Forum: HF, Funk und Felder Niederfrequenz Schwingquarz Anwendungsfrage


von Gerhard O. (gerhard_)


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Hallo,

Für ein historisches Quarzuhrenprojekt beschäftige ich mich schon seit 
einiger Zeit mit Niederfrequenz Schwingquarzen im 10kHz Bereich. Diese 
Quarze haben in der Regel drei oder vier Anschlüsse. Der dritte Anschluß 
ist bei dreipoligen Quarzen innen gemeinsam. Bei den vierpoligen sind 
immer die zwei diagonal gegenüberliegenden Anschlüsse gemeinsam. Die mir 
zur verfügungstehenden Muster sind alle russischer Herkunft. Ich habe 8, 
10, und 12 kHz Zur Verfügung.

Zuerst aber ein paar einführende Bemerkungen:

Der Literatur nach sind solche Quarze im X oder XY Schnitt hergestellt 
und schwingen der Länge nach. Quarze mit vier Anschlüssen können auch 
als sogenannte Biegeschwinger ausgeführt sein. Die 
Temperaturabhängigkeit der Schwingfrequenz ist den normalen modernen 
Stimmgabel 32kHz Uhrenquarzen ähnlich.

Ich habe vor einiger Zeit eine gut funktionierende Schaltung mit hoher 
Stabilität zur Beobachtung gebaut. Die Schaltung hat eine ALC zur 
Pegelreglung um einen geringen Quarzquerstrom zu gewährleisten. Der 
dritte Anschluß ist gemeinsam gegenüber den zwei übrigen 
Quarzanschlüssen und ist mit einem Abgleichtrimmer nach Masse 
angeschlossen.

Nur ist mir aufgefallen, dass diese Quarze keine 180 Grad Phasendrehung 
aufweisen. In allen publizierten Schaltungen die ich bis jetzt ansehen 
konnte wird eine 180 Grad Phasendrehung zwischen den Quarzanschlüssen 
vorausgesetzt. Mein Quarz dagegen, schwingt mit 180 Grad nicht an und 
erregt sich nur über zwei invertierenden Verstärkerstufen. Der 
Klirrfaktor der Ausgangsspannung ist sehr niedrig. Wenn ich die 
Phasenlage zwischen Quarz Ein- und Ausgang mit dem Oszi beobachte ist 
die Phasenlage tatsächlich praktisch gleich Null. Die Frequenz lässt 
sich mit dem Trimmer-C genau einstellen. Bei stabiler Temperatur ist die 
Frequenzungenauigkeit auf lange Zeit im +/- 3x10E-9 Bereich. Nach 
inzwischen drei Wochen Betriebszeit konnte ich bis jetzt noch keine 
nennenswerte Alterung feststellen. Als Vergleich dient ein Rubidium 
Frequenznormal.

Das russische Datenblatt des 10 kHz Quarzes gibt darüber leider auch 
keinen Aufschluß. Da mir die russische Sprache nicht geläufig ist 
übersetzte ich es mit Google Translate. Das geht aber nur bei den 
gedruckten Buchstaben gut. Die handschriftlichen Einträge konnte ich 
leider überhaupt nicht entziffern. Der gemessene Frequenz Umkehrpunkt 
liegt bei 18.5 Grad.

Wie ist es nun, dass die früher publizierten Schaltungen ohne Ausnahme 
immer 180 Grad Phasendrehung voraussetzen? Habe ich dem Quarz falsch 
angeschlossen? Da der Quarz ein röhrenähnliches Glasgehäuse hat kann man 
die Anschlüsse ja gut erkennen. In meinem Fall ist der gemeinsame 
Anschluß über das Abgleich C nach Masse geleitet. Ist das mein Fehler? 
Irgendwie sträubt sich alles in mir das anzunehmen.

Allerdings sah ich mal die Schaltung von einer Greiner Uhrenwaage und 
dort wurde der Quarz "verdreht" angeschlossen. Das Abgleich C liegt am 
Eingang und die anderen Anschlüsse sind mit der Oszillatorschaltung 
verbunden.

Ich würde mich über Eure Meinung zu diesem Rätsel freuen wenn sich 
jemand von Euch schon mit diesem Thema befasst hat. Ich wünschte es gäbe 
ein Hersteller Testschaltungsbeispiel. Sollte jemand von Euch russische 
Informationen oder Beispielschaltungen aus irgendeinem Gerät für solche 
Schwingquarze haben würde ich mich sehr freuen wenn Ihr die mir hier 
posten könntet.


Mfg,
Gerhard

: Bearbeitet durch User
von foo (Gast)


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Gerhard O. schrieb:
> Nur ist mir aufgefallen, dass diese Quarze keine 180 Grad Phasendrehung
> aufweisen.

Das wäre auch sinnlos.
180°  erreicht man durch einfaches Umpolen.
Die maximale Energieübertragung auf einen Resonanzkreis erreicht man mit 
einer Phasenverschiebung von 90°.

von Gerhard O. (gerhard_)


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foo schrieb:
> Gerhard O. schrieb:
>> Nur ist mir aufgefallen, dass diese Quarze keine 180 Grad Phasendrehung
>> aufweisen.
>
> Das wäre auch sinnlos.
> 180°  erreicht man durch einfaches Umpolen.
> Die maximale Energieübertragung auf einen Resonanzkreis erreicht man mit
> einer Phasenverschiebung von 90°.

Hallo foo,

Danke für Deine Antwort. Was Du sagst stimmt schon. Nur, normale Quarze 
brauchen in Parallelresonanz immer eine 180 Grad Phasendrehung. Deshalb 
funktioniern die einfachen Inverter Oszillatoren in Digitalschaltungen. 
Hier wird der Quarz offensichtlich in Serienresonanz betrieben wo die 
Phase tatsächlich 0 Grad ist.

Ich habe gerade im Internet weitergesucht und fand nun erst mal einen 
Hinweis wo darauf hingewiesen wurde, dass Biege- und Längsschwinger 
tatsächlich gleichphasig funktionieren und auf die Heegnerschaltung mit 
360 Grad Verstärkerphasendrehung hingewiesen wird.

Hier eine Link dazu auf Seite 7:
http://www.qsl.net/dk1ag/Kap6.pdf

Auszug aus:
"Die Heegnerschaltung wird nur noch in den seltenen Fällen angewandt, 
bei denen niederfrequente Quarze, d.h. Biegeschwinger, 
Längsdehnungsschwinger, usw. eingesetzt werden, deren Resonanzfrequenz 
typisch unterhalb von 1 MHz liegt. Der Resonanzwiderstand dieser Quarze 
liegt je nach Typ und Frequenz zwischen einigen 100 kΩ und einigen 100 Ω 
, weshalb eine große Schleifenverstärkung erforderlich sein kann."

So hat sich meine Frage nun doch beantwortet.


Mfg,
Gerhard

: Bearbeitet durch User
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