Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Wie schnell raus aus der Materie?!


von Comeback K. (fork_m)


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Hallo zusammen,

vielleicht bin ich auch einfach nur ein bisschen beknackt, aber ich 
merke nach rund 2 Jahren, die seit der letzten Klausurphase vergangen 
sind bereits, dass sich mein Uni-Wissen verabschiedet. Ich sitze hier 
teilweise und muss den einfachsten Scheiß nachgucken.

Habe mit der eigentlichen Theorie hier wenig am Hut; will ich mir mal 
Dinge selbst erklären, scheitert es daran, dass mir der theoretische 
Background jetzt schon abhanden kommt.

Ist das normal?
Die einzigen Dinge, die sich bei mir bis heute langfristig gefestigt 
haben sind die Sachen aus der Berufsausbildung.

Dinge die mir so mal einfallen:
*Ich bekomme aus dem Steh-greif nicht eine OPV-Schaltung mehr hin.
*Heute erwische ich mich bei der Frage: Warum erzeugt ein 
Kondensator/Induktivität eigentlich eine Phasenverschiebung und warum 
wirken sie entgegengesetzt?
*Wie wirkt ein Kondensator in einem Gleichstromkreis durch 
aktive/passive Gleichrichter auf das Netz? Teilweise relevant aus meiner 
Abschlussarbeit.
*Mechanik/Physik oder Thermodynamik: Da bekomme ich aus der Hüfte 
geschossen gar nichts mehr hin. Ich erinner mich nicht an einen Satz der 
Thermodynamik!


Das Schlimme: Es hat mich immer interessiert und jetzt frage ich mich: 
Wofür habe ich ein Studium absolviert, wenn alles bereits weg ist!

von Udo S. (urschmitt)


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Dann lese doch mal wieder ein Fachbuch.
Mach ich auch hin und wieder, frischt einiges mal wieder auf, obwohl bei 
mir (Studium schon >25J vorbei) schon viel zu viel weg ist :-(

von Joe (Gast)


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So ist das mit unserer menschlichen Gehirnkugel: Was man nicht täglich 
übt, verfliegt ..

von Michael (Gast)


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Joe schrieb:
> So ist das mit unserer menschlichen Gehirnkugel: Was man nicht
> täglich
> übt, verfliegt ..

Nicht unbedingt, Radfahren verlernt man ja auch nicht, egal wie lange 
man nicht mehr gefahren ist. So ist es auch mit der Thermodynamik.

von Xyz X. (Firma: xyz) (khmweb)


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Comeback Kid schrieb:
> Ist das normal?

Ja. Und es wird mit zunehmendem Alter nicht besser. In dem Fall 
schliesse ich mich Joe an:

Joe schrieb:
> So ist das mit unserer menschlichen Gehirnkugel: Was man nicht täglich
> übt, verfliegt ..

Wer rastet, der rostet, leider.

: Bearbeitet durch User
von bal (Gast)


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Comeback Kid schrieb:
> *Ich bekomme aus dem Steh-greif nicht eine OPV-Schaltung mehr hin.
> *Heute erwische ich mich bei der Frage: Warum erzeugt ein
> Kondensator/Induktivität eigentlich eine Phasenverschiebung und warum
> wirken sie entgegengesetzt?
> *Wie wirkt ein Kondensator in einem Gleichstromkreis durch
> aktive/passive Gleichrichter auf das Netz? Teilweise relevant aus meiner
> Abschlussarbeit.
> *Mechanik/Physik oder Thermodynamik: Da bekomme ich aus der Hüfte
> geschossen gar nichts mehr hin. Ich erinner mich nicht an einen Satz der
> Thermodynamik!

Genau das kann ich auch behaupten. Würde davon auch nichts aus dem 
Stegreif auf die Reihe kriegen.

Aber:
a) Ich weis wo ich nachlesen kann.
b) Ich wusste es schon mal und werde es in kürzester Zeit wieder wissen, 
wenn konkreter Bedarf besteht.

Mach dir keinen Kopf, das ist normal.
Alles was du nicht täglich brauchst geht irgendwann verloren (jaja, 
Radfahren nicht...).
Das Studium hat dir in erster Linie Hilfe zur Selbsthilfe vermittelt.

von Xyz X. (Firma: xyz) (khmweb)


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... und vollkommen weg ist das nicht. Das merkt man, wenn man sich 
erneut zwecks Auffrischung damit beschäftigt. Erinnerungen werden wach.

von Michael (Gast)


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Karl-Heinz M. schrieb:
> Erinnerungen werden wach.

...manchmal aber unangenehme.

Verdrängung ist nicht umsonst ein Schutzmechanismus der menschlichen 
Psyche.

von Xyz X. (Firma: xyz) (khmweb)


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:-) Ich meinte fachliches Wissen.

: Bearbeitet durch User
von Karl (Gast)


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bal schrieb:
> Aber:
> a) Ich weis wo ich nachlesen kann.
> b) Ich wusste es schon mal und werde es in kürzester Zeit wieder wissen,
> wenn konkreter Bedarf besteht.

Und genau das ist doch Sinn und Zweck eines Studiums. Zu lernen wie man 
sich selbst Wissen aneignet (oder auffrischt)! Im Gegensatz zu auswendig 
gelernten Zeugs sind diese Fähigkeiten für das restliche Berufsleben 
relevant.

von Xyz X. (Firma: xyz) (khmweb)


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Karl schrieb:
> Im Gegensatz zu auswendig
> gelernten Zeugs

das vergisst man auch schnell, währenddessen man das, was man verstanden 
hat, länger behält und beim Auffrischen hilfreicher ist.

von operator (Gast)


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Geht mir genauso.
Seit 1.5 Jahren abgeschlossen und bereits keinen Schimmer mehr. Ich 
merke es aber vor allem in der Mathematik. Ableiten oder integrieren 
könnte ich nicht mehr ohne weiteres. Schon gar nicht 
Differenzialgleichungen lösen...
Meine Befürchtungen sind eher wenn bei einem Vorstellungsgespräch eine 
Frage in diese Richtung kommt, bei der ich dann dumm dastehe, weil ich 
das nie wieder gebraucht habe.

von Xyz X. (Firma: xyz) (khmweb)


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Ich hatte letztens Mathe-Unterlagen von meiner Ausbildung zum 
Kommunikations-Elektroniker in der Hand. Meine Handschrift hab ich 
wieder erkannt, also muss ich das alles mal verstanden haben ;-) Liegt 
jetzt über 20 Jahre zurück.

: Bearbeitet durch User
von WehOhWeh (Gast)


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Das ist normal und auch nicht schlimm. Ich habe jetzt (nach 7 Jahren) 
fast das gesamte Studium vergessen. Die Ausbildung davor sowieso.

Wichtig zu wissen ist bei den meisten Sachen, dass es sie gibt, und wo 
man nachschauen kann. Beim Nachschauen ist das Wissen schnell wieder da. 
Viel schneller, als wenn man bei 0 Anfangen müsste.

Das wichtigste das man lernt ist Selbstvertrauen.
Ist ein Thema komplex? Macht nichts, man hat ja die Prüfung in 
Systemtheorie auch irgendwie gepackt.

Michael schrieb:
>> Erinnerungen werden wach.
>
> ...manchmal aber unangenehme.

Ich werde heute noch manchmal schweißgebadet wach und glaube im ersten 
Moment, heute wäre die Prüfung in technischer Mechanik.

von Xyz X. (Firma: xyz) (khmweb)


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WehOhWeh schrieb:
> Das wichtigste das man lernt ist Selbstvertrauen.

Stimmt, das Vertrauen darauf, dass man das schafft, ist notwendig. 
Ausserdem hatte ich das Gefühl, dass das Lernen mit der Zeit immer 
leichter fiel, als ob man gelernt hatte zu lernen.

WehOhWeh schrieb:
> Ich werde heute noch manchmal schweißgebadet wach und glaube im ersten
> Moment, heute wäre die Prüfung in technischer Mechanik.

Das lässt tief blicken ;-) Hat Dich wohl arg mitgenommen.

von bernhard (Gast)


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nach dem ganzen Scheiß kräht sowieso keine Sau mehr. Nicht mal 10% ausem 
Studium hab ich bisher in meinem Job gebraucht und das ist auch gut so.
Thermodynamik und Mathematik, lol was ein Scheißdreck.

von Wollmilchsau (Gast)


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bernhard schrieb:
> nach dem ganzen Scheiß kräht sowieso keine Sau mehr.

Würde ich nicht so laut sagen. Bei Einstellungsgesprächen
könnte so ein Juppi da auf dumme Gedanken kommen und mit
seinem frischen Wissen dich aus der Reserve locken.
In dieser Hinsicht sind diese Nerds nämlich ziemlich einfallslos.
Wer dann schon älter ist und noch nicht oft gewechselt hat,
ist dann klar in der Defensive.
Der Mensch speichert meist Wissen nicht in Zahlen und Fakten,
sondern eher in Bildern und Tönen, was durch unsere Sinne
auch nicht weiter verwunderlich ist. Da unser Gedächtnis
endlich von der Speicherkapazität ist, muss eben neues Wissen
Platz schaffen. Erinnern wird man sich meist nur noch an
Fragmente und wie das auf Festplatten manchmal zum Problem
wird, passiert das auch in der Natur, nur eben krasser mit
Datenverlust.
Mit einem Auffrischungsstudium könnte man, zumindest theoretisch,
auch wieder vieles defragmentieren. ;-b

von Xyz X. (Firma: xyz) (khmweb)


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Wollmilchsau schrieb:
> Würde ich nicht so laut sagen. Bei Einstellungsgesprächen
> könnte so ein Juppi da auf dumme Gedanken kommen und mit
> seinem frischen Wissen dich aus der Reserve locken.
> In dieser Hinsicht sind diese Nerds nämlich ziemlich einfallslos.

Brings vorher in Erfahrung, wenn möglich ... und mach Dich dann gezielt 
fit. Das hat mir mal sehr weiter geholfen. Der gute Mann hatte stets 
seine Standard-Fragen und fragte auch nur, ob ich das und das noch weiß, 
überprüfte es nichtmals.

von rogger (Gast)


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Aber woher kommt denn der ganze Mathe-Scheiß mit seinen komischen 
Beweisverfahren undso. Sind Mathematiker eine Sekte?

von bernhard (Gast)


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Das mag sein, aber Themen aus dem Studium waren bei mir nur kurz im 
Gespräch zum ersten Job enthalten. Beim zweiten, welches 2 Jahre später 
stattfand wurde da überhaupt nichts mehr gefragt. Da ging es nur um das 
bisher im Beruf gemachte, was die Zukunft bringt und der übliche andere 
Kram.
Beim dritten Jobwechsel war das Gespräch auch nicht anders wie im 
zweiten.
Wenn man wirklich möchte, dann kann man das ein oder andere Thema als 
Studienthema hernehmen. Z. B. Arbeitsplanung, bzw. die Planung 
allgemein. Wie man in Problemsituationen vor allem bei unerwarteten 
reagiert. Damit meine ich aber nicht wie es einem persönlich dabei geht, 
sondern wie man diese Situation fachlich entschärft.
Das sind aber meistens Dinge die durch Berufserfahrung gelernt werden. 
Ich durfte feststellen, dass ich lange den Leuten in Sachen "coolnes" 
hinterherhing die eine Lehre gemacht haben oder Dual ihre 
Weiterbildungen gemacht haben.
5 Jahre mehr BE machen in Situationen die man im Studium nicht wirklich 
gelehrt bekommen kann eben viel aus. Es dauert eine Weile bis es kaum 
noch Situationen gibt in denen man wirklich nervös wird.
Ist die Routine aber mal drin, dann geht arbeiten recht locker von der 
Hand.
Leider gibt es aber immer wieder Leute die dies nie auf die Reihe 
bekommen und dann immer sehr gestresst sind und in Richtung Burnout 
abdriften.
Vielleicht sollte sich unser Bildungsgremium mal mit den Hippis ausem 
Gesundheitsclan zusammen tun und so etwas wie ein Stress-lern-Jahr 
einrichten. Als Ersatz für den Bund wäre das sicher nicht verkehrt, da 
würden einige von den jüngeren etwas entspannter arbeiten und vor allem 
auch wissen wo ihre Grenzen sind. Macht ja keinen Sinn wenn jemand eine 
Laufbahn einschlagen will von der er keine Ahnung hat wie hoch das 
Stresslevel tatsächlich ist. So wie ich das sehe ist das Mittlerweile 
viel eher das Problem wie die fachliche Inkompetenz. Die Frischlinge 
haben keine Ahnung was sie erwartet und so passiert es dass einige in 
ihr Verderben rennen und wer will das schon.

von слюнотечение Тролль (Gast)


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Geh davon aus, du musst in 6 Jahren alles neu lernen. Neues kommt dazu, 
Altes geht weg..

von wendelsberg (Gast)


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Wollmilchsau schrieb:
> Platz schaffen. Erinnern wird man sich meist nur noch an
> Fragmente und wie das auf Festplatten manchmal zum Problem
> wird, passiert das auch in der Natur, nur eben krasser mit
> Datenverlust.

Nein, da muss ich widersprechen.
Bei der Festplatte ist es weg, unwiderruflich.
Wenn Du nach vielen Jahren versuchst, Dich an eine bestimmte Tatsache, 
Telefonnummer, oder einen Namen zu erinnern, dann faellt Dir dieser u.U. 
auch durch intensives Gruebeln nicht ein.
Einige Zeit spaeter aber kommt der Effekt: Ja, das war Max Mueller.....

wendelsberg

von Nac33 (Gast)


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WehOhWeh schrieb:
> Das wichtigste das man lernt ist Selbstvertrauen.
> Ist ein Thema komplex? Macht nichts, man hat ja die Prüfung in
> Systemtheorie auch irgendwie gepackt.

Aber wie lernt man Selbstvertrauen? Bei mir ist es auch so, dass ich 
sehr viel aus dem Studium vergessen habe. Liegt jetzt ca 3 Jahre zurück. 
Mein Problem ist, dass mein Selbstvertrauen sehr schwach ist und ich 
häufig gleich denke dass ich wirklich nichts kann...

von Basti (Gast)


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Ich weiß das ich nichts weiß

von P. M. (o-o)


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Comeback Kid schrieb:
> Das Schlimme: Es hat mich immer interessiert und jetzt frage ich mich:
> Wofür habe ich ein Studium absolviert, wenn alles bereits weg ist!

Es ist gar nichts weg. Vermutlich würdest du keinen halben Tag brauchen, 
um in einer bestimmten Materie wieder voll drin zu sein, z.B. 
Thermodynamik oder OpAmps. Dafür hast du damals an der Uni ein ganzes 
Semester gebraucht. Das vermittelte Grundwissen ist nicht weg, bloss 
angestaubt.

Andererseits geht es an der Uni ja auch nicht nur ums Wissen, sondern um 
Konzepte und "Denkschulung". Technische und physikalische Konzepte sind 
immer wieder ähnlich und wenn man mal einen ordentlichen Satz davon 
kennt, so kapiert man auch neue Konzepte sehr schnell. Software-Designer 
würden das wohl "Design Pattern" nennen ;-)

Aus diesen beiden Gründen würde ich jedem leidenschaftlich gerne auf die 
Finger klopfen, der behauptet, an der Uni lerne man sowieso nur nutzlose 
Theorie und in der Praxis sei alles ganz anders.

von Danilo (Gast)


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Wollmilchsau schrieb:
>> nach dem ganzen Scheiß kräht sowieso keine Sau mehr.
>
> Würde ich nicht so laut sagen. Bei Einstellungsgesprächen
> könnte so ein Juppi da auf dumme Gedanken kommen und mit
> seinem frischen Wissen dich aus der Reserve locken.

Gerade kürzlich erlebt.

Der fragte doch tatsächlich nach Messgeräteklassen (Genauigkeit), 
Effektivwerten und linearen Mittelwerten verzerrter Ströme.

Das Ringintegral H*ds um einen stromdurchflossenen Leiter hat er aber 
nicht angefragt. LOL

Ich habe mir dazu eine gesammelte Fachprüfung gemacht (Elektrotechnik, 
EMV, Messtechnik, auch Umladevorgänge, usw..) um mathematisch wieder auf 
halbwegs ausrechendes Niveau zu kommen.

Meine Mathe, GE und Physik-Fachpüfung ist aber >20 Jahre her.

Eine solche möglichst repräsentative Muster-Fachprüfungsaufgabensammlung 
für Anfänger in der Elektrotechnik wäre mal eine coole Sache.

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