Forum: HF, Funk und Felder Frage zu technischen Möglichkeiten von UHF


von Rob W. (robwest)


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Hallo zusammen,

In meiner Uni-Zeit habe ich das Thema Frequenzen & Antennen leider nur 
rudimentär mitbekommen.

Ich weiß natürlich dass die Frequenzen Unterschiede in Reichweite, 
Materialdurchdringung und Übertragungsgeschwindigkeit aufweisen.

Laut Wikipedia ist die Reichweite von HF/RF ca. 0,5m.
UHF hingegen zwischen 3-6m (0,3-3GHz).

Die Anwendung die ich im Kopf habe benötigt eine ungefähre Reichweite 
zwischen 0,3 und 1,5 Meter. Gleichzeitig sollen auch Textilien 
durchdrungen werden können. Genutzt werden sollen passive Tags und die 
Übertragungsgeschwindigkeit kann vernachlässigt werden.

Wie müsste eine passende Antenne ungefähr dimensioniert werden und bin 
ich mit UHF auf der richtigen Fährte?

Vielen Dank im Voraus und ich freu mich auf eure Anregungen.

: Bearbeitet durch User
von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Rob W. schrieb:

> Ich weiß natürlich dass die Frequenzen Unterschiede in Reichweite,
> Materialdurchdringung und Übertragungsgeschwindigkeit aufweisen.

Letzteres eher nicht, nur indirekt, da bei höheren Frequenzen in der
Regel mehr Bandbreite für die Übertragung verfügbar ist.

> Laut Wikipedia ist die Reichweite von HF/RF ca. 0,5m.
> UHF hingegen zwischen 3-6m (0,3-3GHz).

Das ist in dieser Pauschalität Unfug, scheint sich jedoch darauf
zu beziehen, dass du von RFID sprichst (das wird aber erst weiter
unten klar).

Kurzwelle (was hier wahrscheinlich mit „HF“ gemeint ist) hat bereits
mit der Bodenwelle einige Kilometer an Reichweite, mit der Raumwelle
einige 1000 bis 10000 km.

UHF ist quasioptisch.  Mit ein paar 100 mW auf einem Berg kommt man
problemlos über 100 km und mehr (430 MHz Amateurfunk).

> Die Anwendung die ich im Kopf habe benötigt eine ungefähre Reichweite
> zwischen 0,3 und 1,5 Meter.

Was erstmal nicht das große Problem wäre.

> Gleichzeitig sollen auch Textilien
> durchdrungen werden können.

Sofern sie nicht aus elektrisch leitfähigen Fasern sind, ist das auch
kein Thema.

> Genutzt werden sollen passive Tags

Ah, da liegt der Hase im Pfeffer!

Dafür muss man entweder so viel Energie in den Tag einkoppeln können,
dass er damit aktiv antworten kann, oder aber er muss sich im so
genannten reaktiven Nahfeld befinden, damit eine Rückwirkung des
Empfängers auf den Sender am Sender noch nachweisbar ist.

> Wie müsste eine passende Antenne ungefähr dimensioniert werden

Eine optimale Antenne, die wirklich EM-Feld abstrahlt, ist wenigstens
in einer Dimension lambda/2 groß.  Alles, was kleiner ist, ist weniger
effizient.

Bei vorwiegend magnetischer Übertragung (wie sie bei RFID auf 13 oder
27 MHz üblich ist) kannst du davon ausgehen, dass die Reichweite
ungefähr den Abmessungen der Sendeantenne entspricht.

von Stefan M. (Gast)


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Bis zu 1m kann man mit RFID im 13,56 MHz Bereich überbrücken.
Hier wird die magnetische Komponente des Feldes genutzt.
Transponder und Reader haben Spulen als Antenne.
Vorteil: Viele Materialien werden problemlos "durchleuchtet", Metall 
natürlich nicht.
Nachteil: die Antenne des Readers muss verhältnismassig groß sein.
Und die Reichweite hängt auch stark von der Grösse des Transponders ab.
Je mehr Durchmesser die Antennenspule hat, desto besser.
Einen 13,56 MHz Transponder im EC Kartenformat kann man u.U auch 1m weit 
lesen.


UHF RFID bei 866 MHz kann mit passiven (!) Transpondern bis zu 10m 
überbrücken.
Aber die Reichweite ist extrem davon abhängig, an was ( Material ) der 
Transponder angebracht ist.
Metalle reflektieren die "Strahlung" in alle Richtungen.
Andere Materialien absorbieren die Energie ( feuchtes Holz, Beton, 
dickes Gummi... sind oft ungünstig.
Auch der menschliche Körper ist bei UHF sehr kritisch.
Liegt der Transponder zu nah an der Haut, ist die Reichweite schnell mal 
nahe Null.
Bei UHF wird das E-Feld genutzt.
Daher haben Transponder prinzipiell einen Dipol als Antenne.
Reader haben oft eine ( Luft ) Patchantenne

von Rob W. (robwest)


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Hallo Jörg,

Vielen Dank für deine umfassende Antwort. Diese Infos allein sind schon 
eine riesige Hilfe für mein weiteres Vorgehen.

Vielleicht wird alles klarer wenn ich den Anwendungsfall weiter 
konkretisiere:
Aktuell ist die Idee die Antenne in einen Teppich oder einen 
Bilderrahmen zu integrieren. Man stellt sich dann davor oder darauf und 
lässt die Tags scannen die man am Körper trägt.
Wichtig dabei ist aber das möglichst nur die 'Tags' erkannt werden die 
man am Körper trägt und sich nicht 2 Meter weiter befinden.
Ist so eine gerichtete Signalerkennung möglich?

Wenn die Antenne platt auf dem Boden liegt oder an der Wand hängt kann 
vielleicht sogar die Antenne dahingehend optimiert werden da nur in eine 
Richtung (ca. 90 Grad) gesendet/empfangen werden muss. Vielleicht denke 
ich da auch einfach nur zu naiv.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Rob W. schrieb:
> Ist so eine gerichtete Signalerkennung möglich?

Eher schlecht.  Bei UHF könntest du natürlich davon profitieren,
dass der Körper selbst stark dämpft.  Wenn du also den Leser in
einem Bilderrahmen hast und die Person, die davorsteht, einen Tag
auf der dem Rahmen zugewandten Seite trägt, dann passt das viel
besser als auf der abgewandten Seite.  Ggf. könnte man noch versuchen,
die Signalstärke mit einzubeziehen, das ist aber 'ne ziemliche
Hausnummer, weil die auch durch destruktive Interferenzen (vom
Fußboden reflektierte Welle kommt mit lambda/2 Versatz rein) ziemlich
starke Einbrüche haben kann und damit eine große Entfernung vortäuscht.

von Stefan M. (derwisch)


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Rob W. schrieb:
> nur in eine
> Richtung (ca. 90 Grad) gesendet/empfangen werden muss.

Das geht schon, aber nur mit UHF.
Dort gibt es aber wie gesagt das Problem, wenn Transponder am Körper 
getragen werden.
Man muss dabei genau definieren wo der Tag am Körper getragen wird.
In der Hosentasche geht z.B. nicht.
Sowas wie eine ID Karte mit Band um den Hals getragen schon eher.

Alle anderen ( tieferen ) RFID Frequenzen sind nicht gerichtet.
Es gibt dort eher sowas wie eine kugelförmige Ausbreitung mit 
Einschnürungen rund um die Antenne.

von Rob W. (robwest)


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Vielen Dank Stefan und vielen Dank Jörg.

Durch die beschränkte Reichweite der Antenne kann ich vielleicht auf die 
Signalrichtung verzichten.

Die Dämpfung durch den Körper stellt allen Anschein nach ein Problem da, 
da ich Tags die in der Gesäß-Hosentasche und Vorne befinden in einem 
Rutsch erkennen möchte.

Vermutlich wäre dann der Versuch "von unten" / Teppichvariante zu 
senden, da so möglichst wenig Körpermasse durchdrungen werden müsste.


Nochmal zur Antenne:

@Jörg: Du hast geschrieben:
> Bei vorwiegend magnetischer Übertragung (wie sie bei RFID auf 13 oder
> 27 MHz üblich ist) kannst du davon ausgehen, dass die Reichweite
> ungefähr den Abmessungen der Sendeantenne entspricht.

Bedeutet das für mich dass die Abmessung (Diagonale) der gewünschte 
Sende/Empfängerreichweite entsprechen muss? In meinem Fall demnach 1,5 
Meter?
Und wie sieht die notwendige Transponder Größe aus. Da ich bei einer 
Antenne einen größeren Spielraum habe als bei dem Transponder hoffe ich 
dass ich das so vielleicht kompensieren kann.


Die Auswertung der Signalstärke brauche ich auch nicht wirklich, da ich 
im Prinzip nur eine binäre Aussage à la "Unique ID xyz ist in 
Reichweite: da/nicht da" benötige.


Gibt es noch irgendwelche Punkte wo ich Probleme seht? Ich hoffe das 
ungefähr klar geworden ist wie der Anwendungsfall aussieht.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Rob W. schrieb:
> Bedeutet das für mich dass die Abmessung (Diagonale) der gewünschte
> Sende/Empfängerreichweite entsprechen muss?

Ja.  Denk einfach mal an die Warensicherungsetiketten in den
Kaufhäusern und Supermärkten mit ihren großen rechteckigen Antennen.
Ist eine Art sehr primitives RFID.

von Rob W. (robwest)


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Stimmt natürlich, daran habe ich noch gar nicht gedacht.

Jetzt kommt natürlich die Frage:

Wie komme ich an so eine Art Antenne?

Kann ich das selber bauen/bauen lassen?
Was würde so eine Antenne kosten?
Reichen Transponder von "der Stange"?

Kann ich das ganze über z.B. einen Rasperry PI ansteuern?
Eventuell mit sowas 
http://www.dx.com/de/p/dmdg-13-56mhz-pn532-on-board-antenna-nfc-rfid-module-with-smart-card-for-raspberry-pi-and-arduino-327954?tc=EUR&gclid=CKK2vpDL7sYCFTDLtAodxOIMSQ#.Va94FmPBLh0

Nur das ich dann z.B. den verwendeten PN532-Chip mit meiner eigenen 
Custom-Antenne verwende?


Zumindest natürliche erstmal für einen Proof of Concept und um mit der 
Software-Seite starten zu können.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Zu den Details kann ich dir auch nicht so viel sagen. Selbst bauen
kann man so eine Antenne bestimmt, aber wenn man ein schönes Gehäuse
etc. haben möchte, dann wird man wohl eher was Fertiges nehmen wollen.

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