ein LM7171 OPV verwendet, der 
mühelos 100MHz erreichen kann, aber auch mit wenigen Hz keine 
Schwierigkeiten hat. Der OPV kann derart hohen Ströme aufbringen, dass 
man sogar noch unter einem Milliohm erfolgreich messen kann. Um das 
Gerät universell zu halten, kann man den Messbereich über sechs Dekaden 
umschalten.

von Und wech U. (quinny)


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Hier nun der praktische Aufbau (zusammen mit einem kleinen 
NF-Monitorverstärker im gleichen Gehäuse).

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