Weil ich im Keller ein ausgedientes Fotometer gefunden hab, fiel mir u.a. ein "Spiegelgalvanometer" in die gierigen Bastlerhände. In erster Linie handelt es sich dabei um ein Drehspulinstrument. Allerdings ein hochempfindliches: es hat einen Vollausschlag von lediglich 10uA. Die dadurch ins Messwerk eingebrachten Kräfte sind so gering, dass schon kleinste Lufbewegungen oder Reibungen der Lager reproduzierbare Messungen ausschließen würden. Folglich verwendet man keine Reiblager! Stattdessen verwendet man zwei extrem dünne Drähte ("Spanndrähte"), die gleichzeitig die Drehspule mit Strom versorgen und sich bei einer Drehung der Spule im magnetischen Feld des roten Magneten verwinden (= "Torsionslager"). Weiterhin befindet sich an der Drehspule kein Zeiger sondern lediglich ein winziger Spiegel, der durch ein schützendes Fensterchen betrachtet werden kann. Auf diesen Spiegel richtet man eine gut fokussierten Lichtstrahl und wirft dessen Reflektion auf eine weit entfernte Skala, die - entsprechend der Lichtzeigerlänge - eine große Ausdehung haben kann. Ein Lichtzeiger kann parallaxenfrei projiziert werden. Man braucht also keine Messerzeiger oder Spiegelskalen. ------- Wenn man eine Skala von beispielsweise 20cm beleuchtet, so entspricht jeder Millimeter einem Strom von 10uA geteilt durch 200mm = 50 Nanoampere. Wenn man statt der im Fotometer noch verwendeten Glühlampe einen Laserstrahl als Lichtzeiger verwendet, so kann man die Projektion so weit vergrößern, dass man auch noch Picoampere ablesen könnte. Ein Laserstrahl hätte auch noch den Vorteil, dass man mit kleinsten Batterien für den Lichtzeiger ausreichen würde. So ein Gerät hat heutzutage keinen wirklichen Nutzen. Jedes Multimeter kann schon im Nanoamperebereich messen. Trotzdem hat ein Spiegelgalvanometer für mich eine große Faszination. Es würde mich einfach reizen, sowas zusammenzubauen.
Gesagt, getan... Es handelt sich um ein Kompenmsationsmessgerät, also eine Brücke, die so abgeglichen wird, dass im Messwerk im Nullabgleich kein Strom fließt. Damit hat dieses alte Messprinzip einen unendlichen Eingangswiderstand! Besser als jedes moderne Multimeter. Damit das Gerät nicht vesrehentlich überlastet werden kann, nutze ich den Lichtzeiger gleich zur Notabschaltung. Sobald er die Fototransistoren erreicht, wird das empfindliche Messwerk ausgeschaltet und eine Überlast-LED leuchtet auf.
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Mit diesem Messgerät kann man z.B. *Wirk*leistungen messen! Oben links zwei Auszüge aus einem alten DDR-Buch. Nicht ganz klar. kompen10.png kompen11.png --------- Also musste die Simulation ran. Nach Entfernung der schwarzen Magie blieb schließlich noch eine simple Phasen-Messbrücke mit Einweggleichrichtungen übrig - ähnlich einem SWR-Meter aus der Funkerei. kompen12.png ...geschickterweise natürlich gleich auf den Kompensator ausgelegt. --------- Mit dem rechten Brückenzweig wird die Anzeigeempfindlichkeit vorgegeben. Der linke Brückenzweig wird bei Blindströmen auf Null abgeglichen. Da mein Trenntrafo noch im Umbau ist, musste ich mit einem 30V Trafo versorgen. So konnte ich nicht im Kilowatt-Bereich messen, sondern nur bei rund 10 Watt. Durch zwei back-to-back in Reihe geschaltete Elkos von je 470uF fließt ein Blindstrom von 800mA. Trotzdem zeigt der Kompensator nichts an, weil es ja ausschließlich ein Blindstrom ist. Der Kompensator soll aber ja den Wirkstrom zeigen. kompen13.jpg ----------- Sobald ich jedoch parallel zum Kondensator einen 10 Ohm Widerstand schalte, schlägt der Kompensator heftig aus (proportional der Leistung, wie im DDR-Artikel erwähnt): kompen14.jpg ----------- Es fließt ein Scheinstrom von 1.4A. Entferne ich den Kondensator, so verändert sich die Anzeige des Kompensators nicht. Und das, obwohl der Strom deutlich sinkt. kompen15.jpg Tatsächlich reagiert das Gerät also ausschließlich auf die Wirkleistung! Prinzipiell kann man natürlich auch ein Multimeter verwenden, wie im Artikel erwähnt. Aber es muss ein mittelndes Drehspulinstrument sein - möglichst mit Nulllage in der Mitte. Und dann benötigt man obendrein noch die im Kompensator fest verbauten Potis zum Nullabgleich. Außerdem ist der Kompensator - für ein Drehspulinstrument - irre empfindlich. Dadurch konnte ich die Schaltung wesentlich hochohmiger auslegen. Statt den empfohlenen 100uA benötigt das Galvanometer ja nur 1,5uA. Ach so.... eine wichtige Sache noch: das fiunktioniert alles so schön, weil ich nur die Wirkleistung von Sinusschwingungen vermessen hab. Bei Impulsströmen kann es nicht hinhauen. Aber irgendwas ist ja immer.
Die Altvorderen konnten Leistungen unterschiedlichster Kurvenform und sehr hoher Frequenz messen, wie es kein noch so moderner Mikrocomputer kann! Als fast ideale Indikatoren für Effektivwert-Leistungen (aber auch Spannungen oder Ströme, wenn die jeweils andere Größe bekannt ist) beliebiger Kurvenform kann man Glühlampen nehmen. Eine Glühlampe wird dabei von dem zu untersuchenden Gerät mit Energie versorgt. Und die andere Glühlampe wird von einem geeichten Gleichstrom-Netzteil versorgt. Man muss jetzt nur beide Glühlampen auf gleiche Helligkeit abgleichen und kann dann am Gleichstromnetzteil bequem den Strom und die Spannung ablesen. Deren Multiplikation ergibt direkt die Leistung, mit der die zu untersuchende Glühlampe betrieben wurde. Zum Helligkeitsvergleich dient ein Fettfleck (oder Öl) auf ganz normalem Papier. Zuerstmal hab ich die beiden Glühlampen einfach an ein Doppelnetzteil angeschlossen. Die hintere Lampe ist zu dunkel: fett1.JPG Die hintere Lampe ist zu hell: fett2.JPG Beide Lampen sind gleich hell - der Fettfleck verschwindet: fett3.JPG (es ist wirklich eine fast binäre Anzeige - man kann sehr genau einstellen) Der Papierschirm muss genau zwischen den beiden Lampen angeordnet sein: fett4.JPG Nun gucken wir mal, ob ich in beide Lampen die gleiche Leistung gesteckt habe: fett5.JPG 1.9V/410mA zu 1.9V/420mA Also selbst mit meinem Pfuschaufbau und ungenauem Netzteil und willkürlichen Griff in die Lampenkiste habe ich ein Leistungs-Messgerät mit 2,5% Ungenauigkeit gebastelt! Mit diesem Messgerät kann ich nun Leistungen bestimmen, die aus x-beliebigen Kurvenformen für Spannung und Strom entstanden sind. Entscheidend ist nur die in der Lampe umgesetzte Leistung, die die Helligkeit bestimmt.
Wolltet Ihr immer schon mal wissen, welche Leistung eigentlich von den tief in einer Lautsprecherbox versteckten Wirkwiderständen bei einer bestimmten Frequenz umgesetzt wird? Also hauptsächlich im Wirkwiderstand der/des eigentlichen Lautsprecher/s? Aber ohne die verleimte Box zu öffnen, ohne zu wissen, wie es eigentlich in der Frequenzweiche genau aussieht und ohne zu wissen, welchen Widerstand Euer Verbraucher tatsächlich hat! Das soll gehen? Ja... das geht tatsächlich. Man benötigt einen Sinusgenerator "V1", einen x-beliebigen Widerstand "R1" und zwei simple Wechselspannungsmessungen. Oben links eine willkürlich erdachte Boxeninnenbeschaltung aus Blind- und Wirkwiderständen (die gerne auch ganz anders aussehen darf). Es müssen die Wechselspannungen u1 und u2 gemessen und dann die in der Skizze eingetragene simpe Formel durchgerechnet werden, um die Leistung in den versteckten Wirkwiderständen zu ermitteln. Und? Stimmts auch? Der Computer sagt "ja" (rechtes Bild) ---------- Diese Methode wurde früher in der Fachliteratur als "Dreivoltmetermethode" (u1, u2 und u1-u2) bezeichnet und wurde mittlerweile wohl weitestgehend vergessen. Hier: Beitrag "Re: Alte Messtechnik" hatte ich ebenso gemessen.
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Fred Quinny schrieb: > Wolltet Ihr immer schon mal wissen, welche Leistung eigentlich von den > tief in einer Lautsprecherbox versteckten Wirkwiderständen bei einer > bestimmten Frequenz umgesetzt wird? und bei meinen Philips MFB544 und MFB567 wie mache ich das da ? (scnr)
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Hallo Joachim, wenn es Dir gelingt, rein sinusförmigen Strom einzuspeisen, so wird Dir bei der Messmethode und Formelanwendung unverändert die Leistung der bei der eingespeisten Spannung und Frequenz versorgten Wirkwiderstände dargestellt ;) VG Fred
Anlässlich dieses Themas: Beitrag "Re: Schweißstrom anzeigen" ......... Es scheint bei der computergestützen Generation in Vergessenheit zu geraten, dass simple und günstige Dreheisenmesswerke den Effektivstrom darstellen. Dabei ist es gleich, ob es sich um einen Wechsel- oder Gleichstrom handelt und welche Kurvenform der Strom hat. VG Fred
Hallo Fred, meins ist es nicht so was zu bauen, aber vielen Dank, dass du uns das zeigst. Warum nicht altes ausgraben, drüber nachdenken und evtl. mit fortgeschrittener Technik auch was neues daraus entwickeln? Oder einfach nur staunen über das was unsere Vorfahren für teils geniale Ideen hatten. Schön gemacht, Danke!
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Lichtzeiger Instrumente wurden auch in der Strahlungsmesstechnik benutzt, um z.B. Szintillationskristalle oder (QFD-) Dosimeter auszuwerten. https://en.wikipedia.org/wiki/File:Direct-reading_dosimeter.jpg Ich hatte aus einem Röntgeninstitut mal eines mit +/- 5uA. Dieses Instrument leuchtete ein ellipsenförmigen Feld aus mit Trennstrich in der Mitte. Eine Hälfte des Leuchtzeigers war rot, eine weiss. Schönes Dings, aber mittlerweile futsch. Soweit ich mich erinnere, kam das aus dem Vereinigten Königreich.
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Fred Quinny schrieb: > Anlässlich dieses Themas: > Es scheint bei der computergestützen Generation in Vergessenheit zu > geraten, dass simple und günstige Dreheisenmesswerke den Effektivstrom > darstellen. Dabei ist es gleich, ob es sich um einen Wechsel- oder > Gleichstrom handelt und welche Kurvenform der Strom hat. Nein, leider nicht, dadurch dass die magnetisch arbeiteten haben die einen relativ starken Frequenzgang. Sprich Dein Dreheisenmesswerk ist für eine bestimmte Frequenz geeicht. Somit kann es sein, dass Du die Oberwellen nicht zuverlässig mit bekommst. Mit vergleichenden Messungen über Wärme oder Licht an Widerständen hast du einen sehr linearen Frequenzgang.
Interessante Technik, danke fürs Vorstellen. Auf die Sache mit den Lampen und dem Fettfleck muss man erstmal kommen. ;)
Christian Berger schrieb: > Fred Quinny schrieb: >> Anlässlich dieses Themas: >> Es scheint bei der computergestützen Generation in Vergessenheit zu >> geraten, dass simple und günstige Dreheisenmesswerke den Effektivstrom >> darstellen. Dabei ist es gleich, ob es sich um einen Wechsel- oder >> Gleichstrom handelt und welche Kurvenform der Strom hat. > > Nein, leider nicht, dadurch dass die magnetisch arbeiteten haben die > einen relativ starken Frequenzgang. Sprich Dein Dreheisenmesswerk ist > für eine bestimmte Frequenz geeicht. Somit kann es sein, dass Du die > Oberwellen nicht zuverlässig mit bekommst. Mit vergleichenden Messungen > über Wärme oder Licht an Widerständen hast du einen sehr linearen > Frequenzgang. Hallo Christian, für Lade- und Schweißgeräte reicht es. Nicht aber für NF oder gar für HF-Sender. Da kommen dann auch die Thermoelemente ins Spiel. Ich hab noch nie was mit Themoelementen gemacht. Ich hatte nur mal einen Surplus-Sender, der sowas verbaut hatte. Und ein paar IR-Sensoren, die eine Thermoelementsäule eingebaut haben sollen. Hat mit Thermoelementen schon mal jemand rumgespielt? VG Fred
Um Leistungen zu erfassen, werden schon sehr lange sogen. 'Bolometer' benutzt, die eingestrahlte Leistung in Wärme umsetzen, die dann messbar ist, z.B. mit Thermoelementen. https://en.wikipedia.org/wiki/Bolometer Bolometer sind bei richtigem Aufbau extrem empfindlich, wie man an den Anwendungen in der Astronomie sieht und werden auch in der prof. Messtechnik gerne eingesetzt. Fred Quinny schrieb: > Hat mit Thermoelementen schon mal jemand rumgespielt? Das tust du wahrscheinlich jeden Tag, denn der Messaufnehmer in deiner Lötstation wird sehr wahrscheinlich ein Thermoelement sein. Und ja, ich habe meine Lötstation mal umbauen müssen und das Thermoelement wird nun von einem ATTiny verstärkt und gemessen, um damit den Kolben zu regeln. https://en.wikipedia.org/wiki/Thermoelectric_effect Sowhl Peltier als auch Seebeck haben das damals nahezu gleichzeitig entdeckt, im dt. Sprachraum ist manchmal auch 'Seebeck Effekt' oder 'Seebeck Element' üblich.
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Nochmal was zu den Spiegelgalvanometern: Ich habe 9 Jahre an unserer Uni in der Sektion Geophysik gearbeitet, es gab da im Keller alte Apparaturen zur Registrierung seismischer Ereignisse auf Film. Da waren ganze Batterien solcher Spiegelgalvanometer verbaut, jedes seitlich nur ca. 12mm stark. Diese Zeichneten nebeneinander auf Rollfilm auf was die Geophone lieferten. Ich hatte Jahrelang 2 solche Dinger hier rumliegen, habe je eines an Gerd R. und Gert P. verschenkt voriges Jahr. Spannbandaufhängugen bei empfindlichen Meßgeräten ist übrigens nichts Neues, das ist üblicher Standard. Dein Teil kommt mir nur sehr unempfindlich vor, die Dinger die ich hatte waren schon bei 1µA am Anschlag. 10µA/100mV ist das was schon in einem normalen Handmultimeter" wie Mellenbach Uni 10möglich war, mit Glaszeiger und Spiegelscale. Gruß, Holm
Fred Quinny schrieb: > Es scheint bei der computergestützen Generation in Vergessenheit zu > geraten, dass simple und günstige Dreheisenmesswerke den Effektivstrom > darstellen. Die gibts aber leider nicht mit SPI-Anschluß, d.h. das Auslesen mit einem MC wird sehr kompliziert.
Holm Tiffe schrieb: > Dein Teil kommt mir nur sehr > unempfindlich vor, die Dinger die ich hatte waren schon bei 1µA am > Anschlag. Hallo Holm, da war ursprünglich noch ein der niederohmiger Dämpfungswiderstand dran. Den konnte ich deutlich vergrößern. Nun bringt es 1.5uA und 6mV: http://www.mikrocontroller.net/attachment/233727/galv_19.JPG VG Fred
Peter Dannegger schrieb: > Fred Quinny schrieb: >> Es scheint bei der computergestützen Generation in Vergessenheit zu >> geraten, dass simple und günstige Dreheisenmesswerke den Effektivstrom >> darstellen. > Die gibts aber leider nicht mit SPI-Anschluß, d.h. das Auslesen mit > einem MC wird sehr kompliziert. Hallo Peter, man kann die Kraft eines Elektromagneten messen, denn nichts anders tut ja ein Dreheisenmessgerät. Taschenwaagen kosten unter 10 Euro, ein Hubmagnet zwei Euro. Fertig ist das Effektivwertmessgerät mit digitaler Anzeige und PC-Anschluss ;) VG Fred
Matthias Sch. schrieb: > Um Leistungen zu erfassen, werden schon sehr lange sogen. 'Bolometer' > benutzt, die eingestrahlte Leistung in Wärme umsetzen, die dann messbar > ist, z.B. mit Thermoelementen. > https://en.wikipedia.org/wiki/Bolometer > Bolometer sind bei richtigem Aufbau extrem empfindlich, wie man an den > Anwendungen in der Astronomie sieht und werden auch in der prof. > Messtechnik gerne eingesetzt. Danke für den Hinweis. Starke Technik! VG Fred
>Es handelt sich um ein Kompenmsationsmessgerät, also eine Brücke, die so >abgeglichen wird, dass im Messwerk im Nullabgleich kein Strom fließt. >Damit hat dieses alte Messprinzip einen unendlichen >Eingangswiderstand! Naja, Null heisst natürlich nur Null im Rahmen der Abgleichgenauigkeit. Wer zittrige Finger hat ist klar im Nachteil. Ich frag mich immer wieder was das eigentlich soll, dieses Herumgebastel an alter Hardware. Die AMIs basteln derweil an neuer Hardware, gründen ne Firma und verdienen Geld.
Frank Fahrenheit schrieb: > Ich frag mich immer wieder was das eigentlich soll, dieses > Herumgebastel an alter Hardware. > Die AMIs basteln derweil an neuer Hardware, gründen ne Firma und > verdienen Geld. Hallo Frank, ...und verkaufen Dir dann ihren neuen Krempel, während Du alte Hardware in die Tonne wirfst? VG Fred
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