Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Wann ensteht Verlustleistung im Schrittmotortreiber


von Stepper (Gast)


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Mein 3D-Drucker verliert bei zu hoch eingestellten Beschleunigungen 
Schritte. Aber nicht gleich am Anfang, auch nicht beim Einstellen um die 
Settings zu finden sondern erst nach einer gewissen Zeit beim Drucken 
bestimmter Teile. Mit niedrigeren Werten funktioniert es dann.

Jemand hat die Vermutung geäußert, dass der Schrittmotortreiber während 
des Betriebs nach einer bestimmten Zeit eventuell überhitzt. Zunächst 
hielt ich das intuitiv für quatsch, konnte dann aber auch nich weiter 
begründen warum, daher die Frage:

Wann und wodurch entsteht Verlustleistung im Schrittmotortreiber?
In einem modernen Schrittmotortreiber befindet sich eine H-Brücke mit 
Stromregelung, welche die Induktivität des Motors ausnutzt und 
integrierte Freilaufdioden. Der Motorstrom wird während des Betriebs des 
Motors immer konstant gehalten um das Moment permanent konstant zu 
halten. Wenn ich eine Masse mit dem Motor beschleunige arbeitet er im 
motorischen-, wenn ich sie abbremse im generatorischen Betrieb. Bei 
ersterem wird der Masse Energie zugeführt, bei letzterem wird sie ihr 
entzogen.

Ich stehe grade etwas auf dem Schlauch, wie sich das nun elektrisch 
verhält und in welchem Fall wo im Schrittmotortreiber und warum nun eine 
Verlustleistung entsteht. Oder ob die Verlustleistung wegen des 
konstanten Stromes gar stets konstant ist und die Beschleunigungs- und 
Abbremsvorgänge gar keinen Einfluss darauf haben.

Bitte um Aufklärung, danke!

von Michael B. (laberkopp)


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Stepper schrieb:
> Wann und wodurch entsteht Verlustleistung im Schrittmotortreiber?

Immer, auch im Stillstand, sie regeln den Strom, und immer derselbe, ein 
heisserer Chip hat sogar geringere Durchlausspannungen verbrät also 
tendenziell weniger Leistung.

Du wirst das Problem woanders suchen müssen.

von Wolfgang (Gast)


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Stepper schrieb:
> Jemand hat die Vermutung geäußert, dass der Schrittmotortreiber während
> des Betriebs nach einer bestimmten Zeit eventuell überhitzt.

Ob er überhitzt, läßt sich nur durch einen Vergleich mit der für die 
Spulen zulässigen Maximaltemperatur beurteilen.

Auf jeden Fall werden die Spulenwicklungen im Betrieb erwärmt. Dadurch 
steigt der Widerstand und der Strom nimmt bei hoher 
Schrittgeschwindigkeit, i.e. wenn der Treiber es nicht mehr schafft, den 
eingestellten Sollstrom zu halten, noch weiter ab. Durch diesen Effekt 
sinkt bei einem bestimmten erforderlichen Drehmoment, die maximal 
nutzbare Schrittfrequenz/Drehzahl ab.

von Sascha (Gast)


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Sollten Treiber ICs nicht auch eine Temperaturabschaltung haben? Hab 
letztens mit 2 TEA...irgendwas mal eine Treiberschaltung aufgebaut und 
da passiert genau das, ab einer gewissen IC-Temperatur wird der Strom 
runtergefahren.

Also die durch Übertemperatur kaputtzubekommen sollte dann ja eigentlich 
unmöglich sein.

von Uwe B. (uwe_beis)


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Schrittmotoren können nicht beliebig stark beschleunigen, weil 
Beschleunigung Drehmoment verlangt und Drehmoment nicht beliebig zur 
Verfügung steht. Wenn man die Beschleunigung zu hoch einstellt, 
verlieren sie Schritte. Nun schreibst du:
> verliert bei zu hoch eingestellten Beschleunigungen Schritte ...
> Mit niedrigeren Werten funktioniert es dann.

Ich stehe etwas ratlos vor dem Vergleich der simplen Tatsache mit deiner 
Erfahrung. "Zu hoch eingestellt" ist zu hoch eingestellt! Hast du 
etwas anderes gemeint als geschrieben?

von Michael B. (laberkopp)


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Uwe B. schrieb:
> Hast du etwas anderes gemeint als geschrieben?

Er hat klar geschrieben, daß er sich wundert, warum das System wenn es 
noch kalt ist funktioniert und wenn es wärmer wird an Drehmoment 
verliert.

von Uwe B. (uwe_beis)


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Ich verstehe unter "zu Anfang" nicht unbedingt "in kaltem Zustand". Dass 
zu Anfang, also "beim Einstellen, um die Settings zu finden" die 
Beschleunigung kleiner ist, ist es logisch. Ich (kein 
3D-Drucker-Betreiber) gehe davon aus, dass dann der Motor langsamer 
läuft bzw. geringer beschleunigt als während des Drucks. Während des 
Drucks können bzw. werden die Betriebsparameter (Geschwindigkeit, 
Beschleunigung, Lastverhältnisse) andere sein, als "zu Anfang". 
Nebenbei, von "Drehmoment" schreibt er nichts, nur von "Schritte 
verlieren".

Ok, nehmen wir mal an, es wäre nicht so, und es hinge tatsächlich von 
der Betriebstemperatur des Systems ab, dann müsste das Einstellen, um 
die Settings zu finden, in heißem Zustand auch schon zu Fehlern führen. 
Ist so etwas zu beobachten?

Mich stört nach wie vor, dass er sinngemäß schreibt, dass die 
Einstellung zu hoch ist, wenn er sie zu hoch einstellt...

Nebenbei: Ob der Treiber auffallend heiß wird, verrät eine sanfte 
Berührung desselben mit dem Finger. Richtig kritisch wird's, wenn man's 
nicht nur fühlt, sondern anschließend auch riecht...

von Stepper (Gast)


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Danke für die Antworten!

Michael B. schrieb:
> Immer, auch im Stillstand, sie regeln den Strom, und immer derselbe, ein
> heisserer Chip hat sogar geringere Durchlausspannungen verbrät also
> tendenziell weniger Leistung.

Wo geht die Brems-Energie dann hin? Also die Bewegungsenergie des 
Motors. Die müsste ja dann wieder ins Netzteil zurückfließen. Ist der 
Umwandlungsprozess von Bewegungs- in elektrische-Energie nicht 
verlustbehaftet?


Noch mal als Hinweis: Während ich verschiedene Beschleunigungs-Settings 
durchteste und per Verfahrbefehl teste schafft der Drucker 2200mm/s². 
Beim Drucken geht das dann eine Weile gut doch bei einem bestimmten 
Layer macht der Drucker dann einen Versatz von mehreren Millimetern in 
den Druck rein. Interessanterweise ist das reproduziertbar. Das Problem 
verschwindet, sobald ich die Beschleunigungs-Settings reduziere.

Jedoch frage ich mich, warum während des Drucks andere Bedingungen 
herrschen sollen als während der Einstellphase.

Heißlaufende Schrittmotoren sind eigentlich auch kaum eine Option, denn 
die laufen auch während des Einstellens heiß, da sie ja permanent 
bestromt werden.

Die einzig plausible Idee wären noch Fehler in der Firmware des 
G-Code-Interpreters (der ATmega der die Schrittmotortreiber ansteuert) 
oder eine Überhitzung der Schrittmotortreiber, welche dann zu kurzen 
Aussetzern führt. Aber wenn die Verlustleistung innerhalb des Treibers 
tatsächlich unabhängig von etwaigen Beschleunigungs- und Bremsvorgängen 
ist, kann das auch nicht sein.

Aber bleiben wir mal bei den Treibern. Was passiert beim Bremsen 
elektrisch gesehen genau? Wo geht die Bremsenergie hin?

Der Schrittmotor erzeugt bei Drehung ja eine Induktionsspannung, die die 
entgegengesetzte Richtung wie die durch die Schrittmotortreiber 
bereitgestellte Spannung hat (welcher ja diese dann erhöhen muss, um den 
Strom konstant zu halten). Ob der Motor nun eine beschleunigendes oder 
abbremsendes Moment erfährt hängt nun nur noch vom Phasenversatz des 
Rotos und der Schrittimpulse, die der Treiber liefert, ab. Hier komm ich 
nicht weiter. Wie kommt der Energietransfer genau zu stande, der die 
Welle beschleunigen/abbremsen lässt? Arbeitet der Schrittmotor beim 
Bremsen überhaupt generatorisch?

von Stepper (Gast)


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Uwe B. schrieb:
> Mich stört nach wie vor, dass er sinngemäß schreibt, dass die
> Einstellung zu hoch ist, wenn er sie zu hoch einstellt...

Hallo :-)
"Am Anfang" = Zu beginn eines Drucks. Wobei ich hier nur ein bestimmtes 
Objekt exemplarisch als Beispiel aufführen kann, da ich es nur mit 
diesem getestet habe.

Noch mal:
Einstellphase: Verschiedene Settings werden ausgetestet und per G0 X80 
F99999 wird dann eine Bahn in X-Richtung gefahren um zu testen, ob der 
Drucker sie problemlos ausführen kann. Das funktioniert dann bis 
2200mm/s² Beschleunigung.

Später beim Druck: Layerversatz nach z.B. dem 30. Layer. Auch bei 
wiederholten Test-Drucken des gleichen Objekts taucht der Versatz immer 
beim gleichen Layer auf. Mit verminderten Beschleunigungs-Settings um 
die 1500mm/s² funktioniert es dann.

Warum funktioniert es beim Drucken nicht mit den "zu hohen" Settings 
aber beim manuellen Testen?


> Nebenbei: Ob der Treiber auffallend heiß wird, verrät eine sanfte
> Berührung desselben mit dem Finger. Richtig kritisch wird's, wenn man's
> nicht nur fühlt, sondern anschließend auch riecht...

So richtig heiß sind die noch nie geworden, eignetlich kaum Lauwarm, 
wenn man den Kühlkörper mal anfasst. Was mich noch mehr verwundert.

von ... (Gast)


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Überprüfe deine Mechanik und die Materialzufuhr. Vielleicht verspannt 
sich dein Drucker bei Z-Vorschub.

Wenn die Treiber und Motoren noch in einem sicheren Temperaturbereich 
sind, könntest du die Betriebsspannung erhöhen bzw. den Treiberstrom 
anpassen. Wie schon geschrieben wurde, könnte es an der 
Wicklungstemperatur liegen. Aber, wenn du schon an der Grenze bist, 
killst du deine Motoren...

von W.A. (Gast)


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Stepper schrieb:
> Warum funktioniert es beim Drucken nicht mit den "zu hohen" Settings
> aber beim manuellen Testen?

Ist während des Testen die Heizung ebenfalls aktiv?
Falls nein, guck mal, ob die Versorgungsspannung stabil ist oder ob sie 
bei zusätzlich dran hängender Heizung zusammensackt.

von Uwe B. (uwe_beis)


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Stepper schrieb:
> So richtig heiß sind die noch nie geworden, eignetlich kaum Lauwarm,
> wenn man den Kühlkörper mal anfasst. Was mich noch mehr verwundert.
Damit dürfte zumindest der ursprüngliche Verdacht definitiv vom Tisch 
sein. Aber, was mir jetzt viel näher liegend vorkommt:

Stepper schrieb:
> Auch bei wiederholten Test-Drucken des gleichen Objekts taucht
> der Versatz immer beim gleichen Layer auf.
... schrieb:
> Überprüfe deine Mechanik und die Materialzufuhr. Vielleicht verspannt
> sich dein Drucker bei Z-Vorschub.
Das drängt sich doch geradezu auf! Vielleicht ist es keine Verspannung, 
sondern ein kleiner Schaden im Gewinde?

Nebenbei: Die mögliche Beschleunigung ist sowohl von der Geschwindigkeit 
als auch von der Last abhängig. Ein momentan etwas schwergängiger 
Vorschub bei gleichzeitig hoher Geschwindigkeit?

von Stepper (Gast)


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Oh meine Güte der Thread ufert vollkommen aus. Eigentlich wollte ich 
über den Energiefluss des Systems diskutieren. Eure Lösungsvorschläge 
bezüglich des 3D-Druckers sind nett gemeint aber sollen hier zunächst 
nicht das Thema sein, dazu habe ich schon einen Thread im 
3D-Drucker-Forum. Ich will mich hier vor allem auf die elektrischen 
Aspekte konzentrieren und mir eine Argumentationsbasis schaffen.

<offtopic>

Um eure Vorschläge dennoch ernst zu nehmen:

... schrieb:
> Überprüfe deine Mechanik und die Materialzufuhr. Vielleicht verspannt
> sich dein Drucker bei Z-Vorschub.

Nein, da ist alles in Ordnung. Die anfänglichen Tests laufen in 
ähnlicher Z-Höhe. bewegt man die Schlitten manuell läuft alles wie 
Butter, egal bei welcher Z-Höhe.

... schrieb:
> Wenn die Treiber und Motoren noch in einem sicheren Temperaturbereich
> sind, könntest du die Betriebsspannung erhöhen bzw. den Treiberstrom
> anpassen.

Das wäre nur ein unbefriedigender Workaround. Lieber würde ich die 
Ursache finden, warum im Testlauf alles ok geht aber beim praktischen 
Druck später an immer der gleichen Stelle Schrittverluste auftreten.

... schrieb:
> Wie schon geschrieben wurde, könnte es an der
> Wicklungstemperatur liegen. Aber, wenn du schon an der Grenze bist,
> killst du deine Motoren...

Die wird wahrscheinlich auch schon während des Tests erreicht sein. Gut, 
möglicherweise nicht. Das muss ich morgen noch mal ausprobieren. 
Ansonsten wirft das aber nur weitere Fragen auf, z.B. dauert es bis zum 
30. Layer recht lange. Die Motoren laufen schon erheblich vorher heiß. 
Trotzdem gibt es bis zu der einen signifikanten Stelle keine Probleme. 
Warum nicht? Eventuell sind die Verfahrwege, die der Slicer da 
berechnet, zu kurz? Das alles unter der Prämisse, dass der Drucker, wenn 
man den Druck just abbrechen und sofort den anfänglichen Test 
wiederholen würde, im nun heißgelaufenen Zustand diesen auch nicht 
bestehen würde. Aber das teste ich morgen wie gesagt mal.

W.A. schrieb:
> Ist während des Testen die Heizung ebenfalls aktiv?
> Falls nein, guck mal, ob die Versorgungsspannung stabil ist oder ob sie
> bei zusätzlich dran hängender Heizung zusammensackt.

Ja, die war auch während des Tests aktiv. Versorgungsspannung ist aber 
hinreichend stabil.

Uwe B. schrieb:
> Das drängt sich doch geradezu auf! Vielleicht ist es keine Verspannung,
> sondern ein kleiner Schaden im Gewinde?

Gewinde? Falls du die X-Achse meinst: Die hat wie bei allen 3D-Druckern 
einen Riemenantrieb. Nur die Z-Achse hat Gewinde, und die sind 
einwandfrei.

Uwe B. schrieb:
> Nebenbei: Die mögliche Beschleunigung ist sowohl von der Geschwindigkeit
> als auch von der Last abhängig. Ein momentan etwas schwergängiger
> Vorschub bei gleichzeitig hoher Geschwindigkeit?

Nope. Läuft alles wie Butter. Nichts hakelt ;-)

</offtopic>

Nun zurück zum eigentlichen Thema:

> Aber bleiben wir mal bei den Treibern. Was passiert beim Bremsen
> elektrisch gesehen genau? Wo geht die Bremsenergie hin?
>
> Der Schrittmotor erzeugt bei Drehung ja eine Induktionsspannung, die die
> entgegengesetzte Richtung wie die durch die Schrittmotortreiber
> bereitgestellte Spannung hat (welcher ja diese dann erhöhen muss, um den
> Strom konstant zu halten). Ob der Motor nun eine beschleunigendes oder
> abbremsendes Moment erfährt hängt nun nur noch vom Phasenversatz des
> Rotos und der Schrittimpulse, die der Treiber liefert, ab. Hier komm ich
> nicht weiter. Wie kommt der Energietransfer genau zu stande, der die
> Welle beschleunigen/abbremsen lässt? Arbeitet der Schrittmotor beim
> Bremsen überhaupt generatorisch?

von Codix (Gast)


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von Tany (Gast)


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Stepper schrieb:
> Einstellphase: Verschiedene Settings werden ausgetestet und per G0 X80
> F99999 wird dann eine Bahn in X-Richtung gefahren um zu testen, ob der
> Drucker sie problemlos ausführen kann. Das funktioniert dann bis
> 2200mm/s² Beschleunigung

Einzelne Achse zu beschleunigen mag der FW noch zu schaffen, wie sieht's 
aus bei 3 Achsen gleichzeitig, z.b G00 X80 Y80 Z80, zu beschleunigen?

von Thorsten O. (Firma: mechapro GmbH) (ostermann) Benutzerseite


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Kritisch wird das vor allem, wenn beim Interpolieren die einzelnen 
Achsen mit unterschiedlichen (geringeren) Geschwindigkeiten fahren als 
die einzelne Achse im Test. Da kann es häßliche Resonanzeffekte geben.

Den Hinweis mit dem möglichen Einfluss der Heizung auf die 
Versorgungsspannung würde ich auch noch mal prüfen.

Zu deiner Ursprungsfrage:
Im Treiber entstehen aus verschiedenen Gründen Verluste. Zunächst die 
rein statischen, also der Spannungsabfall über die FETs bzw. 
Transistoren. Dieser Anteil hängt direkt vom Motorstrom ab. Dann 
entstehen beim Choppern Verliste, also beim Ein- und Ausschalten der 
Wicklungen. Je nach dem, ob noch externe Dioden vorhanden sind oder die 
intrinsischen Dioden der FETs genutzt werden, fallen die Verluste 
komplett im Treiber oder eben auch extern an. Weitere Verluste entstehen 
dynamisch beim Umschalten der FETs bzw. Transistoren selbst. Die 
Schalter arbeiten kurzzeitig im linearen Bereich, die Gates müssen ge- 
bzw. entladen werden usw.

Das hat aber alles nichts mit deinem Problem zu tun. Wenn der Treiber 
wegen thermischer Überlastung abschalten würde, würdest du nicht nur ein 
paar Schritte verlieren, sondern die Achse würde mindestens für einige 
Sekunden komplett aussteigen.

Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Ostermann

von Uwe B. (uwe_beis)


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Stepper schrieb:
> Oh meine Güte der Thread ufert vollkommen aus. Eigentlich wollte ich
> über den Energiefluss des Systems diskutieren. Eure Lösungsvorschläge
> bezüglich des 3D-Druckers sind nett gemeint aber sollen hier zunächst
> nicht das Thema sein
Das kann ich gut verstehen.

<offtopic>
Das ist hier oft so. Es wird eine bestimmte Frage gestellt, und die 
Antwort besteht aus der Lösung einer Aufgabenstellung, die der 
Beantworter dahinter vermutet. Manchmal ist offensichtlich, dass der 
Fragesteller Hilfe für den nächsten Schritt auf seinem Holzweg sucht, 
dann ist es ja legitim, ihm abzuraten. Manchmal meinen aber die 
Antwortenden, die Aufgabenstellung und deren Randbedingungen besser als 
der Fragesteller zu kennen und müssen dann ihren Senf dazu geben. Das 
klingt dann ungefähr so: "Lieber Fragesteller, du hast ja gar keine 
Ahnung von deiner Aufgabe, die ist eigentlich ganz anders und dafür 
kenne ich auch eine Lösung."

Ich unterscheide gerne zwischen a) der direkten Antwort auf die Frage 
-die kann ja interssant sein, auch wenn sie im Zusammenhang der 
Aufgabenstellung irrelevant ist und b) einem Lösungsweg für die dahinter 
stehende Frage. Dazu muss die erst einmal klar sein, und das ist selten 
der Fall.

Ganz schlimm: Frage: Ich möchte auch mal was Elektronisches basteln. Ich 
würde gerne eine Blinkschaltung für meine Eisenbahn nach xxxx nachbauen. 
Kann ich dafür auch die Transistoren yyyy verwenden, die ich zufällig 
habe? Antwort: Was soll der Unsinn, du hast ja keine Ahnung, kauf' dir 
lieber so eine Blinkschaltung billig fertig bei Ebay.

Also, auch ich habe deine eigentliche Frage gar nicht richtig 
wahrgenommen - Asche auf mein Haupt.
</offtopic>

Was das generatorische Verhalten von Schrittmotoren angeht: Ich bin kein 
ultimativer Spezialist, aber ein paar einfache Zusammenhänge gelten auch 
hier. In diesem Fall: Wäre der Schrittmotor ein ideales Bauteil, und 
würde die Ansteuerung ebenfalls verlustlos arbeiten, könnte die 
Bremsenergie gar nicht anders, als in die Versorgung zurück fließen. Ich 
weiß nicht, ob dir dieses prinzipielle Verhalten als Antwort ausreicht, 
denn es ist ja in der Praxis die Frage, ob die entstehenden Verluste 
(Konstantstrom durch den ohmschen Wicklungswiderstand) nicht immer 
größer als die generierte Leistung ist, ob so eine negative 
Leistungsaufnahme (= Leistungsabgabe) des Motors überhaupt zu beobachten 
ist, und wenn ja, ob sie relevant ist. Da haben die Praktiker vielleicht 
mehr Erfahrung.

Wenn so eine Leistungsabgabe tatsächlich auftritt, dann wird die Energie 
mit relativ großem Wirkungsgrad über die Treiber in die Versorgung 
geleitet werden, denn es gibt im Treiber kein Bauteil, das Energie 
vernichten kann (bzw. in Wärme umsetzen kann, also konkret: Keinen 
ohmschen Widerstand). Die Schaltverluste und Verluste in parasitären 
ohmschen Widerständen sind gering, deswegen meine Formulierung "mit 
relativ großem Wirkungsgrad".

Meine Schätzung: In deinem Fall tritt eine Leistungsabgabe nicht auf 
oder sie bleibt vollkommen irrelevant. Eine sich mit der Beschleunigung 
bzw. Verzögerung ändernde Leistungsaufnahme sollte allerdings leicht 
nachweisbar sein.

von Thorsten O. (Firma: mechapro GmbH) (ostermann) Benutzerseite


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Hallo Uwe,

> Was das generatorische Verhalten von Schrittmotoren angeht: Ich bin kein
> ultimativer Spezialist, aber ein paar einfache Zusammenhänge gelten auch
> hier. In diesem Fall: Wäre der Schrittmotor ein ideales Bauteil, und
> würde die Ansteuerung ebenfalls verlustlos arbeiten, könnte die
> Bremsenergie gar nicht anders, als in die Versorgung zurück fließen.
...
> Wenn so eine Leistungsabgabe tatsächlich auftritt, dann wird die Energie
> mit relativ großem Wirkungsgrad über die Treiber in die Versorgung
> geleitet werden, denn es gibt im Treiber kein Bauteil, das Energie
> vernichten kann (bzw. in Wärme umsetzen kann, also konkret: Keinen
> ohmschen Widerstand). Die Schaltverluste und Verluste in parasitären
> ohmschen Widerständen sind gering, deswegen meine Formulierung "mit
> relativ großem Wirkungsgrad".

Was beim Bremsen des Motors passiert, hängt vom Treiber und dessen 
Konfiguration ab. Je nach Decay-Mode wird entweder die Wicklung über die 
Brücke selbst kurzgeschlossen (slow-decay), dann wird die Energie im 
Motor "verheizt". Beim Fast-Decay wird dagegen in die 
Versorgungsspannung zurück gespeist. Das kann kritisch werden wenn die 
mechanische Last groß ist, weil dann u.U. die Versorgungsspannung soweit 
ansteigen kann, dass die Treiberstufe zerstört wird. Insbesondere dann, 
wenn (wie bei vielen "Maker-Boards") nichtmal ein Elkos auf der 
Treiberplatine vorgesehen ist. Gute Treiber machen eine Mischung aus 
beiden (Mixed-Decay), um die Vorteile beider Verfahren zu kombinieren.

http://www.schrittmotor-blog.de/stromregelung-von-schrittmotoren-auf-das-abschalten-kommt-es-an/

Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Ostermann

: Bearbeitet durch User
von Michael B. (laberkopp)


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Stepper schrieb:
> Wo geht die Brems-Energie dann hin?

Du weisst es doch schon:

> Die müsste ja dann wieder ins Netzteil zurückfließen.

Genau.

Und wenn dann beim Bremsen die Elkospannung zu weit ansteigt dann müsste 
ein Bremschopper hinzu, also ein geschalteteer Widerstand der die 
Leistung verheizt.

von Stepper (Gast)


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Danke für die Rückmeldungen!

So wie ich sehe dürfte die Verlustleistung innerhalb des 
Schrittmotortreibers unabhängig vom Decay-Mode sein, denn in beiden 
Fällen schaltet der Schrittmotortreiber relativ schnell die 
Brückentransistoren entsprechend nach Slow- oder Fast-Decay-Mode ein, so 
dass der (immer noch nahezu konstante) Strom nicht über die internen 
Freilaufdioden laufen muss.

D.h. die Verlustleistung des Schrittmotortreibers ist, egal ob der 
Schrittmotor beschleunigt oder abgebremst wird oder einfach nur 
stillsteht oder mit konstanter Drehzahl fährt, stets nahezu die gleiche?

von Wolfgang (Gast)


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Stepper schrieb:
> D.h. die Verlustleistung des Schrittmotortreibers ist, egal ob der
> Schrittmotor beschleunigt oder abgebremst wird oder einfach nur
> stillsteht oder mit konstanter Drehzahl fährt, stets nahezu die gleiche?

Das kommt drauf an, ob z.B. im Stillstand der Motorstrom abgesenkt wird.

von Stefan F. (Gast)


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Verlustleistung entsteht allen Bauteile, weil sie nicht ideal sind.

In den Spulen des Motors verlierst du Leistung durch die Ohmschen 
Widerstände derselben. Auch hat der ganze Antrieb Reibungsverluste in 
seinen mechanischen Teilen.

Die Motortreiber haben Verluste, weil Transistoren keine idealen 
Schalter sind.

Die Verluste werden beim Beschleunigen anders sein, als bei Stillstand. 
Weil sich die Induktivität der Motorspulen ändert.

Beim Bremsen musst du unterscheiden, wie gebremst wird:

1) Man lässt den Motor frei laufen (ohne Strom), bis er durch die 
mechanischen und magnetischen Reibungsverluste zum Stillstand kommt.

2) Man schließt die Motorspulen kurz. Der Motor dient dabei als (durch 
den Kurzschluss) belasteter Generator.

3) Man steuert den Motor mit Strom entgegen der tatsächlichen 
Laufrichtung an.

4) Man betreibt den Motor als Generator, dessen Energie zurück in die 
Batterie gespeist wird. Das ist technisch sehr aufwändig und daher 
selten.

Bei Schrittmotoren ist es völlig normal, dass die Schritte nicht mehr 
genau eingehalten werden, wenn man den Motor zu hoch belastet oder zu 
schwach ansteuert. Je schneller er arbeiten soll, umso mehr Energie ist 
nötig. Daher sind Aussetzer bei hohen Geschwindigkeiten 
warhscheinlicher, als bei niedrigen.

Viele Motortreiber schalten sich bei thermischer Überlast ab. Ob sie 
wirklich thermisch überlastet sind, sollte man mit einem Thermometer 
leicht abschätzen können.

Wenn der Motortreiber den Strom konstant hält, ergibt sich eine nicht 
konstante Spannung, die von Drehzahl und Last abhängt. Die 
Energieaufnahme und auch die Verluste sind daher nicht konstant.

von Thorsten O. (Firma: mechapro GmbH) (ostermann) Benutzerseite


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Hallo "Stepper"

> So wie ich sehe dürfte die Verlustleistung innerhalb des
> Schrittmotortreibers unabhängig vom Decay-Mode sein, denn in beiden
> Fällen schaltet der Schrittmotortreiber relativ schnell die
> Brückentransistoren entsprechend nach Slow- oder Fast-Decay-Mode ein, so
> dass der (immer noch nahezu konstante) Strom nicht über die internen
> Freilaufdioden laufen muss.

Das kommt darauf an, was der Treiber konkret macht. Die internen Dioden 
verursachen z.B. mehr Verluste als die FETs selbst, jedes Umschalten 
(bei Mixed-Decay wird 2* geschaltet) veruracht Verluste usw.

> D.h. die Verlustleistung des Schrittmotortreibers ist, egal ob der
> Schrittmotor beschleunigt oder abgebremst wird oder einfach nur
> stillsteht oder mit konstanter Drehzahl fährt, stets nahezu die gleiche?

Nein, das ist NICHT so, weil der Motorstrom z.B. abhängig von der 
Drehzahl ist. Im Vergleich zu den ohmschen Verlusten im Motor sind das 
aber alles Peantus.

Mit deinem Ausgangsproblem hat das jedenfalls nichts zu tun.

Mit freundlichen Grüßen
Thorsten Ostermann

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