Forum: Digitale Signalverarbeitung / DSP / Machine Learning Entstehung von Spiegelspektren


von S. P. (skyfall91)


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Hallo zusammen,

ich beschäftige mich gerade mit digitalen Filtern - genauer mit 
Oversampling. Ich verstehe hierbei allerdings nicht genau was es mit den 
Spiegelspektren auf sich hat. Bei CDs, die mit 44,1Khz abgetastet 
werden, nutzt man Oversampling ja z.B. um die Spiegelspektren weiter 
"nach oben" zu verschieben, um weniger steilflankige analoge Filter 
anschließend nutzen zu können.
Ich begreife allerdings auch nach langem googeln immernoch nicht wie 
diese Spiegelspektren überhaupt erst entstehen. Kann mir das jemand 
anschaulich erklären?

Habe bisher nur die Aussage gefunden "Spiegelspektren entstehen durch 
die bei der DA-Wandlung unvermeidlich hervorgerufenen steilflankigen 
„Treppenstufen“ im analogen Ausgangsignal, die ihre Ursache darin haben, 
dass aus einer begrenzten Menge an Einsen und Nullen nicht einfach ein 
sich aus unendlich vielen Werten rekrutierender, stetig verlaufender 
Kurvenzug rekonstruiert werden kann."
Quelle: http://www.fairaudio.de/hifi-lexikon-begriffe/oversampling.html
Das verstehe ich aber leider nicht wirklich.

Ich bin für jede Hilfe dankbar.

Viele Grüße

von Joe F. (easylife)


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von M.N. (Gast)


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Ein   zeitdiskret abgetastetes Signal hat sich periodisch wiederholende 
Spektren.
Das kontinuierliche Zeitsignal wird mit einer Deltaimpulsfolge 
multipliziert und somit zeitlich diskretisiert. Das Spektrum des 
Zeitsignals wird mit dem Spektrum der Impulsfolge (Deltaimpulskamm) 
gefaltet somit wiederholt sich das Spektrum periodisch. Ohne 
Bandbegrenzung kommt es zum Aliasing.

von abc (Gast)


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steht auch im shannonschen abtasttheorem.

von Sven B. (scummos)


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Hast du den Begriff des Aliasing verstanden? Schau' dir nochmal die 
Bilder an, die es dazu so gibt. Ich denke wenn man das verstanden hat 
ist das Problem eigentlich klar; oder fehlt dir dann noch ein Schritt 
zum Verständnis?

von S. P. (skyfall91)


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Danke für die Antworten!

Mir is jetzt einiges schon klarer, habe mir Aliasing noch einmal 
angeschaut und denke ich verstanden.

Noch einmal etwas konkreter zu meinem Problem. Ich möchte einen 
Samplerate-Converter benutzen, um das mit 44,1kHz abgetastete 
Audiosignal einer CD auf 192kHz zu bringen. Nun fällt der Alias-Effekt 
aufgrund falscher Abtastfrequenz ja schon einmal raus. Durch 
Störfrequenzen (Rauschen) habe ich ihn wohl auch nicht dabei. Wieso 
benötige ich hier nun also einen Tiefpass-Filter um die Spiegelspektren 
zu entfernen?
Haben diese Spiegelspektren etwa garnichts mit dem Alias-Effekt zutun 
sondern nur mit dem sich periodisch wiederholenden Spektrum durch 
Faltung mit dem Dirac-Kamm? Bin gerade etwas verwirrt sorry.

von W.A. (Gast)


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Seb P. schrieb:
> Haben diese Spiegelspektren etwa garnichts mit dem Alias-Effekt zutun
> sondern nur mit dem sich periodisch wiederholenden Spektrum durch
> Faltung mit dem Dirac-Kamm?

Aliasing-Effekte sind die Konsequenz aus dem Vorhandensein von 
Spiegelspektren.

von Sven B. (scummos)


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Das klingt komisch. Die Spiegelfrequenzen haben definitiv etwas mit der 
Abtastrate zu tun und entfernen kannst du sie mit einem Tiefpass auch 
nicht mehr; Spiegelfrequenzen sind ein Fehler, der beim Abtasten ensteht 
und danach nicht mehr rückgängig zu machen ist.

von S. P. (skyfall91)


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So, ich habe mich heute noch einmal mit dem Thema beschäftigt und es 
jetzt folgendermaßen verstanden (korrigiert mich bitte falls nötig):

- ein Audiosignal auf einer CD hat auch sehr hohe Frequenzanteile (nicht 
hörbar), die das Abtasttheorem bei 44,1kHz-Abtastung verletzen.
- diese Frequenzanteile werden durch Aliasing als niedrige, gespiegelte 
Frequenzen interpretiert, welche unerwünscht sind.
- um diese störenden Spektren zu entfernen wird das mit 44,1kHz 
abgetastete Signal hoch gesamplet (z.B. auf 192kHz), um den Abstand 
zwischen den hörbaren/erwünschten Frequenzen und denen, die zu Aliasing 
führen zu vergrößern.
- mit diesem Trick sinken die Anforderungen an meinen darauf folgenden 
Tiefpass-Filter (um die Aliasing-Frequenzen zu entfernen), der somit 
anstatt z.B. 9. Ordnung nur 2. Ordnung sein darf, was eine sehr viel 
geringere Welligkeit im Durchlassbereich mit sich bringt.

Ein kurzes Feedback wäre spitze, damit ich weiß ob ich immernoch im 
Dunkeln tappe oder auf dem richtigen Weg bin.
Danke im Voraus!

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Leichter Holzweg, wuerde ich sagen.
Beim Beschreiben der CD wurde das Abtasttheorem hoffentlich immer 
eingehalten, denn du koenntest es im Nachhinein nicht mehr zweifelsfrei 
unterscheiden, ob oder ob nicht.

Wenn jetzt auf der CD z.b. ein Sinus mit 20 kHz aufgezeichnet wurde, ist 
mit dem Abtasstheorem soweit alles roger, denn 20kHz < 44.1kHz/2.
Jetzt laeuft das Signal von der CD mit Samplerate 44.1kHz wieder zum DAC 
und wird analog. Also wieder 20kHz, alles gut, das wollen wir hoeren (so 
wir nicht zu viel in der Disco waren). Das muss also durch einen 
nachgeschalteten Tiefpass durchgelassen werden.
ABER - durch die Abtastung gibt's eben die Aliasspektren, was dazu 
fuehrt, dass nach dem DAC nicht nur die 20kHz rauskommen, sondern auch 
z.B. (44.1-20)kHz = 24.1 kHz. Das ist eines der Stoersignale aus den 
Aliasspektren. Das muss also der Tiefpass mit >=96dB sperren.
Also brauchst du einen analogen Tiefpass, der 20kHz mit moeglichst 0dB 
durchlaesst, aber 24.1kHz moeglichst >96dB abschwaecht...
-> wird schmerzhaft aufzubauen.

Wenn du aber jetzt deinen DAC mit einem 88.2kHz gesampleten Signal 
beteiben wuerdest, dann waere dein erster Stoerer erst bei 
88.2-20=68.2kHz. Damit koennte dein analoger Tiefpass etwas einfacher 
ausfallen. Noch simpler waere der Tiefpass, wenn er erst bei 156.4kHz 
die 96dB Daempfung erreichen muesste, usw. Ich nehm' mal absichtlich 
Vielfache von 44.1kHz; dann wirds' etwas simpler.

Problem ist: Du hast kein 88.2kHz gesampletes Signal vor dem DAC, 
sondern nur 44.1kHz. Um 88.2kHz zu bekommen, musst du dir neue Samples 
dazuerfinden. Das ist Upsampling. Das geht lehrbuchmaessig dadurch, dass 
man zwischen 2 Samples jeweils ein neues Sample mit 0 einfuegt und das 
ganze durch einen Tiefpass filtert, der genau diese unangenehme 
Spezifikation wie vorher der analoge haben muss. Also 20kHz durchlassen, 
24.1 kHz mit >96dB daempfen. Aber weils digital ist, ist das eher stabil 
und schoen machbar, als in analog. (Bevor die Diskussion wieder losgeht: 
Nein, jedes Sample zu verdoppeln, statt 0 einzufuegen ist nicht 
"besser". Das macht Daempfung im Durchlassbereich und filtert die 
stoerenden Aliase am Rand des Spektrums auch nicht besser.)

Gruss
WK

von S. P. (skyfall91)


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Das war eine super Erklärung, hat mir sehr geholfen! Vielen Dank dafür 
:)

von S. P. (skyfall91)


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Dergute W. schrieb:
> Problem ist: Du hast kein 88.2kHz gesampletes Signal vor dem DAC,
> sondern nur 44.1kHz. Um 88.2kHz zu bekommen, musst du dir neue Samples
> dazuerfinden. Das ist Upsampling. Das geht lehrbuchmaessig dadurch, dass
> man zwischen 2 Samples jeweils ein neues Sample mit 0 einfuegt und das
> ganze durch einen Tiefpass filtert, der genau diese unangenehme
> Spezifikation wie vorher der analoge haben muss. Also 20kHz durchlassen,
> 24.1 kHz mit >96dB daempfen. Aber weils digital ist, ist das eher stabil
> und schoen machbar, als in analog.

Sorry dass ich nochmal posten muss aber über eine kleine Frage bin ich 
jetzt noch gestolpert. Wenn ich das 44.1kHz Signal mit Upsampling erhöhe 
brauche ich doch nicht einen Tiefpass mit den selben Spezifikationen, 
sondern kann auch einen mit einer sehr viel geringerer Dämpfung nehmen 
(da der Abstand zu den störenden Alias-Frequenzen ja erhöht wird) oder 
verstehe ich dich gerade irgendwie falsch?

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Ohne Upsampling brauchst du einen analogen Tiefpass mit 0dB bei 20kHz 
und 96dB bei 24.1kHz nach dem DAC.

Mit x2 Upsampling brauchst du einen digitalen Tiefpass mit 0dB bei 20kHz 
und 96dB bei 24.1kHz vor dem DAC. Dann kommt der DAC, danach brauchst du 
einen weiteren analogen Tiefpass mit 0dB bei 20kHz und 96dB erst bei 
68.2kHz (2*44.1-20).
Den digitalen Tiefpass brauchst du, weil durch das upsampling des 
44.1kHz gesampleten Digitalsignals ein Aliasspektrum um die 44.1kHz im 
Digitalsignal existiert. Wenn du das nicht digital wegfiltern wuerdest, 
wuerde es durch den DAC auf analog gewandelt werden und es muesste 
wieder dein analoger Tiefpass machen. Dann waer' aber durch das 
upsamplen genau nix gewonnen...

Gruss
WK

von S. P. (skyfall91)


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Vielen Dank nochmal, jetzt hab ich alles verstanden!

von chris_ (Gast)


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Hier gibt es ein anschauliches Video zum Aliasing Effekt:

https://www.youtube.com/watch?v=UkotZy3lQqo

Die Kamera nimmt die Bilder mit einem Vielfachen der Propellerfrequenz 
auf, deshalb bleibt er fast stehen.

Das selbe kann man auch gut bei den Autorädern sehen

https://www.youtube.com/watch?v=jHS9JGkEOmA

Geht man mit der Reifenrotationsfrequenz knapp über die 
Bildaufnahmefrequenz, drehen sich die Räder rückwärts.

Hier gibt es noch Audiobeispiele:
http://www.audiocheck.net/audiotests_aliasing.php

von Helmut S. (helmuts)


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> Noch einmal etwas konkreter zu meinem Problem. Ich möchte einen
Samplerate-Converter benutzen, um das mit 44,1kHz abgetastete
Audiosignal einer CD auf 192kHz zu bringen.

Es gibt ICs für diese Aufgabe die das rein digital erledigen. Da steckt 
natürlich eine Menge Rechenleistung in diesen ICs.

http://www.analog.com/en/products/audio-video/sample-rate-converters.html#sample-rate-converters

http://www.ti.com/lsds/ti_de/audio-ic/sample-rate-converter-product.page#

Anleitung zum Nachbauen :-)
http://www.ife.ee.ethz.ch/people/kroman/src

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