Forum: Platinen Wird Lötzinn alt?


von Torben K. (tokuhila)


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Hab noch eine 10 Jahre alte Rolle Felder Sn60Pb40 1mm.

Wird Lötzinn alt? Irgendwie werden die Lötstellen nicht so schön, es 
fließt relativ schlecht, bildet zum Lötkolben hin Nasen und bleibt nach 
dem Erstarren matt. Verschiedene Löttemperaturen und zusätzliches 
Flußmittel ändern nichts daran. Oder woran liegt das?

Lötstellen mit nem billigen Sn60Pb38Cu2 werden hingegen traumhaft.

von Stephan S. (plonk)


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Könnte am fehlenden Kupferanteil liegen.

MfG

von Gerd E. (robberknight)


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Ich könnte mir eher vorstellen daß das Flussmittel gealtert ist.

Sind das wirklich nur 10 Jahre oder ist das ne grobe Schätzung und es 
könnten auch 15 oder 20 Jahre sein?

War es vielleicht feucht oder heiß gelagert?

Was steht denn auf der Rolle genau zum enthaltenen Flussmittel drauf? 
Ist das vielleicht ein besonders leicht waschbares oder so?

Sn60Pb38Cu2 fließt etwas besser als Sn60Pb40, aber auch mit Sn60Pb40 
kann man bequem arbeiten. Daran wird der beschriebene deutliche 
Unterschied nicht liegen.

Was für zusätzliches Flussmittel hast Du probiert? Richtiges 
Flussmittelgel oder nur so ein Flussmittelstift? Fluxgel finde ich fürs 
Handlöten viel besser geeignet weil es nicht so leicht wegfließt und 
verdunstet, sondern an der Lötstelle bleibt.

von Martin S. (sirnails)


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Also ich habe hier 30 Jahre altes Lötzinn - aber es lötet sich besser, 
als das heute NoPB.

von Fpgakuechle K. (Gast)


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Lt. Hersteller sind flussmittelgefüllte Lot-draht unter 
normalbedignungen (frost und Hitzefrei) unbegrenzt haltbar:

http://www.peres.de/aktuelles/links/katalog/STANNOL/STANNOL_Haltbarkeit_der_Produkte.pdf

von oszi40 (Gast)


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Woher bist Du so sicher, daß es 60er Lötzinn ist? Etikett?
Es gibt 60er und 40er Lötzinn. Das 40er ist für die Dachrinne.

von nemesis... (Gast)


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Torben K. schrieb:
> Wird Lötzinn alt?

Klar wird das alt. Jünger wäre ein Wunder. Eine Qualitätsaussage
ist das aber ohnehin nicht.

> Irgendwie werden die Lötstellen nicht so schön, es
> fließt relativ schlecht, bildet zum Lötkolben hin Nasen und bleibt nach
> dem Erstarren matt.

Was für Platinen benutzt du? Selbst geätzte, neue oder alte
abgelagerte industrielle Leiterplatten? Zinnblei oder Zinnsilber?
Lötdraht-Legierung?

> Verschiedene Löttemperaturen und zusätzliches
> Flußmittel ändern nichts daran. Oder woran liegt das?

Was für ein Lötkolben, wie viel Watt und was für Spitzen benutzt du
und wie reinigst du die Spitze zwischen den Lötungen? Lötet man zu
heiß, verdampft das Kolophonium zu schnell.

Löten muss man aber auch können, dass heißt, die Lötstelle erwärmen
und dann das Lötzinn zwischen Spitze und Pad zuführen. Natürlich kann
man auch seinen eigenen Stil perfektionieren.
Dabei verdampft das Kolophonium. Wenn der Dampf aufhört, muss
die Lötspitze schon von der Lötstelle weg sein. Muss also
geübt werden. Man kann da nicht sekundenlang rum braten und bewegt
werden darf die Lötstelle bis zur Erstarrung auch nicht.
Gute Lötstellen glänzen leicht matt silbern.

von Hp M. (nachtmix)


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oszi40 schrieb:
> Es gibt 60er und 40er Lötzinn. Das 40er ist für die Dachrinne.

... und es gibt Lötdraht ohne Flußmittel, oder mit mildem (RMA), das nur 
für das Verlöten von blitzblanken Neuteilen geeignet ist.

von Torben K. (tokuhila)


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> Woher bist Du so sicher, daß es 60er Lötzinn ist? Etikett?
> Es gibt 60er und 40er Lötzinn. Das 40er ist für die Dachrinne.

Auf dem Etikett kann man noch Felder lesen, sowie Sn60Pb40 und 
Flussmittelseele. Hab die Rolle mal vor Urzeiten von ner Elektronikmesse 
mitgebracht. Die Lötstellen damit erinnern an die ersten Lötversuche vor 
35 Jahren mit Sn40Pb60 Radiolot (hab ich auch noch im Keller). Die waren 
auch so stumpf.

> Was für Platinen benutzt du? Selbst geätzte, neue oder alte
> abgelagerte industrielle Leiterplatten? Zinnblei oder Zinnsilber?
> Lötdraht-Legierung?

Früher selbstgeätzt, heute nur noch industriell gefertigt, entweder HASL 
oder ENIG, gelötet wird ausschließlich bleihaltig mit billigem 
Pb60Sn38Cu2 in 0,5mm und 1mm sowie billigem Pb63Sn37 als Paste mit 
ordentlichen Ergebnissen.

> Was für zusätzliches Flussmittel hast Du probiert? Richtiges
> Flussmittelgel oder nur so ein Flussmittelstift?

Stannol X32, Edsyn FL22, China RMA223, China RMA218, 
Kolophonium/Iso-Mischung (sowohl mit als auch ohne Acetylsalicysäure).

Mal sehen was ich damit mache, brauchs zwar nicht aber zum wegschmeißen 
zu schade.

von Martin S. (sirnails)


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Dass die Lötstelle stumpf wird, liegt am Blei- und Zinnoxid auf der 
Oberfläche des Drahtes. Beim Aufschmelzen zieht es das automatisch nach 
außen auf die Oberfläche (Ausscheiden der Schlacke).

Da diese Schlacke ausschließlich auf die Oberfläche getrieben wird, 
bleibt die Lötstelle selbst sauber.

Auch wird durch die Hitze an den Bauteilen die Metallsalze aus den 
Anschlussdrähtchen gelöst und gehen ebenfalls in Lösung.

Je älter die Bauteile und das Lot, umso mehr Schlacke entsteht, umso 
matter wird die Oberfläche.

Nachdem sich aber das Lot passiviert, stockt dieser Prozess natürlich 
sodass man durch unendlich langes Lagern auch irgendwann nicht mehr 
Metallsalze im Lot bekommt.

Daraus ergibt sich auch die unendliche Lagerbarkeit.

Und zu der Frage, ob Flussmittel altert: Kolophonium gibt es als 
Bernstein in Jahrhunderttausend alten Funden. Es zersetzt sich nicht.

Ich würde mir keine Sorgen machen. Im Zweifelsfall ist es ganz sinnvoll, 
die Bauteilbeinchen vorher mit einem Glasfaserradierer zu säubern und 
Flussmittelgel zum Löten zu nutzen. Dann wird das auch was mit den 
schönen Lötstellen.

von bianchifan (Gast)


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Torben K. schrieb:
> Lötstellen mit nem billigen Sn60Pb38Cu2 werden hingegen traumhaft.

kenn ich nicht...

Ich hab' noch nen auf einer Rolle 60/40 1mm vom Bleiwerk Goslar von 
1978! ;)
hatte nie Probleme damit, bis ich vor ca. 2 Jahren in die Arduinowelt 
eingetaucht bin und auf Chinaplatinen löten durfte.
Erster Widerstand war die neue Lötkolbenspitze (bleifrei, wahrscheinlich 
Rohdingsbums), als die nach strapaziöser manueller Bearbeitung endlich 
Lot annahm streikten sämtliche pro mini PCB.
Einziges Ergebnis waren Verbrennungen aufgrund von Lotspritzern.
Ich hab dann die billigsten Röllekes aus Chinaland geordert, die ich 
gefunden habe, bis auf eine Ausnahme 63/37, Flussmittelgehalt 1,2% - 2%.
Sie funzten leidlich, den Durchbruch brachte der "Löthonig", hier 
irgendwo im Forum entdeckt.
Trotzdem sind bis auf wenige Ausnahmen alle Lötstellen stumpf, bei 
flüchtiger Betrachtung erwecken sie den Eindruck kalter Beschaffenheit.

Solange das Lot legiert ist mir dessen Aussehen wurscht.

von Sinusknoten (Gast)


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Ich verarbeite immer noch eine 30 Jahre alte Rolle mit ehemals 30 kg 
Lot, die beim Einsturz der DDR übriggeblieben ist. Blitzblanke 
Lötstellen.
Das einzig störende ist die reichlich dimensionierte Flussmittelseele.
Beim Löten auf Leiterplatten bleiben da reichlich Reste.
Bis jetzt hat sich aber noch niemand daran gestört.

Fazit: Lot vergammelt nicht, aber wenn es vorher Mist war, wird es durch 
lange Lagerung nicht besser.

von Torben K. (tokuhila)


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> Erster Widerstand war die neue Lötkolbenspitze (bleifrei, wahrscheinlich
> Rohdingsbums), als die nach strapaziöser manueller Bearbeitung endlich
> Lot annahm streikten sämtliche pro mini PCB.

Mit Nacharbeit an bleifreien China-Platinen hatte ich nie ein Problem. 
Ein Tropfen Flußmittel und etwas höhere Temperatur zum entlöten, 
nachlöten mit nem billigen Sn60Pb38Cu2 ebenfalls problemlos.

Alte Fittingslötpaste (z.B. Rosol) ist übrigens ein prima 
Lötspitzenreiniger und -verzinner.

> Ich würde mir keine Sorgen machen. Im Zweifelsfall ist es ganz sinnvoll,
> die Bauteilbeinchen vorher mit einem Glasfaserradierer zu säubern und
> Flussmittelgel zum Löten zu nutzen. Dann wird das auch was mit den
> schönen Lötstellen.

Hab ja besser funktionierendes Lot da, war nur interessehalber. Es 
verbindet sich ja mit den zu lötenden Teilen, nur die Oberfläche wird 
grundsätzlich stumpf, auch wenn es nur auf ein Stück Platine 
aufgeschmolzen wird, egal ob  und wieviel zusätzliches Flux verwendet 
wurde.

von Jörg E. (jackfritt)


Angehängte Dateien:

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Lötzinn wird nich alt, aber das Flussmittel und die aussenliegende 
Oxidschicht. Ich hatte vor ein paar Tagen ein Lötbad gebaut und altes 
Lötzinn geschmolzen. Soviel Schlacke die da zum Vorschein kam. Mann 
siehts auch noch auf den Bildern und auf dem Holzbrett. Das Lötzinn hat 
allerdings prima funktioniert und die Kupferdrähte perfekt benetzt. 
Nachdem ich diese, in mit WL verdünntem Löthonig, gewälzt habe.

von W.S. (Gast)


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Es gibt noch ein anderes Problem:

Bei manchen Herstellern ist die HAL-Verzinnung mit bleifreiem Zeug 
ziemlich dick. Dann mischt sich das Zeugs mit dem bleihaltigen Lot und 
das gibt nach meiner Erfahrung stumpfe Oberflächen und leicht 
kneteartiges, klebriges Verhalten und kein schönes Fließen beim Löten, 
wenn man den Kolben nicht auf Brenntemperatur stellt.

W.S.

von Paul B. (paul_baumann)


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Genau so, wie Du selbst,
so altert auch das Zinn
und gerade eben so wie Du
hat es auch eine Seele drin!

MfG Paul

von nemesis... (Gast)


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Martin S. schrieb:
> Und zu der Frage, ob Flussmittel altert: Kolophonium gibt es als
> Bernstein in Jahrhunderttausend alten Funden. Es zersetzt sich nicht.

Das eine ist Harz und das andere ist versteinertes Harz.
Das kann man nicht so einfach gleich setzen.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Jörg E. schrieb:
> und altes Lötzinn geschmolzen.

Ach, DU warst derjenige, der neulich die ägyptische Ausgrabungsstätte 
geplündert hat?! ;-)

von PHP-Noob (Gast)


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Lötzinn wird nicht alt, es wird erfahren!

von Gartensound-Bastler (Gast)


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Gerd E. schrieb:
> aber auch mit Sn60Pb40
> kann man bequem arbeiten. Daran wird der beschriebene deutliche
> Unterschied nicht liegen.

Das kann ich bestätigen, mit 2,5% Flux läuft Sn60Pb40 prima und die 
Lötstellen sind super.


>> Und zu der Frage, ob Flussmittel altert: Kolophonium gibt es als
>> Bernstein in Jahrhunderttausend alten Funden. Es zersetzt sich nicht.

Ach, gibt es Sn60Pb40 mittlerweile mit 2,5% Bernsteinseele? das ist 
bestimmt eine klumpig-trockene Angelegenheit! ;O)))

von Martin S. (sirnails)


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nemesis... schrieb:
> Martin S. schrieb:
>> Und zu der Frage, ob Flussmittel altert: Kolophonium gibt es als
>> Bernstein in Jahrhunderttausend alten Funden. Es zersetzt sich nicht.
>
> Das eine ist Harz und das andere ist versteinertes Harz.
> Das kann man nicht so einfach gleich setzen.

Doch, kann man. Auch Bernstein schmilzt und zerfällt durch Hitze über 
300°C. Mit Sicherheit sind die Fließeigenschaften andere. Es ging aber 
nicht um die Frage, ob es als millionen Jahre altes fossiles Harz noch 
lötbar ist, sondern nur darum, dass Harz Harz bleibt, auch wenn es 
fester wird.

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