Forum: Ausbildung, Studium & Beruf 1. Vollzeitstelle - Vertrauensarbeitszeit - Wie damit umgehen?


von Neuer (Gast)


Lesenswert?

Ich trete bald meine 1. Vollzeitstelle nach meinem Studium an. Dort gibt 
es eine Vertrauensarbeitszeit (inklusive Gleitzeit), also keinerlei 
Zeiterfassung. Man ist eben seine 8 Stunden da und geht dann 
entsprechend (sofern keine Überstunden anfallen). Kontrollieren tut man 
das somit nur selber, aber anfangs werde ich sicherlich diesbezüglich 
beobachtet werden.

Ich weiß jetzt nicht, wie genau ich damit umgehen soll. Genau auf die 
Minute nach 8 Stunden werde ich natürlich nicht gehen. Das sieht doof 
aus. Ich plane mit einem etwaigem Überlauf von etwa 15 Minuten am Tag, 
damit ich "auf der sicheren Seite bin".

Wäre das absolut akzeptabel, oder kann sowas bereits als mangelnde 
Arbeitsmotivation gewertet werden und zum Rausschmiss innerhalb der 
Probezeit führen, wenn man immer nur "Dienst nach Vorschrift" leistet?

Ich bin mir z.B. sehr unsicher wann in denn in den ersten Tagen 
überhaupt nach Hause gehen soll. An Kollegen kann man sich schlecht 
richten, da ja alle unterschiedlich kommen (können), dank Gleitzeit. Der 
eine kommt um 8, der andere erst um 10:30. Da gehen dann manche eben 
bereits ab 16:30 oder bleiben eben bis 19:00 je nach Arbeitsbeginn.

Überstunden kriege ich übrigens nicht bezahlt, jedoch müssen diese auch 
nur gemacht werden, wenn diese explizit angeordnet werden je nach 
Projektsituation.

von Udo S. (urschmitt)


Lesenswert?

Du besorgst dir einen Wochenkalender und trägst dort jeden Morgen und 
jeden Abend deine Zeiten ein.

von knobikocher (Gast)


Lesenswert?

Ich war die erste Zeit sowieso immer länger auf der Arbeit, einfach weil 
es alles immens interessant war. Unter 9 Stunden war ich anfangs selten 
anwesend (ohne Pause eingerechnet). Ansonsten: schau dir einen Kollegen 
aus, der mit deiner Ankunftszeit zusammenpasst und orientiere dich an 
ihm.

Nach der Probezeit: du machst dein Stunden und gehst. Eier beweisen. Ich 
darf mir auch blöde Sprüche anhören, wenn ich erst um 9Uhr auftauche 
oder Ähnliches. Ist mir aber egal, ich erfülle meinen Vertrag, da haben 
die Kollegen nichts mitzureden.

Und zum Thema Überstunden:
http://karrierebibel.de/arbeitsrecht-sind-uberstunden-mit-dem-gehalt-abgegolten/

Viel Erfolg!

von Joachim B. (jar)


Lesenswert?

ich habe mir ein kleines Programm geschrieben was morgens die Startzeit 
im Compi protokolliert und abends den shutdown, die Differenz wird am 
nächsten WerkTag in eine TXT Datei geschrieben, läuft seit 15 Jahren, 
erst unter DOS als TSR vor win, nun unter winXP. Die Zeit und Datum 
nehme ich aus der Bios Uhr und speicher in der BiosUhr im Alarmregister 
die Ausschaltzeit und Tag ab, somit bin ich relativ unabhängig von der 
Platte. Die Zeitdateien werden täglich auf den Netzwerkserver kopiert.

Will Cheffe wissen wie mein Gleitzeitstand ist drucke ich ihm das aus.

: Bearbeitet durch User
von meckerziege (Gast)


Lesenswert?

Habe jetzt dann auch so ziemlich die gleiche Situation wie der 
Threadstarter.


Du musst aber durchaus ein wenig aufpassen, mir gings mal woanders 
folgendermaßen:
Ich sollte jeden Tag 8 Stunden anwesend sein, auch komplett auf 
Vertrauensarbeitszeit.
Ich kam meistens bereits zwischen 7 und 8 Uhr morgens, die meisten 
anderen kommen höchst gemütlich so gegen 10 Uhr oder noch später. Kurz 
darauf haben sie dann auch schon eine sehr ausgiebige Mittagspause 
gemacht, mindestens eine Stunde oder auch mal mehr.
So kurz nach 16 Uhr bin ich dann auch gegangen und hab den Rest des 
Nachmittags genossen.
Kommentar: "Wie? Du gehst jetzt schon?".
Hab ihnen dann freundlich vorgerechnet, dass ich nun schon mehr als die 
8 Stunden hier bin.
Von da an kamen dann keine Nachfragen mehr.


Ich werds in meinem neuen Job so machen:
- Früh da sein, andere Frühaufsteher suchen ("ach der XYZ kommt auch 
immer wie ich schon um 7 Uhr!"). Wenn dann jemand meckert, dass du wenig 
arbeitest, dann heißts (sofern das bekannt ist!!): "der kommt aber auch 
früh".
- Nach leicht mehr als 8 Stunden gehen, sofern möglich
- Stunden+Pausen unbedingt aufschreiben!
- Falls mal mehr Stunden anfallen, diese Aufschreiben und bei 
Gelegenheit freinehmen bzw. früher gehen
Mal schaun ob das klappt...

Mir wurde gleich im Vorstellungsgespräch gesagt, dass es nicht zählt, 
dass ich meine Stunden absitze, sondern was ich leiste!

Und ganz ehrlich: Wenn 8 Stunden im Vertrag stehen, die 
Vertrauensarbeitszeit gegen dich verwendet wird und du eigentlich IMMER 
10 oder mehr Stunden arbeiten sollst, dann wär ich um nen Rauswurf nicht 
traurig.

von Gonzo (Gast)


Lesenswert?

Joachim B. schrieb:
> ich habe mir ein kleines Programm geschrieben was morgens die
> Startzeit im Compi protokolliert und abends den shutdown,

Das funktioniert aber nur, wenn der Rechner immer hoch und 
runtergefahren wird? Also bei uns lassen wir die Arbeitsplatzrechner 
immer 24/7 durchlaufen. So kann man sich dort auch jederzeit von zu 
Hause einloggen, wenn man möchte. Außerdem entfällt jeden morgen der 
Overhead, immer erst den PC hochfahren zu müssen.

> die Differenz wird am
> nächsten WerkTag in eine TXT Datei geschrieben, läuft seit 15 Jahren,
> erst unter DOS als TSR vor win, nun unter winXP.

Was, ihr bneutzt noch Windows XP aus der Steinzeit?? OMG

> Die Zeit und Datum
> nehme ich aus der Bios Uhr und speicher in der BiosUhr im Alarmregister
> die Ausschaltzeit und Tag ab, somit bin ich relativ unabhängig von der
> Platte. Die Zeitdateien werden täglich auf den Netzwerkserver kopiert.
>
> Will Cheffe wissen wie mein Gleitzeitstand ist drucke ich ihm das aus.

Vermutich auf einem Nadeldrucker?
Oder du speicherst es ihm auf eine 5 1/4 Zoll Floppy... ;-)

von Joachim B. (jar)


Lesenswert?

Gonzo schrieb:
> Was, ihr bneutzt noch Windows XP aus der Steinzeit?? OMG

ja das funzt wenigstens (wie auf 38000 anderen Compis in Behörden)

auf das Spielchen alles auf immer wieder neuere Win Versionen umzurüsten 
mag ich nicht, frisst nur Arbeitszeit ohne Mehrwert.

Gonzo schrieb:
> Vermutich auf einem Nadeldrucker?

gerne wären die nicht dummerweise schon entsorgt, mich stören massiv die 
Lebensdauerbeschränkungen von Tintenpisser abgesehen von den Kosten, da 
achtet man drauf das man Köpfe wechseln kann, ungechipte Patronen kaufen 
kann und dann gibt es nach nur 3 Jahren keine Ersatzteile mehr (Kopf)

von atv (Gast)


Lesenswert?

Neuer schrieb:
> Ich trete bald meine 1. Vollzeitstelle nach meinem Studium an. Dort gibt
> es eine Vertrauensarbeitszeit (inklusive Gleitzeit), also keinerlei
> Zeiterfassung

Easy: du hälst die Arbeitszeit ein, welche im Vertrag genannt wird ;-)

Start+Ende+Pausenzeit notieren und sich danach richten.

Überstunden freinehmen bzw. auszahlen lassen.

Lass dich nicht von Kollegen irritieren, welche mit Arbeit ihren 
Lebensinhalt verbringen und halte dich strikt an deinen Stundenzettel.

von Willi W. (williwacker)


Lesenswert?

>Überstunden kriege ich übrigens nicht bezahlt, jedoch müssen diese auch
>nur gemacht werden, wenn diese explizit angeordnet werden je nach
>Projektsituation.

Hier aufpassen! damit es nicht zu einem Geschenk an di Firma wird. 
Gründe für Überstunden - die nicht bezahlt werden - sind schnell 
gefunden! Also konsequent und zeitnah abfeiern.

von Antimedial (Gast)


Lesenswert?

Wenn man die Kollegen etwas beobachtet, bekommt man normalerweise ganz 
schnell einen Eindruck, wie die Arbeitszeit gehandhabt wird. Oft 
entstehen Überstunden nämlich gar nicht durch Notwendigkeit oder 
Anordnung, sondern ausschließlich aus Gruppenzwang. Oft gestartet von 
ein paar wenigen, besonders ineffektiven Kollegen, die so tun, als 
würden sie die Firma retten, aber in Wahrheit viel langsamer als die 
anderen Arbeiten. Aber durch die lautstarken Beschwerden knicken die 
Kollegen nach und nach ein. Von Chef kann das nicht gewünscht sein, aber 
eingreifen ist da auch nicht so leicht.

Neuer schrieb:
> Überstunden kriege ich übrigens nicht bezahlt, jedoch müssen diese auch
> nur gemacht werden, wenn diese explizit angeordnet werden je nach
> Projektsituation.

Wenn die Aussage so von einem Vorgesetzten kam, darf man sich da auch 
ruhig daran orientieren.

Niemand wird sofort raus geschmissen, weil er sich an die Arbeitszeit 
hält. Auch nicht in der Probezeit. Das passiert nur, wenn man dazu noch 
eine unterirdische soziale oder fachhliche Kompetenz an den Tag legt 
oder die Arbeitsmoral allgemein unter aller Sau ist. Wenn man gute 
Arbeit abliefert, darf man sich auch mal einen Schnitzer leisten. Da 
kommt es erst einmal zu mindestens einem Gespräch. Und dort kann man ja 
sagen, dass man es nicht besser wusste und diesbezüglich noch etwas 
Erfahrung und Weisung braucht. Gerade bei einem Anfänger ist das völlig 
legitim.

von Joachim B. (jar)


Lesenswert?

Willi Wacker schrieb:
>>Überstunden kriege ich übrigens nicht bezahlt, jedoch müssen diese auch
>>nur gemacht werden, wenn diese explizit angeordnet werden je nach
>>Projektsituation.

Vorsicht Falle, überlege dir genau ob du da mitspielst....

So ging es mir auch, vereinbart 40h/Woche Überstunden unbezahlt, 
natürlich bei abgesenkten Gehalt.

Dann zog mich der Gruppenleiter auf die Seite und flüsterte, der Chef 
hält alle die 40h/Woche arbeiten für faule Säcke, 50h/Woche sind 
brauchbar und ab 60h/Woche werden es gute Mitarbeiter. Ich Tel mit 
Vornamen Trot lies mich in der Probezeit drauf ein, man will ja den Job 
behalten und wurde pünktlich nach Projektbeendigung und Funktionstest in 
der Probezeit gekündigt. Ich bezweifel immernoch das ich danache einen 
Job bekommen hätte. Danach wurde die ganze Fa. so pö a pö abgewickelt, 
Inventar und MA in andere Firmen verschoben. Zuletzt auch die Kollegen 
mit 60h/Woche gekündigt.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

Neuer schrieb:
> Ich plane mit einem etwaigem Überlauf von etwa 15 Minuten am Tag, damit
> ich "auf der sicheren Seite bin".
Vergiss es. Du wirst auf jeden Fall deutlich mehr arbeiten...

Ich war in einer Firma, da gab es eine Stempeluhr. Tadellos, auf die 
Minute genau abgerechnet. Dann wurde die Zeiterfassung abgeschafft und 
auf "Vertrauensarbeitszeit" umgestellt. Wir haben dann (gefühlt) alle 
weitergearbeitet wie "bisher". Irgendwann habe ich dann einfach mal 
meine Zeiten aufgeschrieben, und siehe da: statt der 35h Woche kam eine 
38,5h Woche heraus (= 10% zu wenig Gehalt!).
Man hat einfach ein "schlechtes" Gefühl, wenn man "schon wieder" einen 
halben Tag frei nimmt. Und wenn die Kollegen das nicht so oft tun, dann 
denkt sich der Chef irgendwann unterschellig "Hmmmm, schon wieder?"

Im Besonderen wirst du "die eine Woche", wo du wegen Problemen jeden Tag 
fast 11 Stunden im Geschäft warst, niemals vergolten oder frei 
bekommen...

von Franz Eder (Gast)


Lesenswert?

Joachim B. schrieb:
> wie auf 38000 anderen Compis in Behörden

Gerade Behörden sind das schlechteste Beispielm, das läuft da auch nur 
weil keiner arbeitet und Geld eh nicht da ist (nur für BER STuttgart 
usw.)

XP ist ok bei Oma Elfriede am PC ohne Internetzugang.

Ggf. noch auf einem Test PC ohne Internet, weil irgendwelche Tools halt 
da am besten laufen, das laß ich mir noch eingehen.

Aber sonst?

Win 7 ist durchwegs besser.

von Falk B. (falk)


Lesenswert?

@ Joachim B. (jar)

>Dann zog mich der Gruppenleiter auf die Seite und flüsterte, der Chef
>hält alle die 40h/Woche arbeiten für faule Säcke, 50h/Woche sind
>brauchbar und ab 60h/Woche werden es gute Mitarbeiter.

Jaja, immer der selbe Unsinn! 40h/Woche sind mehr als ausreichend! Wer 
es in der Zeit nicht schafft, was sinnvolles und produktives zu 
schaffen, schafft es auch in 50 oder 60h nicht. Das ist alles nur der 
Wahnsinn des Kapitalismus im Endstadium!

>Inventar und MA in andere Firmen verschoben. Zuletzt auch die Kollegen
>mit 60h/Woche gekündigt.

Mitarbeiter ausgesaugt, wegwerfen. Nächste Opfer suchen. Wer das nicht 
kapiert, dem ist nicht mehr zu helfen.

Wozu brauche ich bei VERTRAUENSARBEITSZEIT eine Stundenerfassung, wenn 
doch nur das Ergebnis zählt?

Das Thema VERTRAUENSARBEITSZEIT ist reine Verarschung und Ablenkung.

von Uwe B. (boerge) Benutzerseite


Lesenswert?

MoinMoin,

Joachim B. schrieb:
> DOS als TSR vor win, nun unter winXP. Die Zeit und Datum
> nehme ich aus der Bios Uhr und speicher in der BiosUhr im Alarmregister
> die Ausschaltzeit und Tag ab,
>
genau dazu habe ich Anfang der 90er einen Artikel in der 
DDR-Computerzeitung "Mikroprozessortechnik" 
(http://de.wikipedia.org/wiki/Mikroprozessortechnik) veröffentlicht. 
Leider finde ich gerade dazu kein Archiv im Internet. Zuhause liegt 
dieses eine Exemplar mit dem Artikel wohlbehütet im Schrank...:-)

Grüße Uwe

von Antimedial (Gast)


Lesenswert?

Falk Brunner schrieb:
> Jaja, immer der selbe Unsinn! 40h/Woche sind mehr als ausreichend! Wer
> es in der Zeit nicht schafft, was sinnvolles und produktives zu
> schaffen, schafft es auch in 50 oder 60h nicht.

Das kommt schon stark auf die Tätigkeit an. Mit Besprechungen bekommt 
man 50h schnell voll. Produktiv ist man ja so oder so nicht.

Als Entwickler kann man dauerhaft eh nicht mehr als 3-8 Stunden 
produktiv arbeiten - je nach Konzentrationsfähigkeit. Und Arbeitstempo. 
Wer schneller arbeitet, ist tendenziell auch eher erschöpft. Er hat aber 
die gleiche oder mehr Arbeit geschafft.

Joachim B. schrieb:
> Danach wurde die ganze Fa. so pö a pö abgewickelt,
> Inventar und MA in andere Firmen verschoben.

Spätestens dann sollte klar sein, dass die Firma ein Sonderfall sein 
muss und die Erfahrungen dort keinesfalls auf andere übertragen werden 
können.

von Michael (Gast)


Lesenswert?

Antimedial schrieb:
> Joachim B. schrieb:
>> Danach wurde die ganze Fa. so pö a pö abgewickelt,
>> Inventar und MA in andere Firmen verschoben.
>
> Spätestens dann sollte klar sein, dass die Firma ein Sonderfall sein
> muss und die Erfahrungen dort keinesfalls auf andere übertragen werden
> können.

Stimmt, andere Firmen sind noch schlimmer!

von Antimedial (Gast)


Lesenswert?

Michael schrieb:
> Stimmt, andere Firmen sind noch schlimmer!

Mag sein, aber ich habe im Ingenieurbereich einzig und allein in diesem 
Forum von solchen gehört. Aus anderen Bereichen hört man das viel öfter. 
Auch auffällig ist, dass anscheinend immer die gleichen Leute betroffen 
sind. Vielleicht ist das System eher dort zu finden.

von Joachim B. (jar)


Lesenswert?

Antimedial schrieb:
> Aus anderen Bereichen hört man das viel öfter.
> Auch auffällig ist, dass anscheinend immer die gleichen Leute betroffen
> sind. Vielleicht ist das System eher dort zu finden.

OK als Ing habe ich das nur einmal erlebt, aber sowas zieht man auch nur 
maximal einmal mit mir ab.

von Antimedial (Gast)


Lesenswert?

Joachim B. schrieb:
> OK als Ing habe ich das nur einmal erlebt, aber sowas zieht man auch nur
> maximal einmal mit mir ab.

Genau das ist der Punkt. Niemand bleibt dort freiwillig, es sei denn man 
ist unendlich naiv oder masochistisch veranlagt. Oder man bekommt ein 
fürstliches Gehalt bezahlt. Wer da öfters hängen bleibt hat entweder ein 
großes Problem bei seiner Firmenauswahl (das kann passieren wenn man 
sich z.B. unnötig regional einschränkt) oder einfach so unfähig ist, 
dass keine vernünftige Firma denjenigen nimmt.

Für die Firmen ist das natürlich auch ein Teufelskreis, weil die keine 
guten Leute mehr bekommen - und selbst gute Firmen tun sich damit schon 
teilweise schwer. Das führt zu noch mehr Druck in der Belegschaft, 
schlechteren Arbeitsbedingungen, frustrierten/schlechteren Leuten und 
schließlich zum Konkurs.

Nach längerem Nachdenken sind mir doch drei halbwegs vergleichbare Fälle 
eingefallen. Davon war eines aber Bauleitung, also nur entfernt 
verwandt, der andere war eine gut bezahlte Führungskraft (irgendwann 
sogar mit Anteilen) und der dritte hatte sich in eine bessere Firma 
gerettet.

von Autor (Gast)


Lesenswert?

Vertrauensarbeitszeit kann auch in die andere Richtung gehen...

Je nachdem wann die Projekte anlaufen, kann man auch mal deutlich früher 
gehen ;-)

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

Autor schrieb:
> kann man auch mal deutlich früher gehen ;-)
Ja, einmal nachmittags frei machen. Das kann ich mit Stempeluhr auch. 
Ganz problemlos und für jeden nachvollziehbar...

von Christian (Gast)


Lesenswert?

Als Vorgesetzter in einem Betrieb mit Vertrauensarbeitszeit erlebe ich 
es immer wieder, dass Vertrauensarbeitszeit falsch verstanden bzw. 
falsch aufgefasst wird. Nicht nur neue, sondern insbesondere ältere 
Kollegen, die die alten Arbeitszeitsysteme (die früher auch in unserer 
Firma galten) gewohnt sind, haben Probleme damit. Und neue Kollegen 
können dadurch wie sie mit dem Thema umgehen, ganz unbewusst auch einen 
guten oder schlechten Eindruck hinterlassen.

Die wesentliche Kernbotschaft von Vertrauensarbeitszeit, die ja 
überwiegend bei kreativen Berufen (wie z.B. Ingeneuren) zum Einatz kommt 
ist: "Uns interessiert nicht Deine Anwesenheit, sondern dass Du Deine 
Arbeit machst" Das bedeutet nicht immer, dass man kommen und gehen kann, 
wann man will, denn für viele Aufgaben muss man ja auch mit Kollegen 
zusammenarbeiten, man muss an Besprechungen teilnehmen etc., so dass 
eine gewisse Schnittmenge notwendig ist.
Anders ausgerückt könnte man die Botschaft auch formulieren: "Wir wollen 
Dich nicht für Deine Anwesenheit bezahlen (deswegen wollen wir Deine 
Anwesenheit auch gar nicht wissen), sondern ausschließlich für die von 
Dir geleistete Arbeit"

Mitarbeiter, die statt Vertrauensarbeitszeit lieber stempeln würden, 
wünschen sich damit nichts weiter als für Anwesenheit statt für Arbeit 
bezahlt zu werden (also genau das, was das Unternehmen nicht will). Oder 
sie haben Angst, dass das was sie geleistet haben alleine anhand ihrer 
Arbeitsergebnisse nicht erkannt wird und glauben sie müssten ein zweites 
Standbein (nämlich die für Vorgesetzte einsehbare Zeitabelle) haben, mit 
dem sie ihre Arbeitsleistung gegenüber dem Unternehmen dokumentieren. 
Diese Angst ist natürlich in den meisten Fällen unbegründet.

Ziel von Vertrauensarbeitszeit ist es, eine höhere Produktivität zu 
erreichen. Die Mitarbeiter sollen dann arbeiten, wenn sie ihre 
produktiven Phasen haben und nicht auf Basis starrer Regeln ihre 8 h 
"absitzen", auch wenn vielleicht gar nichts zu tun ist. In dem man den 
Mitarbeiter an seinem Output misst und nicht daran, wie oft und wie 
lange er da war, entzieht man dem "Absitzen" die Grundlage. Denn 
Vorgesetzte sehen die Arbeitszeiten nicht mehr, sondern nur noch, was 
ein MA leistet. Man überträgt dem Mitarbeiter Aufgaben und er muss sich 
selber hinsichtlich Arbeits-/Anwesenheitszeiten organisieren. Niemand 
kann mehr mit dem guten Gefühl "Ich habe meine 8 h erfüllt" nach Hause 
gehen, wenn er nicht auch 8 h wirklich gearbeitet hat.

Soweit zu der grundsätzlichen Idee der Vertrauensarbeitszeit.

Ganz praktisch hat die Vertrauensarbeitszeit folgende Auswirkungen: Die 
Entkopplung von Anwesenheit und Arbeitszeit. Man kann (ohne einen 
Korrekturbeleg ausfüllen zu müssen) in der Firma sein ohne zu arbeiten, 
kann also auch ohne schlechtes Gewissen lange Pausen machen, 
zwischendurch einkaufen gehen, im Internet private Dinge erledigen etc. 
Genauso kann man auch Arbeit mit nach Hause nehmen. Viele Kollegen leben 
das nicht, sie schreiben einfach auf, wann sie kommen und gehen und 
ziehen die gesetzlichen Mindestpausen ab. Das ist ok, solange sie dann 
auch wirklich die ganze Zeit arbeiten.

Nun aber zu Deinen konkreten Fragen:


Neuer schrieb:

> es eine Vertrauensarbeitszeit (inklusive Gleitzeit), also keinerlei
> Zeiterfassung. Man ist eben seine 8 Stunden da und geht dann
> entsprechend (sofern keine Überstunden anfallen).

Das hast Du falsch verstanden! Es besteht kein Anlass dazu jeden Tag 
mehr oder weniger genau 8 Stunden da zu sein. Das will die 
Vertrauensarbeitszeit doch gerade vermeiden. Man ist dann da, wenn es 
nötig/sinnvoll ist und sollte nur darauf achten, dass im Durchschnitt 
eine Arbeitszeit von 40 h/Woche dabei rauskommt. Praktisch läuft dass 
dann so ab, dass man zu einer Zeit x (die jeden Tag anders sein kann) in 
die Firma kommt und abends wenn alles erledigt ist, dann halt irgendwann 
geht. Es wäre purer Zufall, wenn die Differenz dann genau 8 h (+ Pausen) 
wäre.


> Kontrollieren tut man
> das somit nur selber, aber anfangs werde ich sicherlich diesbezüglich
> beobachtet werden.

Es wäre sehr traurig, wenn einem neuen Kollegen gleich ein solches 
Misstrauen entgegen gebracht werden würde.


> Ich weiß jetzt nicht, wie genau ich damit umgehen soll. Genau auf die
> Minute nach 8 Stunden werde ich natürlich nicht gehen. Das sieht doof
> aus. Ich plane mit einem etwaigem Überlauf von etwa 15 Minuten am Tag,
> damit ich "auf der sicheren Seite bin".

Wie gesagt, es ist nicht Sinn der Sache jeden Tag "seine 8 h" 
abzusitzen. Wer das tut, erweckt in der Tat den Eindruck, Dienst nach 
Vorschrift zu leisten. Ein guter Mitarbeiter ist dann da, wenn er 
gebraucht wird oder was zu tun ist und er ist nicht da, wenn er nicht 
gebraucht wird und nichts zu tun ist. Das kann dann bedeuten, dass man 
mal einen Tag 10 h da ist, den anderen nur 6 h usw. Da es in der Praxis 
an vielen Tagen schnell auf mehr als 8 h hinausläuft (irgendwas 
dringendes zu tun, dass einen davon abhält, nach Hause zu gehen, gibt es 
immer), sollte man im eigenen Interesse darauf achten nicht unnötig 
lange da zu sein, sondern die Aktivitäten dann lieber auf den nächsten 
Tag zu verschieben. Sonst kann es passieren, dass man zu zu viele 
Plusstunden aufbaut, von denen man nicht mehr runter kommt.

>
> Wäre das absolut akzeptabel, oder kann sowas bereits als mangelnde
> Arbeitsmotivation gewertet werden und zum Rausschmiss innerhalb der
> Probezeit führen, wenn man immer nur "Dienst nach Vorschrift" leistet?

Zum Raußschmiss sicher nicht, aber neue Kollegen, die darauf fokussiert 
sind ihre 8 h einzuhalten (obwohl es dafür nicht die geringste 
Notwendigkeit gibt) setzen die falschen Prioritäten. Besser wäre es, sie 
wären darauf fokussiert, ihre Arbeit gut und pünktlich zu erledigen und 
zusätzlich auch darauf sich einzuarbeiten.


> Ich bin mir z.B. sehr unsicher wann in denn in den ersten Tagen
> überhaupt nach Hause gehen soll. An Kollegen kann man sich schlecht
> richten, da ja alle unterschiedlich kommen (können), dank Gleitzeit. Der
> eine kommt um 8, der andere erst um 10:30. Da gehen dann manche eben
> bereits ab 16:30 oder bleiben eben bis 19:00 je nach Arbeitsbeginn.

Du kannst am ersten Tag Deinen Chef fragen, wann man denn üblicherweise 
in der Abteilung morgens anfängt bzw. wann es Sinn macht da zu sein. 
Sollte er sagen, dass das jeder frei entscheidet, hältst Du Dich an die 
Kollegen, mit denen Du in der ersten Zeit zusammenarbeitest. Wenn die 
alle erst um 10 kommen, kommst natürlich nicht schon um 7, umgekehrt 
genauso.

Bzgl. des Feierabends richtest Du Dich nach Deinen Aufgaben. Wenn Du für 
den Tag gut was geschafft hast und sich das auch mit dem Zeithorizont 
deckt, wann die Aufgaben fertig sein sollen, kannst Du guten Gewissens 
Feierabend machen. Die Kollegen, mit denen Du morgens angefangen hast, 
werden dann schon alle weg sein. Denn als neuer MA musst Du Dich ja auch 
erstmal einarbeiten und hast damit tendenziell mehr zu tun als Deine 
Kollegen. In den ersten Tagen wirst Du auch sicher noch mal abends bei 
Deinem Chef vorbeischauen oder er bei Dir. Dann kannst Du ja (sofern er
Dich nicht dazu auffordert) sagen, dass Du dann bald Feierabend machst 
und siehst seine Reaktion. Bzw. fragst ihn, ob noch irgendwelche 
Aufgaben anliegen.

Noch einmal: Es gibt überhaupt keinen Grund, warum der Feierabend genau 
8,5 h nach Arbeitsbeginn sein sollte.

>
> Überstunden kriege ich übrigens nicht bezahlt, jedoch müssen diese auch
> nur gemacht werden, wenn diese explizit angeordnet werden je nach
> Projektsituation.


Was meinst Du mit "Überstunden kriege ich nicht bezahlt"? Die Stunden 
selber oder Überstundenzuschläge? Bei der Vertrauensarbeitszeit gibt es 
per definitionem keine Überstunden, d.h. auch keine Zuschläge und die 
Stunden kriegt man sehr wohl alle bezahlt, da man es eben selber so 
managed, dass man im Durchschnitt seine wöchentliche Vertragsarbeitszeit 
arbeitet.

von klausi (Gast)


Lesenswert?

Christian schrieb:
> Bei der Vertrauensarbeitszeit gibt es per definitionem keine
> Überstunden, d.h. auch keine Zuschläge und die Stunden kriegt man sehr
> wohl alle bezahlt, da man es eben selber so managed, dass man im
> Durchschnitt seine wöchentliche Vertragsarbeitszeit arbeitet.

Aber das ist doch ein Widerspruch?
Ich muss nicht immer jeden Tag meine Zeit von 8h absitzen, aber im 
Schnitt muss  trotzdem immer eine 40h Woche rauskommen?! Wenn mal wenig 
zu tun ist, sitzt man dann die Zeit trotzdem ab! Zumindest ist es ein 
Schritt in die richtige Richtung.

Das ist dann einfach Gleitzeit, mit dem Effekt, dass es keine Kernzeit 
(fixe festgelegte Zeit der Firma für alle Mitarbeiter) gibt.

Richtig wäre das, und ein Arbeitsplatz des 21. Jhdts.:
Völlig räumlich getrennt arbeiten möglich, zeitlich unabhängig und auch 
wirklich unabhängig von ner Stundenanzahl - nur mehr abhängig von Tasks.

Aber dann käme der Effekt, man ist rund um die Uhr für das Unternehmen 
erreichbar und erledigt dauernd seine Tasks. Auch nicht ganz so gut. Das 
müsste man sich dann genauer ansehen bezgl. Worklife Balance..

von Axel L. (axel_5)


Lesenswert?

>Die wesentliche Kernbotschaft von Vertrauensarbeitszeit, die ja
>überwiegend bei kreativen Berufen (wie z.B. Ingeneuren) zum Einatz kommt
>ist: "Uns interessiert nicht Deine Anwesenheit, sondern dass Du Deine
>Arbeit machst" Das bedeutet nicht immer, dass man kommen und gehen kann,
>wann man will, denn für viele Aufgaben muss man ja auch mit Kollegen
>zusammenarbeiten, man muss an Besprechungen teilnehmen etc., so dass
>eine gewisse Schnittmenge notwendig ist.
>Anders ausgerückt könnte man die Botschaft auch formulieren: "Wir wollen
>Dich nicht für Deine Anwesenheit bezahlen (deswegen wollen wir Deine
>Anwesenheit auch gar nicht wissen), sondern ausschließlich für die von
>Dir geleistete Arbeit"

Das ist in der Theorie sicher richtig und vernünftig, aber ich möchte 
mal den Chef erleben, der das auch noch durchhält, wenn man 
kontinuierlich eine vier Tage Woche macht, weil man mit seiner Arbeit am 
Donnerstag durch ist. Da stellt man dann ganz schnell fest, dass die 
Arbeitszeiten durchaus erfasst werden, eben nur nicht standartisiert.

Aber als Anfänger würde ich mich mit den Anfangszeiten durchaus an den 
Kollegen orientieren, als einziger um 7 anzufangen, wenn der Rest um 10 
kommt, lässt schon mal die Frage aufkommen, ob man sozial in das Team 
passt.

Gruss
Axel

von Christian (Gast)


Lesenswert?

klausi schrieb:
> Christian schrieb:
>> Bei der Vertrauensarbeitszeit gibt es per definitionem keine
>> Überstunden, d.h. auch keine Zuschläge und die Stunden kriegt man sehr
>> wohl alle bezahlt, da man es eben selber so managed, dass man im
>> Durchschnitt seine wöchentliche Vertragsarbeitszeit arbeitet.
>
> Aber das ist doch ein Widerspruch?
> Ich muss nicht immer jeden Tag meine Zeit von 8h absitzen, aber im
> Schnitt muss  trotzdem immer eine 40h Woche rauskommen?!

Wo ist da der Widerspruch? Das kann z.B. heißen, dass man zwei Monate 
lang 45 h/Woche arbeitet und dann zwei Monate nur 35 h/Woche, je nachdem 
wieviel grade anliegt.

> Wenn mal wenig
> zu tun ist, sitzt man dann die Zeit trotzdem ab!

Wenn jetzt über mehrere Wochen oder gar Monate wenig zu tun ist und der 
Mitarbeiter auch kein Langzeitkonto hat, was er abbauen kann, dann 
könnte so eine Situation eintreten. Das ist dann aber kein 
Arbeitszeitmanagementthema mehr, sondern eher ein Problem der 
Personalplanung und Auftragslage, sprich es wäre Aufgabe des Managements 
sowas zu verhindern bzw. dann auch Kurzarbeit zu beantragen.


> Das ist dann einfach Gleitzeit, mit dem Effekt, dass es keine Kernzeit
> (fixe festgelegte Zeit der Firma für alle Mitarbeiter) gibt.

Der wesentliche Unterschied zwischen Gleitzeit und Vertrauensarbeitszeit 
ist die fehlende Zeiterfassung, d.h. das demonstrative Nichtwissenwollen 
des Arbeitgebers wann und wie lange ein Mitarbeiter da war, um den Fokus 
von der Anwesenheit auf die Arbeitsleistung zu lenken.
Auch bei Vertrauensarbeitszeit kann es eine Rahmenarbeitszeit (wann darf 
gearbeitet werden) und eine Kernzeit (wann muss jeder da sein) geben, 
wobei letztere prinzipiell nicht verbindlich sein kann, hier ist immer 
eine Absprache im Team nötig.

> Richtig wäre das, und ein Arbeitsplatz des 21. Jhdts.:
> Völlig räumlich getrennt arbeiten möglich, zeitlich unabhängig und auch
> wirklich unabhängig von ner Stundenanzahl - nur mehr abhängig von Tasks.

Das Wesen eines Angestelltenverhältnisses ist und bleibt aber (auch bei 
Vertrauensarbeitszeit), dass der MA dem Unternehmen seine 
Arbeitsleistung schuldet (die in Stunden festgelegt wird) und nicht 
Arbeitsergebnisse. Die Verantwortung für den Erfolg der eingesetzten 
Arbeitsleistung bleibt beim Unternehmen. Sonst wäre es kein Angestellter 
mehr, sondern ein freier Miarbeiter, der dann z.B. kein Gehalt, sondern 
ein Fixpreis für eine bestimmtes Projekt erhalten würde.
Räumliche und zeitliche Trennung ist bei Vertrauensarbeitszeit deutlich 
einfacher möglich als mit Zeiterfassung, da diese eben nur die 
Anwesenheit im Betrieb und nicht die eigentliche Arbeitszeit erfassen 
kann.


> Aber dann käme der Effekt, man ist rund um die Uhr für das Unternehmen
> erreichbar

Auch Erreichbarkeit ist nicht abhängig vom Arbeitszeitmodell. Das kann 
und muss man seperat betrachten.

von bal (Gast)


Lesenswert?

Hallo Christian,

grundsätzlich hast du recht und in der Theorie klingt das auch alles 
schön.

Aber, was sieht dein Modell vor wenn permanent mehr Arbeit da ist, als 
ein MA in 8h abarbeiten kann? Wenn niemals eine "ruhigere Phase" kommt 
(und wir alle wissen dass dies eher der Normalfall ist) dann kommt nie 
der Zeitpunkt, wo man selbst der Nutznieser der Vertrauensarbeitszeit 
ist. Dann schenke ich der Firma laufend 2h/tag ohne mir mal 2h/tag 
nehmen zu können.
Wie löst dein Modell diese Situation?

Weiter:
Stell dir vor, wir haben ein Ticketsystem, zum Tracken von Bugfixes, 
neue Anforderungen etc.
Die Projektleiter schauen grundsätzlich, dass jeder ca. gleich gut 
ausgelastet ist. In der Praxis bedeutet das, meistens 2-3 offene Tasks 
pro MA im System. Wenn an einem Task mal nichts getan werden kann (weil 
z.B. Rückmeldung vom Kunden aussteht) kann man sich einem anderen Task 
widmen.
So weit, so gut.

Wenn ich jetzt also, motiviert von der Vertrauensarbeitszeit, meine 
Tasks unter Hockdruck runterarbeite: was habe ich davon?
Die Projektleitung sieht: meine Queue ist leer, also gibts 3 neue Tasks. 
Der MA der gemütlich vor sich hinarbeitet und nebenbei surft kriegt eben 
weniger oft neue Aufgaben.

In der Theorie klingt Vertrauensarbeitszeit ja toll, in der Praxis denke 
ich mal wird immer der AG davon profitieren.

von Cyblord -. (cyblord)


Lesenswert?

Christian schrieb:

> Die wesentliche Kernbotschaft von Vertrauensarbeitszeit, die ja
> überwiegend bei kreativen Berufen (wie z.B. Ingeneuren) zum Einatz kommt
> ist: "Uns interessiert nicht Deine Anwesenheit, sondern dass Du Deine
> Arbeit machst" Das bedeutet nicht immer, dass man kommen und gehen kann,
> wann man will, denn für viele Aufgaben muss man ja auch mit Kollegen
> zusammenarbeiten, man muss an Besprechungen teilnehmen etc., so dass
> eine gewisse Schnittmenge notwendig ist.
> Anders ausgerückt könnte man die Botschaft auch formulieren: "Wir wollen
> Dich nicht für Deine Anwesenheit bezahlen (deswegen wollen wir Deine
> Anwesenheit auch gar nicht wissen), sondern ausschließlich für die von
> Dir geleistete Arbeit"

Natüüürlich. Schön gesprochen. So verarscht man seine Leute.
Weil was bedeutet "deine Arbeit machst"? Wenn Arbeit für 50h die Woche 
da ist, muss man also 50h arbeiten? Oder 60h?
Das Gehalt im normalen Arbeitsvertrag richtet sich nunmal nicht nach 
einer Arbeit (sonst wärs ein Werksvertrag) sondern nach ZEIT. Also ist 
es nur logisch, wenn auch die ZEIT erfasst wird und nicht die Arbeit 
selbst.

Es geht eben nicht, nach Zeit zu zahlen aber die Zeit nicht erfassen zu 
wollen. Das ist nur Ausgenwischerei und nutzt NUR dem AG.
Eine Gleitzeitkonto mit Stempeluhr ist für den AN hingegen optimal. Weil 
die Zeit auch so flexibel eingeteilt werden kann, aber eben Überstunden 
nicht einfach runterfallen und sich "die Arbeit" endlos ausdehnen kann.

> Mitarbeiter, die statt Vertrauensarbeitszeit lieber stempeln würden,
> wünschen sich damit nichts weiter als für Anwesenheit statt für Arbeit
> bezahlt zu werden
Achso, na dann bezahle in Zukunft nach ARBEIT und nicht nach ZEIT. Der 
MA kann nichts für seinen Vertrag, darin ist eine Arbeitszeit nunmal 
enthalten.

> (also genau das, was das Unternehmen nicht will).
Natürlich nicht.

> Ziel von Vertrauensarbeitszeit ist es, eine höhere Produktivität zu
> erreichen.

Nein das Ziel ist, unbezahlte Überstunden vom Mitarbeiter zu erhalten.

>Die Mitarbeiter sollen dann arbeiten, wenn sie ihre
> produktiven Phasen haben und nicht auf Basis starrer Regeln ihre 8 h
> "absitzen",
Das geht mit Gleitzeitkonto genau so.

Die Forderung ist in etwa so, als würdest du in Zukunft beim Metzger 
deine Wurst nicht mehr nach Gewicht, sondern nach Qualität zahlen 
wollen.
Der Preis steht aber nun mal per Gewicht da.
Was die Metzgereiverkäuferin wohl sofort als Humbug durchschaut, feiert 
der Vorgesetzte als Revolution und toll für die Firma (klaro) und der 
Arbeitnehmer lässt es einfach mit sich machen.

: Bearbeitet durch User
von Christian (Gast)


Lesenswert?

bal schrieb:

> Aber, was sieht dein Modell vor wenn permanent mehr Arbeit da ist, als
> ein MA in 8h abarbeiten kann? Wenn niemals eine "ruhigere Phase" kommt
> (und wir alle wissen dass dies eher der Normalfall ist) dann kommt nie
> der Zeitpunkt, wo man selbst der Nutznieser der Vertrauensarbeitszeit
> ist. Dann schenke ich der Firma laufend 2h/tag ohne mir mal 2h/tag
> nehmen zu können.
> Wie löst dein Modell diese Situation?

Es ist nicht Sinn der Vertrauensarbeitszeit, dass Mitarbeiter dauerhaft 
mehr als 40 h arbeiten, ohne dass es dafür einen Ausgleich gibt. Ziel 
ist vielmehr, dass die 40 h möglichst effizient genutzt werden. Wenn 
dauerhaft mehr Arbeit anliegt, kann der MA diese eben nicht bewältigen, 
d.h. die Aufgaben nicht übernehmen. Bei uns ist es so, dass das 
Kurrzeitkonto (das man ja selber verwaltet) offiziell nur 40 Plusstunden 
enthalten darf. Danach muss dann ein Langzeitkonto aufgebaut werden, auf 
dem die Stunden oberhalb der Vertragsarbeitszeit insolvenzsicher geparkt 
werden. Die kann der MA dann entnehmen, wenn die ruhige Phase erst nach 
einigen Jahren kommt. Oder wenn sie nie kommt, geht er entsprechen 
früher in Rente oder bekommt die Stunden ausgezahlt, wenn er das 
Unternehmen verlässt.


> Wenn ich jetzt also, motiviert von der Vertrauensarbeitszeit, meine
> Tasks unter Hockdruck runterarbeite: was habe ich davon?
> Die Projektleitung sieht: meine Queue ist leer, also gibts 3 neue Tasks.
> Der MA der gemütlich vor sich hinarbeitet und nebenbei surft kriegt eben
> weniger oft neue Aufgaben.

Wenn diese Tasks zumindest im Durchschnitt gleich aufwändig sind, wird 
es ja auffallen, dass einige Kollegen mehr und andere weniger Tasks 
schaffen. Daraus ziehen die Vorgesetzten dann ihre Schlüsse. Das ist 
nicht anders als bei festen Arbeitszeiten, auch hier gibt es ja 
Kollegen, die mehr oder weniger Arbeit schaffen. Der MA, der absichtlich 
langsam arbeitet und nur 3 Tasks am Tag schafft, hat im klassischen 
System aber immer noch den Trumpf in der Hand, dass er 8 h da war und 
dass dies auch dokumentiert ist. Darauf kann er sich guten Gewissens 
ausruhen. In der Vertrauensarbeitszeit wird ihm diese Karte genommen, 
denn wann er da war, wird nicht mehr überwacht. Also steht dann nur noch 
im Raum, dass im Durchschnitt die MA 5 Tasks schaffen und er nur 3. Das 
könnte ihn dazu bewegen, entweder das Surfen sein zu lassen oder länger 
da zu bleiben, um auf diese Art trotz ständigem Surfens auf die 8 h zu 
kommen und  genauso viel zu schaffen wie die Kollegen.


> In der Theorie klingt Vertrauensarbeitszeit ja toll, in der Praxis denke
> ich mal wird immer der AG davon profitieren.

Der AG profitiert, klar, sonst würde er es ja nicht einführen. Heißt 
aber nicht, dass dass er AN nicht profitiert. Für gute und motivierte MA 
ist Vertrauensarbeitszeit ebenfalls ein Gewinn, da sie dann und dort 
arbeiten können wie es ihnen passt und sie durch Regularien nicht 
unnötig eingeengt werden. Für MA, die sich bisher hinter ihrer 
Anwesenheitszeit versteckt haben, kann es dagegen etwas ungemütlicher 
werden.

von Axel L. (axel_5)


Lesenswert?

Zusammengefasst:

Bei Vertrauensarbeitszeit wird gearbeitet bis entweder die 40 Stunden 
erbracht wurden (bei sehr guten MA) oder bis die Arbeit erledigt ist 
(bei durchschnittlichen MA). Und wer die Arbeit nicht in 40 Stunden 
schafft, ist offensichtlich den ganzen Tag am Surfen.

Nicht wirklich erstaunlich, dass es keine Situation gibt, bei der der MA 
gewinnt.

Aber es fasst gut zusammen, warum man das bei diesem Vorgesetzten als MA 
auf keinen Fall will.

Gruss
Axel

von Christian (Gast)


Lesenswert?

Cyblord ---- schrieb:
> Christian schrieb:

> Natüüürlich. Schön gesprochen. So verarscht man seine Leute.
> Weil was bedeutet "deine Arbeit machst"? Wenn Arbeit für 50h die Woche
> da ist, muss man also 50h arbeiten? Oder 60h?
> Das Gehalt im normalen Arbeitsvertrag richtet sich nunmal nicht nach
> einer Arbeit (sonst wärs ein Werksvertrag) sondern nach ZEIT. Also ist
> es nur logisch, wenn auch die ZEIT erfasst wird und nicht die Arbeit
> selbst.

Auch bei Vertrauensarbeitszeit schuldet man dem AG die Arbeitszeit. Nur 
dass diese eben selbst erfasst werden muss. Und dass man evtl. ein 
Glaubwürdigkeitsproblem bekommt, wenn man angeblich 40 h gearbeitet hat, 
aber eben keine entsprechenden Arbeitsergebnisse vorweisen kann. Das 
motiviert die MA ihre Arbeitszeit effizient und ergebnisorientiert 
einzusetzen.


> Es geht eben nicht, nach Zeit zu zahlen aber die Zeit nicht erfassen zu
> wollen. Das ist nur Ausgenwischerei und nutzt NUR dem AG.

Man könnte auch sagen, die Stempeluhr sei Augenwischerei. Sie 
dokumentiert zwar, wann ein MA im Betrieb war, aber nicht ob er in 
dieser Zeit tatsächlich gearbeitet hat. Und gerade in kreativen Berufen, 
wo man auch mal längere oder zusätzliche Pausen machen oder auch mal zu 
Hause arbeiten möchte, ist es dann hilfreich, wenn es keine Stempeluhr 
gibt, deren Aussage man ständig manuell korrigieren müsste.


> die Zeit auch so flexibel eingeteilt werden kann, aber eben Überstunden
> nicht einfach runterfallen und sich "die Arbeit" endlos ausdehnen kann.

Auch bei Vertrauensarbeitszeit fallen Überstunden nicht einfach runter.



>> Ziel von Vertrauensarbeitszeit ist es, eine höhere Produktivität zu
>> erreichen.
>
> Nein das Ziel ist, unbezahlte Überstunden vom Mitarbeiter zu erhalten.

Wie gesagt, dass ist nicht Sinn der Vertrauensarbeitszeit.

>>Die Mitarbeiter sollen dann arbeiten, wenn sie ihre
>> produktiven Phasen haben und nicht auf Basis starrer Regeln ihre 8 h
>> "absitzen",
> Das geht mit Gleitzeitkonto genau so.

Nur bedingt. Wenn ich nachmittags keinen Bock auf bestimmte Arbeit habe, 
sondern jetzt mal lieber ne Stunde spazieren gehe, im Internet surfe, 
private Mails schreibe oder meine Urlaub buche, muss ich bei Gleitzeit 
einen Korrekturbeleg schreiben. Du weißt genau, dass das in der Praxis 
nicht gemacht wird, d.h. diese Zeit wird dann der Einfachheit halber als 
Arbeitstzeit betrachtet. Bei Vertrauensarbeitszeit notier ich mir diese 
Zeiträume als Pause und alles ist gut. Genauso kann ich ohne weiteres zu 
Hause Arbeit erledigen ohne entsprechende Korrekturmeldungen für das 
Zeiterfassungsystem abzugeben.


> Die Forderung ist in etwa so, als würdest du in Zukunft beim Metzger
> deine Wurst nicht mehr nach Gewicht, sondern nach Qualität zahlen
> wollen.

Nein, auch bei Vertrauensarbeitszeit schuldet man dem AG die Arbeitszeit 
und nicht den Arbeitserfolg.

von Christian (Gast)


Lesenswert?

Axel Laufenberg schrieb:
>>Die wesentliche Kernbotschaft von Vertrauensarbeitszeit, die ja
>>überwiegend bei kreativen Berufen (wie z.B. Ingeneuren) zum Einatz kommt
>>ist: "Uns interessiert nicht Deine Anwesenheit, sondern dass Du Deine
>>Arbeit machst" Das bedeutet nicht immer, dass man kommen und gehen kann,
>>wann man will, denn für viele Aufgaben muss man ja auch mit Kollegen
>>zusammenarbeiten, man muss an Besprechungen teilnehmen etc., so dass
>>eine gewisse Schnittmenge notwendig ist.
>>Anders ausgerückt könnte man die Botschaft auch formulieren: "Wir wollen
>>Dich nicht für Deine Anwesenheit bezahlen (deswegen wollen wir Deine
>>Anwesenheit auch gar nicht wissen), sondern ausschließlich für die von
>>Dir geleistete Arbeit"
>
> Das ist in der Theorie sicher richtig und vernünftig, aber ich möchte
> mal den Chef erleben, der das auch noch durchhält, wenn man
> kontinuierlich eine vier Tage Woche macht, weil man mit seiner Arbeit am
> Donnerstag durch ist. Da stellt man dann ganz schnell fest, dass die
> Arbeitszeiten durchaus erfasst werden, eben nur nicht standartisiert.

Das ist aber wieder kein spezifisches Problem der Vertrauensarbeitszeit. 
Auch bei Gleitzeit wäre es möglich, dass MA 4x 10 h statt 5x 8 h 
arbeiten. Da kommt dann schnell der Verdacht auf, dass die 10 h nicht 
gemacht werden, weil es nötig war oder weil man grad so gut im Flow war, 
sondern weil man einen Tag frei haben möchte. Einen zusätzlichen freien 
Tag, an dem man für Kollegen und Vorgesetzte nicht erreichbar ist, 
worunter dann wohlmöglich andere Vorgänge leiden. Meine Meinung dazu: 
Klar kann man Gleittage nehmen, wenn dies im Rahmen bleibt oder man 
damit zwangsläufig angefallene Plusstunden abbaut. Wenn man aber ohne 
Not massiv Plusstunden aufbaut, nur mit dem Ziel, dann mehrmals 
monatlich frei zu nehmen, ist das nicht im Sinne des Erfinders. Und zwar 
weder bei Gleitzeit noch bei Vertrauensarbeitszeit.


> Zusammengefasst:
>
> Bei Vertrauensarbeitszeit wird gearbeitet bis entweder die 40 Stunden
> erbracht wurden (bei sehr guten MA) oder bis die Arbeit erledigt ist
> (bei durchschnittlichen MA).

Nein, ich habe nur gesagt, dass wenn ein MA seine Anwesenheitszeit auch 
für private Dinge nutzt, er diese bei Vertrauensarbeitszeit leicht 
rausrechnen kann (und auch ein gewisser Druck besteht, dies zu tun) 
wohingegen bei klassischen Modellen diese Zeiten dann üblicherweise als 
Arbeitszeit erfasst und bezahlt werden. Wenn ein Mitarbeiter dagegen 
voll bei der Sache ist, aber einfach nur länger braucht als andere 
Kollegen, muss und soll er nicht deswegen mehr arbeiten.


> Und wer die Arbeit nicht in 40 Stunden
> schafft, ist offensichtlich den ganzen Tag am Surfen.

In dem Beispiel wurde ja explizit gesagt, dass jemand am Surfen ist. 
Daher habe ich das aufgegriffen. Der Umkehrschluss, dass jemand, der 
weniger Vorgänge schafft (was sich dann vielleicht positiv in der 
Qualität der Arbeit zeigt), nicht 40 h gearbeitet hat, ist nicht 
zulässig und auch nicht sinnvoll.


> Nicht wirklich erstaunlich, dass es keine Situation gibt, bei der der MA
> gewinnt.

Die unbürokratische Entkopplung von Anwesenheitszeit und Arbeitszeit und 
die dadurch gewonnene Freiheit ist der Gewinn. Wem das nichts bedeutet, 
der hat in der Tat keinen Nutzen von Vertrauensarbeitszeit.

von Karl Käfer (Gast)


Lesenswert?

Hallo Willi,

Willi Wacker schrieb:
> Hier aufpassen! damit es nicht zu einem Geschenk an di Firma wird.
> Gründe für Überstunden - die nicht bezahlt werden - sind schnell
> gefunden! Also konsequent und zeitnah abfeiern.

Genau, das ist der größte Albtraum des neidzerfressenen Kleingeistes: 
bloß keinem was schenken, schon gar nicht einem Arbeitgeber... daß der 
seinen Arbeitnehmern mit solch einer Vertrauensarbeitszeit erstmal einen 
enormen Vertrauensvorschuß schenkt, darf ihm weder gedankt noch 
honoriert werden.

Tipp: auch Arbeitgeber sind zuerst einmal Menschen. Wer seinen 
Arbeitgeber per se wie ein ausbeuterisches Arschloch behandelt, darf 
sich nicht wundern, wenn der sich irgendwann dann auch entsprechend 
verhält. Schon unsere Mütter wußten: wie man in den Wald hineinruft, so 
schallt es heraus. ;-)

Liebe Grüße,
Karl

von Fabi (Gast)


Lesenswert?

Also bei uns wurde die Vertrauensarbeitszeit schon mit dem Ziel 
eingeführt, dass die Mitarbeiter mehr arbeiten. Sowas wie Gleittage gibt 
es nicht, wenn überhaupt kann man die Zeit nur damit abbauen, dass man 
früher geht. Gern gesehen ist das aber nicht, teilweise muss man sich 
schon rechtfertigen wenn man um 17 Uhr gehen will, obwohl man um vor 8 
da war und auch keine Pause gemacht hat.
Von Vorgesetzten kommen auch so Sprüche wie, hab deinen Urlaubsantrag ja 
gar nicht gesehen, weil man sich schon um 16 Uhr verabschiedet, aber am 
Tag vorher bis 22 Uhr im Büro war.
Meetings werden auch gerne mal ab 8 Uhr oder auch bis 18 oder 19 Uhr 
gelegt, wer das nicht rechtzeitig merkt und später kommt bzw. der Termin 
erst am gleichen Tag eingetragen wird, verschenkt halt Stunden.

Einzige Möglichkeit weniger zu arbeiten ist, an den Tagen ohne frühe 
Termine dann erst um 10 kommen (Da haben wir das erste Dauermeeting) 
dann hat man seine Arbeitszeit auch erst um 19 Uhr rum und es gibt keine 
weiteren Termine.

Letztlich komme ich eher auf 50h+ und hoffe schon länger auf die Zeit wo 
dann mal weniger los ist, selbst schuld halt.

von Cyblord -. (cyblord)


Lesenswert?

Christian schrieb:
> Auch bei Vertrauensarbeitszeit schuldet man dem AG die Arbeitszeit. Nur
> dass diese eben selbst erfasst werden muss.

Woben führst du das Gegenteil aus. Wer oder wie die Zeit erfasst wird, 
ist ja erstmal zweitrangig. Aber du schreibst oben, dass die Zeit, also 
die Anwesenheit egal ist. Du widersprichst dir.

> Man könnte auch sagen, die Stempeluhr sei Augenwischerei. Sie
> dokumentiert zwar, wann ein MA im Betrieb war, aber nicht ob er in
> dieser Zeit tatsächlich gearbeitet hat.
Richtig. Weil dies die Grundlage der Vergütung darstellt. Ohne 
Stempeluhr weißt du nichtmal ob er überhaupt da war. Eher ein Nachteil. 
Faulenzen geht in beiden Fällen.

> Auch bei Vertrauensarbeitszeit fallen Überstunden nicht einfach runter.
Kommt dann halt auf den MA und seine Eier an. Überstunden können so aber 
deutlich leichter "runterfallen".

>> Das geht mit Gleitzeitkonto genau so.
>
> Nur bedingt. Wenn ich nachmittags keinen Bock auf bestimmte Arbeit habe,
> sondern jetzt mal lieber ne Stunde spazieren gehe, im Internet surfe,
> private Mails schreibe oder meine Urlaub buche, muss ich bei Gleitzeit
> einen Korrekturbeleg schreiben.
Keine Ahnung was du meinst? Hier muss niemand irgendeinen Beleg 
schreiben. man stempelt und fertig. Wenn man Mittags ne Stunde gehen 
will, stempelt man halt aus und danach wieder ein. Die Stunden laufen 
automatisch aufs Konto und wieder runter. Es gibt keine Korrekturbelege. 
Allerdings eine Kernzeit wo man da sein sollte.
Wenn man ganz flexibiel sein will, schafft man die Kernzeit eben ab. Und 
Voila, hat man alle (angeblichen) Vorteile für Vertrauensarbeitszeit 
ohne die Nachteile. Natürlich aus Sicht des MA. Weil Überstundenabzocke 
geht dann halt nicht.
Wer am Platz sitzt und surft, kann in beiden Fällen schummeln. Er muss 
nciht austempeln aber er muss auch seine persönliche Stundenerfassung 
nicht anpassen. Wo ist der Unterschied?

>> Die Forderung ist in etwa so, als würdest du in Zukunft beim Metzger
>> deine Wurst nicht mehr nach Gewicht, sondern nach Qualität zahlen
>> wollen.
>
> Nein, auch bei Vertrauensarbeitszeit schuldet man dem AG die Arbeitszeit
> und nicht den Arbeitserfolg.

Aber die Zeit ist dem AG doch völlig egal. Schreibst du oben.
Und wenn jemand faul ist, dann weißt du bei Gleitzeit wenigstens dass er 
seine Zeit da war, bei Vertrauensarbeitszeit kann er dagegen sogar noch 
bei der Arbeitszeit bescheißen. Das fehlende Arbeitsergebniss siehst du 
in beiden Fällen und kannst sagen ob es gut oder schlecht ist.

> Die unbürokratische Entkopplung von Anwesenheitszeit und Arbeitszeit
Man könnte auch sagen, es handelt sich dabei um eine unbürokratische 
Entkopplung von Entlohnung und Arbeitszeit.
Das ist ein sehr schöner Euphemismus für unbezahlte Überstunden ;-)

Ernsthaft, ich versteh den Sinn dahinter. Und in der Theorie ist das ein 
sehr schöns Arbeitsmodell. Aber man muss eben sehen dass es praktisch 
immer nur Nachteile für den MA hat. Und bei entsprechenden Chef können 
diese gravierend sein. Ich möchte auf Gleitzeit und Stempeluhr nicht 
verzichten. Grade wenn stressige Projekte mit viel Überstunden zu 
bewältigen sind. Die bekommt man sonst nie und nimmer irgendwie 
ausgeglichen und wenn dann muss man betteln und hinterher noch dankbar 
sein. Und dumme Sprüche gibts gratis.

: Bearbeitet durch User
von Axel L. (axel_5)


Lesenswert?

Christian schrieb:
> Axel Laufenberg schrieb:
>>
>> Das ist in der Theorie sicher richtig und vernünftig, aber ich möchte
>> mal den Chef erleben, der das auch noch durchhält, wenn man
>> kontinuierlich eine vier Tage Woche macht, weil man mit seiner Arbeit am
>> Donnerstag durch ist. Da stellt man dann ganz schnell fest, dass die
>> Arbeitszeiten durchaus erfasst werden, eben nur nicht standartisiert.
>
> Das ist aber wieder kein spezifisches Problem der Vertrauensarbeitszeit.
> Auch bei Gleitzeit wäre es möglich, dass MA 4x 10 h statt 5x 8 h
> arbeiten. Da kommt dann schnell der Verdacht auf, dass die 10 h nicht
> gemacht werden, weil es nötig war oder weil man grad so gut im Flow war,
> sondern weil man einen Tag frei haben möchte. Einen zusätzlichen freien
> Tag, an dem man für Kollegen und Vorgesetzte nicht erreichbar ist,
> worunter dann wohlmöglich andere Vorgänge leiden. Meine Meinung dazu:
> Klar kann man Gleittage nehmen, wenn dies im Rahmen bleibt oder man
> damit zwangsläufig angefallene Plusstunden abbaut. Wenn man aber ohne
> Not massiv Plusstunden aufbaut, nur mit dem Ziel, dann mehrmals
> monatlich frei zu nehmen, ist das nicht im Sinne des Erfinders. Und zwar
> weder bei Gleitzeit noch bei Vertrauensarbeitszeit.
Es geht mir nicht um eine 40 Stunden Woche, sondern darum, dass jemand 
nach 32 Stunden mit der Arbeit fertig ist. Aber aus Deiner Antwort 
klingt wieder durch, dass es eben nicht um Vertrauen und Flexibilität 
geht, sondern um Maximierung der Arbeitszeit.
>
>
>> Zusammengefasst:
>>
>> Bei Vertrauensarbeitszeit wird gearbeitet bis entweder die 40 Stunden
>> erbracht wurden (bei sehr guten MA) oder bis die Arbeit erledigt ist
>> (bei durchschnittlichen MA).
>
> Nein, ich habe nur gesagt, dass wenn ein MA seine Anwesenheitszeit auch
> für private Dinge nutzt, er diese bei Vertrauensarbeitszeit leicht
> rausrechnen kann (und auch ein gewisser Druck besteht, dies zu tun)
> wohingegen bei klassischen Modellen diese Zeiten dann üblicherweise als
> Arbeitszeit erfasst und bezahlt werden. Wenn ein Mitarbeiter dagegen
> voll bei der Sache ist, aber einfach nur länger braucht als andere
> Kollegen, muss und soll er nicht deswegen mehr arbeiten.
Ich bezog mich nicht auf den einen Absatz sondern habe Deine 
Ausführungen insgesamt zusammengefasst.
>
>
>
>> Nicht wirklich erstaunlich, dass es keine Situation gibt, bei der der MA
>> gewinnt.
>
> Die unbürokratische Entkopplung von Anwesenheitszeit und Arbeitszeit und
> die dadurch gewonnene Freiheit ist der Gewinn. Wem das nichts bedeutet,
> der hat in der Tat keinen Nutzen von Vertrauensarbeitszeit.
So wie Du das darstellst gibt es keine zusätzliche Freiheit. Aus Deiner 
Sicht muss man da sein, wenn entweder Arbeit anfällt, die Kollegen 
möglicherweise was von einem wollen und wenn die wöchentliche 
Arbeitszeit nicht erreicht wird. Für den AG ist das sehr flexibel, der 
Arbeitnehmer kann die 60 Stunden Wochenanwesenheitszeit dann sehr 
flexibel für die Arbeit nutzen. Ich wäre mal sehr gespannt auf Deine 
Reaktion, wenn ein MA Freitags nicht kommt, weil er feststellt, dass es 
Samstag zu Hause gearbeitet hat. Aus Deinen Kommentaren hier kann ich 
mir diese Reaktion allerdings vorstellen.

Vertrauensarbeitszeit in Deinem Sinn ist eine 40+ Stunden Woche unter 
vorrangiger Berücksichtigung der unternehmerischen Wünsche, bei der man 
die lästige Zeiterfassung weglässt, weil der MA daraus ja evtl. 
verbriefte Forderungen ableiten könnte.

Gruss
Axel

von Christian (Gast)


Lesenswert?

Cyblord ---- schrieb:
> Christian schrieb:
>> Auch bei Vertrauensarbeitszeit schuldet man dem AG die Arbeitszeit. Nur
>> dass diese eben selbst erfasst werden muss.
>
> Woben führst du das Gegenteil aus. Wer oder wie die Zeit erfasst wird,
> ist ja erstmal zweitrangig. Aber du schreibst oben, dass die Zeit, also
> die Anwesenheit egal ist. Du widersprichst dir.

Kann es sein, dass Du Arbeitszeit und Anwesenheitszeit in einen Topf 
wirfst!? Ich habe das in meinen Ausführungen strikt getrennt und sehe 
auch keinen Widerspruch.


>> Nur bedingt. Wenn ich nachmittags keinen Bock auf bestimmte Arbeit habe,
>> sondern jetzt mal lieber ne Stunde spazieren gehe, im Internet surfe,
>> private Mails schreibe oder meine Urlaub buche, muss ich bei Gleitzeit
>> einen Korrekturbeleg schreiben.
> Keine Ahnung was du meinst? Hier muss niemand irgendeinen Beleg
> schreiben. man stempelt und fertig. Wenn man Mittags ne Stunde gehen
> will, stempelt man halt aus und danach wieder ein.

Ok, ich bin von einem System ausgegangen, dass wir früher hatten, dort 
konnte man nur 1x Tag einstempeln und 1x am Tag ausstempeln, Pausen 
wurden automatisch berechnet und abgezogen. Wenn man natürlich eine 
Stempeluhr nahe seinem Büro hat, und da auch immer konsequent hingeht 
und ein- und ausstempelt, wenn man am PC was privates macht, braucht man 
keine Korrekturbelege dafür, das stimmt. Die braucht man dann nur noch, 
wenn man z.B. zu Hause gearbeitet hat.


> automatisch aufs Konto und wieder runter. Es gibt keine Korrekturbelege.
> Allerdings eine Kernzeit wo man da sein sollte.
> Wenn man ganz flexibiel sein will, schafft man die Kernzeit eben ab. Und
> Voila, hat man alle (angeblichen) Vorteile für Vertrauensarbeitszeit
> ohne die Nachteile. Natürlich aus Sicht des MA. Weil Überstundenabzocke
> geht dann halt nicht.
> Wer am Platz sitzt und surft, kann in beiden Fällen schummeln. Er muss
> nciht austempeln aber er muss auch seine persönliche Stundenerfassung
> nicht anpassen. Wo ist der Unterschied?

Der Unterschied besteht darin, dass es erstens einfacher ist seine 
persönliche Stundenerfassung anzupassen als zu einer Stempeluhr zu gehen 
und es daher auch eher gemacht wird und zweitens dass die Motivation 
auch höher ist dies zu tun, das habe ich oben aber schon erklärt.


>> Nein, auch bei Vertrauensarbeitszeit schuldet man dem AG die Arbeitszeit
>> und nicht den Arbeitserfolg.
>
> Aber die Zeit ist dem AG doch völlig egal. Schreibst du oben.

Die Anwesenheitszeit, nicht die Arbeitszeit.


> Und wenn jemand faul ist, dann weißt du bei Gleitzeit wenigstens dass er
> seine Zeit da war,

Das ist ja grad das was man mit Vertrauensarbeitszeit vermeiden will. 
Dass Mitarbeiter sich auf die Anwesenheitszeit konzentrieren und guten 
Gewissens glauben, sie hätten damit ihre Pflicht erfüllt. Genau aus 
diesem Grund gibt es bei Vertrauensarbeitszeit keine Zeiterfassung.


> bei Vertrauensarbeitszeit kann er dagegen sogar noch
> bei der Arbeitszeit bescheißen.

Wieso "sogar"? Was nützt mir ein Mitarbeiter der zwar da ist, aber nicht 
arbeitet? Klar, er ist ansprechbar und kann spontan Aufgaben übernehmen. 
Aber dieses bezahlte Rumsitzen auf Abruf ist doch gerade das, was man 
vermeiden möchte.

von D. I. (Gast)


Lesenswert?

Auch wenn das jetzt hammerüberheblich klingt. Ich habe noch nie 
annähernd so einen bescheidenen Arbeitstag bis jetzt gehabt, der nicht 
schnellstens durch einen Blick hier ins Forum wieder kuriert werden 
könnte und mich froh um meine Stelle macht.

Vertrauensarbeitszeit ist ein zweischneidiges Schwert. Die besten 
Ergebnisse erzielt man mit dem Modell in der Konstellation fähiger 
selbstständiger Mitarbeiter + fähig planender vertrauensvoller Chef, 
denn dann sind meist beide Seiten hochzufrieden. Der Chef, weil die 
Arbeit termingerecht und kundenwunscherfüllend erledigt wird und der 
Mitarbeiter, weil er die Möglichkeit hat seine Zeit effizient 
einzusetzen, dann kräht auch niemand nach den formalen 40 Stunden 
Anwesenheit.

Aber wie schon festgestellt wurde, das System ist nix für jedermann.

von Christian (Gast)


Lesenswert?

Axel Laufenberg schrieb:

> Es geht mir nicht um eine 40 Stunden Woche, sondern darum, dass jemand
> nach 32 Stunden mit der Arbeit fertig ist.

Er "schuldet" dem AG 40 h Arbeitszeit. Wenn er nach 32 h mit seiner 
Aufgabe, für die eigentlich 40 h vorgesehen waren, durch ist, ist das 
sehr gut. Aber das führt dann nicht dazu, dass er sein "Soll" für diese 
Woche erfüllt hat und wenn er dann Freitag geht, macht er 8 
Minusstunden.


> Aus Deiner
> Sicht muss man da sein, wenn entweder Arbeit anfällt, die Kollegen
> möglicherweise was von einem wollen und wenn die wöchentliche
> Arbeitszeit nicht erreicht wird.

Eigentlich sollte es so sein, oder? Nicht nur bei Vertrauensarbeitszeit, 
sondern bei allen Arbeitszeitmodellen. Wobei das mit den Kollegen "die 
möglicherweise was von einem wollen" jetzt etwas übertrieben klingt. Es 
geht darum, für die Kollegen, mit denen man zusammenarbeitet, 
ansprechbar zu sein. D.h. nicht, dass man jeden Tag deswegen z.B. von 
10-15 Uhr o.ä. zwingend da sein muss.

 Für den AG ist das sehr flexibel, der
> Arbeitnehmer kann die 60 Stunden Wochenanwesenheitszeit dann sehr
> flexibel für die Arbeit nutzen. Ich wäre mal sehr gespannt auf Deine
> Reaktion, wenn ein MA Freitags nicht kommt, weil er feststellt, dass es
> Samstag zu Hause gearbeitet hat. Aus Deinen Kommentaren hier kann ich
> mir diese Reaktion allerdings vorstellen.

Meine Reaktion wird wie folgt sein: Wenn er Samstag zu Hause arbeiten 
musste, um irgendwas Wichtiges fertig zu bekommen, ist das sehr 
lobenswert und es ist klar, dass er dann auch einen Tag frei machen kann 
ohne dass das in irgendeiner Form bei irgendwem negativ ankommt. Dieser 
Tag ist natürlich im Team abzustimmen, was aber praktisch kein Problem 
iat.
Wenn er den Samstag zu Hause gearbeitet hat, weil er Lust dazu hatte und 
es nicht unbedingt nötig gewesen wäre, hat er halt die entsprechende 
Anzahl an Plusstunden aufgebaut, was ihm dann ermöglicht an anderen 
Tagen weniger zu arbeiten bzw. auch Gleittage nehmen, solange dies im 
Rahmen bleibt. Einfach immer samstags statt freitags zu arbeiten ist 
dann schon ein spezielles Modell, das vorher abgeklärt werden sollte und 
natürlich gerade bei entsprechenden Gründen (z.B. Kinderbetreuuung) aber 
durchaus "genehmigungsfähig" ist.

von Ben (Gast)


Lesenswert?

Fabi schrieb:
> Also bei uns wurde die Vertrauensarbeitszeit schon mit dem Ziel
> eingeführt, dass die Mitarbeiter mehr arbeiten. Sowas wie Gleittage gibt
> es nicht, wenn überhaupt kann man die Zeit nur damit abbauen, dass man
> früher geht. Gern gesehen ist das aber nicht, teilweise muss man sich
> schon rechtfertigen wenn man um 17 Uhr gehen will, obwohl man um vor 8
> da war und auch keine Pause gemacht hat.
> Von Vorgesetzten kommen auch so Sprüche wie, hab deinen Urlaubsantrag ja
> gar nicht gesehen, weil man sich schon um 16 Uhr verabschiedet, aber am
> Tag vorher bis 22 Uhr im Büro war.
> Meetings werden auch gerne mal ab 8 Uhr oder auch bis 18 oder 19 Uhr
> gelegt, wer das nicht rechtzeitig merkt und später kommt bzw. der Termin
> erst am gleichen Tag eingetragen wird, verschenkt halt Stunden.
>
> Einzige Möglichkeit weniger zu arbeiten ist, an den Tagen ohne frühe
> Termine dann erst um 10 kommen (Da haben wir das erste Dauermeeting)
> dann hat man seine Arbeitszeit auch erst um 19 Uhr rum und es gibt keine
> weiteren Termine.
>
> Letztlich komme ich eher auf 50h+ und hoffe schon länger auf die Zeit wo
> dann mal weniger los ist, selbst schuld halt.

Musste jetzt echt zweimal auf deinen Namen schauen.
Ein Bekannter von mir (übrigens der einzige mit Vertrauensarbeitszeit 
ohne Überstundenerfassung) berichtet 1:1 das gleiche.

Er kommt mittlerweile auch nicht vor halb 10, 10, denn irgendein 
findiger Chef stellt immer einen Termin ab 17:00 ein.
Oder, an terminfreien Tagen, halten dann eben die Sprüche der Kollegen 
vom verfrühten Heimgehen ab. Läuft das System also mal erhält es sich 
durch die Gruppendynamik selbst.

Dagegen hilft anscheinend nur: später in der Arbeit aufkreuzen, damit 
man auch bei geringer Überstundenlast zu den letzten Anwesenden gehört. 
Denn nur darauf kommts an.

Bei Dienstreisen etc. ist er natürlich komplett gearscht. Die Zeit holt 
er nie mehr wieder irgendwo rein.

von Cyblord -. (cyblord)


Lesenswert?

D. I. schrieb:
> Aber wie schon festgestellt wurde, das System ist nix für jedermann.

Richtig. Nur für Leute die gerne unbezahlte Arbeit leisten und sich 
trotzdem auch noch zum erlauchten Kreis zählen und irgendwas von 
Freiheit fabulieren.

von Kolophonium (Gast)


Lesenswert?

>Nur für Leute die gerne unbezahlte Arbeit leisten und sich
>trotzdem auch noch zum erlauchten Kreis zählen und irgendwas von
>Freiheit fabulieren.

Wir haben bei uns auch Vertrauensarbeitszeit. Und du kannst davon 
ausgehen, dass ich meine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit einhalte. 
Nicht mehr aber auch nicht weniger.

Und wenn jemand mit dem "halben Tag"-Spruch am Abend kommt einfach 
fragen, ob er mit seinen Aufgaben überfordert ist.

Dazu muss man aber Eier haben und auch mal NEIN zu zusätzlichen 
"Herausforderungen" sagen. Aber das geht dir offenbar ab, du brauchst 
die Stempeluhr als Schutz.

von Cyblord -. (cyblord)


Lesenswert?

Kolophonium schrieb:
> Dazu muss man aber Eier haben und auch mal NEIN zu zusätzlichen
> "Herausforderungen" sagen. Aber das geht dir offenbar ab, du brauchst
> die Stempeluhr als Schutz.

Ach und so machst du auch mal ganz locker 1-2 Gleittage frei? Glaub ich 
nicht.

von Antimedial (Gast)


Lesenswert?

Das Kernproblem an der Sache ist doch, dass es enorme Produktivitäts- 
und Qualitätsunterschiede zwischen verschiedenen Beschäftigen in diesen 
"kreativen" Berufen gibt und es kein vernünftiges Verfahren gibt, dies 
zu messen oder zu vergleichen.

Das führt dann zu solchen Stilblüten, dass sich besonders langsam 
arbeitende Kollegen mit einer langen Anwesenheit profilieren und jemand, 
der in 30h für die Firma effektiver wäre als jemand, der 60h bummelt 
(oft weil er es nicht besser kann), eigentlich bestraft wird. Das gilt 
übrigens für beide Arbeitszeitsysteme.

Mit etwas Glück erkennt der Chef das, und gibt dem schnellen Kollegen 
mehr Geld. Mit etwas Pech zählt für den Chef nur Anwesenheit, und dann 
ist der gute Ingenieur auch noch benachteiligt.

Grundsätzlich sind es aber eher die Kollegen, die Druck machen und nicht 
die Chefs. Da muss man wie schon erwähnt auch einfach lernen "Nein" zu 
sagen, ohne Angst auf Jobverlust.

Wenn man selbst ein langsamer Kollege ist, muss man vielleicht 
akzeptieren, dass man etwas mehr Zeit als Andere braucht. Dummerweise 
merken das die meisten Leute aber nicht selbst, sondern halten sich für 
die Helden der Firma, wenn sie 50+h machen.

von Stempelmax (Gast)


Lesenswert?

Vertrauensarbeitszeit ist Verarsche des Arbeitnehmers. Die Chefs haben 
trotzdem im Hinterkopf, dass man mindestens 40h machen muss, bei weniger 
ist der Mitarbeiter einfach nicht richtig ausgelastet und Überlastung, 
sprich mehr als 40h, fällt dann hinten runter. Gerade in Zeiten des 
angespannten Arbeitsmarktes, wo jeder Angst um seinen Job hat, wird man 
defakto viel unbezahlte verrichten, da braucht nur einer den Held der 
Arbeit machen, dann zieht der Rest im Herdentrieb nach. Ein perfides 
Arbeitszeitmodell.

von Kolophonium (Gast)


Lesenswert?

>Ach und so machst du auch mal ganz locker 1-2 Gleittage frei? Glaub ich
>nicht.

Das ist dein Problem, nicht meins. Versteck dich ruhig weiter hinter 
deiner Stempeluhr, meinen Segen hast du.

Sonst gibst du hier immer den abgeklärten Weltversteher, aber wenn es 
drauf ankommt bist du mit Hut genauso klein wie alle anderen.

von Antimedial (Gast)


Lesenswert?

Stempelmax schrieb:
> Gerade in Zeiten des
> angespannten Arbeitsmarktes, wo jeder Angst um seinen Job hat

Die wenigsten Ingenieure haben Grund für Angst. Der Arbeitsmarkt ist 
sehr gut für qualifizierte Fachkräfte.

Die Leute, die Angst haben, schüren den Gruppenzwang, noch mehr zu 
arbeiten. Das geht nicht vom Arbeitgeber aus. Die Leute verarschen sich 
allerhöchstens selbst.

Stempelmax schrieb:
> wird man
> defakto viel unbezahlte verrichten, da braucht nur einer den Held der
> Arbeit machen, dann zieht der Rest im Herdentrieb nach. Ein perfides
> Arbeitszeitmodell.

Mit dem Arbeitszeitmodell hat es nichts zu tun. Auch mit Stechuhr kann 
man Überstunden machen. Und man kann dann sogar noch ganz genau 
beziffern, wie viele Stunden man der Firma geschenkt hat. Für Angsthasen 
ist das besser als Vertrauensarbeitszeit.

von Stempelmax (Gast)


Lesenswert?

Antimedial schrieb:
> Die wenigsten Ingenieure haben Grund für Angst. Der Arbeitsmarkt ist
> sehr gut für qualifizierte Fachkräfte.

Jaja, Fachkräftemangel und Unersetzbarkeit, 2 x 3 macht 4 - 
widdewiddewitt und 3 macht 9e ! Ich mach' mir die Welt - widdewidde wie 
sie mir gefällt.


> Mit dem Arbeitszeitmodell hat es nichts zu tun. Auch mit Stechuhr kann
> man Überstunden machen. Und man kann dann sogar noch ganz genau
> beziffern, wie viele Stunden man der Firma geschenkt hat. Für Angsthasen
> ist das besser als Vertrauensarbeitszeit.

Natürlich kann man auch unbezahlte Überstunden per Stempeluhr machen, 
aber unbezahlte sind vetraglich unzulässig, jedenfalls ab einer 
bestimmten Zahl. Zudem kann man genau und transparent quantifizieren, 
wie lange jemand in der Firma war. Nicht umsonst gibt es in jeder 
seriösen Firma Zeiterfassung, die paar akademischen Führungskräfte 
teilweise ausgenommen, aber die verdienen auch jenseits der 95k.

von Antimedial (Gast)


Lesenswert?

Stempelmax schrieb:
> Jaja, Fachkräftemangel und Unersetzbarkeit, 2 x 3 macht 4 -
> widdewiddewitt und 3 macht 9e ! Ich mach' mir die Welt - widdewidde wie
> sie mir gefällt.

Eine sehr stichhaltige Argumentation, die man von einem gestandenen 
Ingenieur erwarten würde.

Stempelmax schrieb:
> Natürlich kann man auch unbezahlte Überstunden per Stempeluhr machen,
> aber unbezahlte sind vetraglich unzulässig, jedenfalls ab einer
> bestimmten Zahl.

Das stimmt so nicht.

Stempelmax schrieb:
> Zudem kann man genau und transparent quantifizieren,
> wie lange jemand in der Firma war.

Was man auch nutzen kann, um sich zu profilieren und seine Kollegen zu 
mehr Arbeit zu zwingen.

Stempelmax schrieb:
> Nicht umsonst gibt es in jeder
> seriösen Firma Zeiterfassung

Das stimmt so auch nicht.

von Dipl.- G. (hipot)


Lesenswert?

D. I. schrieb:
> Auch wenn das jetzt hammerüberheblich klingt. Ich habe noch nie
> annähernd so einen bescheidenen Arbeitstag bis jetzt gehabt, der nicht
> schnellstens durch einen Blick hier ins Forum wieder kuriert werden
> könnte und mich froh um meine Stelle macht.
>
> Vertrauensarbeitszeit ist ein zweischneidiges Schwert. Die besten
> Ergebnisse erzielt man mit dem Modell in der Konstellation fähiger
> selbstständiger Mitarbeiter + fähig planender vertrauensvoller Chef,
> denn dann sind meist beide Seiten hochzufrieden. Der Chef, weil die
> Arbeit termingerecht und kundenwunscherfüllend erledigt wird und der
> Mitarbeiter, weil er die Möglichkeit hat seine Zeit effizient
> einzusetzen, dann kräht auch niemand nach den formalen 40 Stunden
> Anwesenheit.
>
> Aber wie schon festgestellt wurde, das System ist nix für jedermann.

Das bestreitet niemand. Die Nachteile können allerdings hammerhart 
durchschlagen, wenn die optimale Situation eben nicht gegeben ist - was 
vermutlich die Regel ist. Die schlimmste Konstellation ist "fähiger, 
selbständiger Mitarbeter" + "bekloppter Chef". Ich kann inzwischen ein 
Lied davon singen, denn bei uns wurde quasi das gesamte Management 
ausgetauscht und massiv "verstromlinienförmigt". Ein Desaster vor dem 
Herren. Man kommt sich vor wie im Gulag. Zwar bekomme ich "authorized" 
Überstunden bezahlt, die Stasi war aber Kindergeburtstag verglichen mit 
unserem neuen Chef. Das ist im Übrigen der maßgebliche Grund, warum ich 
demnächst meine Arbeitsstelle wechseln werde, und ich bin nicht alleine; 
mehrere Leute sind schon weg und fast alle aktualisieren ihren 
Lebenslauf, um auf Arbeitssuche zu gehen.

Insofern: Vertrauensarbeitszeit funktioniert nur, wenn im Chefsessel 
kein KZ-Wärter sitzt. Andernfalls hat man verloren.

: Bearbeitet durch User
von D. I. (Gast)


Lesenswert?

Da stimm ich dir zu hipot. So einen Laden würde ich dann auch verlassen. 
Schade für dich, warst ja sonst immer zufrieden mit deiner Arbeit, aber 
ich denke du solltest kein Problem haben was neues zu finden.

Meiner Erfahrung sind Stundenklopper Leute mit extrem schlechter 
Selbstorganisation. Das war schon als wissenschaftlicher Mitarbeiter so 
mit den armen Leuten die ja immer 60h+ am machen waren, aber 10 
Kaffeepausen am Tag haben und sich ärgern warum sie erst um 19+ Uhr aus 
dem Schuppen kommen.

von Stempelmax (Gast)


Lesenswert?

Dipl.- Gott schrieb:
> Denn bei uns wurde quasi das gesamte Management
> ausgetauscht und massiv "verstromlinienförmigt".  Zwar bekomme ich 
"authorized"...

US-Konzerntochter?

von Cyblord -. (cyblord)


Lesenswert?

Kolophonium schrieb:
>>Ach und so machst du auch mal ganz locker 1-2 Gleittage frei? Glaub ich
>>nicht.
>
> Das ist dein Problem, nicht meins. Versteck dich ruhig weiter hinter
> deiner Stempeluhr, meinen Segen hast du.

Ich sehe nicht wo hier ein verstecken stattfindet, wenn die Arbeitszeit 
einfach direkt gemessen wird. Da gibts dann einfach keine Diskussionen.

> Sonst gibst du hier immer den abgeklärten Weltversteher, aber wenn es
> drauf ankommt bist du mit Hut genauso klein wie alle anderen.

Ja naja ich seh dich praktisch vor mir wenn du um einen Gleittag beim 
Chef bettelst:

Ja Chef ich müsste morgen mal eventuell wenn es ginge also ja ist leider 
wichtig weil hmm ja und letzte Woche hab ich ja so viel und überhaupt, 
und klar Chef ich mach dafür am WE überstunden natürlich kein Ding.... 
darf ich noch schnell ihre Schuhe lecken?

Mit Gleitzeitkonto gibts da nix. Die Zahlen lügen nicht.

von Oje (Gast)


Lesenswert?

Stempelmax schrieb:
> Dipl.- Gott schrieb:
> Denn bei uns wurde quasi das gesamte Management
> ausgetauscht und massiv "verstromlinienförmigt".  Zwar bekomme ich
> "authorized"...
>
> US-Konzerntochter?

Er arbeitet doch seit einigen Jahren in den USA...
Mensch, kennst du etwa unseren Dipl.-Gott nicht??

von hauspapa (Gast)


Lesenswert?

Christian, Du gibst Dir viel Mühe die Vertrauensarbeitszeit in ein gute 
Licht zu stellen. Dabei gibt es aber einen Haufen Probleme:

>Viele Kollegen leben das nicht, sie schreiben einfach auf, wann sie >kommen und 
gehen und ziehen die gesetzlichen Mindestpausen ab. Das ist >ok, solange sie dann 
auch wirklich die ganze Zeit arbeiten.

Schon da fällst Du auf die Nase. Korrekt müsstest Du schreiben: "Das ist 
ok, solange Ihr Arbeitsergebnis stimmt."

Darüber hinaus lebte so ein System davon, das eine verantwortungsvolle 
Aufgabenplanung gemacht wird welche es dem Mitarbeiter ermöglicht nach 
Hause zu gehen und zu sagen, meinen Teil habe ich erledigt. Ich habe das 
noch nirgendwo erlebt. Landauf, Landab sind Termine knapp und die Leute 
mit Arbeit überhäuft.

Gleitzeit mit Stempeluhr ist so fair und flexibel wie nur irgend 
möglich.

Zu guter Letzt wältz ein Unternehmer mit dem Ansatz: Für den Geldbetrag 
XY musst Du diese Aufgabe lösen (im Gegensatz zu: Musst Du Z Stunden für 
mich arbeiten) einen Teil seines Risikos auf den Arbeitnehmer ab. Das 
ist arbeitsrechtlich nicht zulässig.

Mit Arbeitsbeginn hat der Arbeitgeber das Recht auf die volle 
Aufmerksamkeit, Weisungsrecht usw. mit Arbeitsende ist Schluss.
So ist das Arbeitsrecht nun einmal aufgebaut.

Alles Gute
Hauspapa

von Andrew T. (marsufant)


Lesenswert?

hauspapa schrieb:

>
> Gleitzeit mit Stempeluhr ist so fair und flexibel wie nur irgend
> möglich.

In dem Punkt hast Du recht. Die Zeiterfassung durch die Stempeluhr 
schafft  so etwas wie eine "unparteiliche Instanz". Es reduziert die 
Diskussion im Streitfall.

Ohne SU wäre das vergleichbar einem AKW-Betreiber, der sich selber 
attestieren darf sein AKW arbeitet sicher&korrekt - TÜV&Co wären damit 
überflüssig.

>
> Zu guter Letzt wältz ein Unternehmer mit dem Ansatz: Für den Geldbetrag
> XY musst Du diese Aufgabe lösen (im Gegensatz zu: Musst Du Z Stunden für
> mich arbeiten) einen Teil seines Risikos auf den Arbeitnehmer ab. Das
> ist arbeitsrechtlich nicht zulässig.

Ich bin nicht tief genug im AR drin um den letzten Satz komplett 
bewerten zu können, aber mag sein das Du recht hast. Zum davorstehenden 
Satz nur IMHO: Der Geldbetrag muß schon sehr hoch sein, wenn man sich 
als Arbeitnehmer darauf einlassen möchte. Typisch für z.B. AT-Verträge.
Dennoch versuchen viele Firmen viele Firmen durch vergleichbare 
Knstrukte den AN in derartige "Unternehmerdenke" einzubindne: Z.B. ein 
firmenfolgsabhängiger  Gehaltsanteil, der auch bei "kganz normalen 
Sachbearbeitern" vereinbart wird - dann aber nur betreffend ca. 1..3 % 
des Jahreslohnes. Also wenige hundert Euro netto .-)

>
> Mit Arbeitsbeginn hat der Arbeitgeber das Recht auf die volle
> Aufmerksamkeit, Weisungsrecht usw. mit Arbeitsende ist Schluss.

Korrekt, und das hat auch für den AN Vorteile. Auch wenn der der eine 
oder andere AG das gerne aushebeln möchte.

> So ist das Arbeitsrecht nun einmal aufgebaut.

Tja, aber wie wir wissen: Recht haben und Recht bekommen: sind oft zwei 
Seiten der Medallie  .-)

von Christian (Gast)


Lesenswert?

hauspapa schrieb:

>>Viele Kollegen leben das nicht, sie schreiben einfach auf, wann sie >kommen und
> gehen und ziehen die gesetzlichen Mindestpausen ab. Das ist >ok, solange
> sie dann
> auch wirklich die ganze Zeit arbeiten.
>
> Schon da fällst Du auf die Nase. Korrekt müsstest Du schreiben: "Das ist
> ok, solange Ihr Arbeitsergebnis stimmt."

Eben nicht. Wie schon öfter hier angesprochen, schuldet auch bei 
Vertrauensarbeitszeit der AN dem AG Arbeitsleistung in Form von Stunden. 
Die Verantwortung für den Arbeitsferfolg liegt beim Arbeitgeber. Wenn 
jemand x Stunden an irgendwas arbeitet und es kommt nichts Brauchbares 
bei raus, trägt der AG dafür die Verantwortung. Wichtig ist nur, dass 
der AN auch wirklich x Stunden daran gearbeitet hat. Bei 
Vertrauensarbeitszeit glaubt man es ihm, wenn er es behauptet. Bei 
Gleitzeit misst man die Anwesenheit und schließt daraus auf die 
Arbeitszeit. Ob der MA dann wirklich x Stunden an dem Thema gearbeitet 
hat oder um es mal übertrieben darzustellen "nur gesurft" hat, wird 
nicht erfasst. Man muss es ihm glauben bzw. nimmt es oft einfach an, 
ohne ihn zu fragen. Die logische Schlussfolgerung daraus ist dann, dass 
man die Zeiterfassung gar nicht braucht, da man dem Mitarbeiter sowieso 
glauben muss.


> Darüber hinaus lebte so ein System davon, das eine verantwortungsvolle
> Aufgabenplanung gemacht wird welche es dem Mitarbeiter ermöglicht nach
> Hause zu gehen und zu sagen, meinen Teil habe ich erledigt.

Wie gesagt, die vertragliche Stundenleistung muss (im Durchschnitt) 
erbracht werden. Weil man schneller fertig ist als andere, heißt das 
nicht, dass man weniger arbeiten muss als andere.


> Zu guter Letzt wältz ein Unternehmer mit dem Ansatz: Für den Geldbetrag
> XY musst Du diese Aufgabe lösen (im Gegensatz zu: Musst Du Z Stunden für
> mich arbeiten) einen Teil seines Risikos auf den Arbeitnehmer ab. Das
> ist arbeitsrechtlich nicht zulässig.

Ganz genau.

von Christian (Gast)


Lesenswert?

Andrew Taylor schrieb:

> In dem Punkt hast Du recht. Die Zeiterfassung durch die Stempeluhr
> schafft  so etwas wie eine "unparteiliche Instanz".

Unparteiisch nur bedingt, da der AN alleine entscheidet, wann er ein- 
und ausstempelt. Und gerade um das Abschaffen dieser "Instanz" geht es 
ja bei Vertrauensarbeitszeit. Dass sich AN eben nicht dahinter 
"verstecken" können.


> Der Geldbetrag muß schon sehr hoch sein, wenn man sich
> als Arbeitnehmer darauf einlassen möchte. Typisch für z.B. AT-Verträge.

Auch Leute mit AT-Verträgen sind Angestellte, die dem Unternehmen nur 
ihre Arbeitskraft schulden. Unternehmerisches Denken wird dagegen 
heutzutage von jedem einfachen Angestellten erwartet.

von Gonzo (Gast)


Lesenswert?

Die theoretischen Ausführungen von Christian schön und gut, aber in der 
Praxis läuft es eben anders ab. Da wird Vertrauensarbeitszeit allein zum 
Vorteil des Arbeitgebers bzw. zum Nachteil des Arbeitnehmers 
(aus)genutzt.

Zum Beispiel sind bei einem 40h-Vertrag mit Vertrauensarbeitszeit immer 
40h++ gemeint, Überstunden werden einfach stillschweigend erwartet. 
Damit sinkt natürlich der Stundenlohn massiv.

Man hat in der Praxis keine Möglichkeit mehr, ganze Tage auf Basis von 
geleisteten Überstunden freizunehmen, da diese ja bereits als abgegolten 
betrachtet werden.

Man wird schief angeschaut, wenn man mal früher geht, an die 10h-Tage 
von letzter Woche erinnert sich dann nämlich keiner mehr.

Wer früh morgens anfängt, was natürlich kaum einer sieht, wird noch 
komischer angeschaut, wenn er dann schon am frühen Nachmittag gehen 
will.

Nicht umsonst ist in vernünftigen Unternehmen Vertrauensarbeitszeit den 
Leuten vorbehalten, die so viel verdienen, dass man wohl mit den 
Nachteilen leben kann. Ich persönlich bin froh, dass ich Gleitzeit mit 
Zeiterfassung habe, und das sehe ich ganz und gar nicht als "dahinter 
verstecken" an - es ist einfach nur fair (Geld für Arbeitszeit).

von bernhard (Gast)


Lesenswert?

Gonzo schrieb:
> Nicht umsonst ist in vernünftigen Unternehmen Vertrauensarbeitszeit den
> Leuten vorbehalten, die so viel verdienen, dass man wohl mit den
> Nachteilen leben kann. Ich persönlich bin froh, dass ich Gleitzeit mit
> Zeiterfassung habe, und das sehe ich ganz und gar nicht als "dahinter
> verstecken" an - es ist einfach nur fair (Geld für Arbeitszeit).

Sehe ich auch so. Vertrauensarbeitszeit für den normalen Mitarbeiter = 
Quatsch hoch 10. Kann man sich schön reden, muss man aber nicht.

von Kampfstiefel (Gast)


Lesenswert?

Bei Vertrauensarbeitszeit empfehle ich neben den bereits weiter oben 
erwähnten "Eiern" auch noch eine Rechtschutzversicherung für 
Arbeitsrecht und die Mitgliedschaft in der IG Metall. Dazu noch ein 
wenig Lektüre des Arbeitsrechts und zum Beispiel Kündigungsschutzgesetz.

Christians Theorien können vielleicht am grünen Tisch so funktionieren, 
in der Realität wird es dann halt doch anders gelebt. Allerdings nur, 
wenn man es mit sich machen lässt.

von Ben (Gast)


Lesenswert?

Kampfstiefel schrieb:
> Christians Theorien können vielleicht am grünen Tisch so funktionieren,
> in der Realität wird es dann halt doch anders gelebt. Allerdings nur,
> wenn man es mit sich machen lässt.

Was mich interessieren würde wäre noch, ob er selber an das glaubt was 
er sagt oder ob er weis dass die Praxis komplett anders aussieht.

von Gonzo (Gast)


Lesenswert?

Ben schrieb:
> Was mich interessieren würde wäre noch, ob er selber an das glaubt was
> er sagt oder ob er weis dass die Praxis komplett anders aussieht.

"Schönreden" trifft es wohl ganz gut.
Ich denke schon, dass er selber an das glaubt, was er schreibt. 
Praxisferne Theoretiker wissen nur nichts von der Realität (oder wollen 
davon nichts wissen).

von Christian (Gast)


Lesenswert?

Gonzo schrieb:
> Die theoretischen Ausführungen von Christian schön und gut, aber
> in der
> Praxis läuft es eben anders ab. Da wird Vertrauensarbeitszeit allein zum
> Vorteil des Arbeitgebers bzw. zum Nachteil des Arbeitnehmers
> (aus)genutzt.

Wie ich oben erwähnte, arbeite ich in einem Betrieb, der vor über 10 
Jahren Vertrauensarbeitszeit eingeführt hat, kenne also die Praxis sehr 
gut.


> Zum Beispiel sind bei einem 40h-Vertrag mit Vertrauensarbeitszeit immer
> 40h++ gemeint, Überstunden werden einfach stillschweigend erwartet.
> Damit sinkt natürlich der Stundenlohn massiv.

Stimmt nicht. In den AT-Verträgen sind Überstunden abgegolten, bei den 
normalen Arbeitsverträgen sind sie es nicht und es gibt Kurz- und 
Langzeitkonten.


> Man hat in der Praxis keine Möglichkeit mehr, ganze Tage auf Basis von
> geleisteten Überstunden freizunehmen, da diese ja bereits als abgegolten
> betrachtet werden.

Das ist bei uns bei den AT-Leuten offiziell so, wobei in der Praxis geht 
das trotzdem. Und die Nicht-ATler können selbstverständlich ganze Tage 
(ja auch mehrere am Stück) frei nehmen, um ihr Kurzzeitkonto abzubauen.


> Man wird schief angeschaut, wenn man mal früher geht, an die 10h-Tage
> von letzter Woche erinnert sich dann nämlich keiner mehr.
> Wer früh morgens anfängt, was natürlich kaum einer sieht, wird noch
> komischer angeschaut, wenn er dann schon am frühen Nachmittag gehen
> will.

Das liegt dann aber an den Kollegen oder am Klima allgemein und kann 
sowohl in Betrieben mit Gleitzeit als auch Vertrauensarbeitszeit 
auftreten. Es ist kein spezielles Problem der Vertrauensarbeitszeit.


>> Christians Theorien können vielleicht am grünen Tisch so funktionieren,
>> in der Realität wird es dann halt doch anders gelebt. Allerdings nur,
>> wenn man es mit sich machen lässt.
>
> Was mich interessieren würde wäre noch, ob er selber an das glaubt was
> er sagt oder ob er weis dass die Praxis komplett anders aussieht.

Wie gesagt, ich kenne die Praxis. Ich war bisher in insgesamt 3 
Betrieben mit Vertrauensarbeitszeit tätig (einer davon ÖD) und habe nur 
positive Erfahrungen gemacht. Vielleicht liegt es einfach daran, dass 
ich bisher immer Glück hatte und mir nur gute AG aussgesucht habe. Dass 
es woanders nicht so gut läuft und man zu unbezahlter Mehrarbeit 
genötigt wird, kann ich mir a) gut vorstellen und b) kenne ich es auch 
aus den Erzählungen von Bekannten. Darunter sind dann aber auch Betriebe 
mit festen Arbeitszeiten (jeden Tag 8:00-16:30, es wird aber erwartet, 
dass man länger bleibt) und auch Betriebe mit Gleitzeit (um 16 Uhr wird 
ausgestempelt, danach noch 5 h weitergearbeitet). Das ist aber ein 
generelles Problem und kein spezielles der Vertrauensarbeitszeit. Es ist 
immer die Frage ob man das mitmacht. Wenn das Gehalt stimmt und die 
Arbeit sonst auch Spaß macht, kann man das ja tun, ansonsten sollte man 
sich vielleicht nach einem anderen AG umsehen.

von Fabi (Gast)


Lesenswert?

Christian schrieb:
>> Zum Beispiel sind bei einem 40h-Vertrag mit Vertrauensarbeitszeit immer
>> 40h++ gemeint, Überstunden werden einfach stillschweigend erwartet.
>> Damit sinkt natürlich der Stundenlohn massiv.
>
> Stimmt nicht. In den AT-Verträgen sind Überstunden abgegolten, bei den
> normalen Arbeitsverträgen sind sie es nicht und es gibt Kurz- und
> Langzeitkonten.

Nicht überall wo es Vertrauensarbeitszeiten gibt, ist ein Tarif gültig. 
In meine ganzen IT Laufbahn bisher waren die Überstunden abgegolten, 
egal ob Vertrauensarbeitszeit oder nicht. Bei den dokumentieren 
Arbeitszeiten hatte ich aber wenigstens noch mehr die Möglichkeit darauf 
hinzuweisen, dass das Soll erfüllt ist.

>> Man wird schief angeschaut, wenn man mal früher geht, an die 10h-Tage
>> von letzter Woche erinnert sich dann nämlich keiner mehr.
>> Wer früh morgens anfängt, was natürlich kaum einer sieht, wird noch
>> komischer angeschaut, wenn er dann schon am frühen Nachmittag gehen
>> will.
>
> Das liegt dann aber an den Kollegen oder am Klima allgemein und kann
> sowohl in Betrieben mit Gleitzeit als auch Vertrauensarbeitszeit
> auftreten. Es ist kein spezielles Problem der Vertrauensarbeitszeit.

Das stimmt schon, aber man sollte nicht die Kollegen unterschätzen, da 
entwickelt sich eine Eigendynamik. Ich hab schon erlebt was passiert 
wenn ein Mitarbeiter nicht mitzieht und somit bei allen untern durch 
ist.

> Wie gesagt, ich kenne die Praxis. Ich war bisher in insgesamt 3
> Betrieben mit Vertrauensarbeitszeit tätig (einer davon ÖD) und habe nur
> positive Erfahrungen gemacht. Vielleicht liegt es einfach daran, dass
> ich bisher immer Glück hatte und mir nur gute AG aussgesucht habe.

Ich hatte auch schon 2 Betriebe mit eben solcher, aber bei dem  einem 
gab es täglich 7 Stunden Kernarbeitszeit. Und jetzt läuft es eher auf 
10h am Tag raus, schon alleine weil ich sonst nicht schaffe in den 
Meetings anwesend zu sein.  Noch dazu fällt auch viel Arbeit Abends oder 
am Wochenende an. Geplant ist bei uns auch über mehrere Wochen und wenn 
dann bis 20 Uhr in der Firma sitze weil was nicht funktioniert, kann ich 
nicht einfach am nächsten Tag nur 6 Stunden arbeiten, denn da sind ja 
auch wieder 8 verplant.

von Gonzo (Gast)


Lesenswert?

Fabi schrieb:
> Geplant ist bei uns auch über mehrere Wochen und wenn
> dann bis 20 Uhr in der Firma sitze weil was nicht funktioniert, kann ich
> nicht einfach am nächsten Tag nur 6 Stunden arbeiten, denn da sind ja
> auch wieder 8 verplant.

Das klingt aber stark nach Strampeln im Hamsterrad und baldigem 
Burnout?!

Lass es lieber locker angehen bei einer geregelten 35h-Woche, Kollege!

von Kampfstiefel (Gast)


Lesenswert?

Gonzo schrieb:
> Fabi schrieb:
>> Geplant ist bei uns auch über mehrere Wochen und wenn
>> dann bis 20 Uhr in der Firma sitze weil was nicht funktioniert, kann ich
>> nicht einfach am nächsten Tag nur 6 Stunden arbeiten, denn da sind ja
>> auch wieder 8 verplant.
>
> Das klingt aber stark nach Strampeln im Hamsterrad und baldigem
> Burnout?!
>
> Lass es lieber locker angehen bei einer geregelten 35h-Woche, Kollege!

Genau. Lass es lockerer angehen. Bei der nächsten Umstrukturierung macht 
man Dir ein Angebot (Abfindung, viel Freizeit), welches Du dann noch 
nachverhandeln kannst (sehr gutes Zeugnis etc.). Natürlich hast Du Dich 
separat noch bei Gewerkschaft, Rechtsanwalt, Arbeitsamt, Krankenkasse 
informiert über das genaue Vorgehen und die Konsequenzen.
:-)

von Christian (Gast)


Lesenswert?

Ist es nicht ein Widerspruch, dass Konzerne mit IGM-Tarifvertrag von 
vielen hier im Forum als das AN-Paradies schlechthin angesehen werden, 
gleichzeitig aber viele genau dieser Konzerne (z.B. VW) die 
Vertrauensarbeitszeit haben, die hier von der großen Mehrheit kritisch 
gesehen wird?

von Kampfstiefel (Gast)


Lesenswert?

Christian schrieb:
> Ist es nicht ein Widerspruch, dass Konzerne mit IGM-Tarifvertrag
> von
> vielen hier im Forum als das AN-Paradies schlechthin angesehen werden,
> gleichzeitig aber viele genau dieser Konzerne (z.B. VW) die
> Vertrauensarbeitszeit haben, die hier von der großen Mehrheit kritisch
> gesehen wird?

Ist das wirklich so, und wenn ja, könnte es sein, dass VW nur einer von 
wenigen ist?

Unabhängig davon, ob die Firma in irgendeinem Tarifvertrag ist: Das 
Modell mit der Vertrauensarbeitszeit funktioniert für den AN nur, wenn 
der jeweilige Vorgesetzte den Überblick und die Eier gegenüber seinen 
Chefs hat. Oft wird ja die "Performance" der Mitarbeiter verglichen 
anhand von obskuren Metriken wie Anzahl-Codezeilen, PowerPoint-Slides, 
Schuhgröße usw.

Interessanterweise höre ich aus Tarifunternehmen (Bosch, Allianz; mit 
Zeiterfassung - Gleitzeit), dass massiv Überstunden abgebaut werden 
müssen auf Anordnung von "oben". Also die Leute, die täglich nach der 
Arbeit noch 2 Stunden gesurft sind, um sich ein Überstundenpolster 
aufzubauen für den nächsten Urlaub, meckern natürlich. Das betrifft auch 
Leiter, sofern sie nicht AT sind.

Also ich finde Gleitzeit mit Zeiterfassung einfach noch am fairsten und 
einfachsten zu handeln.

von Fabi (Gast)


Lesenswert?

Christian schrieb:
> Ist es nicht ein Widerspruch, dass Konzerne mit IGM-Tarifvertrag
> von
> vielen hier im Forum als das AN-Paradies schlechthin angesehen werden,
> gleichzeitig aber viele genau dieser Konzerne (z.B. VW) die
> Vertrauensarbeitszeit haben, die hier von der großen Mehrheit kritisch
> gesehen wird?

Also ich bin Softwareentwickler und mangels Qualifikation komme ich 
nicht in ein Unternehmen mit IGM Tarif. Dort würde ich allerdings locker 
das doppelte verdienen, und dafür wären die Zustände dann durchaus 
vertretbar.
Btw. das Paradies ist das nicht, ich kenne auch jemand der bei einem 
sehr großen IGM Unternehmen arbeitet, da wird auch nach 10h Stunden mal 
ausgestempelt um vom Br keine auf den Sack zu bekommen und dann 
weitergearbeitet. Im vergleich kommt da aber trotzdem mehr Kohle bei 
weniger Arbeitszeit rum, somit sind die Verhältnisse schon deutlich 
besser.

von Matthias (Gast)


Lesenswert?

meckerziege schrieb:

> Mir wurde gleich im Vorstellungsgespräch gesagt, dass es nicht zählt,
> dass ich meine Stunden absitze, sondern was ich leiste!

Nein, ein Arbeitsvertrag ist kein Werkvertrag.

von Stefan D. (reverse)


Lesenswert?

24h - Schlafen - (private) Freizeit - weg zur Arbeit ( hoffentlich gegen 
0) = Stunden in der Arbeit pro Tag

von IG-Mandatsträger (Gast)


Lesenswert?

Christian schrieb:

> Konzerne (z.B. VW) die
> Vertrauensarbeitszeit haben,

Seit wann denn das?
Wo die IG zuhause ist, gibt es sowas nicht in Fachlaufbahnen, auch die 
BR sind dort messerscharf. Vertrauensarbeitszeit ist immer versteckte 
Lohnkürzung, Abwälzen des Risikos der Auftragsschwankungen auf den 
Arbeitnehmer und wird gerne als hip und trendy verkauft. Kommt sehr oft 
in den Start-ups vor. Sprich immer dort da, wo das Geld knapp ist.

von Gonzo (Gast)


Lesenswert?

Kampfstiefel schrieb:
> Christian schrieb:
>> Ist es nicht ein Widerspruch, dass Konzerne mit IGM-Tarifvertrag
>> von
>> vielen hier im Forum als das AN-Paradies schlechthin angesehen werden,
>> gleichzeitig aber viele genau dieser Konzerne (z.B. VW) die
>> Vertrauensarbeitszeit haben, die hier von der großen Mehrheit kritisch
>> gesehen wird?
>
> Ist das wirklich so, und wenn ja, könnte es sein, dass VW nur einer von
> wenigen ist?

Exakt so ist es. In den allermeisten Unternehmen mit IG 
Metall-Tarifbindung gibt es Gleitzeit mit Zeiterfassung.

Das mit dem Arbeitnehmer-Paradies (aka IGM-Disneyland) kann ich auch 
bestätigen, im Vergleich zu vielen anderen Unternehmen, vor allem 
kleinen Klitschen, herrscht hier das Paradies - allein schon durch die 
vorherrschende 35h-Woche.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.