Ich habe eine grundlegende Frage zu OFDM: Es heißt, die Kanalimpulsantwort erstreckt sich bei einem Einträgersystem (Single Carrier) über mehrere Symbolintervalle (die Dauer eines Symbols sei viel kürzer als die der Kanalimpulsantwort), sodass es zu starker ISI kommt. Bei einem Mehrtägersystem (Multi Carrier), wie OFDM, ist die Symboldauer aufgrund der Parallelisierung länger, sodass die Kanalimpulsantwort nur einen Teil des Symbols "überdeckt". Damit ist die ISI deutlich reduziert. Das habe ich sinngemäß aus dem Buch "Nachrichtenübertragung" von Kammeyer, 5. Auflage. Mein Problem: Mir fehlt jetzt "nur" noch das Verständnis zwischen der Impulsantwort und der ISI bzw. der Zusammenhang von Dauer der Kanalimpulsantwort und Symboldauer. Was sagt mir die Dauer der Kanalimpulsantwort ? Kann mir jemand, der sich mit OFDM auskennt, kurz und klar erklären wie man sich das vorstellen muss ?
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> Es heißt, die Kanalimpulsantwort erstreckt sich bei einem > Einträgersystem (Single Carrier) über mehrere Symbolintervalle Das klingt nach einer harten Tatsache, ist aber nicht so hart. Die Impulsantwort hängt vom Übertragungskanal ab. Die Dauer ist grob die Verteilung der verschiedenen Ausbreitungswege. Wenn es nur einen Weg gibt (also kein verfrühtes Übersprechen, Reflexionen, Umwege etc.), dann ist die Impulsantwort auch nur ein Peak. Eine (1) explizite Reflexion (aka Verzögerung) erzeugt einen zweiten Peak dazu. In der Praxis ist das natürlich alles weniger diskret... Der eigentliche Gag an OFDM ist aber, dass man mit der zusätzlichen Guard-Time an einem Symbol dran ein Echo mit kleinerer Länge komplett ignorieren kann. Man kann den Bereich eines Symbols raussuchen, der nicht mit anderen überlappt, damit wird ISI=0. Beispiel aus der Broadcasttechnik: Satellitenübertragen haben zwar ein maues SNR, aber so gut wie keine Reflexionen, daher ist DVB-S/S2 immer noch ein Einträgerverfahren mit hoher Symbolrate (vs. Kanalbreite). Kabel-TV hat ein gutes SNR, hat aber aufgrund der grossen Verteilstruktur schon ziemliche Echos. DVB-C als Einträgerverfahren mit kleiner Kanalbreite und vielen Bits pro Symbol (QAM256) muss da schon heftig mit Equalizern rumspielen, damit das bei ~6.9MBaud was wird. Deshalb gibts ab DVB-C2 OFDM mit 3048 Trägern und einer Symboldauer von ~500us. Terestrische Übertragung hat massiven Mehrfachempfang. Entweder macht man einen extrem aufwendigen Equalizer zur Unterdrückung von langen Echos (VSB8 beim US-Digital-TV), oder eben OFDM. DAB/DVB-T/T2 machen je nach Standard 1k-32k Träger mit Symboldauern von 100-3000us. Und mehrere synchrone Sender mit einer Laufzeit < Guardintervall erlauben grosse Sendegebiete mit nur einer Frequenz. Das geht mit Einträgersystem auch nicht (wirklich).
Danke für deinen Beitrag. Habe es immer noch nicht ganz begriffen.. "Die Dauer ist grob die Verteilung der verschiedenen Ausbreitungswege." Angenommen ich schicke nur ein einziges Symbol über den Kanal, kommt es dann zu ISI (?), weil das eine einzige Symbol beispielsweise einmal auf direktem Weg den Empfänger erreicht und einmal reflektiert wird und dann dadurch (verzögert) den Empfänger erreicht, also sich quasi das eine einzige Symbol "sich selbst überlagert" oder müssen mindestens 2 verschiedene Symbole beteiligt sein damit es zu ISI kommen kann ? Was bedeutet es wenn die Symboldauer kürzer/länger als die Impulsantwort ist ? Das mit der Dauer ist mir noch nicht klar...
Hallo durch das Guard-Intervall (zyklische Wiederholung des OFDM-Symbols) gibt es am Empfänger eine Zeitintervall, in dem das empfangene Signal nur von einem OFDM-Symbol abhängt. Vereinfachtes Beispiel: Ein OFDM-Symbol dauert 1 Sekunde. Durch eine zyklische Wiederholung wird es 1.3 Sekunden gesendet. Solange der Zeitunterschied der verschiedenen Ausbreitungspfade einer Mehrwegeausbreitung kleiner als 0.3 Sekunden ist, kann der Empfänger ein mindestens eine Sekunde langes Zeutintervall finden, in der das Empfangssignal nur von einem OFDM-Symbol abhängt. -> keine ISI. In dieser einen Sekunde steckt aber die Informstion des gesammten OFDM-Symbols und es kann dekodiert werden. Durch die Mehrwegeausbreitung hat der Kanal aber einen Frequenzgang, der mit Hilfe der Pilote in einem OFDM-Symbol geschätzt und durch einen einfachen 1-Tap-Equalizer im Frequenzbereich korrigiert werden kann. War lang, aber ich hoffe es hilft Markus
Und vielleicht noch kurz dazugesagt: ISI ist immer zwischen zwei Symbolen zu sehen, d.h. bei zeitlich kurzen Symbolen (typisch Einträgerverfahren mit hoher Symbolrate) wird durch Echos/Mehrwegeausbreitung das vorherige Symbol als Echo dem jetzigen Symbol überlagert, was die Dekodierung erschwert. Daher OFDM, das mit vielen langsam modulierten Trägern eine längere Symboldauer erzeugt und zusätzlich durch das Guard-Intervall (Zusatzdauer des gesendeten Symbols) die ISI eliminiert.
Was OFDM nicht eliminieren kann, ist ein Frequenzselektiver Kanal (d.h. scharfe Einbrüche im Frequenzband - Notches). Diese werden durch Verwürfeln der Trägernutzung und/oder FEC/Kodierung korrigiert.
HF-Werkler schrieb: > Was OFDM nicht eliminieren kann, ist ein Frequenzselektiver Kanal > (d.h. > scharfe Einbrüche im Frequenzband - Notches). Diese werden durch > Verwürfeln der Trägernutzung und/oder FEC/Kodierung korrigiert. Richtig. Aber der Equalizer wird "einfacher", weil man jeden Träger nur durch den komplexen Kanalkoeffizienten dividiere braucht, d.h. keine Faltung mit der Kanalimpulsantwort durchführen muss. Naja, dafür muss man eine FFT über die gesamte OFDM-Symboldauer + Guard-Intervall machen. Gibt halt nix geschenkt. Wenn der Kanal sich nicht oder nur langsam ändert (kabelgebunene Systeme wie DSL) kann man auch Bit- oder Power-Loading verwenden: "Schwache" Träger werden abgeschaltet oder mit einer robusten Modlationsstufigkeit (QPSK, BPSK) belegt und auf "starken" Kanälen kann man dann "Vollgas" geben mit maximaler Leistung und höchster Modulationsstufigkeit (M-QAM), so dass im Mittel die Datenrate konstant bleibt.
Ich danke euch für die zahlreichen Kommentare. Bitte verzeiht mir meine Unwissenheit, aber ich möchte nochmal auf meine Frage zurückkommen und versuche mal zusammenzufassen, so wie ich es bisher "verstanden" habe - falls ich Unsinn schreibe, dann stellt es bitte richtig: Einfach ausgedrückt gibt die Dauer der Kanlimpulsantwort die Verzögerungszeit, welche jedes einzelne Symbol erfährt, an. D.h. ist die Dauer der Kanalimpulsantwort 0, dann gibt es keine Verzögerung und damit auch keine ISI. Beispiel: (Ich nehme hier jetzt einfach Sekunden als Einheit an) Angenommen die Symboldauer sei 2 Sekunden. Ich schicke jetzt das 1. Symbol über den Kanal. Danach ein 2. Symbol. Angenommen das 1. Symbol wird reflektiert (wird also nicht auf direktem Weg zum Emüfänger übertragen) und erfährt aufgrund der Reflexion eine Verzögerung von 1 Sekunde. Es braucht also 3 Sekunden bis es den Empfänger erreicht. Das 2. Symbol (angenommen es wird auf direktem Weg zum Empfänger übertragen) hat ja dieselbe Symboldauer und hat deshalb 1 Sekunde bereits zurückgelegt - gerade zu dem Zeitpunkt erreicht das 1. Symbol den Empfänger. Das heißt, dass das 1. Symbol für 1 Sekunde lang sich dem 2. Symbol überlagert hat. Damit ist es zu ISI gekommen und das 2. Symbol wurde durch das 1. Symbol verfälscht. Bei einem Single Carrier System ist die Symboldauer viel kürzer als die Dauer der Impulsantwort. D.h. eine bestimmte Anzahl von Symbolen erfährt eine Verzögerung, wodurch sich die Symbole den jeweils nächsten Symbolen überlagern -> Starke ISI Bei einem Multi Carrier System, wie eben OFDM, ist die Symboldauer länger als die Dauer der Impulsantwort. D.h. nur ein "Teil" eines Symbols erfährt eine Verzögerung, wodurch es sich dem nächsten Symbol überlagert -> ISI ist hier, im Vergleich zu Single Carrier, deutlich reduziert Ich hoffe ihr versteht meine Erklärung. Kann mir jemand sagen, ob ich das so im Prinzip richtig sehe oder muss man sich das anders vorstellen ?
Kommt schon hin. Man verlängert durch die Parallelisierung der Träger, die sich nicht gegenseitig beeinflussen (=orthogonal) die Symboldauer, damit die langen Zeiten der Überlappung relativ zur neuen Symboldauer gesehen wieder kleiner werden. Alerdings gibt es da einen kleinen Haken, der bei der oberflächlichen Betrachtung eben gern unterschlagen wird, und der dann das Guardintervall erfordert: Damit das mit dem "orthogonal" funktioniert, darf man zur Symboldekodierung nur den Zeitraum nehmen, in dem keine Überlappung zweier Symbole ist. Auf der anderen Seite will man ja die höchstmögliche Symbolrate. Die ist wiederum dadurch begrenzt, dass sie nicht grösser als 1/Trägerabstand sein darf, sonst sind die Träger nicht mehr orthogonal. Im Ergebnis muss man also ein ungestörtes Fenster im Signal mit exakt der Symboldauer (=1/Trägerabstand) finden, das geht in die FFT. Damit das "ungestört" aber mit vorhandenem ISI überhaupt so möglich ist, muss man das Symbol durch das Guardintervall künstlich verlängern (praktisch gesehen ist das einfach ein Loopen). Das verringert zwar die Symbolrate wieder, aber ermöglicht überhaupt die ISI-Toleranz. Ohne das Guard-Intervall wäre OFDM nur eine sinnlose Demonstration, dass nach zwei FFTs hintereinander (bis auf die Skalierung) wieder dasselbe Signal rauskommt ;)
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