Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Dr. Ing = steile Karriere -> Schwachsinn?


von Student (Gast)


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Hallo zusammen,

zur Situation:
Nächster Jahr bin ich fertig mit meinem Master und es deutet sich an, 
dass eine Promotion am Lehrstuhl möglich wäre (TVL13 100%). 
Rahmenbedingungen (Gelder aus DFG/BMWF Projekt) passen.

Es geht mir nicht um das Für und Wider bei der Promotion und aus welchen 
Beweggründen (Interesse für das Thema) man diese machen sollte und aus 
welchen nicht. Um Prestige geht es mir dabei überhaupt nicht. Das Thema 
finde ich persöhnlich sehr interessant. Dass es kein Zuckerschlecken 
wird, ist mir bewusst. Die Entscheidung werde selber treffen und steht 
hier nicht zur Diskussion.

Jetzt zur Frage (greift natürlich paar Jahre voraus):
Ist man für viele Firmen nach der Promotion nicht "uninteressant" 
geworden, weil man zu teuer ist? Im Speziellen geht es um den Bereich 
optische Übertragungstechnik. In dem Bereich gibt es ja nicht so viele 
Firmen (pro Bundesland eine Hand voll). Wäre man nur für diese 
interessant? Ich habe mit einigen gesprochen und die meisten sagten, 
dass diese nach der Promotion eher als "normaler Absolvent" eingestiegen 
sind und nicht dieses "Dr. Ing = steile Karriere"-Bild aus dem Alltag 
erfüllen.

Wie sind dabei eure Erfahrungen? Gibts bei euch in der Firma promovierte 
Ingenieure oder im Bekanntenkreis (bzw ihr seid selber promoviert 
worden) und wie sah bei denen der Einstieg aus (fachnah oder fachfremd)?

Vielen Dank für eure Erfahrungen und Schönes Wochenende

PS: Auch wenn der Thread von Freitag nachmittag ist, hoffe ich, dass er 
ernst genommen wird. Danke.

von Reinhard #. (gruebler)


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Student schrieb:
> Wäre man nur für diese
> interessant? Ich habe mit einigen gesprochen und die meisten sagten,
> dass diese nach der Promotion eher als "normaler Absolvent" eingestiegen

Die Sache ist im Leben ganz einfach:
Man muss mit der richtigen Ausbildung, zum richtigen
Zeitpunkt, am richtigen Ort, die richtigen Leute
treffen.
Was lernen wir daraus? Keiner weiß was die Zukunft
bringt. Wenn du den Grips, die Zeit und das Geld
hast den Dr. zu machen. Dann mach ihn.
Mehr Bildung und Renommee hat noch keinem geschadet.
Was die Zukunft bringt, wird sich zeigen. Mach
jetzt, was dir jetzt Spaß macht.

von Nemesis (Gast)


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Student schrieb im Beitrag #4218192:
> Ist das nicht der Sinn eines Internetforums?

Der Sinn eines Forums ist, Themen und Probleme von allgemeinem
Interesse auszutauschen. Eine persönliche Entscheidung ist mitunter
von so vielen Kriterien abhängig, aber auch so uninteressant, wie
welche Brotsorte kaufe ich denn heute, das man das Thema regelrecht
zu Tode diskutieren könnte. Manche sind mit der Entscheidung
glücklich geworden und manche nicht. Deinem Anliegen fehlt schlicht
der Reiz.

von bork (Gast)


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Totaler blödkram.

Zu teuer bist Du nur, wenn Du zu viel verlangst.

Für die Firmen ist eine erfolgreich abschlossene Promotion ein Zeichen 
dafür, dass Du eigenständig arbeiten kannst. Um so besser, wenn die 
Promotion auch in einem relevanten Gebiet erfolgt. Wenn Du in ein gutes 
Drittmittelprojekt integriert bist, kannst Du evtl. auch darüber schon 
industriekontakte aufbauen.

Die Kehrseite: Einen planlosen 5 Jahres-Doktoranden ohne roten Faden im 
Lebenslauf will dann auch wieder keiner... Kenne Mitstudenten die 
promoviert haben, weil sie keinen Job gefunden habeb. Das verschiebt das 
Problem meistens nur.

von Dr. Dralle (Gast)


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> Im Speziellen geht es um den Bereich optische Übertragungstechnik.

Optische Übertragungstechnik ist seit 20 Jahren Standard. Da braucht es 
keine Doctores mehr.

von auch Dr. (Gast)


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Ich habe auch promoviert und in meiner Firma wimmelt es von Doktoren. 
Ich kann jetzt nicht unbedingt erkennen, dass Leute mit Dr. unbedingt 
eine schnellere Karriere machen. In der Regel bekommen es die Kollegen 
gar nicht mit ob man einen Dr. hat. Im Kundenkontakt könnte es Vorteile 
bringen.

Ich habe trotz Dr. "nur" ERA12b (Bayern, 40h) ohne 
Personalverantwortung. Bin aber mit meinen Aufgaben sehr zufrieden.

von Mal was konstruktives (Gast)


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Meiner Erfahrung nach zählt für eine Karriere im Ingenieurswesen vor 
allem die Persönlichkeit. Dazu kommt Leistungsbereitschaft, Netzwerk, 
Mut du natürlich auch Glück.

In meiner Firma/Abteilung beispielsweise gibt es lediglich einen Dr. auf 
Managerlevel, alle anderen "höheren" Kollegen sind Techniker oder haben 
diplomiert.

Je nach Branche kann das aber auch ganz anders aussehen. In der Chemie 
und Biologie wird man ohne Doktor noch nicht mal als normaler 
Angestellter ernst genommen, dort ist der Dr. dann zwingend 
erforderlich.

von Dok (Gast)


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Es ist ganz einfach: Man muss sich sicher sein, dass man danach bereit 
ist, die richtigen Schritte zu unternehme, um die Promotion auszunutzen. 
Auszunutzen für die Berufszufriedenheit und für den Geldbeutel. Kommt 
man in die falsche Firma oder an in die falsch Position wird man weder 
glücklich noch verdient man "mehr". Wenn Du anschließend mit lauter 
Dummbatzis zusammenarbeitest, die nur darüber lästern, dass Du 
promoviert bist, dann kann das sehr kontraproduktiv sein. Willst Du z.B. 
Frau und Kinder und Haus haben und musst eher ins ländliche ziehen, um 
das zu erreichen, und in dieser Umgebung gibt es nicht die passenden 
Firmen, dann könntest Du langfristig ohne Promotion glücklich werden. 
Abgesehen von sowas, ist natürlich eine Promotion anzuraten, sofern man 
schlicht gut genug dazu ist.

von Dok (Gast)


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Dr. Dralle schrieb:
>> Im Speziellen geht es um den Bereich optische
> Übertragungstechnik.
>
> Optische Übertragungstechnik ist seit 20 Jahren Standard. Da braucht es
> keine Doctores mehr.

Wer macht schon langfristig da weiter, wo er als Promovend aufgehört 
hat!?

von Student (Gast)


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Danke für die bisherigen antworten.

@Dok
Also ist es eher die Regel, dass man fachlich nach der Promotion eher in 
einem verwandten/anderem Gebiet arbeitet und nicht in dem 
Promotionsthema/-gebiet?

@auch Dr.
Danke für deinen kleinen Erfahrungsbericht. 12b@40h bei einer Stelle, 
die einem Spaß macht ohne Personalverantwortung ist sicherlich was 
feines :)
Wie lange ist es her, dass du promoviert hast und wie war dein Werdegang 
danach?

@Dr. Dralle
Hätte man 1995 (vor 20 Jahren) aufgehört daran zu forschen, würde man 
nur 10Gbit über eine Faser bekommen. Heute schafft man 100GBit pro Kanel 
bei bis zu 96 Kanälen in kommerziellen WDM Systemen. Zur Zeit wird an 
Multiplexmethoden für Mehrmodenfasern geforscht. Ich denke, dass diese 
dann in paar Jahren noch mehr erreichen werden. Daher ist meine 
Einschätzung, dass die Forschung in diesem Bereich durchaus ihre 
Relevanz hat.

@bork
Ja, das Verschieben der Jobsuche und das Verlassen der Uni ohne 
Promotion hört man leider öfters. So will ich natürlich nicht "enden". 
Dass die Promotion Engagement bei zukünftigen AG zeigt, ist natürlich 
ein Pluspunkt, der auch für fachfremde Firmen zutrifft. Wie stark wird 
so etwas deiner Meinung nach bei (fachfremden) Firmen berücksichtigt?

von auch Dr. (Gast)


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Student schrieb:
> Danke für die bisherigen antworten.
>
> @auch Dr.
> Danke für deinen kleinen Erfahrungsbericht. 12b@40h bei einer Stelle,
> die einem Spaß macht ohne Personalverantwortung ist sicherlich was
> feines :)
> Wie lange ist es her, dass du promoviert hast und wie war dein Werdegang
> danach?
>
Ich habe vor 7 Jahren die Promotion abgeschlossen und arbeite seitdem 
bei einem großen Konzern immer in der gleichen Abteilung. Mir gefällt 
halt was ich mache und ich habe nie den Drang gehabt wegen einer noch 
besseren Bezahlung das interessante Gebiet aufzugeben.

Personalverantwortung und politische Auseinandersetzungen liegen mir 
nicht.

Prinzipiell könnte ich als Fachexperte noch AT werden. Mal schauen was 
die Zukunft bringt...

von ChangChung (Gast)


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Um auf deine Ausgangsfrage einzugehen: Meine Erfahrung zeigt, dass man 
durchaus für viele Firmen plötzlich zu teuer ist. Am besten du schreibst 
deine Dissertation in Kooperation mit einer Firma, dann kennt man dich 
schonmal und du bekommst möglicherweise leichter einen Job. Nehme auch 
nur das Thema, wenn es dich zu 100 % interessiert.

Ich habe den Fehler gemacht und auf einem Themengebiet promoviert, was 
mich eigentlich gar nicht interessiert hat. Habe mich da vier Jahre 
durchgebissen und immer davon geträumt, dass danach alles besser wird. 
Aber so ist es leider nicht! In die Bereiche wo ich gerne gehen würde, 
komme ich nicht mehr unter. Viele Bewerbungen bisher geschrieben und 
eben nur Absagen kassiert. Trotz sehr guten Abschlüssen etc.

Ich bin aber schon der Meinung, dass sich das ganze finanziell auszahlen 
wird. Vielleicht nicht bei mir, aber im Allgemeinen! Du muss dir alleine 
mal die ERA-Tabellen von IGM Bayern ansehen. Da steigst du in der Regel 
mit ERA11 ein als Promovierter. Ein nicht-promomvierter Master wird 
mindestens 18 Monate brauchen, um diese Stufe zu erreichen. Hier sind 
wir aber wieder beim "zu teuer". Es kann vorkommen, dass man lieber 
einen jüngeren Master-Absolventen einstellt!

Wünsche dir viel Erfolg bei der richtigen Entscheidung!

von Falk B. (falk)


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@ ChangChung (Gast)


>Ich bin aber schon der Meinung, dass sich das ganze finanziell auszahlen
>wird.

Du hoffst.

> Vielleicht nicht bei mir, aber im Allgemeinen! Du muss dir alleine
>mal die ERA-Tabellen von IGM Bayern ansehen. Da steigst du in der Regel
>mit ERA11 ein als Promovierter. Ein nicht-promomvierter Master wird
>mindestens 18 Monate brauchen, um diese Stufe zu erreichen.

Der hat aber auch nicht vorher 4 Jahre ++ an der Uni verplempert. Soviel 
zum Thema Promotion und Logik . . .

>wir aber wieder beim "zu teuer". Es kann vorkommen, dass man lieber
>einen jüngeren Master-Absolventen einstellt!

Was nur logisch ist. Für 95% der Stellen ist eine Promotion schlicht 
überflüssig und nur akademischer Balast! Für 2-3% ist sie vielleicht 
nett, für 1-2% notwendig.

von ING (Gast)


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Falk B. schrieb:
> Was nur logisch ist. Für 95% der Stellen ist eine Promotion schlicht
> überflüssig und nur akademischer Balast! Für 2-3% ist sie vielleicht
> nett, für 1-2% notwendig.

Das sehe ich genauso.

Mit Dr. geht man am Besten zu den Firmen, die auf sowas Wert legen, wie 
die Firma Bosch! Da ist der Dr Pflicht, wenn man aufsteigen will, 
wenngleich keine Garantie, dass es klappt.

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