Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik MOSFETs statt Lautsprecherrelais


von Jochen (Gast)


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Ein bekannter japanischer Hersteller hochpreisiger Audioelektronik hat 
die Lautsprecherrelais am Endstufenausgang abgeschafft und durch je zwei 
MOSFETs ersetzt.

Die Idee finde ich eigentlich ganz gut, weil dann ein typischer 
Schwachpunkt wegfällt.

Nun meine Frage: Wie muss so eine Schaltung aussehen? Sehe ich das 
richtig, dass zur Ansteuerung der MOSFETs eine höhere Spannung als die 
Betriebsspannung der Endstufe nötig ist? Und wie sieht es mit der 
Kennlinie aus, ist die Anordnung auch bei der kleinsten Aussteuerung 
noch "transparent", d.h. ohne zusätzliche Verzerrungen?

von Jochen (Gast)


Angehängte Dateien:

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Hier noch ein Bild...

von Tüddel (Gast)


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Nun ja... zwei anti-serielle MOS-FETs.

Gibt es auch als Akku-Schutzschaltung ;-)

von Max D. (max_d)


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Ein mosfet verhält sich in eine Richtung immer wie eine Diode, deswegen 
braucht man zwei antiseriell verschaltete.
Die Betriebsspannung muss so hoch sein, dass das gate immer ausreichend 
positiv gehalten werden kann.
Zu den audiophilen Argumenten kann ich nix sagen (sind mosfets 
sauerstofffrei? :P)

von Peter D. (peda)


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Man kann auch die Endstufen kurzschlußfest aufbauen.
Und gegen den Einschaltknack hilft ein Softstart.

Einen extra FET-Schalter kann man natürlich viel hochpreisiger 
vermarkten, als etwas Hühnerfutter für Schutz und Softstart.

von Harald W. (wilhelms)


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Jochen schrieb:

> Die Idee finde ich eigentlich ganz gut, weil dann ein typischer
> Schwachpunkt wegfällt.

...und ein neuer geschaffen wird.

von Ms (Gast)


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Bei großen PA-Endstufen gibt es schon lange keine Relais, aufgrund der 
ganzen Problematik mehr. Hier wird einfach bei DC am Ausgang das 
Netzteil abgeschaltet. Da die Vollbrücken Resonanzwandler eh wenig 
Glättung am Ausgang haben, kann dann nicht mehr allzuviel passieren.
Bzw. bei anderen Herstellern wird der Ausgang mit einem Triac 
kurzgeschlossen.

Einschaltknackser treten bei einem ordentlichen Design kaum hörbar auf.

von Boris O. (bohnsorg) Benutzerseite


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Wie soetwas aussehen kann:

http://sound.westhost.com/articles/mosfet-relay.htm

Ich persönlich favorisierte bisher die TLP591-Variante. Das ist zwar ein 
recht teurer Optokoppler (und rar dazu), aber die Schaltzeit ist – die 
Gatekapazität kalkulierend – trefflich (selbst ohne Kühlkörper mit der 
Impulsbelastbarkeit zu kalkulieren). Die Abschaltzeit geht durch den 
getrennten provozierten Gate-Kurzschluss unter die 1ms-Marke.

von MaWin (Gast)


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Peter D. schrieb:
> Man kann auch die Endstufen kurzschlußfest aufbauen.

Es geht beim DC Schutz ja gerade um den Schutz der Lautsprecher vor 
Gleichspannung am Verstärkerausgang durch durchlegierte 
Endstufentransistoren, also genau der Bauelement, die bei dir zum 
Kurzschlussschutz runtergeregelt werden sollten, durchlegiert aber nicht 
mehr regelbar sind.

Die MOSFETs wären nur im Schaltbetrieb, also voll an oder voll aus und 
somit nicht so heiss dass ein Durchlegieren zu befürchten ist (ausser 
bei Class-D, da sind die Schaltverluste doch erheblich).

von Peter D. (peda)


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MaWin schrieb:
> Es geht beim DC Schutz ja gerade um den Schutz der Lautsprecher vor
> Gleichspannung am Verstärkerausgang durch durchlegierte
> Endstufentransistoren

Der Trick ist, man dimensioniert einfach die Endstufentransistoren nicht 
unter, sondern passend und den Überlastschutz schnell reagierend, dann 
legiert auch nichts durch.

Z.B. für meinem Onkyo sind 130W Sinus angegeben, im Transistordatenblatt 
aber nur 70W. Und die Überstromerkennung geht über lange Wege auf das 
Relais und nicht direkt auf die Basen der Endtransistoren. Ein 
SOAR-Schutz fehlt völlig.
Typisch Konsumergerät eben.

von Stefan F. (Gast)


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> Z.B. für meinem Onkyo sind 130W Sinus angegeben,
> im Transistordatenblatt aber nur 70W

Wenn die Transistoren in deinem Verstärker einzeln 70W verheizen können, 
dann verträgt jede Halbbrücke 140W, weil jeder Transistor nur 50% der 
Zeit aktiv ist.

Außerdem: Wenn die Lautsprecher maximale Spannung erhalten, fällt an den 
Transistoren minimale Spannung ab. Daher ist dann auch deren 
Verlustleistung gering. Die Transistoren verheizen etwas weniger 
Leistung, als die Lautsprecher.

von analog66 (Gast)


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Ja, prinzipiell machbar solange man im halbwegs linearen Bereich der 
Fets bleibt. Z.B. Verstärker hat eine Versorgungsspannung von +-25V dann 
kann man einen Fet mit 55V (5V Sicherheit) verwenden. Die doppelte 
Spannung kommt daher, da der Lautsprecher auch Generator sein kann... 
Z.B. IRFZ 24N 55V, 14A, 70m Ohm was schon ein recht niederohmiger Typ 
ist. Nun lassen wir es krachen z.B. 400W an 4 Ohm (benötigt mehr als 25V 
;-) entsprechend 10A Das macht lt. Datenblatt UGS = 6V -> UDS = 1V je 
Fet entspr. 10W Verlust.
Ob man die Nichtlinearität bei kleiner Amplitude überhaupt hört, vermag 
ich nicht zu beurteilen. Wer investiert mal in 2 Fets und schliesst z.b. 
9V Blockbatt. An Gate-Source?

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Bei PA-Endstufen läßt sich der Softstart nicht völlig 
wegrationalisieren. Okay, ich meine bei anständigen PA-Endstufen, kein 
Billig-PMPO-Schrott. Die Netzteile haben viel zu viel große Kapazitäten, 
die beim Start auf recht hohe Spannungen (2x90 bis 2x150V je nach 
Leistung) aufgeladen werden müssen. Der dicke Ringkerntrafo macht den 
Rest, den alleine ohne Softstart ans Netz zu knallen wäre schon ein 
Glückspiel ob die Sicherung das übersteht oder nicht. Dicke 
Schaltnetzteil-Endstufen sind auch nicht besser, der Zwischenkreis mit 
330..400V hat ebenfalls sehr große Kapazität. Deswegen muß man bei allen 
diesen Patenten den Einschaltstrom limitieren.

von Peter D. (peda)


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Stefan U. schrieb:
> Wenn die Transistoren in deinem Verstärker einzeln 70W verheizen können

Im 2SA1941-Datenblatt steht: "Recommended for 70-W high-fidelity audio 
frequency amplifier output stage."

von Stefan F. (Gast)


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> Recommended for 70-W

Da stimme ich zu. Ich würde auch immer etwas Reserve empfehlen.
Grundsätzlich falsch ist der Ansatz von Onkyo allerdings nicht.
Du siehst, dass man auch dort wohl mehr für den Markennamen zahlt, als 
für den Inhalt.

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