Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Trafo bei DC/DC Wandler


von Michael W. (Gast)


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Hallo !

Ich habe einen einfachen ungeregelten Durchflusswandler in H-Brücken 
Topologie

4xNFET
50V primär, H-Brücke
2x50V sekundär, Mittelpunkts-Schaltung
0,5A DC max
High Side + Low Side Gate Treiber (1A)
getaktet mit 512kHz, 90% duty cycle
Kernmaterial N87
Abmessungen: 21,5x21,5x12,0mm
Lh=165uH, Rs=100mOhm, N1=12, N2=13

(Schaltung kann ich senden, wenn erforderlich)


zunächst auf einer wirklich haarsträubenden Lochrasterplatte aufgebaut. 
Es zeigte sich, dass die Schaltung "perfekt" funktioniert und die 
Komponenten nicht übermäßig warm wurden. Im Leerlauf blieb der Trafo 
weitgehend "kalt" (35°C). Bei Voll-Last blieben die MOSFETS unter 40°C, 
der Trafo ging auf 60°C.

Nun haben wir ein größeres Layout entwickelt (nicht direkt bei uns), wo 
u.A. diese Komponenten platziert werden. Beim ersten Test zeigte sich, 
dass der Wandler zwar funktioniert, jedoch wird der Trafo im Leerlauf 
deutlich wärmer (nicht kritisch, aber eben um 10° mehr: 45°C) als am 
Prototypen (FETs unverändert).

Der einzige Unterschied ist der mechanische Aufbau und das 
"professionelle" Layout. Der Trafo liegt an der Platine eng an. Ich 
frage mich jetzt, wie es ein kann, dass der Trafo nun wärmer wird. Es 
können ja nur die Kernverluste sein - oder? Die hängen aber doch nur vom 
Spannungshub und der Frequenz ab. Was könnte sich jetzt anders 
verhalten? Kann es sein, dass die Qualität des Kernmaterials streut? 
oder die Wärmeableitung schlechter ist?

Danke und liebe Grüße
Michael

von voltwide (Gast)


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10C sind nicht gerade die Welt. Kann es sein, dass der Trafo von 
naheliegenden Wärmequellen mit geheizt wird?

von Michael W. (Gast)


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Nein, da ich die Baugruppe am Tisch liegen hatte.
10° sind nicht die Welt, aber es ist deutlich.

von voltwide (Gast)


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Um auf die Idee mit dem Al-Verlust zurück zu kommen: Es besteht ja die 
theoretische Möglichkeit,dass der Kern gebrochen ist. Nur macht das bei 
einem Sperrwandler Al=150 keinen derart drastischen Unterschied.

von Achim S. (Gast)


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hast du in der professionellen Version eine Massefläche unter dem Trafo? 
In der werden durchs Streufeld Wirbelströme induziert, so dass in dem 
Fall der Leerlauf nicht ganz so leer läuft wie in der unprofessionellen 
Version.

Wenn das die Ursache für die zusätzliche Erwärmung sein sollte (wobei 
10° wegen dem bisschen zusätlichen Wirbelstromverlusten schon deftig 
wären), macht es sich vor allem im Leerlauf bemerkbar: bei Belastung 
spielen die Leerlaufverluste eine geringere Rolle (und das Streufeld 
wird geringer).

von Günter Lenz (Gast)


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Michael W.Es schrieb:
>können ja nur die Kernverluste sein - oder? Die hängen aber doch nur vom
>Spannungshub und der Frequenz ab. Was könnte sich jetzt anders
>verhalten? Kann es sein, dass die Qualität des Kernmaterials streut?
>oder die Wärmeableitung schlechter ist?

Es entstehen Verluste durch Wirbelströme, die sind Frequenzabhängig.
Ist das Kernmaterial für diese Frequenz geeignet, was sagt der 
Hersteller?
Ist sichergestellt das der Kern nicht in Sättigung geht?
Bei Sättigung steigt der Strom steil an und erzeugt Verluste
am ohmischen Widerstand der Wicklung. Die Sättigung ist abhängig
von Strom mal Windungszahl, der Spannungshub trägt nicht
zur Sättigung bei. Wenn Sättigung befürchtet wird, einen größeren
Kern benutzen. Muß der Kern Energie speichern? Das ist von der
Schaltung abhängig, wenn ja, muß der Kern dafür ausgelegt sein
oder einen Luftspalt haben.

von voltwide (Gast)


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Achim S. schrieb:
> bei Belastung
> spielen die Leerlaufverluste eine geringere Rolle (und das Streufeld
> wird geringer).

Warum sollte bei Belastung das Streufeld geringer werden? Typischerweise 
wird der Trafo eines Sperrwandler mit wachsender Belastung weiter durch 
magnetisiert - und damit wächst auch das Streufeld.

von Michael W. (Gast)


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Günter Lenz schrieb:
> am ohmischen Widerstand der Wicklung. Die Sättigung ist abhängig
> von Strom mal Windungszahl, der Spannungshub trägt nicht
> zur Sättigung bei. Wenn Sättigung befürchtet wird, einen größeren
> Kern benutzen. Muß der Kern Energie speichern? Das ist von der
> Schaltung abhängig, wenn ja, muß der Kern dafür ausgelegt sein
> oder einen Luftspalt haben.

wir haben den Trafo von einem bekannten Hersteller für die Frequenz 
designen und anfertigen lassen (Stückzahlen!). Das Kernmaterial liegt 
mit der Frequenz zwar genau an der Grenze, jedoch hatte ich im 
Prototypen ja auch keine Probleme. Querschnitt und Windungszahl passt. 
Energie muss keine gespeichert werden (ist ja ein Durchflusswandler).

von Achim S. (Gast)


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voltwide schrieb:
> Warum sollte bei Belastung das Streufeld geringer werden? Typischerweise
> wird der Trafo eines Sperrwandler mit wachsender Belastung weiter durch
> magnetisiert - und damit wächst auch das Streufeld.

So denkt man sich das naheliegenderweise. Ist in Wahrheit aber trotzdem 
umgekehrt (zumindest bei nichtidealen Spannungsquellen auf der 
Primärseite): je kleiner die Belastung, desto größer ist die 
Magnetisierung und damit das Streufeld.

Bei größerer sekundärseitiger Belastung fließt zwar mehr Strom, aber das 
ist kein (induktiver) Magnetisierungsstrom sondern Wirkstrom auf der 
Sekundärseite. Man denkt zwar, dass ein zusätzlicher Primärstrom zu 
einem stärkeren Magnetfeld führen sollte, aber das wird durch den 
sekundären Wirkstrom grade wieder abgebaut (deshalb sind es Wirkströme, 
keine Magnetisierungsströme).

Bei einer idealen Quelle auf der Primärseite und einer beliebig 
niederohmigen Primärspule wäre das Feld im Trafo also erst mal 
unabhängig von der Belastung. Aber die meisten Quellen sind nicht ideal 
(und die Primärwicklung ist es auch nicht). Je mehr Primärstrom fließt, 
desto mehr Spannung fällt an Widerständen ab (Innenwiderstand der 
Quelle, Drahtwiderstand der Primärwicklung...) und desto weniger 
Spannung bleibt für die Primärinduktivität übrig -> mehr Stromfluss 
durch höhere sekundärseitige Belastung führt beim Trafo zu etwas 
geringerer Magentisierung. Klingt paradox, ist aber trotzdem so.

Nochmal die Frage an den TO: ist in dem neuen Layout eine Massfläche 
unter dem Trafo?

von Achim S. (Gast)


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voltwide schrieb:
> Typischerweise
> wird der Trafo eines Sperrwandler mit wachsender Belastung weiter durch
> magnetisiert - und damit wächst auch das Streufeld.

Ach, jetzt seh ich den Punkt: du beschreibst einen Sperrwandler (und der 
muss im Leerlauf tatsächlich "gar nicht magnetisiert" werden). Der TO 
arbeitet aber mit einem ungeregelten Flusswandler (also wie ein 
"klassischer" Trafo, nur mit höherer Frequenz).

von Michael W. (Gast)


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ja, genau!

von Michael W. (Gast)


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Achim S. schrieb:
> Nochmal die Frage an den TO: ist in dem neuen Layout eine Massefläche
> unter dem Trafo?

nein

von Homo Habilis (Gast)


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voltwides Antworten gehören eigentlich dahin (Tab verwechselt?):

Beitrag "Vergossener Wandler verliert Induktivität"

Hierzu: Ich ziehe an den Haaren mal die Vermutung heran, daß beim 
Lochrasteraufbau der Strom durch die schwächer dimensionierten 
Leiterbahnen begrenzt wurde. Und jetzt halt fast nur noch der (haupts. 
"AC"-) Widerstand des Trafos dafür sorgt - weshalb nun dort größere 
Verluste als zuvor entstehen.

Wäre der damalige Aufbau noch vorhanden, ließe sich das an der 
resultierenden Erwärmung der Leiterbahn-Schwachstelle(n) oder am doch 
deutlich geringeren Maximaloutput erkennen, falls es daran liegt.

von Michael W. (Gast)


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die Erwärmung ist ja im Leerlauf bei einem Primärstrom von ca 10mA 
(0.5W).
Maximal kann man problemlos 500mA rausholen (25W).

von Homo Habilis (Gast)


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Michael W. schrieb:
> die Erwärmung ist ja im Leerlauf bei einem Primärstrom von ca 10mA
> (0.5W)

Entschuldige bitte - da war ich unaufmerksam.

Hm - daß die LoRaPlatine den Leerlaufstrom sehr weit begrenzt hatte, 
eher unwahrscheinlich. Ich rühre noch weiter im Unklaren (ahnungslos): 
Verdacht, daß zumindest ein Großteil des Spannungsabfalls an den 
schwachen Leiterbahnen stattgefunden haben könnte? Und so das 
V*sec-Produkt entscheidend begrenzt hatte?

(Obwohl das bei den relativ hohen Widerstandswerten eines Mini-Trafos 
unwahrscheinlich ist - aber mir fällt einfach nix anderes ein, außer... 
einer unbemerkten, noch hochohmigeren Schwachstelle im Strompfad, der 
noch stärkeren Effekt wie o.g. etwas zu schmale Bahnen gehabt haben 
könnte.)

von Günter Lenz (Gast)


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Achim S. schrieb:
>voltwide schrieb:
>> Warum sollte bei Belastung das Streufeld geringer werden? Typischerweise
>> wird der Trafo eines Sperrwandler mit wachsender Belastung weiter durch
>> magnetisiert - und damit wächst auch das Streufeld.

>So denkt man sich das naheliegenderweise. Ist in Wahrheit aber trotzdem
>umgekehrt (zumindest bei nichtidealen Spannungsquellen auf der
>Primärseite): je kleiner die Belastung, desto größer ist die
>Magnetisierung und damit das Streufeld.

Ein Streufeld ist ja ein Magnetfeld, was der Kern in die Umgebung
abgibt und das wird bei Belastung der Sekundärseite größer.
Es gab mal zu DDR-Zeiten ein Modelleisenbahntrafo, da wurde dieser
Efekt ausgenutzt und damit ein Überlastungsschutzschalter realisiert.
Bei Überlastung des Trafos hat dann das Streufeld diesen Schalter
ausgeklinkt. Ein Streufeld kann man weitgehend unterdrücken,
wenn man eine Bifilarwicklung aufbringt oder bei einem Ringkern
die Wicklungen gleichmäßig auf den ganzen Umfang verteilt.

 Achim S. schrieb:
>Bei größerer sekundärseitiger Belastung fließt zwar mehr Strom, aber das
>ist kein (induktiver) Magnetisierungsstrom sondern Wirkstrom auf der
>Sekundärseite. Man denkt zwar, dass ein zusätzlicher Primärstrom zu
>einem stärkeren Magnetfeld führen sollte, aber das wird durch den
>sekundären Wirkstrom grade wieder abgebaut (deshalb sind es Wirkströme,
>keine Magnetisierungsströme).

Dieser Aussage stimme ich zu.

von Mark S. (voltwide)


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Ja, mit dem Sperrwandler bin ich hier im falschen thread gelandet.
Sorry für die Unaufmerksamkeit.

Evtl hilft folgendes zur Aufklärung:
Lass den Trafo 1x vollständig abkühlen auf Zimmertemperatur.
Dann schalte ein und beobachte mit einem Oberflächenthermometer während 
der Aufheizphase Kern und Wicklung, also vor Erreichen des thermischen 
Ausgleichs. Wo es heißer ist, kommt die hauptsächliche Wärme her.

Unerklärliche Wärmeentwicklungen konnte ich bislang eigentlich immer auf 
Wicklungsverluste zurückführen - wobei gerade proximity-Effekte oft 
völlig unterschätzt werden. Wenn keine Not besteht, würde ich unbedingt 
von 500kHz herunterschalten auf ca 100kHz - da läuft alles viel 
entspannter.

: Bearbeitet durch User
von Jobst M. (jobstens-de)


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Michael W. schrieb:
> Der Trafo liegt an der Platine eng an.

Weniger Luftzirkulation?


Gruß

Jobst

von Mani W. (e-doc)


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Michael W. schrieb:
> Der einzige Unterschied ist der mechanische Aufbau und das
> "professionelle" Layout. Der Trafo liegt an der Platine eng an.


Und da wunderst Du Dich über eine Erwärmung?

Fehlende Luftzirkulation erhöht natürlich die Trafothemperatur...

von Michael W. (Gast)


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Mani W. schrieb:
> Michael W. schrieb:
>> Der einzige Unterschied ist der mechanische Aufbau und das
>> "professionelle" Layout. Der Trafo liegt an der Platine eng an.
>
>
> Und da wunderst Du Dich über eine Erwärmung?
>
> Fehlende Luftzirkulation erhöht natürlich die Trafothemperatur...

ja, schon - aber gleich um so viel? Er liegt ja immer noch sehr luftig 
auf, bis auf die Unterseite halt. Möglich wärs aber...

von Jobst M. (jobstens-de)


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Du hast dem Teil die Möglichkeit genommen, frische Luft von unten 
anzusaugen. Wenn rund um den Trafo noch hohe Bauteile sitzen findet nur 
noch sehr wenig Luftaustausch statt.

Du könntest Luftlöcher in die Platine machen.

Gruß

Jobst

: Bearbeitet durch User
von Mani W. (e-doc)


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Jobst M. schrieb:
> Du hast dem Teil die Möglichkeit genommen, frische Luft von unten
> anzusaugen. Wenn rund um den Trafo noch hohe Bauteile sitzen findet nur
> noch sehr wenig Luftaustausch statt.
>
> Du könntest Luftlöcher in die Platine machen.
>
> Gruß

Das wäre zumindest eine gute Lösung und man sollte nicht unterschätzen,
was Konvektion bedeutet...

von Michael W. (Gast)


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ich werde mal den Ruhestrom im Leerlauf in beiden Varianten messen. Ist 
er gleich, kann es nur an der Konvektion liegen.

von Homo Habilis (Gast)


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Viel Erfolg! ^^

von Mani W. (e-doc)


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Wenn es nicht anders geht, dann einen kleinen Lüfter einbauen,
die Frage ist jetzt, auf welche Maximalthemperatur der Wandler steigt...


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