Forum: HF, Funk und Felder GPSDO für Anfänger


von Phil (Gast)


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Hallo,

ich habe einen HP 53131A Universal Counter (leider ohne Ofen-Option) und 
einen OCXO, den man Spannungsgesteuert etwas ziehen kann. Zudem habe ich 
in der Bastelkiste einen alten GPS-Empfänger gefunden, der im Inneren an 
einer Pfostenleiste auch 1PPS zur Verfügung stellt.

Die naheliegende Überlegung ist nun, mit dem GPS Empfänger den OCXO auf 
die "wahren" 10MHz zu stellen.

Die (vielleicht naive) Idee ist nun in den 53131A den OCXO Takt als 
Referenz einzuspeisen. An den Eingang des Counters würde ich das 1PPS 
Signal anschließen und die Periodendauer messen. Nun könnte man die 
Steuerspannung am OCXO solange variieren bis der Counter 1,000 000 000 
Sekunden anzeigt.

Das Ganze wird aber so ja nicht einfach funktionieren, weil der 1PPS 
Ausgang des Empfängers jittert. Meine Frage ist nun: Wie komme ich 
trotzdem an die wahren 10MHz? Bei allem was ich bisher so gelesen habe, 
sind 1PPS Jitter im Bereich von 100ns wohl normal. Wenn das dann 
wirklich zu 100ppb Fehler bei einem GPSDO führen würde, dann würde so 
etwas wahrscheinlich niemand machen.

Ich könnte nun sehr lange Mitteln und diesen Mittelwert auf 1,00.. 
Sekunden bringen. Ich frage mich nur ob der Mittelwert des 1PPS Signals 
wirklich der wahren Sekunde entspricht oder ob die Periode nicht 
eigentlich eher immer ein wenig zu lang ist, weil es halt von 
Signallaufzeiten in der Elektronik abhängt (wobei die ja auch jedesmal 
da sind und es dann auch evtl. nur verschieben).

Vielen Dank und viele Grüße
Philipp

von Mr. Jitter (Gast)


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Phil schrieb:
> Die naheliegende Überlegung ist nun, mit dem GPS Empfänger den OCXO auf
> die "wahren" 10MHz zu stellen.
http://www.dl4jal.eu/fnormal/fnormal.html

> Die (vielleicht naive) Idee ist nun in den 53131A den OCXO Takt als
> Referenz einzuspeisen. An den Eingang des Counters würde ich das 1PPS
> Signal anschließen und die Periodendauer messen. Nun könnte man die
> Steuerspannung am OCXO solange variieren bis der Counter 1,000 000 000
> Sekunden anzeigt.
Jop.

> Das Ganze wird aber so ja nicht einfach funktionieren, weil der 1PPS
> Ausgang des Empfängers jittert. Meine Frage ist nun: Wie komme ich
> trotzdem an die wahren 10MHz? Bei allem was ich bisher so gelesen habe,
> sind 1PPS Jitter im Bereich von 100ns wohl normal. Wenn das dann
> wirklich zu 100ppb Fehler bei einem GPSDO führen würde, dann würde so
> etwas wahrscheinlich niemand machen.
Der kurzzeitigen Abweichungen mittelt sich über lange Zeit raus.

> Ich könnte nun sehr lange Mitteln und diesen Mittelwert auf 1,00..
> Sekunden bringen. Ich frage mich nur ob der Mittelwert des 1PPS Signals
> wirklich der wahren Sekunde entspricht oder ob die Periode nicht
> eigentlich eher immer ein wenig zu lang ist, weil es halt von
> Signallaufzeiten in der Elektronik abhängt (wobei die ja auch jedesmal
> da sind und es dann auch evtl. nur verschieben).
Genau. Konstante Signallaufzeiten verzögern das Signal nur insgesamt 
ohne die Frequenz zu verändern.

Ein "GPSDOCXO" funktioniert meistens nach dem gleichen Prinzip:
 - warte bis der OCXO auf Temperatur ist
 - warte bis das GPS einen Fix hat
 - regle die Frequenz des Oszillators relativ zu 1PPS über eine 
Periodendauer von >>1s

von Phil (Gast)


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Alles klar, dann passten meine Überlegungen ja. Vielen Dank.

Was mir aber noch Gedanken macht ist die erreichbare Genauigkeit. Wenn 
man annimmt, das der Jitter weiss verteilt ist, dann reduziert sich 
meine Unsicherheit mit der Wurzel der Mittelungen. Also 100 Mittelungen 
pro extra Digit.

Bei meinem Counter müsste ich dann ja 12 Tage mitteln um auf 10 Stellen 
zu kommen (vorrausgesetzt der OCXO kann die 10 Stellen solange halten).

Bei einem HP 53132A (12 Stellen) wäre es dann gar nicht mehr möglich 
(317 Jahre).

von Achim H. (anymouse)


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Phil schrieb:
> Wenn man annimmt, das der Jitter weiss verteilt ist,

... dürfte man schon einen ersten Fehler machen. Ich würde eher von 
einem Gauss ausgehen.

Mit 1PPS/10MHz muss man schon etwas länger mitteln. Für höhere 
Genauigkeiten würde man die 10MHz Referenztakt erhöhen.

von Tom Thomsen (Gast)


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Phil schrieb:
> Ich frage mich nur ob der Mittelwert des 1PPS Signals
> wirklich der wahren Sekunde entspricht oder ob die Periode nicht
> eigentlich eher immer ein wenig zu lang ist, weil es halt von
> Signallaufzeiten in der Elektronik abhängt (wobei die ja auch jedesmal
> da sind und es dann auch evtl. nur verschieben).

Zum Glück mußte der vorhergehende Puls die gleiche Verzögerung über sich 
ergehen lassen, so dass sich durch die Signallaufzeit an der 
Periodendauer nichts ändert.

von W.S. (Gast)


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Macht es nicht zu kompliziert.

Ein ordentlicher OCXO hält seine Frequenz auch über viele Monate, wenn 
man nicht andauernd an ihm herumfummelt und seinen Justier-Eingang 
sinnvoll beschaltet hat, also nach Grobabgleich den größten Teil der 
Spannung per festwiderstände macht und dann das Poti nur noch für den 
Feinabgleich einrichtet. Damit reduziert sich das Ganze auf ein 
einmaliges ordentliches Einstellen und später dann so alle Jahre mal 
wieder ein Nachkalibrieren. Zu sowas gibt es auf KW einige 
Zeitzeichensender, die nicht nur die Zeit ansagen, sondern auch ne gute 
Referenz abgeben.

Sieh mal da:
"Die amerikanische Behörde National Institute of Standards and 
Technology (NIST) verbreitet mit dem Sender WWV von Fort Collins im 
US-Bundesstaat Colorado Zeitzeichen auf den Kurzwellen-Frequenzen 2,5, 
5, 10, 15 und 20 MHz." (wo: 
"https://de.wikipedia.org/wiki/WWV_(Zeitzeichensender)";)

Der Grob-Abgleich ist einfach: Sender mit KW-RX empfangen, erstmal am 
besten in SSB, eigenen OCXO einschalten und warmlaufen lassen, 
Interferenz abhören. Wenn das so einigermaßen stimmt, den Rest per Oszi 
auf Stillstand ("Schwebungsnull") abgleichen. Das geht wesentlich 
schneller als mit dem 1PPS vom GPS, denn man macht den Vergleich ja im 
NF-bereich bei 800 Hz oder so und kann dabei am Oszi beobachten, wie die 
Schwebung "atmet".

W.S.

von Phil (Gast)


Angehängte Dateien:

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Vielen Dank für eure Antworten!

@W.S. Es ist mehr eine Spielerei mit den Gerätschaften die ohnehin da 
sind. Für den Abgleich habe ich an LabView gedacht. Hier könnte man eine 
Mittelung über x Stunden laufen lassen und dabei den OCXO mit einer, per 
LabView, steuerbaren Spannungsquelle steuern. Wenn die Software die 
richtige Spannung gefunden hat, dann klemmt man sein Multimeter zwischen 
Poti-Ausgang und die Labview Spannung, dreht auf 0V und jumpert dann 
aufs Poti zurück. Dann spart man sich DAC, µC usw. in der OCXO Kiste.

Leider hat sich nur schon beim ersten Versuch herausgestellt, dass mein 
Morion MV 89 bereits so weit gealtert ist, dass er sich nicht mehr auf 
10 MHz "bremsen" lässt. Selbst bei 0V am Steuereingang messe ich 5,5µs 
mehr als eine Sekunde. Er müsste also etwa 55Hz zu schnell sein.
Kann man in so einem Fall eigentlich noch etwas retten oder muss man 
sich damit zufriedengeben?

Ich habe die Periodendauer einfach mal plotten lassen und das Ganze eine 
Weile laufen lassen. Zunächst scheint die gemessene Zeit ständig hin und 
her zu springen (1PPS_kurz) darüber liegt dann noch eine Drift 
(1PPS_lang) die auch nach Stunden Betriebszeit noch nicht verschwunden 
ist.
Die Achse Zeit übrigens die Periodendauer -1s. Also nur die Abweichung 
zu 1s.

Viele Grüße
Philipp

von lrep (Gast)


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W.S. schrieb:
> Die amerikanische Behörde National Institute of Standards and
> Technology (NIST) verbreitet mit dem Sender WWV von Fort Collins im
> US-Bundesstaat Colorado Zeitzeichen auf den Kurzwellen-Frequenzen 2,5,
> 5, 10, 15 und 20 MHz.

Das ist bloss reichlich weit weg, und das Signal wird ein paarmal an der 
Ionosphäre reflektiert, bevor es hier ankommt.
Leider ändert sich dadurch auch andauernd die Weglänge bzw. die Phase, 
wodurch das Signal hierzulande für Präzisionsmessungen unbrauchbar wird.

Es gibt aber einen anderen Sender, dessen Frequenz mindestens genau so 
exakt ist, der zwischen Darmstadt und Frankfurt steht, und der tagsüber 
mit der reinen Bodenwelle zu empfangen ist.
Nennt sich DCF77...

W.S. schrieb:
> und kann dabei am Oszi beobachten, wie die
> Schwebung "atmet".

Wenn du das sehen kannst, brauchst du den WWV-Empfänger eigentlich gar 
nicht, sondern kannst einen Rundfunksender nehmen.

von lrep (Gast)


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Phil schrieb:
> Selbst bei 0V am Steuereingang messe ich 5,5µs
> mehr als eine Sekunde.

Mit welcher Zeitbasis?

von Phil (Gast)


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lrep schrieb:
> Phil schrieb:
> Selbst bei 0V am Steuereingang messe ich 5,5µs
> mehr als eine Sekunde.
>
> Mit welcher Zeitbasis?

Was meinst Du mit Zeitbasis? Ich messe eine Periodendauer von 
1,0000055..s und nicht 1s für das 1PPS Signal. Meine Refefenz ist also 
zu schnell.

von Chris S. (schris)


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Kann auch vom GPS sein.
Wenn der fixed point filter nicht gesetzt ist
Und die Approachong hpos vpos nicht gefiltert wird
Ist so was auch als. Gps fehler moglich.
Auch hat das pps ein jitter und sollte auch nur
Gefiltert verwendet werden.

von Phil (Gast)


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Das der Fehler doch aus dem GPS Empfänger kommen soll klingt sinnvoll. 
Laut Datenblatt hat selbst der schlechteste MV89 OCXO nur 3E-8 
Drift/Jahr. Das Teil ist von 2003 und sollte also nicht mehr als 0,4ppm 
gedriftet sein. Ich sehe hier ja aber fast 6ppm.

Der GPS Empfänger ist eine alte RS232 GPS-Maus, zu der ich folgendes 
gefunden habe: 
http://www.iu.hio.no/~georgm/sanntid/GM-305%20User%20Guide%20revC.pdf

Einen Fix hat der Empfänger, aber ich werde mal diese 1PPS Valid Signal 
nachmessen. Im PDF steht: "Rising edge of the output pulse is
accurate to +/-1usec with respect to the start of each GPS second."

Mit 5ppm würde das Ding ja nicht mal wirklich als Uhr taugen. Da 
verliert man ja alle 2,6 Tage schon eine Sekunde.

von Hans-Georg L. (h-g-l)


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Phil schrieb:

> Leider hat sich nur schon beim ersten Versuch herausgestellt, dass mein
> Morion MV 89 bereits so weit gealtert ist, dass er sich nicht mehr auf
> 10 MHz "bremsen" lässt. Selbst bei 0V am Steuereingang messe ich 5,5µs
> mehr als eine Sekunde. Er müsste also etwa 55Hz zu schnell sein.
> Kann man in so einem Fall eigentlich noch etwas retten oder muss man
> sich damit zufriedengeben?
>

Normalerweise legt der Hersteller den Ziehbereich bei einem OCXO so aus 
das er für die gesammte Lebensdauer locker ausreicht. Genaueres sagt dir 
das Datenblatt.

For the HP 53131A, frequency and time interval resolutions are 10 digits
in one second and 500 picoseconds.  Also 500ps bei 10Mhz.
Dazu kommt noch Jitter in der Triggerung und im PPS Signal.

von Phil (Gast)


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Es ist ja super, dass man hier wirklich viel Hilfe bekommt, aber 
anscheinend wird nicht mal so ein kleiner Thread ganz gelesen bevor 
geantwortet wird

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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https://web.archive.org/web/20131228130355/http://www.ulrich-bangert.de/AMSAT-Journal.pdf

leider zur Zeit nur im Webarchiv zu finden

Sehr informativ, er lästert allerdings auch deutlich über etwas zu naive 
Herangehensweisen an GPS/DCF77-"disziplinierte" Oszillatoren.

von Kay R. (1kay)


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> leider zur Zeit nur im Webarchiv zu finden
Kann damit zu tun haben, dass der Autor 2014 leider verstorben ist.

Zum Thema GPSDO usw. findet man hier
http://time-nuts.febo.narkive.com
viele Diskussionen, insbesondere Links auf Untersuchungen von 
industriellen und privaten Systemen.

Generell ist beim GPSDO die kurzzeitige von der langzeitigen Stabilität 
zu unterscheiden. Kurzzeitig ist ein OCXO sehr stabil, GPS voller Jitter 
(wie oben beschrieben), langzeitig ist es dann eher umgekehrt.

von Pandur S. (jetztnicht)


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Als Integrationszeit des 1 Sekunden Signales sollte man mindestens 1000 
sekunden vorsehen. Ich wuerd mal ein FPGA einplanen. Falls man keine 
Lust auf diesen eher aufwendigen Aufbau hat, kann man's auch kaufen.
zB bei digikey : CW688-ND fuer 395 $

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