Forum: HF, Funk und Felder Abstand Antenne-EUT -- Radiated Emissions


von emc (Gast)


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Hallo,

ich habe eine Frage bezüglich der Störabstrahlungsmessung in einer 
Vollabsorberkammer. Wenn ich mir z.B. in der Norm das Bild anschaue wie 
der Abstand zwischen EUT und Antenne ist, wird immer auf den 
Antennenbezugspunkt verwiesen.
Ich habe gesehen, dass dazu oft die halbe Antennenlänge herangezogen 
wird.
Ich habe jetzt hier eine Doppelstegantenne. Im Datenblatt sind Angaben 
für den Abstand von Antennenmitte zum EUT und Antennenspitze zum EUT.

Wenn ich dem entsprechend die Korrekturwerte verwende, ist es doch kein 
Problem die Messstrecke von 3 m auf den Abstand zwischen Antennenspitze 
und EUT-Front zu beziehen oder?(Obwohl das laut diverser Prüfberichte 
eher unüblich erscheint)
Es ist aber wesentlich einfach dann den Abstand zu messen und ich denke 
dann passieren kleinere Fehler beim aufstellen der Antenne.

Was meint ihr dazu? Kann man bei gestrahlten Emissionsmessungen in einer 
FAC/FAR den Abstand so verwenden?

grüße emc

von Wolfgang H. (Firma: AknF) (wolfgang_horn)


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Hi, emc,

> ich habe eine Frage bezüglich der Störabstrahlungsmessung in einer
> Vollabsorberkammer.
> Was meint ihr dazu? Kann man bei gestrahlten Emissionsmessungen in einer
> FAC/FAR den Abstand so verwenden?

Hat ein technisch unterbelichteter Kaufmann Deine Argumente ignoriert 
und Dich überreden wollen, die Kosten zu senken durch Einholung von 
billigem Rat?


Dann hilft vielleicht dieser Protest:

a) Entweder verlangt der Kunde qualitative Produkte und 
Dienstleistungen. Dafür lohnt sich der Aufwand, den Du beschreibst, 
wobei die Grauzone Deiner Messungen immer dem Kunden gehört. Egal, wie 
teuer sie durch Billigrat wird.
Spätestens der Amtsrichter will die Meßprotokolle einsehen, die Messung 
nachvollziehen und wird einen Profi als Gutachter beiziehen.

b) Falls Du keine professionellen Ergebnisse brauchst, könntest Du mit 
dem Billig-Rat auskommen, den ich und andere hier Dir wohl geben 
könnten. Aber dann bräuchtest Du auch keine teure Ausrüstung.

Profis verderben sich nicht die Preise, indem sie ihren teuren Rat hier 
kostenlos geben. Der eine oder andere hier mag Profi sein, wird das aber 
für sich behalten.

Ergänzung zu a): EMV und die Normen dazu sind kein "gesunder 
Menschenverstand", sondern ergaben sich aus lauter Rechtsstreitigkeiten 
zur Vermeidung weiterer. Die EMV-Normen - und der Abstand zwischen EUT 
und Antenne gehört dazu - sind nur teilweise Physik, der Rest ist 
Juristerei. Deshalb wird billiger Rat teuer.

Deshalb gebe ich Dir keinen sondern hoffe auf ein Vorgehen, das den 
Risiken angemessen ist.

Ciao
Wolfgang Horn

von Tobi D. (Firma: patjf) (tobido)


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Hallo,

der Abstand zwischen Antenne und EUT wird vom Phasenzentrum der Antenne 
gemessen.
Bei einer Hornantenne wäre das die Apperturöffung.
Bei Hybridantennen wie Bi-Logs, gibt der Hersteller das Phasenzentrum 
an.
Die Korrekturwerte sind dann hierauf bezogen. Wenn ein anderer 
Messabstand gewünscht wird, z.B. 1m muss der Korrekturfaktor von einem 
Kalibrierlabor entsprechend bestimmt werden.

Gruß

Tobi

von emc (Gast)


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Hallo,

erst mal zu Wolfgangs relativ langen Text. Danke, daber das wollte ich 
nicht hören :-)!

@Tobi
es geht um folgende Antenne:http://schwarzbeck.de/Datenblatt/9149NR.pdf
Demnach kann ich doch die Antennenspitze als Bezugspunkt zur 
Abstandsbestimmung verwenden oder?

grüße und gn8 emc

von Marc O. (Firma: REICHL EMVandromed) (guglielmo)


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Die eine Methode wird eher bei der Immunitätsprüfung, die andere bei der 
Emissionsmessung verwendet. Aber: beide Methoden sind auch bei der 
Emissionsmessung möglich, der Hersteller gibt dazu die entsprechenden 
k-Faktoren an. Die Unterschiede liegen im wenige Zehntel-dB- Bereich ( 
auf der 3-m-Strecke), auf der 10-m-Strecke unterhalb der 
Wiederholgenauigkeit von Messungen.
Bei den Messungen zur Überprüfung der normierten Streckendämpfung wird 
ohnehin "alles" berücksichtigt.
Und - womöglich entgegen manchen Meinungen - gibt es hier auch 
kostenfreien professionellen Rat; dazu ist ein Forum da.

von HF-Werkler (Gast)


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Marc O. schrieb:
> Und - womöglich entgegen manchen Meinungen - gibt es hier auch
> kostenfreien professionellen Rat; dazu ist ein Forum da.
Zum Glück ist das wirklich so.

Wer allerdings hofft, hier alle Probleme in seinem Projekt gelöst zu 
bekommen, der ist etwas blauäugig.

Für interne Pre-Compliance kann man (mit Nutzung eines 
Sicherheitszuschlags) auch mit der "anderen" Messmethode arbeiten. Das 
Phasenzentrum einer Antenne wandert häufig über die Frequenz, 
insbesondere bei LPDAs.

von Tobi D. (Firma: patjf) (tobido)


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Ja, der Bezugspunkt ist hier die Antennespitze. Der Antennenfaktor ist 
der mit k Bezeichnete Wert.

von emc (Gast)


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So ich habe jetzt die Spitze verwendet mit den entsprechenden k Werten. 
Danke nochmal für die bisherigen Antworten.

Andere Frage....Es gibt ja Antennen mit einer recht breiten 
Richtcharakterisitk wie Bikonischlogarhitmische Antennen...dann gibt es 
welche wie die von mir oben genannte Doppelstegantenne, welche eine viel 
engere Richtcharakteristik aufweist.

Nun ist es ja so, dass man bei der Störabstrahlugnsmesusng nicht die 
Reflexionen messen will, sondern die direkte Emission des Prüflings.

Ist es dann nicht besser eine Antenne mit kleinem Empfangswinkel bzw. 
stark gerichteter Charakteristik zu verwenden. Die ist doch dann viel 
unempfinglicher gegenüber Reflexionen oder? Natürlich muss die Antenne 
dann auch entsprechend ausgerichtet sein, damit der Prüfling von der 
Dimensionierung auch ganz abgehört werden kann.

Wie seht ihr das?

grüße emc

von HF-Werkler (Gast)


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Das ist eher eine Frage, wie der Prüfling, der Aufbau und die 
Messumgebung (Halle) mechanisch aussieht. Die Kabel können (insbesondere 
im unteren Frequenzbereich) einiges zur Emission/Immunität beitragen. 
Diese sollten in der Nähe des Prüflings innerhalb des Öffnungswinkels 
liegen.

Allerdings ist das immer eine Frage der Wellenlänge. Deine Antenne ist 
ja erst ab 600MHz nutzbar, oder? Da ist das Lambda nur noch ca. 60cm.

Btw: Neuere Messmethoden betrachten bei verschiedenen Höhen einen Tilt 
der Messantenne als sinnvoll, damit die Antenne die Emissionen auch 
wirklich in der Hauptrichtung aufnimmt und nicht nur die Absorberwand 
"ansieht".

Ein paar Fragen:
Zu welchem Zweck werden die Messungen gemacht? (Pre-Compliance, 
Compliance)?
Wie gross ist denn die Kammer?
Was für Absorber sind vorhanden (Frequenzbereich)?
Was für Messantennen ausser der obengenannten werden genutzt?

Für Zulassungsmessungen/Compliance hält man sich besser immer an die 
Normvorgaben. Alles andere wäre ein nicht abschätzbares rechtliches 
Risiko.

Gruss

von emc (Gast)


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Deine Antenne ist ja erst ab 600MHz nutzbar, oder? Korrekt.

Zu welchem Zweck werden die Messungen gemacht? (Pre-Compliance,
Compliance)?
Ja precompliance Störabstrahlung und fullcompliance Störfestigkeit. Bei 
Precompliance will man natürlich das beste rausholen.

Wie gross ist denn die Kammer? 2,8m*7m*2,75m[Breite/Länge/Höhe] 
(Vollabsorberkammer), Messstrecke 3m.

Was für Absorber sind vorhanden (Frequenzbereich)?
Ferritkacheln an der Wand für den unteren Bereich und Pyramidenabsorber, 
aber welcher Typ das ist kann ich so nicht sagen.

Als Messantenne wird für den Frequenbereich von 30 MHz bis 1 GHz eine 
Biconlog(Hybridantenne verwendet). 
http://www.ets-lindgren.com/manuals/3142D-399229-I.pdf Der 
Antennenfaktor dieser Antenne hebt den Noisefloor stärker an als die 
Doppelstegantenne. Da hat man das Problem, dass der Nosiefloor mit der 
Biconlog schnell mal auf dem Niveau des Störemissionsgrenzwertes liegt. 
Deswegen finde ich es sinnvoller die Doppelstegantenne oberhalb von 1 
GHz zu nutzen.

Ja da es Precompliance ist, haben wir immer das ziel so weit wie möglich 
vom Grenzwert entfernt zu sein mit den Emissionsspektrum.

grüße emc

von HF-Werkler (Gast)


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Also von der Compliance-Messung rate ich erstmal dringend ab. Das hört 
sich nicht so wirklich richtig an, wie ich es von den EMV-Laboren kenne.

Das Problem ist die Grösse, gerade weil die Wände knapp näher sind, als 
der Messabstand. Unter 200MHz wird das Ergebnis vermutlich verfälscht 
und ist ohne Kalibration der Kammer/Antenne im Aufbau eher nicht nutzbar 
(zumindest für Compliance).

Zu hoher Rauschteppich bei 3m? Ist dein Messgerät so schlecht? Was nutzt 
du?

Erfüllt denn die Kammer + innerer Aufbau (Drehtisch, Antennen, 
Hilfsleitungen) die Mehrpunktkalibration/Messung für solche Messungen? 
Das wird afaik in den Normen gut vorgegeben.

Mein Rat:
Für Pre-Compliance kann mit entsprechendem Wissen/Erfahrung was basteln 
und liegt dann recht gut, um Loops im externen Labor zu vermeiden.

Für "echte" und belastbare Zulassungsmessungen sind die externen Labore 
da, die regelmässig zertifiziert werden (müssen). Ein hausinternes Labor 
auf den Stand eines EMV-Dienstleisters zu bringen, ist oft zuviel 
Aufwand (Material, Kosten, Zeit, Personal).

Zu den Kosten: Die liegen durchaus in den sechsstelligen Bereich für 
eine schlüsselfertige Lösung. Falls doch gewünscht, helfen hier auch 
Dienstleister weiter, wenn man nicht die erforderlichen 
Spezialkenntnisse hat.

von emc (Gast)


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Zu hoher Rauschteppich bei 3m? Ist dein Messgerät so schlecht? Was nutzt
du?
ESCI-7 fullcompliant ist das Gerät. Aber eine RBW von 1 MHz zieht den 
Floor nun mal hoch. Wenn man die Fachgrundnorm für Wohnbereich heranieht 
mit dem Schärfsten Grad, ist das nicht so einfach. Da braucht man schon 
preams oder ähnliches schätze ich. Wenn ich die rbw runtersetze, komme 
ich noch drunter. Aber dann verpasse ich ja breitbandige Störer.

Erfüllt denn die Kammer + innerer Aufbau (Drehtisch, Antennen,
Hilfsleitungen) die Mehrpunktkalibration/Messung für solche Messungen?
Das wird afaik in den Normen gut vorgegeben.
Die Kammer wurde zu beginn einer nsa Messung unterzogen, welche fehl 
schlug. Bei der Störfestigkeit kann man für kleinere Prüflinge ein 
homogenes Feld kalibrieren.

von Marc O. (Firma: REICHL EMVandromed) (guglielmo)


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emc schrieb:
> Aber eine RBW von 1 MHz zieht den
> Floor nun mal hoch.

Das ist korrekt. Die ZF- Bandbreite von 1 MHz wird aber doch erst 
oberhalb 1 GHz gewählt. Dort sind die Grenzwerte auch höher. Zwischen 30 
und 1000 MHz nehmen wir 120 kHz.  Dann ist das Grundrauschen erheblich 
niedriger. Betrieb der Eingangsselektion reduziert erneut um einige dB.
Was ist bei der Streckendämpfungsmessung schiefgelaufen? Auf welche Art 
wurde die durchgeführt, und in welchem Frequenzbereich liegt das 
Problem? Bei einer Kabinenhöhe von < 3 m kann natürlich die maximal 
geforderte Antennenhöhe von 4 m nicht erreicht werden, zumal bei 
mechanisch ausladenden Gebilden bei vertikaler Polarisation.

von emc (Gast)


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Dort sind die Grenzwerte auch höher.

Ja das stimmt, jedoch steigt das Rauschen nun mal rapide an, auf Grund 
von RBW, Antennenfaktor und Kabeldamäpfung.


Zwischen 30
und 1000 MHz nehmen wir 120 kHz.

Ja klar verwenden wir auch unterhalb von 1GHz. Unterhalb von 1 GHz ist 
das auch noch kein Probelm. Erst oberhalb von 1GHz wird es 
problematisch, vorallem, wenn es Richtung 6 GHz geht(dort ist nun mal 1 
MHz rbw gefordert).

Was ist bei der Streckendämpfungsmessung schiefgelaufen?

Das weiß ich nicht, da dies vor meiner Zeit hier passiert ist. Ein 
Kabinenhersteller gibt in der Regel auch nie eine Garantie, dass die NSA 
erfolgreich ist, da es auch sehr auf Fertigungstoleranzen ankommt. Wir 
wollen gar nicht fullcompliant sein, aber man will in der Lage sein 
abschätzen zu können, wann man zur Sicherheit nochmal ins externe Labor 
geht und wann nicht.


Bei einer Kabinenhöhe von < 3 m kann natürlich die maximal
geforderte Antennenhöhe von 4 m nicht erreicht werden, zumal bei
mechanisch ausladenden Gebilden bei vertikaler Polarisatio

Bei einer FAC wird auch kein Höhenscan durchgeführt, da dort die 
Groundplane quasi abgedeckt ist. Das macht man eher auf einem OATS oder 
SAC. Es gibt da spezielle Validierverfahren wie in der DIN EN 
61000-4-22.

Grüße emc

von Marc O. (Firma: REICHL EMVandromed) (guglielmo)


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emc schrieb:
> FAC

Hatte ich vorsorglich überlesen... Die werden doch aber hauptsächlich 
für Funkgeräte i.w.S. verwendet?

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