Hallo. Wir haben in der Firma ältere Maschinen, die noch mit Gleichstromotoren laufen. Die Motoren sind zwar noch als Ersatzteile neu verfügbar, doch die Preise sind so hoch, dass es weh tut. Tendenz steigend. Deswegen wurden die Motoren, entgegen der heutigen "ausbauen, wegschmeißen und Neuteil einbauen" Mentalität immer wieder aufgearbeitet. Das machte ein älterer Kollege, der wusste was er tat. Er wusste, wie man Kommutatoren abdreht oder wechselt, neue Kohlen einschleift, Wicklungen ausbessert, Winkel und Positionen justiert, usw. Dieser Kollege hat leider kaum was von seinem Wissen an die jüngeren Kollegen weiter gegeben, da er Angst hatte, durch einen "Jungspund" ersetzt zu werden. Leider ist der Kollege ganz plötzlich an einem Herzinfarkt verstorben so dass man ihn nun gar nicht mehr fragen kann. Nun sollte ich mich mit dem Thema befassen und versuchen, möglichst viele Informationen zu sammeln und eine Vorgehensweise zur Aufarbeitung der Motoren zu erarbeiten. Ich habe mir ein aktuelles Tabellenbuch und Lehrbuch für Elektroniker (Geräte und Systeme) genommen. Da findet man kaum noch etwas zu Gleichstrommaschinen. Da werden nur noch theoretische Grundlagen zur Funktionsweise vermittelt. In einem 20 Jahre alten Buch für Energieelektroniker findet sich noch ein bisschen mehr über Gleichstrommaschinen mit Praxisbezug, aber auf die Aufarbeitung von Gleichstrommaschien wird da auch schon nicht mehr wirklich eingegangen. Kennt Ihr Bücher, die heute noch zu bekommen sind, wo wirklich auf das Thema Gleichstrommaschinen und deren Reparatur / Aufarbeitung eingegangen wird? Gibt es hier vielleicht sogar noch "alte Hasen", die die Tricks von damals noch kennen?
Alex schrieb: > Gibt es hier vielleicht sogar noch "alte Hasen", die die Tricks von > damals noch kennen? Es gibt eigentlich in jeder Gegend Fachfirmen, die genau das seit vielen Jahren machen. Je groesser die Motore, desto groesser die Ersparnis zum Neukauf. Selbst einsteigen ist sicher moeglich, aber da ist eben auch viel Erfahrung im Spiel, die man sich erst erarbeiten muesste. wendelsberg
Nicht umsonst gibt es den Beruf des Bauers, genauer gesagt, des Elektromaschinenbauers, der solche Sachen von Grund auf gelernt hat. Du könntest versuchen, Bücher zur Berufsausbildung dafür zu beschaffen, um daraus zu lernen. Alex schrieb: > Dieser Kollege hat leider kaum was von seinem Wissen an die jüngeren > Kollegen weiter gegeben, da er Angst hatte, durch einen "Jungspund" > ersetzt zu werden. Ja, das ist der Unterschied zu früher: Früher war man unentbehrlich, heute muß man sich unentbehrlich machen. MfG Paul
wendelsberg schrieb: > Alex schrieb: >> Gibt es hier vielleicht sogar noch "alte Hasen", die die Tricks von >> damals noch kennen? > > Es gibt eigentlich in jeder Gegend Fachfirmen, die genau das seit vielen > Jahren machen. Je groesser die Motore, desto groesser die Ersparnis zum > Neukauf. Selbst einsteigen ist sicher moeglich, aber da ist eben auch > viel Erfahrung im Spiel, die man sich erst erarbeiten muesste. > > wendelsberg Ja, diese Firmen gibt es, Ankerwicklerei und so. Es soll aber selbst aufgearbeitet werden. Und wenn ich es schaffe, mich da einzufuchsen und eine entsprechende Anleitung zu schreiben, wäre das für meine berufliche Zukunft sicherlich nicht schlecht. (entsprechendes Angebot ist da, Übernahme in unbefristete Festanstellung) Genügend "Versuchsobjekte" zum Üben und Erproben habe ich auch. Es sind schon duzende Motoren auf Halde die auf Ausbesserung warten. Derzeit wird nämlich tatsächlich im "Tauschverfahren" repariert. Die defekten Motoren wurden aber alle aufbewahrt, in der Hoffnung, jemand befasst sich mal damit. Die Anleitung muss noch nicht mal "Allgemeingültig" werden. Es reicht, wenn sie speziell auf die vorhandenen Motoren bezogen ist und von entsprechenden Fachkräften nachvollzogen werden kann.
Die Motoren sind so "Empfindlich" dass z.B. ein Tausch der Kohlen ohne Einschleifen und neu justieren nicht funktioniert. Weil es bisher keiner hinbekommen hat (bzw einige Kollegen es auch gar nicht erst versuchten sich damit zu befassen), wird derzeit komplett alt gegen neu getauscht. Und ein original Ersatz-Motor kostet eine satte 4 Stellige Summe, Tendenz deutlich steigend. Neue Kohlen hingegen kosten nur ein paar Euro.
Alex schrieb: > Die Motoren sind so "Empfindlich" dass z.B. ein Tausch der Kohlen ohne > Einschleifen und neu justieren nicht funktioniert. Ich repariere gelegentlich selbst noch Gleichströmmaschinen. Aber das ich die Kohlen neu einstellen musste ist mir (zum Glück) bisher noch nie passiert. Ich hatte aber auch von älteren Kollegen, die mittlerweile in Rente sind, gute Grundkenntnisse mit bekommen. Diese haben mir erklärt, daß und wie man eine Kohlenbrücke ausbaut, ohne diese zu verstellen. Aber das ist bei jedem Motor natürlich anders. Ich erinnere mich noch ziemlich genau an den lauten Schrei des älteren Kollegen bei meinem ersten Lagerwechsel an so einer Maschine, als ich die falschen Schrauben lösen wollte. Sowas bleibt recht gut in Erinnerung. GG Das Einschleifen ist ja recht einfach: man legt einfach ein Stück Sandpapier auf den Kollektor und zieht es unter den Kohlen lang, bis diese passen. Am Anfang kann man noch recht grobes Sandpapier nehmen, bis die grobe Form passt und nimmt dann feineres Papier. Da ist ausprobieren angesagt. Im Allgemeinen ist es recht einfach solche Motoren instand zu setzen. Bis zu dem Punkt an dem man den Kollektor ab drehen muss, da hilft dann nur ein Kollege, der gut drehen kann und auch die passenden Drehmeissel hat. Und irgend wann ist mit dem Abdrehen auch mal Schluss, weil einfach kein Kupfer mehr vorhanden ist, welches man noch abdrehen kann, weshalb man das nur macht, wenn der Kollektor wirklich wellig ist und es nicht mehr anders geht. Außerdem miss man nach jedem Abdrehen die Nuten aussägen. Dazu gibt (oder gab es zumindest) Kollektorsägen, mit denen man den Spalt zwischen den Lamellen ausräumen kann. Und wenn der Anker einen Windungs- oder Gehäuseschluss hat, hilft, wenn man nicht selbst wickeln kann, nur noch der Ankerwickler. Aber Lager wechseln, Kohlen tauschen und reinigen ist bei den meisten Motoren, zumindest bei denen, die mir über die Werkbank gerollt sind, recht einfach. Wichtig ist, beim auseinander nehmen alle Teile zu Markieren, notfalls Fotos machen und sich alles genau aufschreiben. Die Ankerbrücke kann man meistens so ausbauen, das sie beim wieder ein bauen nicht verstellt wird, wenn man sich genau anschaut, welche Schrauben man nicht lösen darf. Wenn diese aber erst mal verstellt ist, wird es schwierig. Dann muss man sie so einbauen, wie es dem Originalzustand gefühlt am ehesten entspricht und sie unter Nennlast so einstellen, das das Bürstenfeuer möglichst gerin ausfällt. Bei (größeren) Motoren die für beide Drehrichtungen ausgelegt sind, ist es meistens so, das die Kohlen in Neutralstellung stehen und die Feldverschiebung über eine Kompensationswicklung erfolgt. Frank
Paul B. schrieb: > Ja, das ist der Unterschied zu früher: Früher war man unentbehrlich, > heute muß man sich unentbehrlich machen. Und die Friedhoefe sind voll von Leuten die unentbehrlich waren oder sich dafuer hielten.
Alex schrieb: > Die Motoren sind zwar noch als Ersatzteile neu verfügbar, doch die > Preise sind so hoch, dass es weh tut. Tendenz steigend. > Deswegen wurden die Motoren, entgegen der heutigen "ausbauen, > wegschmeißen und Neuteil einbauen" Mentalität immer wieder > aufgearbeitet. Na und? Macht die Firma keinen Umsatz, so das man die Kosten tragen kann? Für solche Firmen hab ich nicht das geringste Mitgefühl. Hört sich nach einem echtem Jammerladen an. > Das machte ein älterer Kollege, der wusste was er tat. > Er wusste, wie man Kommutatoren abdreht oder wechselt, neue Kohlen > einschleift, Wicklungen ausbessert, Winkel und Positionen justiert, usw. > > Dieser Kollege hat leider kaum was von seinem Wissen an die jüngeren > Kollegen weiter gegeben, da er Angst hatte, durch einen "Jungspund" > ersetzt zu werden. Das ist doch längst gelebte Kultur in den Firmen. Die Firmen machen es ja auch nicht anders und stellen Spezialisten für Lau ein, oder versuchen es zumindest. Wertschätzung sieht anders aus. > Leider ist der Kollege ganz plötzlich an einem Herzinfarkt verstorben so > dass man ihn nun gar nicht mehr fragen kann. R.I.P. > Nun sollte ich mich mit dem Thema befassen und versuchen, möglichst > viele Informationen zu sammeln und eine Vorgehensweise zur Aufarbeitung > der Motoren zu erarbeiten. Mit welchen Vorkenntnissen, Ausbildung? Ohne eine verwandte Berufsausbildung wärst du nur ein Angelernter und da brauchst du gar nicht zu hoffen. Da stellen sich die Firmen alle gleich dämlich an, nur billig muss es sein. Da wird sich dann einfach mit leeren Versprechungen über den Engpass hinweg geholfen und im ungünstigstem Fall wird bei Schwächen deinerseits einfach ein Trottel eingestellt der dich dann ersetzt. Wenn die dann noch einen haben der erst mal von Nutzen ist, klopfen die sich gern auf die eigene Schulter, aber wenn es zu Problemen wegen der fehlenden Ausbildung kommt, ist da meist schnell Schluss mit Lustig. > Ich habe mir ein aktuelles Tabellenbuch und Lehrbuch für Elektroniker > (Geräte und Systeme) genommen. Da findet man kaum noch etwas zu > Gleichstrommaschinen. Da werden nur noch theoretische Grundlagen zur > Funktionsweise vermittelt. Die Inhalte sind ja auch nur Grundlagen. Auf die Feinheiten wird da gar nicht eingegangen und das macht sich dann auch irgendwann bemerkbar. > In einem 20 Jahre alten Buch für Energieelektroniker findet sich noch > ein bisschen mehr über Gleichstrommaschinen mit Praxisbezug, aber auf > die Aufarbeitung von Gleichstrommaschien wird da auch schon nicht mehr > wirklich eingegangen. Wundert mich gar nicht. > Kennt Ihr Bücher, die heute noch zu bekommen sind, wo wirklich auf das > Thema Gleichstrommaschinen und deren Reparatur / Aufarbeitung > eingegangen wird? Die Berufsschulbücher vermitteln häufig nur theoretisches Grundlagenwissen, aber kein Praxiswissen. Dafür macht man ja auch gewöhnlich eine Berufsausbildung, wo dann vom Ausbilder Praxis vermittelt wird, zumindest im Idealfall. > Gibt es hier vielleicht sogar noch "alte Hasen", die die Tricks von > damals noch kennen? Klar, nur werden die mit 50, manchmal sogar schon früher aufs Altenteil geschoben, weil die den Firmen zu teuer werden, wobei ich noch nie einen Nachweis gesehen habe, dass diese Behauptung auch stimmig ist. Die Idioten auf Führungsebene sehen nur ihre eigenen Profite und wollen für Fachkompetenz nicht angemessen löhnen, weil sie glauben, sie verlieren dabei zu viel. Wenn dann der Laden wegen dieser kurzsichtigen Denkweise Pleite geht, ist es zu spät und die Entscheidungsfehler nicht mehr reparabel.
wendelsberg schrieb: > die man sich erst erarbeiten muesste. > > wendelsberg Dem ist nichts hinzuzufügen, außer die Adresse des örtlichen Anklerwicklers.
Alex schrieb: > Und wenn ich es schaffe, mich da einzufuchsen und eine entsprechende > Anleitung zu schreiben, wäre das für meine berufliche Zukunft sicherlich > nicht schlecht. (entsprechendes Angebot ist da, Übernahme in > unbefristete Festanstellung) Wenn ich Dir raten darf: Würde ich so nicht machen; denn man muß sich auch etwas verlangen trauen. ;) Also erst mal Übernahme und dann einfuchsen und Anleitung schreiben. Stell das Unternehmen ruhig auf die "Nagelprobe" und verlang Übernahme mit Probezeit. Dann ist das für das Unternehmen die "halbe Miete", aber für Dich auch. Es ist immer ein "Geben und Nehmen", und wer nicht bereit dazu ist, etwas zu geben, braucht auch nichts nehmen zu wollen. Ganz einfache Kiste. :D Kohlen bekommst Du rauf und runter hier: http://www.schmidthammer.com/unternehmen/historie.html Nach neuen Kommutatoren mußt du selbst mal im Netz suchen. Sind an sich handelsüblich. Wenn Du Kommutatoren überholen willst, geht das am besten per Rundschleifmaschine. Ist im Unternehmen eine vorhanden? Schleifscheibe: SC, Korn 80, Naßschliff. Da bekommst Du Oberflächen "wie geleckt" und "verziehst" v.a. kein Cu wie beim Abdrehen. Ist evtl. auch eine Werkzeug-Schleifmaschine vorhanden? Damit lassen sich die Kohlen per unterschiedlichen Durchmessern von SC-Schleifscheiben schon mal annähernd mit den erforderlichen Radien versehen. Finishen dann, wie von Frank B. beschrieben. Ebenfalls wieder mit SC. Naßschleifpapier (DIN-A4), Korn 100 oder 120 eingeölt, damit es nicht "zubatzt".
Man kann es auch übertreiben. Abdrehen, aussägen und noch mal eben mit feinem Schleifpapier drüber, um Kratzer vom Sägen zu beseitigen. Kohlen, wenn nötig einschleifen und mit neuen Lagern zusammen bauen. Soll ja kein Kunstwerk werden.
Alex schrieb: > Gibt es hier vielleicht sogar noch "alte Hasen", die die Tricks von > damals noch kennen? Hallo Alex, ich beschäftige mich seit über 20 Jahren mit elektrischen Maschinen. Falls Interesse besteht, kannst Du über meine Homepage www.dr-bosch.com Kontakt mit mir aufnehmen. Grüßle, Volker.
Es dürfte wohl kaum eine Gegend geben, in der sich kein Betrieb finden lässt, der "durchgebrannte" Motore neu wickelt, oder einen alten aufarbeitet. Früher musste man dazu das Telefonbuch bemühen, heute reicht ein Besuch bei Bing oder 'ne Runde gurgeln. Ist für manchen allerdings schon zu viel. Falls allerdings Dein ex. Kollege dies schon einmal gemacht hat, könnte es Probleme bei einer erneuten Aufarbeitung geben.
Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.