Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik HP 6205B - alles funzt, dennoch brummts


von Axel (Gast)


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Moin!

Eigentlich hatte ich mir ein Labornetzteil von Rigol ausgesucht. Etwas 
anderes wollte ich mir nicht leisten. Allerdings kam da dies gute alte 
Stück von HP angelaufen, sodass ich es erstmal behalten wollte. Es macht 
einen absolut wertigen Eindruck und funktioniert tadellos. Naja... fast

Das einzige Problem ist: Es brummt! Ich meine wie Hulle! Die Vibration 
setzt sich in allem fort, was Kontakt mit dem Gehäuse hat.

Ich weiß nur nicht woran es liegt. Ich hatte es jetzt für gut 2 Stunden 
in Betrieb und der Trafo wurde gerade mal handwarm. Die Spannung wird 
konstant gehalten, auch unter Last und auf Dauer. Na gut es waren jetzt 
keine 24h Dauerbetrieb, aber vom Gefühl her lang genug. Dabei liegt die 
Restwelligkeit irgendwo zwischen 2 und 3 mV, was für mich absolut iO 
war. Im Datenblatt sind zwar weniger als 200uV rms oder 1mV p-p 
angegeben, aber das Ding ist alt und ich habe die 2-3mV mit einem 
Metrawatt X-Tra gemessen. Ich bin mir nicht sicher, ob vielleicht nicht 
eher das Multimeter nicht genau genug arbeitet. Die letzte Kalibrierung 
ist etwas länger her.

140VA sind als Max angegeben. Zwar habe ich den Leistungsfaktor nicht 
gemessen, aber die Stromaufnahme lag unter einem halben Ampere, sodass 
ich da auch nicht von einem falschen Wert ausgehe.

Ich habe auch mal ein wenig mit dem Multimeter herumgestochert und die 
Prüfpunkte die zugänglich waren lieferten auch die richtige Spannungen.

Ich habe im Betrieb mit einem Radierstift am Trafo herum gestochen, um 
zu sehen, ob es an diesem liegt. Aber egal wie ich die Bleche 
zusammendrückte, reichte es nicht für eine Minderung des Brummens. Die 
Brummlautstärke schien auch unabhängig von der Last zu sein. Ich habe 
glaube ich auch eine Schweißnaht am Rand entdeckt. Und der Trafo wirkt 
auch lackiert. Aber vielleicht ist es ja die Wicklung, die in Papier 
gewickelt wurde. Leider ist der Trafo scheinbar mit ziemlich vielen 
Zwischenwicklungen ausgestatten. Sonst hätte ich den zur Probe schon 
längst ausgetauscht. Zumindest sind augenscheinlich 18 Pins auf der 
Platine unterm Trafo verlötet. Das würde auch zur Schaltung passen. 9 
Pins pro Kanal.

Den Trafo gibt es sicherlich nicht von der Stange. Allerdings denke ich 
ein Trafo-Wechsel käme einem Totalschaden gleich, oder? Jedenfalls, habe 
ich diese Seite hier gefunden:
http://www.roehrentechnik.de/html/netztrafos.html

Es gibt sicherlich noch mehr Leute, die einem Trafos auf Maß wickeln. 
Ich habe zwar noch keinen Preis erfahren, aber vielleicht erhalte ich 
ein Angebot per Mail. Wollte aber vorher noch ausschließen, dass das 
Problem woanders liegen könnte.

Natürlich ist es ein alter Schinken von Technik und wenn das Teil 
wirklich Ende der 60er oder Anfang der 70er gefertigt wurde, muss man 
mit Fehlern rechnen. Ich dachte da sowieso an Prophylaxe in Form von 
einem kompletten Recap. Irgenwelche Chemicon, Panasonic oder Rubycon 
werde ich schon finden, die da passen. Gibt es hierzu Vorschläge? 
Verbaut wurden ausschließlich Sprague und Mallory Typen, wenn ich das 
richtig sehe.

Was mir noch einfällt ist der Geruch. Es riecht alt, nach stark 
erhitzter Elektronik. Kann man dazu etwas sagen? Der Geruch ist nicht 
penetrant, aber dennoch überm Gerät wahrnehmbar.

Was meint ihr? Ich habe sowas Altes noch nicht auf dem Tisch gehabt und 
bin mir nicht sicher, was ich zuerst machen sollte. Altern Halbleiter 
eigentlich auch? Wäre ja schade, wenn am Ende nur noch die 
Elektromechanik erhalten bliebe. Behalten wollte ich es andererseits 
schon, da das Datenblatt schicke Steuermöglichkeiten beschreibt und das 
Gehäuseformat gut auf meinen Tisch passt. Als Edeltuning mit Vishay-Dale 
Widerständen, verchromten Knöpfen und neuem Lack mitsamt externer 
Automation via USB hätte das Netzteil zwar auch seinen Reiz, aber erst 
wollte ich nur das Brummen eliminieren.

Puh, das war nu viel Text. Ich hoffe es kann jemand helfen! Und Danke 
schonmal im Vorraus!

Gruß,
Axel

von Joe F. (easylife)


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Schmeiss' weg, und kaufe was modernes.
-Textende-

von Gerd E. (robberknight)


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Axel schrieb:
> Den Trafo gibt es sicherlich nicht von der Stange. Allerdings denke ich
> ein Trafo-Wechsel käme einem Totalschaden gleich, oder?

jepp.

Miss mal den Gleichrichter hinter dem Trafo mit dem Diodentester durch. 
Vielleicht ist eine Diode defekt und der Trafo wird dadurch 
ungleichmäßig belastet. Kann auch ne kalte Lötstelle in dem Bereich 
sein.

: Bearbeitet durch User
von Marian (phiarc) Benutzerseite


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Mit einem Strohhalm im Ohr lässt sich die Brummquelle eventuell genauer 
eingrenzen.

Axel schrieb:
> Was mir noch einfällt ist der Geruch. Es riecht alt, nach stark
> erhitzter Elektronik. Kann man dazu etwas sagen? Der Geruch ist nicht
> penetrant, aber dennoch überm Gerät wahrnehmbar.

Ältere Elektronik riecht manchmal (je nach Komponenten / 
Platinenmaterial) so wie moderne fast-kokelnde Elektronik, ist normal.

von Axel (Gast)


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Moin!

Joe F. schrieb:
> Schmeiss' weg, und kaufe was modernes.

Naja, dann hab ich aber die gleiche Technik mit schlechteren Werten zum 
höheren Preis mit digitalem Frontend... Steigert sich also nur der 
Kompfort. (Zumindest bei meiner preisgünstigen Wahl von Rigol, die noch 
andere Schwächen hat, wie starke Peaks beim einschalten. Muss ja nicht 
alles 4 stellig kosten, nech? ;) )

Aber sonst kann ich den Einwand verstehen.

Gerd E. schrieb:
> Miss mal den Gleichrichter hinter dem Trafo mit dem Diodentester durch.
> Vielleicht ist eine Diode defekt und der Trafo wird dadurch
> ungleichmäßig belastet. Kann auch ne kalte Lötstelle in dem Bereich
> sein.

Daran hab ich gar nicht gedacht! Danke!

Ich habe nun doch die ganze Platine demontiert und alle Dioden 
sicherheitshalber an einer Seite ausgelötet und durchgemessen. Die sind 
alle noch in Ordnung. Puh... Eigentlich habe ich gerade wenig Lust jetzt 
alle Halbleiter zu testen. Ich glaube auch da nichts zu finden. Das 
Gerät ist ja von der Funktion her nicht eingeschränkt. Die Spannung wird 
konstant gehalten und den Anstieg an Ripple schreibe ich jetzt einfach 
mal trockenen Kondensatoren zu.

Scheint dann doch am Trafo zu liegen, bei dem sich die Schichten der 
Wicklung mit der Zeit gelöst haben.

Gruß,
Axel

von dolf (Gast)


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Axel schrieb:
> Scheint dann doch am Trafo zu liegen, bei dem sich die Schichten der
> Wicklung mit der Zeit gelöst haben.

dann lass den trafo tränken.
hab meine selbst gewickelten trafos tränken lassen.
und schon ist ruhe im schiff.
mfg

von Axel (Gast)


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Moin!

Da er nicht warm wird, kann man ausschließen, dass sich ein Kurzschluss 
in einer Wicklung befindet, oder?

dolf schrieb:
> dann lass den trafo tränken.
> hab meine selbst gewickelten trafos tränken lassen.
> und schon ist ruhe im schiff.

Wo kann man das machen lassen? Ich habe zwar einige Anbieter für 
Sondertrafos gefunden, aber noch keinen, der auch andere 
Dienstleistungen anbietet. Kann ich einfach zu einem Motorenbauer gehen, 
wenn ich einen in meiner Nähe finde? Ich hätte zwar einen Ofen, um 
Harzsysteme aushärten zu lassen, aber (noch) kein Vakuum.

Vorher werde ich dann noch messen welche Spannungen und Ströme die 
Wicklungen unter Last als auch im Leerlauf liefern, um zur Not einen 
neuen Trafo anfertigen lassen zu können. Das sollte dann aber gleich ein 
Ringkern werden. Irgendwie wäre ich bereit dazu die 80-120€ zu 
investieren. Es macht mir gerade einfach Spaß das Ding zu reparieren. Es 
ist einfach etwas anderes alle Teile so leicht zugänglich zu haben und 
auch analog zu arbeiten. Ansonsten läuft bei mir alles digital mit 
unzähligen Dekodern, die die Signale abfangen und ich schiele 
Stundenlang auf Source Code um Fehler zu finden. Da ist es mal angenehm 
etwas völlig anderes aus einer anderen Ära vor der Nase zu haben.

Gruß,
Axel

von Jochen S. (schiffner)


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Guten Tach,

Wir haben bei Motorwicklungen, bei denen nur etwas am Wickelkopf gemacht 
wurde oder die Motoren sehr klein waren einfach Träufelharz genommen 
anstatt die Motoren zu tränken. Dazu bringt man den Stator im Ofen oder 
durch Bestromung auf Temperatur und träufelt dann das Harz auf die 
Wicklungen. Ist nicht so effektiv wie Tränken oder Vakuumverguss, das 
Tränkharz ist aber relativ dünnflüssig und fliesst sehr gut in die 
kleinsten Öffnungen solange der Motor/Trafo komplett erwärmt ist. Sollte 
der Elektromaschinenbauer um die Ecke ein Tauchbad haben in dem der 
Trafo mal kurz versenkt werden kann, ist das natürlich noch besser.

nur Zur Anregung:
http://www.bm-chemie.de/de/produkte/giessharz/traeufelharz.php

Gruß,
Jochen

von Peter R. (pnu)


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Das vom Trafo erzeugte Geräusch kann doch durch eine Resonanz des 
Gehäuses verstärkt sein.

Ist das Brummen auch im teilweise auseinandergebauten Zustand auch so 
stark?
Ist das Brummen z.B. abschwächbar, dadurch dass man mit der Hand fest 
auf eine Seitenwand drückt?
Wird das Brummen deutlich schwächer, wenn man das Gerät auf eine 
Filzunterlage oder dgl. stellt?

Man kann auch Gehäuseplatten mit einer 1mm-Aluplatte bedämpfen, indem 
man diese mit doppelseitigem (Teppich-)Klebeband ans Gehäuse klebt. Bei 
Autos und Geschirrspülmaschinen nimmt man z.B. Bitumen-Dämmplatten.

von Andrew T. (marsufant)


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Wird das Brummen deutlich schwächer, wenn man den großen Elko (ca. 30000 
uF ,unmittelbar nach dem Gleichrichter) durch ein Neuteil ersetzt?

Das ist nach xx Jahren Betreib ein beliebtes Ausfallteil, und sowohl 
Brummen als auch höherer Ripple am Ausgang (in Post #1 erwähnt) deuten 
darauf hin.

von Axel (Gast)


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Moin!

Ja, die Vibration wird schwächer, wenn man Entkopplungsmaßnahmen 
durchführt. Ich habe den Trafo ausgebaut und im Leerlauf vibriert er 
genauso. Ich könnte das Netzteil auf Fäden aufhängen, sodass es nur noch 
akustisch wahrnehmbar ist und mein Werkzeug nicht vom Tisch vibriert 
wird. Allerdings ist das nicht im Sinne des Erfinders.
Ich habe auch Probeweise kleinere Elkos (Ich habe nichts großes hier 
herumfliegen.) parallel an die vorhandenen Elkos geklemmt und es 
besserte sich zwar der Ripple, aber die Vibrationen bleiben konstant.

Ich denke daher, dass wirklich nach all der Zeit die Wicklungen lose 
sind. Die Bleche sind auf zwei Seiten mit einer Schweißnaht versehen und 
sehen auch lackiert aus. Druck auf die Bleche ändert nichts. Daher deute 
ich mal auf die Wicklung.

Ein Recap wäre wirklich sinnvoll. Im Schaltplan erkenne ich insgesamt 14 
Kondensatoren. Das sollte nicht zu teuer werden. Danach werde ich wohl 
zu einem Motorenbauer gehen, um die Spule zu vergießen. Falls ich 
niemanden in der Nähe finde, der mir das macht, dann komme ich auf das 
Träufelharz zurück. Vielen Dank für diesen Tipp Jochen! Ich kannte sowas 
noch nicht. Sonst muss ich zur Not einen neuen Trafo bestellen. 150VA 
als Ringkern mit paar Ausgängen liegt da ca. bei 80 bis max 120 Euro. Da 
ich das Gerät von einem Freund geschenkt bekommen habe, der es auf einem 
Flohmarkt fand, wäre es mir doch das Geld wert es am Leben zu erhalten. 
Ich hab sonst alles was ich brauche, nur für ein Netzteil war ich immer 
zu geizig. Da war ein billiges Schaltnetzteil mit hinterher geschaltetem 
78XX auf einem Breadboard immer schnell zur Hand.

Ich denke das wäre ein guter Weg.

Danke an alle für die bisherigen Antworten!

Gruß,
Axel

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