Forum: Offtopic Messinstrumente verkalken bei höherem Wasserdruck schneller?


von Sarah E. (meneymaus)


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Hallo zusammen,

ich untersuche derzeit den Wärmeübergang von einem Kupferrohr zum 
durchströmenden Wasser. Das Kupferrohr erwärme ich induktiv. Wenn ich 
viel Leistung drauf gebe (20 kW), sinkt der Wärmeübergang, da das Wasser 
dann so stark erhitzt wurde, dass sich Kalk am Kupferrohr gebildet hat 
und isolierend wirkt. Daher muss ich in dem Fall das Rohr mühevoll 
auseinanderbauen und wieder mit Zitronensäure reinigen.


Nun habe ich festgestellt, dass die Verkalkung früher stattfindet, wenn 
der Druck des durchströmenden Wassers größer ist (5 vs. 1 Bar). Die 
Wassermenge, die durchfließt ist allerdings die gleiche.


Gibt es da eine Erklärung dafür oder habe ich ggf. Messfehler in meinem 
System?


LG Sarah

von Andreas B. (bitverdreher)


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Hi,
Das wird daran liegen, daß sich bei Normaldruck und bei dieser hohen 
Heizleistung Dampfblasen an der Grenzfläche Cu-Wasser bilden. Dadurch 
kann sich der Kalk nicht am Cu-Rohr anlagern, sondern wird 
weitertransportiert.
Bei hohen Druck hast Du keine oder weniger Dampfblasen.(je nach Druck 
und Temperatur)
Der  Wärmeübergang wird bei dieser Dampfblasenbildung im übrigen 
erheblich verringert.

Gruß
Andreas

: Bearbeitet durch User
von Sarah E. (meneymaus)


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Hallo Andreas,

interessanter Ansatz! Könnte durchaus stimmen.

Ich hatte zunächst gedacht, dass es sich andersherum verhalten würde:

Mehr Druck --> weniger Dampfblasen --> Verkalkung findet nicht statt, 
weil kein Wasser verdampft. Ich habe Rohrinnentermperaturen von ca. 150 
°C, dass dort Dampfblasen entstehen ist sicher.

Wenn dem so wäre, dass die Dampfblasen der Verkalkung entgegenwirken, 
würde dass nicht bedeuten, dass in einem Dampfkochtopf viel Kalk 
entsteht, weil Wasser dort über 100 °C ist und das Kalk nicht 
abtransportiert wird?

Gibt es eine Art Löslichkeitsgrenze von Wasser und Kalk?


LG Sarah

von Andreas B. (bitverdreher)


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Hi,
daß  sich Kalk bildet hat weniger mit der Verdampfung zu tun, sondern 
daß sich das im Wasser vorhandene Ca(HCO3)2 ab ca. 60°C zu CaCO3 
zersetzt. Und dieses ist wasserunlöslich und gemeinhin als Kalk bekannt.
Der Unterschied zum Dampfkochtopf ist, daß Du hier fließendes Wasser 
hast.
Kalk entsteht in jedem Fall. Nur in der Leitung kann er abtransportiert 
werden.

Gruß
Andreas

: Bearbeitet durch User
von Sarah E. (meneymaus)


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Hallo Andreas,

wenn Kalk sich bei 60 °C vom Wasser löst, müsste dann nicht die 
Blasenbildung keinen Effekt haben, da diese vllt erst. so bei 80 °C 
auftritt bzw. bei heißeren Temperaturen? Somit wäre das Kalk ja schon 
gelöst bevor sich Wasserblasen bilden.

LG Sarah

von Andreas B. (bitverdreher)


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Nein, Ca(HCO3)2 ist wasserlöslich, nicht CaCO3.
Ca(HCO3)2 bildet bei ca. 60°C CaCO3 unter Abspaltung von CO2. Dieses 
CaCO3 fällt dann aus und ist gemeinhin als Kalk bekannt.

Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Calciumhydrogencarbonat

Gruß
Andreas

von Peter R. (pnu)


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Andreas B. schrieb:
> Ca(HCO3)2 bildet bei ca. 60°C CaCO3 unter Abspaltung von CO2.

Diese Temperatur (60Grad) dürfte nur für Normaldruck gelten und 
druckabhängig sein:

 Wegen des höheren Drucks bleibt der Reaktionspartner CO2 im gelösten 
Zustand als H2CO3 (Kohlensäure) im Wasser, entweicht also bei hohem 
Druck nicht in Gasform aus der Mischung der reagierenden Partner.
 Dabei verschiebt sich das Reaktionsgleichgewicht in Richtung höherer 
Zerfallstemperatur.

Bei Verkalkung des Rohres findet bei hohem Druck ein gegenläufiger 
Prozess statt: Der Siedevorgang an der Grenzfläche Kupfer-Wasser sprengt 
den sich absetzenden Kalk ab, sodass er abtransportiert wird. Bei hohem 
Druck verschiebt sich der Siedepunkt, die Absprengung der Kalkkristalle 
verringert sich oder unterbleibt.

: Bearbeitet durch User
von Uwe S. (regionalligator)


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Peter R. schrieb:
> Bei Verkalkung des Rohres findet bei hohem Druck ein gegenläufiger
> Prozess statt: Der Siedevorgang an der Grenzfläche Kupfer-Wasser sprengt
> den sich absetzenden Kalk ab, sodass er abtransportiert wird. Bei hohem
> Druck verschiebt sich der Siedepunkt, die Absprengung der Kalkkristalle
> verringert sich oder unterbleibt.

Schon nicht schlecht, aber hier mal meine Theorie:

Bei 150° Rohrtemperatur und nur 1bar bildet sich sofort ein 
Dampfpolster, das Wasser berührt die Wandung gar nicht mehr, daher 
entsteht dort auch kein Kalk. Das kann man sogar ziemlich sicher so 
annehmen.

Bei exakt 150° und exakt 5 bar siedet das Wasser hingegen gerade so noch 
gar nicht (Fakt), und ich denke, die Kalkablagerungen aufgrund der o.g. 
chemischen Reaktion wären ggf. minimal/gar nicht vorhanden. Sonst hätte 
man ähnlichen Wartungsaufwand auch bei jeder Heißwasserleitung mit ja 
minimal 68° darin.
Evtl. ist die Rohrtemperatur aber doch gerade eben so über dem 
Siededruck, und das Wasser siedet daher ähnlich wie in einem offenen 
Kochtopf. Mit entsprechender Verkalkung.

von Andreas B. (bitverdreher)


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Hi,
Peter:
bei Teil 1 stimme ich dir zu. Ich bin auch erst einmal von Normaldruck 
ausgegangen. Beim höheren Druck kommt dieser Effekt noch hinzu.
Aber das Absprengen von Kalk beim Sieden kannst Du vergessen. Sonst 
wären Siedeboiler weitgehend kalkfrei.

Uwe:
Teil 1 meinte ich exakt so.
Allerdings hat man bei jeder Heißwasserleitung das Verkalkungsproblem. 
Das tritt aber normalerweise nur auf den ersten Meter auf, da sich der 
meiste Kalk schon im Boiler bildet.

Gruß
Andreas

: Bearbeitet durch User
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