Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Berufsbegleitendes Technikstudium? macht das Sinn?


von Manuel K. (Gast)


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Hallo Forum!

Nun bin ich auch so desorientiert das ich hier um Rat fragen muss.
Einleitend kurz mal zu mir: bin 24 Jahre, arbeite als HTL Ing. bei 
HF-Technik Firma seit Januar diesen Jahres. Vorher war ich bei einer 
Halbleiterbude als Component Verification Eng. eingestellt. Soweit so 
gut, jedoch plagt mich immer noch ein bisschen das moralische Gewissen, 
denn für mich stand währen der Schule fest - du gehst auf die TU, 
studierst dort Hochfrequenztechnik und dann suchst dir eine Arbeit und 
machst vielleicht einen Doktor dazu. Wie es halt meistens anders kommt 
bin ich sofort nach der Schule bei besagter Bude gelandet (und wollte 
dort auch nur 1 max. 2 Jahre bleiben und danach studieren.) Super Klima 
( bis 0,5 Jahre vor meinem Austritt), tolle Aufgaben, wirklich tief in 
R&D und Budget ohne Ende für Messgeräte und sonstigem Kram.
Was negativ war, die unaussprechbare gläserne Decke - als 
Nicht-Akademiker keine Chance auf einen Aufstieg.
Leider wurde es dort nach Personalveränderung ziemlich ungemütlich, 
weshalb ich dann die Arbeit gewechselt habe.

Leider ist es mittlerweile so, dass ich alleine Wohnung und gewisse 
Fixkosten habe, weshalb ich ein bisschen Bammel vor einem 
Finanziellen-Ruin hab, wenn das "Studieren" doch nichts für mich ist. 
Ich hab aber nach wie vor den starken Drang was "Neues" zu lernen, 
Know-How zu vertiefen insbesondere in Digitale Modulationsverfahren, 
Halbleitertechnik, Codierungsverfahren, HF Schaltungsdesign mit 
Simulation etc. Ich hab im vorherigen Job so viele "Mysteriöse" Begriffe 
wie Transitor-Stacking, Rogers, MMICs,Deep-N-Well,RFFE,Bandgap-Reference 
gehört habe, dass ich diese gerne wirklich erlernen möchte. In meiner 
Ausbildung war dafür kein Platz!
 Klar kann ich das im Selbststudium aber spätesten bei Design-Tools und 
Simulationsprogrammen ist Schluss, da die meisten nicht leistbar sind. 
Ich würde auch gerne eine anerkannte Ausbildung besitzen, durch 
Mundpropaganda Jobs finden ist in dieser Branche nicht grad einfach!
Wenn ich jetzt sage, es geht mir nicht um ein bisschen mehr finanziellen 
Spielraum würde ich lügen, jedoch verwende ich den Großteil meiner 
Moneten nicht für Saufgelage oder Luxusurlaub sondern eher für meine 
Hobbys. Bei mir ist es wirklich so, dass eher Strom statt Blut in den 
Adern fließt, auch wenn wahrscheinlich der Akademiker drüber lachen 
kann. Ich bin Amateurfunker und meine Freizeit besteht aus allen 
möglichen elektronischen  Spielereien von Lauflichter mit Cortex M4, 
Röhrenverstärker, KW PAs, SMPS bis DDS ist alles dabei. Ich betreibe das 
sicher nicht auf einem hohen Wissenschaftlichen Niveau und verstehe 
manche Sachen wirklich nicht, weshalb sie z.B so funktionieren. Es macht 
mir jedoch viel Spaß, ich schreck damit nur bedingt Frauen ab und 
beruflich hat es mir bis dato nicht geschadet. Ich hab es wirklich 
geschafft in gewisser Weise mein Hobby zum Beruf zu machen und ich 
gehöre zu den Leuten, die Herzklopfen bekommen wenn Rohde&Schwarz einen 
neuen Spektrumanalyzer vorstellt und HP (Agilent) ((Keysight)) 
Kugelschreiber verteilt.
Somit würde ich behaupten ich werde zu 80% für die Selbstbefriedigung 
meiner Wissenslücken studieren und 19%  um mehr Kohle zu verdienen und 
die Chance auf ein bisschen Führungskraft. Das Fehlende Prozent ist für 
das Privileg bei Formularen einen Titel ankreuzen zu können:D Scherz am 
Rande.
Es werden in Österreich ein paar Berufsbegleitende Technikstudien 
angeboten und ein Fernstudium (nennt sich Elektronik/Wirtschaft auf der 
FH Technikum Wien). Mein Schlachtplan wäre nun wie folgend:
-  Bachelor auf einer FH -> dort gibt es berufsbegleitende Studien und 
Fernstudien für mein Interessensgebiet
-  Master auf einer TU machen. Laut meinen Infos wird das eine dicke 
Portion Eier brauchen und kein Honigschlecken. Wie sieht ihr hier die 
Chancen? Ist sowas möglich oder ist die Anzahl der Vorlesungen/Prüfungen 
so hoch, dass man Jahre damit verbringt? Das FH Studium ist kein 
„Hardcore Technik Studium“ sondern eher für BWLer gedacht, die nacher 
Löten können ohne Suizid zu begehen, deshalb hab ich hier so meine 
Zweifel was mir wirklich anerkannt wird.
-  (PhD) auf einer TU. Ich möchte mich diese Option frei halten, somit 
scheidet ein Master auf einer FH (realistisch für Österreich betrachtet 
aus)
Ist dieses Vorhaben realistisch oder würdet ihr das ganze bleiben 
lassen? Was sind eure Meinungen dazu?
Vielleicht kurz noch zu meiner Unzufriedenheit mit meiner Ausbildung:
Es ist nach wie vor in Österreich noch modern diese Schule zu besuchen. 
Man geht dort nach 8 absolvierten Schuljahren hin (sprich nach der 
Hauptschule oder der Unterstufe des Gymnasiums) und verbringt dort 5 
Jahre. Dann schreibt man seine Matura (Abi) und danach muss man 3 Jahre 
in der „Branche“ arbeiten bevor man den heiligen „Ing.“ verliehen 
bekommt. Meiner Meinung nach ein total lächerlicher Ansatz und die 
Ausbildung ist global gesehen nicht vergleichbar. Das ist irgendwie so 
eine Mistgeburt aus FH/Gymnasium/Lehre die nur unser Alpenvolk für 
notwendig hält. Ja, es war mal vor 10-20 Jahren so, dass man als 
Absolvent einer HTL ein mittelgroßer Fisch in einem moderatem 
Unternehmen geworden ist, heute ist das definitiv nicht mehr so (meiner 
Meinung nach auch zurecht!). Man hat über die gesamte Elektronik ein 
bisschen Überblick aber kann nichts so wirklich gut. Man lernt CPLDs 
aber kein VHDL, man layoutet Platinen aber keine Multilayer, man lernt 
über Oszillatoren aber S-Parameter werden verheimlicht, man programmiert 
8051er aber keine 16/32-Bit Controller und, und, und… Das wissen auch 
die Unternehmen und die stellen lieber einen Entwickler ein der ein 
Gebiet total beherrscht. So sieht leider die Realität aus und 
mittlerweile sind Geselle(Facharbeiter) und HTL-Absolvent  auf einer 
Stufe. Sowohl fachlich als auch finanziell.
Besucht man so eine Schule hat man irgendwie das Gefühl so eine 
Zeitreise in die Jahren 1990/2000 zu machen. Die Technik und der 
Lehrplan hinken hinterher, alte Technologien werden reingepeitscht und 
das „Neue“ verpönt! Man verstehe mich nicht falsch, ich liebe alte 
Technik, vor allem Röhren und frühe ICs z.B: Intel4004, und ich bin auch 
froh gelernt zu haben ein PCB mit der Hand zu zeichnen, warum ein CAD 
Programm wie Eagle unnötig und wie die Pest gescheut wird ist mir bis 
heute ein Rätsel. Aber jedem das seine!
Ich weiß, dass hier vorherrschend User aus der BRD sind und ich weiß 
auch aus eigener Erfahrung das die Mehrheit mit "HTL aka Höhere 
Technische Lehranstalt (eine  Art Technisches-Gymnasium)“ nicht wirklich 
viel anfangen kann, jedoch hoffe ich auf ein paar Erfahrungen von 
Alten-Hasen, Grünschnäbel, Studenten! Ich hab schon mit vielen 
Kollegen/Profs/Studenten gesprochen, so wirklich einen, der diesen Weg 
eingeschlagen hat hab ich nicht getroffen. Es ist mir auch bewusst, dass 
man im Leben auch Entscheidungen und vor allem Fehlentscheidungen 
treffen muss um seinen Weg zu finden, jedoch würde ich gerne vorher 
wissen ob ich nicht doch mit lachendem Gesicht in eine Kreissäge laufe.

Grüße aus Ö und schönen Abend!
Manuel

von proxyhatch (Gast)


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Also ich finde es gut, dass du dich weiterbilden möchtest. Ich kann dir 
als FH-Absolvent (D) nur ein paar allgemeine Hinweise geben:

- Das Studium ist nicht immer einfach
Neben den Grundlagenfächern musst du eventuell auch für Studienfächer 
büffeln, die dir nicht so gut liegen (z. B. Physik, Regelungstechnik, 
BWL/VWL/Arbeitsrecht, Informatik). Ein Vollzeit-Studium ist meist so 
ausgelegt, dass der Student eine gewisse Präsenzzeit hat und zuhause den 
Stoff nacharbeitet, d. h. der Zeitaufwand in Summe also 40 h pro Woche 
beträgt. Manche Leute lernen langsamer und müssen entsprechend mehr Zeit 
in das Selbststudium investieren. Wenn du nebenbei arbeiten musst, 
leidet evtl. das Studium darunter und verlängert sich entsprechend

- Gute Studienorganisation ist gefordert
Wenn du von deinem Job nach Hause kommst, kannst Du den Fernseher 
anschmeißen und entspannen. Während des Studiums musst Du dich 
gelegentlich dazu zwingen, nach Feierabend Studienarbeiten/Protokolle 
anzufertigen oder Seminare vorzubereiten. Während des Grundstudiums kann 
es ziemlich stressig sein, in den höheren Semestern entspannt sich die 
Situation

- Absolviertes Studium ist keine Jobgarantie
Auf dem (deutschen) Arbeitsmarkt sieht es momentan gut aus, aber wenn du 
dich nicht rechtzeitig um deine Karriere kümmerst (Praktika, 
Werkstudententätigkeit etc.) kann das gewaltig in die Hose gehen. Gibt 
es in Österreich Bedarf an HF-Ingenieuren? Kennst du schon gewisse 
Unternehmen? Bist du ortsgebunden?

- Wo siehst du dich in 5 Jahren?
Wenn du realistisch bist, hast Du in 5 Jahren gerade mal deinen Bachelor 
geschafft und könntest gerade so mit einem Master anfangen. Du musst 
auch bedenken, dass sich in 5 Jahren der Arbeitsmarkt komplett ändern 
kann (sog. Schweine-Zyklus). Der Bedarf an Ingenieuren in einer 
bestimmten Branche lässt sich sehr schwer abschätzen.

Eine Promotion wäre nur etwas für dich, wenn du an Grundlagenforschung 
interessiert bist. Unter Idealbedingungen könntest du in 8 Jahren 
promovieren, allerdings wäre nicht die Industrie dein Karriereziel, 
sondern eine Position als Postdoc an einer Universität oder an einem 
Forschungsinstitut.

- Scheitern auch mit einplanen
Es könnte sein, dass du dein Studium aus irgendwelchen Gründen abbrechen 
musst (aus privaten/gesundheitlichen Gründen z. B.). Ein Plan B und C 
sollte immer vorhanden sein. Würde die Rückkehr in den Arbeitsmarkt 
klappen?

- Karriere als HF-Ingenieur?
So wie ich es aus Gesprächen mit Kollegen mitbekommen habe, kosten 
Ingenieure ein Unternehmen nur Geld. Deine Arbeit wird nicht so hoch 
wertgeschätzt wie sie es eigentlich sein sollte. Karrieremöglichkeiten 
für Ingenieure gibt es durchaus, allerdings müsstest du 
Personalverantwortung übernehmen. Und ich denke, das entfernt sich ein 
bisschen von dem, was du machen möchtest (Forschung und Entwicklung 
statt (Projekt-)Management).


Also laut deiner jetzigen Position spricht vieles gegen ein Studium. Du 
musst schon Stressresistent sein, längere Durststrecken hinnehmen, evtl. 
deinen Lebensstandard über mehrere Jahre absenken und es garantiert dir 
keiner, dass es am Ende mit dem Job/Abschluss klappt.

Andererseits kann ich jedem ein Studium empfehlen, der sich von Natur 
aus für Technik interessiert, neugierig und lernwillig ist. Die 
Belohnung am Ende eines Studiums ist nicht der akademische Grad, sondern 
eine einmalige Lebenserfahrung mit jeder Menge Höhen und Tiefen! Du 
entwickelst dich fachlich und persönlich, gehst manchmal an die Grenzen. 
Sowas erlebst du in einem routiniertem 9-to-5-Job nicht.

HTH
proxyhatch

Manuel K. schrieb:
> Ich bin Amateurfunker

Die korrekte Bezeichnung ist Funkamateur! Zefix!!!

von Lot (Gast)


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Studier lieber was mit bla bla.  Tldr;

von klausi (Gast)


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Ja immer arbeiten ist langweilig.

Geh studieren!
Für ne Master kannst du dann immer noch an ne Uni.

Nicht dass irgendwann kommt:
Hätt ich doch, dann...

von mitgelesen (Gast)


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> Es ist mir auch bewusst, dass man im Leben auch Entscheidungen und vor
> allem Fehlentscheidungen treffen muss um seinen Weg zu finden, jedoch
> würde ich gerne vorher wissen ob ich nicht doch mit lachendem Gesicht in > eine 
Kreissäge laufe.
Du mußt Entscheidungen treffen, die sich später als Fehler erweisen 
könnten.
Wer schon vorab eine Entscheidung trifft wissend, daß es eine 
Fehlentscheidung sein wird, der ist dumm.
mein Tip:
Bewirb Dich bei Großkonzernen - die sind auch bereit Dir ein komplettes 
Studium zu finanzieren; da wird es auch heute noch Möglichkeiten geben, 
ansonsten internen Aufstieg wählen. Kleine Firmen sind eher eine 
Sackgasse.
Wichtig ist, daß Du ein Studium nicht finanzieren mußt - notwendig ist 
das heute nicht mehr sondern ein zusätzlicher Skill in Bezug auf 
Konkurrenz.

von Zocker_50 (Gast)


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> Re: Berufsbegleitendes Technikstudium? macht das Sinn?

Ja !

von Cha-woma M. (Firma: --------------) (cha-ar-196)


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Zocker_50 schrieb:
>> Re: Berufsbegleitendes Technikstudium? macht das Sinn?
>
> Ja !

Nein!

Wer Etechnik-HTL`ler ist sollte mehr in Richtung Inf plus Wirtschft 
gehen.
damit läßt sich definitiv später mehr Kohle machen!

von Ingenieur (Gast)


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Cha-woma M. schrieb:
> damit läßt sich definitiv später mehr Kohle machen!

"Kohle machen" ist doch öde, Selbsterfüllung im Beruf ist jetzt der neue 
Trend!

von Zocker_50 (Gast)


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> Autor: Cha-woma M. (Firma: --------------) (cha-ar-196)
> Datum: 15.05.2016 19:57

> Wer Etechnik-HTL`ler ist ....

Was ist HTL ?

Gibt es in Deutschland nicht.

von klausi (Gast)


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Zocker_50 schrieb:
> Was ist HTL ?
>
> Gibt es in Deutschland nicht.

schau mal ins Nachbarland. tu felix austria!

von Zocker_50 (Gast)


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> Autor: klausi (Gast)
> Datum: 16.05.2016 09:56

> schau mal ins Nachbarland.

Frankreich ?

von Cha-woma M. (Firma: --------------) (cha-ar-196)


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Ingenieur schrieb:
> "Kohle machen" ist doch öde, Selbsterfüllung im Beruf ist jetzt der neue
> Trend!

Ok, da wir "Decarbonisierung" der Industrie als neues Ziel haben ist 
"Kohle" out!
Wir sollten also in Zukunft das Hotel Mama als berufliches Ziel der 
Jugend sehen!

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