Forum: Offtopic Mathematische Frage: PDG in Zylinderkoordinaten


von Tobias P. (hubertus)


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Hallo allerseits

hier eine schwierige Frage, aber sie passt am besten ins Offtopic, denke 
ich. Es geht um eine partielle Differentialgleichung.

Ich habe eine Geometrie wie im Anhang. Im Wesentlichen ist es ein 
Hohlzylinder, in dessen Inneren ein kleinerer Zylinder ist. Die 
Konstruktion sei aus perfekt leitendem Material. Der grosse Zylinder 
habe Innenradius rc und Länge l, der kleine Zylinder (der auf dem 
"Boden" leitend befestigt ist) habe Länge l-d und den Aussenradius rr. 
Also sowas wie im Photo.

Nun möchte ich im Innern dieser Struktur die Wellengleichung lösen, um 
bestimmen zu können, wie das elektromagnetische Feld in dieser Anordnung 
aussehen könnte. Aus numerischen Simulationen weiss ich ungefähr, was 
ich erwarte, aber ich möchte es noch versuchen, analytisch zumindest 
Ansatzweise zu lösen.

So weit bin ich gekommen: man stellt die Helmholtzgleichung in 
Zylinderkoordinaten auf

(Helmholtz.png)

und hat dann für das elektrische Feld die Komponenten Psi_r, Psi_phi, 
Psi_z, die alle dieser Helmholtzlgleichung genügen müssen.

Ich habe nun versucht, das mit einer Separation zu lösen. Ich bin so 
weit gekommen, dass ich die Gleichung zwar separieren konnte, aber mein 
Problem ist jetzt, wie ich meine Randbedingungen dort einbringe. Ich 
habe folgende Randbedingungen gewählt:

(Randbedingungen.png)

Und die separierten Gleichungen lauten:

(separiert.png)

(die Abkürzung a ist a^2 = k^2 - k_z^2 )

Fraglich ist nun, was ich da mit den Randbedingungen machen soll. Ich 
habe mir überlegt, ich versuche zuerst die z-Komponente des elektrischen 
Felds zu finden, weil für diese weniger Randbedingungen gelten. Und zwar 
muss diese z-Komponente entlang der Innenwand des äusseren Zylinders 
verschwinden, und sie muss entlang der Aussenwand des inneren Zylinders 
verschwinden. Aber wie bringe ich das in meine 3 gewöhnlichen DGLn mit 
ein?

Ich weiss nicht, ob sich mein Problem hier überhaupt analytisch lösen 
lässt, aber in einem IEEE Paper habe ich in einem Nebensatz gelesen, 
dass es möglich sei, und mich interessiert die Lösung. Daher wollte ich 
es versuchen, habe jetzt eine weile geknobelt und komme nicht ganz 
weiter ;-)

Dass die letzte DGL die Lösung

R = J_n(a * rho)

haben sollte, habe ich schon heraus gefunden, es ist die Besselfunktion 
1. Gattung. Aber was mache ich mit den Randbedingungen für z?


PS: Gleichungen als Bilder angefügt, weil LaTeX noch nicht wieder zu 
funktionieren scheint.

: Bearbeitet durch User
von Pandur S. (jetztnicht)


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Die gezeigte Form ist ein Resonator. Der uebliche Mode hat das E-Feld 
senkrecht im Luftspalt, und das H-Hals im, entlang dem umlaufenden 
Kanal, rotationssymmetrisch zur Bauteilachse. Die Wandstroeme sind in 
der Schnittebene, senkrecht zum gezeigten Schnitt, und umfassen zusammen 
mit dem Verschiebungsstrom durch den Luftspalt das H-Feld. Die 
Verschiebungsstroeme sind auch rotationssymmetrisch zur Bauteilachse. 
Das erste was nicht analytisch geloest werden kann, ist das E-Feld im 
Luftspalt.

Ich wuerde erst mal einen Sektor mit dem Winkel dphi nehmen, der 
Wandstrom zusammen mit dem Verschiebungsstrom laeuft innerhalb des 
Hohlraumes rund rum und sonst nirgendwo, dh kein Austausch mit 
ausserhalb des Sektors. Das Problem ist geloest durch eine periodische 
Fortsetzung davon auf 2Pi. Aussen haben wir mehr Flaeche, daher ist dort 
die Stromdichte geringer. dH das H-Feld in innen groesser als aussen im 
Sektor.

Falls erwuenscht, koennte ich Resultate einer FEM Simulation hier 
einstellen.

: Bearbeitet durch User
von Tobias P. (hubertus)


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Hallo hallo,

vielen Dank für das Angebot mit der FEM-Simulation. Ich habe bereits 
selber eine FEM-Simulation gemacht und weiss eigentlich, wie das 
Resultat aussehen wird. Ich möchte aber versuchen, es analytisch zu 
lösen um

a) einen Vergleich mit der Simulation machen zu können
b) um analysieren zu können, welche höheren Moden es noch gibt und wie 
diese aussehen.

Ich glaube aber mittlerweile, dass mein Separationsansatz nicht richtig 
ist, ich denke mit diesen Gleichungen ist es gar nicht möglich, die 
Randbedingungen allesamt zu erfüllen - ich müsste also vmtl. meinen 
Separationsansatz ändern, aber wie?

von Pandur S. (jetztnicht)


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Betrachte die Wansstroeme fuer einen duennen Sektor. Die Wandstrome sind 
dann in der Ebene, Das H-Feld senkrecht dazu. Das E-Feld im Spalt nimmst 
du mal in erster Naeherung als senkrecht zum Luftspalt an. Wenn du dann 
die radiale Stomdichte gegen das Zentrum des Luftspaltes betrachtest, 
muss die dann dort gegen Null gehen, weil die Schichtdichte gegen Null 
geht. Ich wuerde die E-Felddichte im Luftspalt erst mal als konstant pro 
Oberflaeche annehmen. Dh der die Wandstromdichte nimmt vom Zentrum her 
quadratisch zu, hat das Maximum am ausseren ende des Luftspaltes, und 
nimm dann wieder quadratisch ab, wie die Flaeche zunimmt.
Dann rechnet man aufgrund dieser Stromdichte das H-Feld. Vom H-Feld dann 
wieder die Stromdichteverteilung, bis es hinreichend konvergiert hat.

Alles auf einem duennen Sektor.

von Tobias P. (hubertus)


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Hallo hallo,

ich habe mich nochmals mit dem Problem befasst. Ich habe aber meine 
Geometrie vereinfacht. Der kleine Zyliner in der Mitte soll nun 
durchgehend sein, d.h. die Geometrie ist ähnlich wie ein Koaxkabel, das 
an beiden Enden metallisch verschlossen ist. In dieser Geometrie will 
ich nun die Helmholtzgleichung lösen.

Meine Lösung für das elektrische Feld ist im Bild e_feld.png 
ersichtlich. Damit das nun funktioniert, müssen aber noch die 
unbekannten Koeffizienten c gefunden werden. Dazu bilde ich davon die 
Divergenz. Die zugehörige Gleichung ist in divergenz_1.png ersichtlich. 
Wenn ich das ausrechne, erhalte ich das Resultat in divergenz_2.png, 
weil die Divergenz des E-Felds ja 0 sein soll. Die beiden Konstanten a 
und b sind bekannt (sie hängen von den Radien der beiden Zylinder ab). 
Die Zahl n ist eine Modennummer und ist ebenfalls bekannt. Sie muss 
ganzzahlig sein. Der Wert k_z ist auch bekannt, er hängt von der Länge 
des Zylinders ab.

Mein Problem ist jetzt: kann ich irgendwie durch einen 
Koeffizientenvergleich die c so bestimmen, dass die Gleichung erfüllt 
ist? meiner Meinung nach müsste das gehen, ich kenne mich aber zu wenig 
gut mit Besselfunktionen aus.

von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Tragen die Koeffizienten c4 und b physikalische Lösungen bei?  Ich 
frage, weil Y_n einen Pol bei 0 hat und ich nicht sehe, was verhindert, 
dass für entsprechende Argumente auch E singulär wird -- es sei denn c4 
= b = 0.

von Tobias P. (hubertus)


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Hallo Johann,

definitiv braucht man auch Y_n. Im Anhang ein Auszug aus dem 
"Harrington" wo es um koaxiale Wellenleiter geht. Dort wird die 
allgemeine Lösung angegeben. Der Punkt ist, dass der Radius rho nur von 
r bis R geht, d.h. man kommt gar nie in die Nähe des Pols von Y_n, weil 
man im Innern des grossen Zylinders ja noch einen kleinen Zylinder hat.

Der Koeffizient b hängt vom grossen und vom kleinen Radius ab. Er muss 
(zusammen mit dem Koeffizienten a) so gewählt werden, dass eine 
Nullstelle von

a*J_n + b*Y_n

bei rho = r ist, und die andere Nullstelle muss bei rho = R sein.

PS: in dem Buch wird die Besselfunktion zweiter Gattung mit N bezeichnet 
statt mit Y.

: Bearbeitet durch User
von Johann L. (gjlayde) Benutzerseite


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Tobias P. schrieb:
> Der Punkt ist, dass der Radius rho nur von r bis R geht, d.h. man
> kommt gar nie in die Nähe des Pols

ah, ok.

Zu den Koeffizienten:

c0 kann o.E. zu 1 gesetzt werden wenn c1 und c2 entsprechend angepasst 
werden.

Dito für c5, das in c6 und c7 gesteckt werden kann.

Für die Lösung ist nur das Verhältnis E_z:E_rho:E_phi maßgeblich (bzw. 
das Verhältnis E_rho:E_phi weil E_z=0 ist).  Die absolute Größe von E 
ist wegen der Linearität weniger interessant und wird i.d.R. als 
Amplitude bezeichnet.

Man könnte E durch Anpassung von c1, c2, c6, c7 z.B. so normieren, dass 
c7=1 ist.  Problem ist dann aber der Fall c7=0, daher ist besser 
c6²+c7²=1 zu verlangen falls das eine Vereinfachung bringt.  Jedenfalls 
ist c6²+c7²=1 nur noch 1-dimensional (über R), und man könnte es 
parametrisieren als c6 = sin u und c7 = cos u.

Ebenso kann c1²+c2²=1 gesetzt werden, den dazu notwendigen 
Normierungsfaktor schiebt man einfach in c3 und c4 rein.

Das alles verringert die Dimension des Parameterraumes (incl. a und b) 
schon mal von 10 auf 6; vielleicht ist das ja hilfreich.

Etwas andere Sicht auf den Term  c6·sin(n·phi) + c7·cos(n·phi)
ist, diesen darzustellen als  sin(n·phi-phi_0)  wobei phi_0 wegen der 
Rotationssymmetrie ohne weitere Randbedinungen frei wählbar ist.

Bei der Vorgabe (konsistenter) Randbedingungen wird die Formel jedoch 
i.d.R. nicht lösbar sein, oder anders ausgedrückt:  die Koeffizienten 
sind durch die Randbedingungen überbestimmt.

Grund ist, dass man durch einen (Separations)Ansatz Lösungen verliert. 
War der Ansatz nicht zu restriktive und ist das Problem linear, dann 
erhält man als Lösungen zunächst linear unabhängige Eigenfunktionen, die 
den Hilbert-Raum aller durch den Operator gegebenen Lösungen aufspannen.

Um die Randbedinungen zu erfüllen, reicht dann eine einzelne 
Eigenfunktion nicht aus; sondern es braucht eine Linearkombination von 
Eigenfunktionen, um die Randbedingungen zu befriedigen.  Das ist dann 
eine (un)endliche Summe von Eigenfunktionen mit geeigneten Koeffizienten 
(bei abzählbar vielen Eigenfunktionen) oder eben ein entsprechendes 
Integral.

von Tobias P. (hubertus)


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Das sehe ich auch so, dass c1 und c2 bzw. c6 und c7 so wählen kann, dass

c_i^2 + c_{i+1}^2 = 1

ist. Bei meinem Separationsansatz habe ich jeweils die allgemeinen 
Lösungen der separierten gewöhnlichen DGLn genommen, d.h. meiner Meinung 
nach sind da alle Lösungen mit drin. Wieso das Problem unlösbar sein 
soll, sehe ich da erstmal nicht ein, aber es kann natürlich sein :-) was 
weniger toll wäre.

Wie geht man da weiter vor?

: Bearbeitet durch User
von Tobias P. (hubertus)


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Hallo,

nochmal was interessantes. Ich habe das jetzt versucht über das 
Vektorpotential zu lösen. Und zwar habe ich ein A gesucht, welches die 
Helmholtzgleichung erfüllt. Das habe ich dann als z-Komponente des 
Vektorpotentials benutzt.

Zwei verschiedene E-Felder erhält man dann mit

E_1 = rot( rot( A ) )

sowie

E_2 = rot( A ).

Ich habe das irgendwo gelesen, dass man das machen kann. Ich frage mich 
nur grade: mein E_1 oder mein E_2 müssen ja beide die Helmholtzgleichung 
auch erfüllen. Wenn A eine Lösung der Helmholtzgleichung ist, sind es 
E_1 und E_2 dann auch?

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